T 0110/85 () of 10.9.1987

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1987:T011085.19870910
Datum der Entscheidung: 10 September 1987
Aktenzeichen: T 0110/85
Anmeldenummer: 79890023.9
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: A
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: OJ | Unpublished | Unpublished v2
Bezeichnung der Anmeldung: Einrichtung zum Kühlen der Meissel des Schrämwerkzeuges einer Schrämmaschine und der Ortsbrust, sowie zum Niederschlagen des Staubes
Name des Anmelders: Voest Alpine
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 112(1)
European Patent Convention 1973 Art 122
Schlagwörter: Wiedereinsetzung des Beschwerdeführers=Einsprechender
restitutio in integrum of the appellant = opponent
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0715/91

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer 02 hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 1. März 1985 über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 10534 in geändertem Umfang am 10. April 1985 unter Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt.

II. In ihrem Schreiben vom 8. August 1985 hat die Geschäftsstelle der Beschwerdekammer den Beschwerdeführer 02 darauf hingewiesen, daß er es unterlassen habe, innerhalb der in Artikel 108 EPÜ festgesetzten Frist eine Beschwerdebegründung einzureichen.

III. Am 5. Oktober 1985 hat der Beschwerdeführer 02 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt; gleichzeitig hat er eine Beschwerdebegründung eingereicht und die Wiedereinsetzungsgebühr gezahlt. Zur Begründung seines Antrags führt er aus, daß die Beschwerdebegründung aufgrund des Fristversäumnisses einer neuen Sachbearbeiterin, deren Einarbeitung in dem Zeitraum der laufenden Frist zur Begründung der Beschwerde noch nicht abgeschlossen war, nicht innerhalb der viermonatigen Frist seit Zustellung der angefochtenen Entscheidung eingereicht worden sei.

IV. Nachdem die zuständige Technische Beschwerdekammer gestützt auf Artikel 112 (1) (a) EPÜ sowie gemäß Artikel 17 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (ABl EPA 1983, 11) die Rechtsfrage, ob ein Beschwerdeführer, der Einsprechender ist, nach Artikel 122 EPÜ wieder in den vorigen Stand eingesetzt werden kann, wenn er die Frist nach Artikel 108 Satz 2 EPÜ zur Einreichung der Beschwerdebegründung versäumt hat, der Großen Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt hatte, hat diese, wie den Beteiligten schon bekannt ist, entschieden (siehe Gr. 01/86), daß ein Beschwerdeführer, der Einsprechender ist, nach Artikel 122 EPÜ wieder in den vorigen Stand eingesetzt werden kann, wenn er die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung versäumt hat.

Entscheidungsgründe

1. Gemäß Artikel 122 (2) EPÜ ist der Antrag auf Wiedereinsetzung "innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses schriftlich einzureichen und die versäumte Handlung innerhalb dieser Frist nachzuholen". In dem vorliegenden Fall besteht die versäumte Handlung in der rechtzeitigen Einreichung der Beschwerdebegründung. Sie wurde am 5. Oktober 1985 nachgeholt. Das Hindernis - Unkenntnis der Sachlage - war mit dem Schreiben vom 8. August 1985 der Geschäftsstelle der Beschwerdekammer (eingegangen beim Beschwerdeführer am 9. August 1985) weggefallen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demnach fristgerecht gestellt worden und daher zulässig.

2. Die Prüfung, ob der Antrag begründet ist, ergibt folgendes:

Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist die Versäumung der Frist nach Art. 108 EPÜ zum Einreichen der schriftlichen Beschwerdebegründung darauf zurückzuführen, daß die Einarbeitung der neuen Sachbearbeiterin, Frau Jutta Skrzypczak, in die Führung des Terminkalenders infolge des nicht vorhersehbaren vorzeitigen Ausscheidens der für die Überwachung der Fristen zuständigen Sachbearbeiterin, Frau Irmgard Möller, nicht abgeschlossen war.

3. Zur Frage, wann einem Verfahrensbeteiligten oder seinem Vertreter ein Fehlverhalten einer Hilfsperson oder deren Ersatzkraft nicht anzulasten ist, hat die Juristische Beschwerdekammer in zwei Entscheidungen vom 7. Juli 1981 und 2. März 1982 Stellung genommen. Gemäß diesen Entscheidungen, denen sich die Kammer anschließt, kann ein Verfahrensbeteiligter Routinearbeiten, z.B. das Notieren von Fristen einer Hilfsperson übertragen (J 05/80 ABl EPA 9/1981, S. 343). Ein Versäumnis der Hilfsperson oder von deren Ersatzkraft wird dem Verfahrensbeteiligten nicht angelastet, wenn er in der Auswahl, der Einarbeitung und der Überwachung der Hilfskraft die gebotene Sorgfalt beachtet hat.

4. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den zu den Akten gegebenen Unterlagen, daß Frau Irmgard Möller eine langjährige und zuverlässige Hilfskraft war, zu deren Aufgabenbereich u.a. auch die Führung des Terminkalenders gehörte. Da bekannt war, daß Frau Irmgard Möller voraussichtlich am 4.6.1985 in Mutterschaftsurlaub gehen würde, wurde Frau Jutta Skrzypczak ab Anfang Mai 1985 in die Führung des Terminkalenders eingearbeitet. Diese Einarbeitung endete jedoch bereits am 14. Mai 1985 durch eine nicht vorherseh-bare Krankheit und den nachfolgenden Tod von Frau Irmgard Möller am 19. Mai 1985. Dadurch unterblieb auch eine rechtzeitige Eintragung der nach einem besonderen System in einer gesonderten Kartei überwachten Fristen für den in Rede stehenden Zeitraum in den Terminkalender. Wegen der versäumten Eintragung des Ablaufs der Frist zur Begründung der Beschwerde in den Terminkalender, deren Ursache die nicht abgeschlossene Einarbeitung war, konnte Frau Jutta Skrzypczak diese Frist nicht überwachen und mithin den Beschwerdeführer auch nicht auf deren Einhaltung hinweisen.

Was endlich den Beschwerdeführer 02 selbst anbelangt, so ist anzuerkennen, daß das durch unvorhersehbare schwere Erkrankung und den plötzlichen Tod bedingte vorzeitige Ausscheiden der langjährigen Sachbearbeiterin ein nicht vorhersehbares, unabwendbares Ereignis darstellt und es einige Zeit in Anspruch genommen hat, die dadurch entstandene Lücke zu schließen.

Unter diesen Umständen sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfüllt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Dem Antrag wird stattgegeben und der Beschwerdeführer 02 in die versäumte Frist zur schriftlichen Begründung der Beschwerde wieder eingesetzt. Die Beschwerdebegründung gilt daher als rechtzeitig eingegangen.

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