European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1987:T017884.19871207 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 07 Dezember 1987 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0178/84 | ||||||||
Anmeldenummer: | 80107150.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 13/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | EN | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | IBM | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.01 | ||||||||
Leitsatz: | 1. Die Prüfungsabteilung kann aufgrund der ihr nach Regel 25 (1) b) EPÜ eingeräumten Befugnis feststellen, daß eine Patentanmeldung die in Artikel 82 EPÜ geforderte Einheitlichkeit der Erfindung nicht aufweist, selbst wenn die Recherchenabteilung hiergegen keinen Einwand nach Regel 46 (1) EPÜ erhoben hat. (Dies ist der umgekehrte Fall zu Regel 46 (2) EPÜ.) 2. Aus den Bestimmungen des Übereinkommens zur Einheitlichkeit der Erfindung geht die allgemeine Absicht hervor, dem Anmelder die Entscheidung darüber zu überlassen, mit welchem Gegenstand er seine Patentanmeldung weiterverfolgen will. Wird eine zusätzliche Recherchengebühr für eine Erfindung (Gruppe von Erfindungen) nicht gezahlt, ist der betreffende Gegenstand vom weiteren Verfahren in der Stammanmeldung ausgeschlossen. Der Anmelder kann jedoch auf diesen Gegenstand eine Teilanmeldung einreichen. |
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Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Mangelnde Einheitlichkeit bei der Recherche nicht beanstandet Prüfungsabteilung nicht an die Feststellung der Recherchenabteilung gebunden Teilanmeldung - nicht erforderlich Gegenstand kann wegen Nichtentrichtung der weiteren Rechechengebühr in der Stammanmeldung nicht mehr behandelt werden |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die am 18. November 1980 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 14. Dezember 1979 eingereichte und unter der Nummer 31031 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 80 107 150.7 wurde mit Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 19. April 1984 zurückgewiesen.
II. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß der Gegenstand des am 21. November 1983 eingereichten Anspruchs 1 keine erfinderische Tätigkeit aufweise. Insbesondere wurde die Auffassung vertreten, daß von den beiden in der Anmeldung offenbarten Ausführungsarten zu diesem Anspruch die unter Bezugnahme auf Abb. 3 und 4 als zweite bezeichnete gegenüber dem Stand der Technik, unter anderem der Druckschrift US-A-3 406 378, naheliegend sei. Die am selben Tag eingereichten abhängigen Ansprüche 4 bis 6 wurden mit der Begründung zurückgewiesen, daß ihre zusätzlichen Merkmale bekannt oder bereits in Anspruch 1 enthalten seien. Somit sei auch der Gegenstand dieser Ansprüche nicht erfinderisch.
III. Die am 21. November 1983 eingereichten abhängigen Ansprüche 2 und 3 hingegen wurden nicht wegen ihres Gegenstands, sondern aus dem formalen Grund zurückgewiesen, daß sie einen gewährbaren Hauptanspruch voraussetzten. Anspruch 2 war ausschließlich auf die andere der beiden offenbarten Ausführungsarten gerichtet, nämlich die unter Bezugnahme auf Abb. 1 und 2 als erste Ausführungsart der Erfindung bezeichnete. Anspruch 3 hing von Anspruch 2 ab.
IV. In der angefochtenen Entscheidung hatte die Prüfungsabteilung als obiter dictum angemerkt, daß die am 21. November 1983 eingereichten Ansprüche 2 und 3 ihres Erachtens in der vorliegenden Anmeldung nicht zu einem gewährbaren unabhängigen Anspruch führen könnten, weil dies gegen Artikel 82 EPÜ verstoßen würde.
Aus den Aktenunterlagen einschließlich des Recherchenberichts, des Bescheids der Prüfungsabteilung vom 27. September 1983 und der angefochtenen Entscheidung selbst geht hervor, daß diese Auffassung auf folgenden Tatsachen und Überlegungen beruht:
a) Die Recherchenabteilung war nicht der Auffassung gewesen, daß die Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nach Artikel 82 EPÜ nicht erfüllt. Der Recherchenbericht war deshalb für alle Ansprüche erstellt worden; eine Mitteilung nach Regel 46 (1) EPÜ war nicht ergangen.
b) Der Gegenstand der am 21. November 1983 eingereichten Ansprüche 2 und 3 war in den ursprünglichen Ansprüchen nicht enthalten gewesen. Seine Merkmale wurden der Beschreibung entnommen.
c) Die Prüfungsabteilung ist der Auffassung, daß bei der Ausführungsart nach den in der Akte befindlichen Ansprüchen 2 und 3, d. h. der ersten der beiden beschriebenen Ausführungsarten, und der in den ursprünglichen abhängigen Ansprüchen 7 bis 13 beanspruchten, also der zweiten dieser beiden Ausführungsarten, keine gemeinsame erfinderische Idee festzustellen sei. Die einzige gemeinsame Idee sei im Gegenstand des damals gültigen Anspruchs 1 enthalten, dem es an erfinderischer Tätigkeit fehle.
d) Wäre die erste Ausführungsart ursprünglich beansprucht worden, so wäre bereits im Recherchenstadium ein Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit nach Artikel 82 EPÜ erhoben worden.
e) Es ist nicht die mangelnde Einheitlichkeit der Ansprüche 2 und 3 mit irgendeinem anderen der damals in der Akte befindlichen Ansprüche beanstandet worden. Vielmehr geht der Einwand dahin, daß die Änderungen entsprechend den Richtlinien C-VI, 3.2 c) und C-III, 7.12 nicht zu Ansprüchen für eine Erfindung führen dürfen, die mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung nicht einheitlich ist, für die die Recherchengebühr entrichtet wurde.
f) Es wurde die Auffassung vertreten, daß die jetzt beanspruchte erste Ausführungsart nicht recherchiert worden sei, da sie nicht beansprucht worden sei (s. b). Dies geht aus der Erklärung der Prüfungsabteilung hervor, daß die erste Ausführungsart zwar unter das recherchierte Gebiet falle, was aber nicht bedeute, daß sie auch recherchiert worden sei.
g) Der Gegenstand der damaligen Ansprüche 2 und 3 sei deshalb aus der vorliegenden Anmeldung herauszunehmen. Wenn er weiterverfolgt werden solle, müsse er zum Gegenstand einer Teilanmeldung gemacht werden.
V. Die Anmelderin legte am 28. Juni 1984 unter Entrichtung der Beschwerdegebühr gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung war zwei Tage zuvor eingereicht worden.
VI. In Bescheiden an die Anmelderin vertrat der Berichterstatter der Kammer die Auffassung, daß der zurückgewiesene Anspruch 1 eine Ausführungsart - die zweite - umfasse, die als nicht erfinderisch angesehen werden müsse und deshalb nicht gewährbar sei.
VII. Auf diese Bescheide hin strich die Beschwerdeführerin alle Bezugnahmen auf diese Ausführungsart aus der Beschreibung und den Zeichnungen und reichte am 1. Juli 1987 einen geänderten Anspruch 1 ein, der im Sinne des am 21. November 1983 eingereichten Anspruchs 2 auf diese erste Ausführungsart beschränkt war.
Dieser Anspruch lautet wie folgt:
"Serienspeicher-Schnittstellenvorrichtung zur Koppelung eines ladungsgekoppelten Speichers oder eines Magnetblasenspeichers (1) an eine Ein/Ausgabe-(E/A)-Sammelschiene (2) eines Prozessors (3), wobei die Vorrichtung eine Datenübertragungsschaltung (5) zwischen dem Serienspeichermechanismus und der E/A-Sammelschiene für die Datenübertragung zwischen den adressierten Speicherelementen und dem Prozessor umfaßt und dadurch gekennzeichnet ist, daß sie enthält:
- eine E/A-Steuerung (4), die an die E/A-Sammelschiene (2) angeschlossen ist und eine Prozessor-Quittungsbetriebsschaltung umfaßt, die die Zeit angibt, die der Prozessor benötigt, um die einzelnen von der E/A-Steuerung erhaltenen Bedienungsaufrufe zu beantworten, und damit die Datenübertragungsverfügbarkeit der E/A-Sammelschiene festlegt;
- einen Sammelschienenbenutzungsmonitor (7), der an die Prozessor-Quittungsbetriebsschaltung angeschlossen ist, um die Datenübertragung auf der E/A-Sammelschiene zwischen dem Prozessor und der Datenübertragungsschaltung zu überwachen, und der entsprechend der von der Prozessor-Quittungsbetriebsschaltung angegebenen Datenübertragungsverfügbarkeit der E/A-Sammelschiene ein Geschwindigkeitskontrollsignal aussendet;
- einen Taktgenerator (6), der auf das Geschwindigkeitskontrollsignal hin bewirkt,
daß die Übertragung von Daten zwischen der Datenübertragungsschaltung und dem Serienspeichermechanismus schneller oder langsamer abläuft, je nachdem, ob die E/A-Sammelschiene prozentual länger oder kürzer zur Verfügung steht"
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 wurden ebenfalls am 1. Juli 1987 eingereicht. Anspruch 3 wurde am 14. Juli 1987 gestrichen, wodurch der Anspruch 4 zum Anspruch 3 wurde.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragt, daß die angefochtene Entscheidung aufgehoben und entsprechend ihrem späteren Vorbringen ein Patent aufgrund folgender Unterlagen erteilt wird:
Entscheidungsgründe
(...)
3. Die Ansprüche und die Beschreibung sind auf eine der beiden ursprünglich offenbarten Ausführungsarten, nämlich die unter Bezugnahme auf die Abb. 1 und 2 zuerst beschriebene, beschränkt worden.
Die Anmeldung erfüllt in ihrer derzeitigen Fassung daher das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nach Artikel 82 EPÜ.
Es ist festzustellen, daß die Prüfungsabteilung diesbezüglich keine gegenteilige Auffassung geäußert hat. Ihr Einwand gegen die am 21. November 1983 eingereichten Ansprüche 2 und 3 ging nicht dahin, daß mangelnde Einheitlichkeit der Erfindung vorliege, weil die Anmeldung auch nach einer Beschränkung auf diese Ansprüche noch uneinheitlich wäre.
4. Der eigentliche Streitpunkt in vorliegendem Fall liegt darin, daß die Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung die Ansprüche 2 und 3 vom 21. November 1983 als Grundlage für einen gewährbaren unabhängigen Anspruch im wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen hat:
a) Die in Anspruch 1 ursprünglich formulierte Erfindung weise keine erfinderische Tätigkeit auf; da Anspruch 1 deshalb entfalle, seien die beiden offenbarten Ausführungsarten a posteriori uneinheitlich.
b) Die zweite Ausführungsart sei in den ursprünglichen Ansprüchen enthalten gewesen und deshalb von der Recherchenabteilung recherchiert worden; auch sie weise keine erfinderische Tätigkeit auf.
c) Die erste Ausführungsart hingegen sei nicht in den ursprünglichen Ansprüchen, sondern nur in der Beschreibung enthalten gewesen und deshalb nicht recherchiert worden; wäre sie in den Ansprüchen enthalten gewesen, so hätte dies im Recherchenstadium zu einem Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit geführt, und damit wäre eine weitere Recherchengebühr für ihre Recherche angefallen; diese nicht recherchierte erste Ausführungsart könne deshalb mit der vorliegenden Anmeldung nicht weiterverfolgt werden; sie könne lediglich zum Gegenstand einer Teilanmeldung gemacht werden.
Aus der Bezugnahme der Prüfungsabteilung auf die Richtlinien wird deutlich, daß sie bei der obengenannten Argumentation
a) von den Vorschriften der Regel 46 (1) EPÜ für die Fälle, in denen die Recherchenabteilung bei einer Anmeldung mangelnde Einheitlichkeit feststellt, und
b) von der Annahme ausgegangen ist, daß ähnliche Konsequenzen wie die sich aus Regel 46 (1) EPÜ ergebenden auch dann zum Tragen kommen müssen, wenn die Uneinheitlichkeit nicht bereits im Recherchenstadium festgestellt worden ist.
Die Kammer hat alle Umstände des vorliegenden Falles im Hinblick auf die Übereinkommensbestimmungen geprüft. Im Gegensatz zur Auffassung der Prüfungsabteilung in bezug auf die am 21. November 1983 eingereichten Ansprüche 2 und 3 ist sie zu dem Schluß gekommen, daß sich aus einer etwaigen früheren Uneinheitlichkeit keine Einwände gegen die entsprechenden, nunmehr in der Akte befindlichen Ansprüche 1 und 2 ergeben. Diese Ansprüche können somit in der Anmeldung verbleiben.
Dieser Auffassung liegen folgende Überlegungen zugrunde:
4.1. Gemäß Artikel 82 EPÜ muß die Patentanmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung erfüllen. Dies gilt, genauer gesagt, nicht nur für die Patentanmeldung in der eingereichten Fassung, sondern auch für alle späteren Fassungen, die die Anmeldung bis zur Patenterteilung im Verfahren vor der Prüfungsabteilung erhält. Dies ergibt sich insbesondere aus Regel 25 (1) b) EPÜ, wo es ausdrücklich heißt, daß die Prüfungsabteilung Einwände nach Artikel 82 EPÜ erheben kann.
Welche Ausführungsbestimmungen zur Anwendung kommen, wenn Artikel 82 EPÜ nicht erfüllt ist, ist für die Recherchenabteilung in Regel 46 (1) EPÜ und für die Prüfungsabteilung in den Regeln 46 (2) und 25 (1) b) EPÜ festgelegt. Regel 25 (1) b) EPÜ ist gewissermaßen für die Prüfungsabteilung das, was Regel 46 (1) EPÜ für die Recherchenabteilung ist.
In Fällen, in denen eine offensichtliche Uneinheitlichkeit ohne weiteres festzustellen ist, wendet die Recherchenabteilung Regel 46 (1) und die Prüfungsabteilung Regel 25 (1) b) EPÜ an. Regel 46 (2) EPÜ sieht jedoch ausdrücklich den Fall vor, daß die Prüfungsabteilung hinsichtlich der Einheitlichkeit einer bestimmten Patentanmeldung nicht mit der Recherchenabteilung übereinstimmt, und stellt fest, daß dann die Auffassung der Prüfungsabteilung insofern ausschlaggebend ist, als sie auf Antrag des Anmelders die Rückzahlung etwaiger weiterer Recherchengebühren anordnen kann.
Die Kammer ist der Auffassung, daß auch der umgekehrte Fall eintreten kann, daß nämlich die Recherchenabteilung eine Patentanmeldung nicht für uneinheitlich hält und deshalb keine Aufforderung nach Regel 46 (1) EPÜ ergehen läßt, die Prüfungsabteilung aber dennoch befugt ist, auf Nichteinheitlichkeit der recherchierten oder der geänderten Ansprüche zu erkennen und eine Aufforderung nach Regel 25 (1) b) EPÜ zur Beschränkung der Patentanmeldung zu erlassen.
Nach Regel 46 (1) EPÜ kann der Anmelder, abgesehen von der in den Ansprüchen zuerst genannten Erfindung, die immer recherchiert wird, wählen, welche der in derselben Patentanmeldung enthaltenen weiteren Erfindungen recherchiert werden sollen.
Regel 25 (1) EPÜ geht sowohl in Buchstabe b als auch in Buchstabe a noch weiter und überläßt es ausschließlich dem Anmelder zu entscheiden, mit welchem Gegenstand er die frühere Patentanmeldung weiterführen will, wenn er die Einreichung einer oder mehrerer Teilanmeldungen erwägt.
Aus alledem wird die allgemeine Absicht des EPÜ erkennbar, dem Anmelder die Entscheidung darüber zu überlassen, mit welchem Gegenstand eine Patentanmeldung weitergeführt werden soll; nach Ansicht der Kammer sollte es dem Anmelder deshalb in der Regel freigestellt sein, diese Frage nach eigenem Gutdünken zu entscheiden.
4.2. Dies gilt jedoch nur für Gegenstände, die nicht bereits in einem früheren Verfahrensstadium fallengelassen worden sind.
Als fallengelassen gelten in diesem Zusammenhang Gegenstände, die von der Weiterbearbeitung im Rahmen der Anmeldung ausgenommen sind, mit der sie ursprünglich eingereicht wurden (z. B. Gegenstände, die nicht in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung beibehalten werden sollen).
Es ist eindeutig die Absicht der Regel 46 (1) EPÜ, von einem Verzicht auf einen Gegenstand in einer bestimmten Patentanmeldung auszugehen, wenn auf die Aufforderung nach dieser Regel hin die weitere Recherchengebühr für diesen Gegenstand nicht innerhalb der dort festgesetzten Frist entrichtet wird.
Die Regel 46 (1) EPÜ wäre sonst rechtsunwirksam, und Erfindungen, für die die erforderliche Recherchengebühr nicht entrichtet worden ist, könnten in der entsprechenden Patentanmeldung genauso weiterverfolgt werden wie Erfindungen, für die diese Gebühr ordnungsgemäß entrichtet worden ist. Dies würde keinen Sinn ergeben und somit der Absicht der Regel 46 (1) EPÜ zuwiderlaufen.
Die Nichtzahlung der weiteren Recherchengebühr kann insbesondere deshalb als Verzicht auf eine Erfindung angesehen werden, die keine Einheitlichkeit mit der recherchierten aufweist, weil dem Anmelder ausdrücklich Gelegenheit gegeben worden ist, die Recherche auf diese Erfindung auszudehnen; dieser hat jedoch davon keinen Gebrauch gemacht und seine Absicht durch die Nichtbefolgung der Zahlungsaufforderung klar bekundet. Diese Absichtsbekundung wird bei Ablauf der Frist nach Regel 46 (1) EPÜ unwiderruflich. Mit anderen Worten, es wird in diesem Fall davon ausgegangen, daß der Anmelder von seinem allgemeinen Recht zur Entscheidung darüber, mit welcher der offenbarten Erfindungen er die betreffende Patentanmeldung weiterführen will (s. Nr. 4.1), unwiderruflich Gebrauch gemacht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Anmelder den Einwand der Recherchenabteilung nach Artikel 82 EPÜ zurückweist. Er kann dann bei der Prüfungsabteilung die Rückzahlung der weiteren Recherchengebühren nach Regel 46 (2) EPÜ beantragen, muß sie jedoch zunächst entrichtet haben, um zu verhindern, daß ein Gegenstand als fallengelassen betrachtet wird.
Nur aus einem solchen Verzicht auf den Gegenstand und nicht aus der Uneinheitlichkeit an sich ergibt sich somit die Forderung, daß eine Änderung "nicht zu Ansprüchen für eine Erfindung führen darf, die mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung, für die Recherchengebühren entrichtet worden sind, nicht einheitlich ist"; dabei wird davon ausgegangen, daß dieser Satz der Prüfungsabteilung bedeutungsgleich mit dem tatsächlichen Wortlaut der Richtlinien, C-VI, 3.2 c), ist, die überall dort, wo in dem zitierten Satz das Wort "Erfindung" vorkommt, den Ausdruck "Erfindung bzw. Erfindungen" verwenden, und daß sich die Wendung "für die" in den Richtlinien auf die "ursprünglich beanspruchte Erfindung bzw. die ursprünglich beanspruchten Erfindungen" bezieht. Wenn dennoch eine Änderung dieser Art eingereicht wird, so ist dem Anmelder wiederum ausschließlich als Folge dieses Verzichts "mitzuteilen, daß er eine Teilanmeldung für jede beanspruchte Erfindung einreichen darf, für die die Recherchengebühr noch nicht entrichtet worden ist."
4.3. Wie ersichtlich, kann im vorliegenden Fall nicht von einem Verzicht auf den nunmehr beanspruchten Gegenstand gesprochen werden.
Die Recherchenabteilung war nicht der Auffassung, daß die Patentanmeldung uneinheitlich sei, und hat deshalb die Anmelderin nicht nach Regel 46 (1) EPÜ zur Zahlung einer weiteren Recherchengebühr aufgefordert. Ohne eine solche Aufforderung hatte die Beschwerdeführerin keine Veranlassung zu der Annahme, daß die Anmeldung möglicherweise uneinheitlich sein könnte; sie hatte daher auch keine Gelegenheit zu entscheiden, ob sie eine weitere Recherchengebühr zahlen wollte. Die Frist nach Regel 46 (1) EPÜ wurde nicht in Lauf gesetzt, so daß aus der Nichtzahlung der weiteren Recherchengebühr keinerlei Rechtsfolgen wie z. B. ein Verzicht auf den Gegenstand hergeleitet werden können.
Dies bedeutet, daß die Beschwerdeführerin auch im Stadium der Sachprüfung noch entscheiden konnte, mit welcher der offenbarten Ausführungsarten sie die vorliegende Anmeldung weiterführen wollte, was sie dann ja auch durch Beschränkung der Anmeldung auf eine dieser Ausführungsarten, nämlich die zuerst beschriebene, getan hat.
4.4. Faßt man den vorliegenden Fall zusammen, so ergibt sich, daß gegen die an der Anmeldung vorgenommenen Änderungen kein Einwand aufgrund eines der sich mittelbar oder unmittelbar aus Artikel 82 EPÜ ergebenden Erfordernisse erhoben werden kann. Die geänderten Unterlagen können daher als Grundlage dienen, um deren Gegenstand mit der vorliegenden Anmeldung weiterzuverfolgen; der Gegenstand braucht dazu also nicht in eine Teilanmeldung aufgenommen zu werden.
5. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob der Einwand der Prüfungsabteilung berechtigt war, daß zwischen der ersten und der zweiten offenbarten Ausführungsart der ursprünglich beanspruchten Erfindung keine Einheitlichkeit bestehe. Es braucht auch nicht geprüft zu werden, ob die zwischenzeitlich eingereichten Ansprüche infolge einer solchen a posteriori festgestellten Uneinheitlichkeit nicht einheitlich waren.
Diese rückwirkenden Überlegungen wären für die Patentanmeldung in ihrer derzeitigen Fassung irrelevant und würden, wie unter Nummer 4 dargelegt im Hinblick auf die hier zu klärende Streitfrage auch keine Rolle spielen.
6. Ferner braucht die Kammer nicht darüber zu entscheiden, ob der Gegenstand des derzeitigen Anspruchs 1 tatsächlich nicht in die Recherche der Recherchenabteilung einbezogen worden ist. Diese Frage muß in der Sachprüfung untersucht werden, da eine zusätzliche Recherche durchgeführt werden muß, wenn der genannte Gegenstand tatsächlich nicht recherchiert worden ist. Diese Untersuchung ist jedoch Sache der Instanz, die die Sachprüfung durchführen muß.
Zur Recherche und der Recherchengebühr sei nur folgendes festgestellt:
6.1. Bei der Beantwortung der Frage, ob der Gegenstand der Ansprüche recherchiert worden ist oder eine zusätzliche Recherche erforderlich macht, ist folgendes zu berücksichtigen:
a) Entsprechend dem Recherchenbericht umfaßte die Recherche auch den ursprünglichen Anspruch 5; er enthielt ein funktionelles Merkmal, das in der Beschreibung, Seite 11, Absatz 1 als Funktion der ersten Ausführungsart offenbart worden war, die nunmehr Gegenstand des Anspruchs 1 ist.
b) Die technischen Merkmale zur Ausführung dieser Funktion sind andererseits nur in der Beschreibung, Seite 10, Absatz 3 offenbart worden; aus dem Recherchenbericht oder sonstigen Aktenunterlagen geht jedoch nicht hervor, ob die Recherche auch auf die Beschreibung ausgedehnt worden ist.
c) Für die Beantwortung der Frage könnte möglicherweise von Bedeutung sein, welche Schlußfolgerungen sich aus dem Ergebnis der Recherche, soweit diese durchgeführt worden ist, im Hinblick auf die im ursprünglichen Anspruch 5 beanspruchte Funktion ziehen lassen.
6.2. Daß keine weitere Recherchengebühr entrichtet worden ist, ist unter den gegebenen Umständen (s. Nr. 4) aus folgenden Gründen für den vorliegenden Fall nicht relevant:
a) Wenn im Recherchenstadium eine weitere Recherchengebühr fällig gewesen wäre, so hätte sie nur im Rahmen des Verfahrens nach Regel 46 (1) EPÜ angefordert werden können; dieses Verfahren ist jedoch nicht durchgeführt worden.
b) Für eine etwa notwendige zusätzliche Recherche ist nach Artikel 2 Ziffer 2 GebO keine weitere Recherchengebühr erforderlich.
Zu a sei noch folgendes bemerkt: Selbst wenn die Regel 46 (1) EPÜ im Recherchenstadium befolgt worden wäre, ist nicht gesagt, daß sie so angewandt woren wäre, wie es den Vorstellungen der Prüfungsabteilung entsprach. Da der ursprüngliche Anspruch 5 auf funktionelle Merkmale der unter Bezugnahme auf die Abb. 1 und 2 beschriebenen Ausführungsart gerichtet war, erscheint es durchaus möglich, daß diese erste Ausführungsart als die "in den Ansprüchen zuerst erwähnte" Erfindung und die zweite in den ursprünglichen Ansprüchen 7 ff. beanspruchte Ausführungsart als "weitere Erfindung", für die eine weitere Recherchengebühr entrichtet werden muß, angesehen worden wäre und nicht umgekehrt.
Da jedoch Regel 46 (1) EPÜ nicht angewandt wurde, braucht auch nicht entschieden zu werden, für welche der beiden Ausführungsarten die eine nach Artikel 78 (2) EPÜ entrichtete Recherchengebühr im Falle einer Uneinheitlichkeit der Erfindung bestimmt gewesen wäre.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage folgender Anmeldungsunterlagen an die erste Instanz zurückverwiesen: