T 0154/84 () of 26.7.1985

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1985:T015484.19850726
Datum der Entscheidung: 26 Juli 1985
Aktenzeichen: T 0154/84
Anmeldenummer: 78100870.1
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Berücksichtigung der Eigenheiten der verschiedenen Filmsorten beim Farbkopieren
Name des Anmelders: Agfa-Gevaert
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit
inventive step
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0476/98

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 12. September 1978 eingegangene europäische Patentanmeldung Nr. 78 100 870.1, für welche die Priorität vom 7. November 1977 aus einer Voranmeldung in der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, ist am 21. Oktober 1981 das europäische Patent 0 001 745 mit der Bezeichnung "Verfahren und Vorrichtung zur Berücksichtigung der Eigenheiten der verschiedenen Filmsorten beim Farbkopieren" erteilt worden.

II. Auf den auf Artikel 100 a) EPÜ gestützten Einspruch der Eastman Kodak Company in 343 State Street, Rochester, New York 14650, USA hat die Einspruchabteilung das Patent in der mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 1984 widerrufen. Die schriftliche Begründung trägt das Datum 27. April 1984. Der Widerruf wurde im wesentlichen damit begründet, daß das Verfahren nach dem erteilten und zum Zeitpunkt des Widerrufs noch gültigen Anspruch 1 in Ansehung des in der DE-B-2 532 600, US-A-3 888 580, US-A-3 849 660 und CH-A-472 692 offenbarten Standes der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin am 2. Juli 1984 unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr und Vorlage der Begründung Beschwerde eingelegt.

In der mündlichen Verhandlung am 26. Juli 1985 hat die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten auf der Grundlage des Anspruchs 1, eingegangen am 9. Juli 1985 mit der Maßgabe, daß in Zeile 7 der bestimmte Artikel "das" durch "ein" ersetzt wird, der Ansprüche 2, 3 und 5, eingegangen am 2. Juli 1984, der Beschreibung gemäß europäischer Patentschrift 1 743 mit der Maßgabe, daß der Beschreibungsteil auf Seite 3, Zeile 62 bis Seite 4, Zeile 3, gestrichen wird, sowie der Figur 1, 2a, 2b und 4 der europäischen Patentschrift 1 743.

Der Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Verfahren zur Berücksichtigung der Eigenheiten der verschiedenen Filmsorten beim Farbkopieren, wobei die Belichtungssteuervorrichtung Speicher umfaßt, in denen den Kopiereigenheiten jeder Filmsorte entsprechende Steuerdaten und/oder die Werte eventueller Maskendichten gespeichert sind, wobei jene Filmsorte bestimmt und auf den zugehörigen Speicher umgeschaltet wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Angaben über die jeweilige Filmsorte unmittelbar in ein Klebegerät eingegeben und nach einer Zwischenspeicherung als maschinell lesbarer Code im Zusammenhang mit dem Zusammenkleben der Filme zu einem langen Band vor dem Entwickeln in den Film eingegeben werden und dieser Code zur automatischen Speicherumschaltung im Kopiergerät gelesen wird.

IV. Zur Begründung ihres Antrages hat die Beschwerdeführerin in den Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen: Das in der US-A-3 888 580 beschriebene Verfahren sei in Anbetracht der Vielzahl der erfaßten Parameter, vgl. Spalte 2, Zeilen 3 - 12, auf die Erzielung eines optimalen Kopierproduktes gerichtet. Mit einer der Einheiten, nämlich der Einheit 10, werde zwar die jeweilige Filmsorte erfaßt. In der gesamten Beschreibung sei jedoch nichts ausgesagt, wie diese Information gewonnen werde. So sei es durchaus denkbar, daß zwecks Gewinnung entsprechender Informationen über die jeweilige Filmsorte erst geeignete physikalische Messungen vorgenommen werden, wie in der DE-B-2 532 600 beschrieben. Die US-A-3 849 660 zeige zwar einen Film mit Sortencodierung. Letztere diene in erster Linie der Steuerung des Entwicklungsprozesses und zudem fänden sich keine Angaben über den Zeitpunkt der Aufbringung des Codes, so daß eine Codierung bereits während der Filmherstellung nicht auszuschließen sei.

Durch die Einbeziehung des weiteren Merkmals der Eingabe des Codes im Zusammenhang mit dem Zusammenkleben der Filme zu einem langen Band werde der Abstand zum Stande der Technik noch weiter vergrößert, so daß eine erfinderische Tätigkeit für die Konzipierung des nunmehr beanspruchten Verfahrens nicht in Abrede gestellt werden könne. Dies umso mehr als die Filmsortencodierung erst im übernächsten Arbeitsgang nach dem Zusammenkleben, nämlich beim Kopieren, in Funktion trete. Die für dieses Merkmal in Betracht zu ziehenden Druckschriften (DE-A-2 047 236, DE-A-2 717 309 und US-A-3 987 467) zeigten in Verbindung mit dem Zusammenkleben der Filme nur das Einstanzen oder Aufbelichten von Kennzeichen zur Identifizierung des Auftraggebers, z. B. der Auftragsnummer. Mit der Einführung der Durchlaufentwicklung habe die Problematik der automatischen Berücksichtigung der Filmsorte im Printer (Kopiergerät) zunehmend an Gewicht gewonnen. Den neuen Anforderungen mehr oder weniger gerecht werdende Verfahren (US-A-3 888 580, DE-B-2 532 600) hätten sich in erster Linie auf eine Messung der Filmdaten unmittelbar vor dem Kopierprozess gestützt. Der Stand und die Entwicklung der einschlägigen Technik vermittle daher den Eindruck, daß die Fachleute den wesentlich einfacheren Weg gemäß der beanspruchten Lehre übersehen hätten, nämlich die notwendigen Informationen z. B. von der Kassette abzunehmen und zu einem geeigneten Zeitpunkt auf den Film zu übertragen. Wenn damit ein Vorurteil nicht geltend gemacht oder belegt werden könne, so sei dieser Umstand jedenfalls als Indiz dafür zu werten, daß das beanspruchten Verfahren nicht nahegelegen habe.

V. Die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) stellte den Antrag, die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Sie führte hierzu im wesentlichen aus, daß das beanspruchte Verfahren in Ansehung des Standes der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.

2. Die in den kennzeichnenden Teil des geltenden Anspruchs 1 neu aufgenommenen Merkmale sind den erteilten Unterlagen als in den Schutzbereich des Patentes fallend entnehmbar. Im Hinblick auf die Eingabe der Angaben über die jeweilige Filmsorte "unmittelbar in ein Klebegerät" und Eingabe des Codes in den Film "im Zusammenhang mit dem Zusammenkleben der Filme zu einem langen Band" wird auf den erteilten Anspruch 4 und auf die Beschreibung, Seite 2, Zeilen 33 - 36 verwiesen, wo in diesem Zusammenhang von einer "besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung" die Rede ist. Die Vornahme der Codierung "vor dem Entwickeln" ist dem erteilten Anspruch 2 entnehmbar. Die "Zwischenspeicherung" der zu codierenden Filmangaben (Speichereinrichtung 26) ist aus dem erteilten Anspruch 4, Zeile 4, und der Beschreibung, Seite 3, Zeilen 3, 4, 14 und 37, herleitbar. Auch sonst bestehen gegen die geltenden Ansprüche keine formalen Bedenken.

3. Nach Prüfung der im Verfahren befindlichen Druckschriften kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß das Verfahren nach Anspruch 1 gegenüber diesem Stand der Technik neu ist. Das braucht, da auch die Beschwerdegegnerin insoweit die Neuheit nicht bestritten hat, im einzelnen nicht belegt zu werden.

4. Die Prüfung, ob das Verfahren nach Anspruch 1 durch den Stand der Technik nahegelegt ist, ergibt folgendes:

4.1. Ein Verfahren mit den Gattungsmerkmalen, bei dem (neben anderen Parametern) die Eigenheiten der verschiedenen Filmsorten beim Farbkopieren berücksichtigt werden, ist aus der US-A-3 888 580 bekannt. Es kommt bei einem Farbkopiergerät zur Anwendung, bei dem die Belichtungssteuereinrichtung Speicher (14) umfaßt, in denen den Kopiereigenheiten jeder Filmsorte entsprechende Steuerdaten gespeichert sind, vgl. Figur 1 in Verbindung mit Spalte 3, Zeilen 7 bis 14. Mit Hilfe einer mit dem Film zusammenwirkenden Identifizierungseinheit (10) werden die für eine Filmsorte charakteristischen Parameter bestimmt und in elektrische Signale umgesetzt, welche eine Umschaltung auf den dazugehörenden Speicher im Speicherteil (14) bewirken, vgl. das "Abstract"(in Zeile 4 ist die Filmsorte angeführt), Spalte 1, Zeile 64 bis Spalte 2, Zeile 12, Spalte 2, Zeile 59 bis Spalte 3, Zeile 14.

4.2. Gemäß Seite 2, Zeilen 26 - 28 der europäischen Patentschrift 1 743 ist es Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren dieser Art derart weiterzubilden, daß die Eichung auf verschiedene Filmsorten vereinfacht ist und sicher erkannt werden kann. Vereinfachung und Sicherheit werden praktisch bei jeder technischen Weiterentwicklung angestrebt oder zumindestens beachtet, so daß die Aufgabenstellung nichts Besonderes darzutun vermag.

Diese Aufgabe wird durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.

4.3. Es ist zutreffend, daß in der US-A-3 888 580 die Filmsortenidentifizierungseinheit (10) nicht näher erläutert ist. Der Fachmann ist daher gehalten, sich auf dem einschlägigen Gebiet der Technik zwecks Gewinnung von Anregungen und Hinweisen umzusehen. Ein auf Anhieb als sicher und einfach erkennbares Verfahren ist in der US-A-3 849 660 offenbart. Diese Druckschrift betrifft eine Anordnung zur Behandlung photographischer Filme unter Berücksichtigung der Eigenheiten der jeweiligen Filmsorte. Zu diesem Zweck werden in Übereinstimmung mit den entsprechenden kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 die Angaben über die jeweilige Filmsorte als maschinell lesbarer Code (2, 4 in Figur 1) in den Film (1) eingegeben und dieser Code wird zur automatischen Steuerung des Behandlungsgerätes gelesen (Detektoren 5-14), siehe hierzu insbesondere Spalte 1, Zeilen 5 - 12, 51 - 54. 59 -61, Spalte 2, Zeilen 59 - 67. In der US-A-3 849 660 ist zwar als Behandlungsverfahren vornehmlich die Filmentwicklung angegeben, siehe das Ausführungsbeispiel und Spalte 1, Zeile 10. In dem gleichen Satz ist aber ausgeführt, daß die durch die Codierung gegebene Information auch anderweitig verwendet werden kann. Ebenso ist nach der Anspruchsfassung in der US-A-3 849 660 das Codierungsverfahren zur Filmsortenidentifizierung keineswegs auf die Entwicklungsbehandlung beschränkt. Für den Fachmann war es ohne weiteres klar, daß das in der US-A-3 849 660 beschriebene Verfahren zur Identifizierung der Filmsorte bei jedweder Art von automatischer Filmbehandlung eingesetzt werden kann.

In Anbetracht der Einfachheit und Zuverlässigkeit der aus der US-A-3 849 660 bekannten Filmsortenbestimmung wird der Fachmann der von der Beschwerdeführerin angesprochenen weiteren Möglichkeit, nämlich auf Grund im Kopiergerät durchgeführter physikalischer Messungen auf die Filmsorte zu schließen, gar nicht erst nähertreten. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß die bei dem Verfahren nach der DE-B-2 532 600 angestellten, oder bei dem Verfahren nach der US-A-3 888 580 zusätzlich durchgeführten spektralen Transparenzmessungen an bereits entwickelten Filmen vornehmlich der Berücksichtigung der Belichtungs- und Entwicklungseinflüsse dienen. Zur Erfassung lediglich der durch die Filmsorte vorgegebenen Parameter bedarf es offensichtlich eines solch komplizierten Vorgehens nicht, wie die US-A-3 849 660 zeigt. Bei dieser Sachlage gehen die Filmsortencodierung und die Benutzung des Codes zur Steuerung des Kopiervorganges nicht über den Rahmen fachmännischen Handelns hinaus.

4.4. Da die von den Filmherstellern gelieferten Filme im allgemeinen nicht schon mit die Kopiereigenheiten beinhaltenden Merkmalen (Codierungen) versehen sind, ergibt sich die Notwendigkeit, solche erst bei der späteren Behandlung der Filme anzubringen. Bereits die technischen Gegebenheiten engen die in Frage kommenden Stadien für die Einprägung der Codierung weitgehend ein. So kommt als frühestens möglicher Zeitpunkt die Entnahme der belichteten Filme aus der Kassette in Frage. Die Filme werden meist im Durchlaufverfahren entwickelt, wobei die einzelnen Filme vorher zu einem langen Band zusammengeklebt werden, vgl. z. B. DE-A-2 047 236, der die Seiten 1 und 2 verbindende Absatz. Die Anbringung der Filmsortenmarkierung in einem größeren räumlichen und/oder zeitlichen Abstand vom Zusammenkleben der Filme würde besondere Hilfsmittel erforderlich machen, welche eine sichere Zuordnung jedes Einzelfilmes im Band zu der jeweils anzubringenden Markierung bewerkstelligen. Einen solchen Aufwand wird der Konstrukteur der einschlägigen Geräte tunlich zu vermeiden versuchen. Es ergibt sich somit auf Grund einfacher fachmännischer Überlegungen als geeignete Möglichkeit auf dem Weg der fortschreitenden Filmbehandlung ohnehin nur das Stadium von der Filmentnahme aus der Kassette bis zum oder bis unmittelbar nach dem Zusammenkleben der Filme zu einem langen Band. Ausweislich der DE-A-2 047 236, siehe den unteren Absatz auf Seite 12 (maschinengeschriebene Bezifferung), und der US-A-3 987 467 wurde dieses Stadium von der Fachwelt als ein sehr günstiges für das Aufbringen von Markierungen erkannt. So wird dort die Lehre vermittelt, Codierungen zur Identifizierung des Auftrages oder des Kunden, wie durch die restlichen kennzeichnenden Merkmale des Anspruches 1 vorgeschrieben, unmittelbar in das Klebegerät einzugeben und nach einer Zwischenspeicherung, wie ebenfalls aus der DE-A-2 047 236, Seite 12, Zeilen 9 - 6 von unten und aus der US-A-3 987 467, Speicher 52 in Figur 1 bekannt, als Code im Zusammenhang mit dem Zusammenkleben der Filme zu einem langen Band vor dem Entwickeln in den Film einzugeben. Nach diesen bekannten Vorbildern auch mit Codes zur Identifizierung der Filmsorte zu verfahren , liegt auf der Hand und bedarf keines erfinderischen Zutuns.

4.5. Das Verfahren nach Anspruch 1 erweist sich mithin als das Ergebnis einfacher sich am Stand der Technik orientierender fachmännischer Überlegungen und beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ. Anspruch 1 ist daher nicht gewährbar (Artikel 52 (1) EPÜ).

4.6. Die vorstehenden Ausführungen gelten im vollen Umfang auch für den nebengeordneten, auf eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 gerichteten Anspruch 3, der praktisch den Inhalt des Verfahrensanspruches1 mit den entsprechenden Vorrichtungsmerkmalen wiedergibt, wie Vorrichtung zum Zusammenkleben der Filme, Dateneingabeeinrichtung, Speichereinrichtung, Codiereinrichtung, ohne patentfähige Merkmale erkennen zu lassen. Anspruch 3 ist daher nicht gewährbar.

4.7. Die Ansprüche 2 bzw. 5 (letzterer wäre infolge des Wegfalls des Anspruchs 4 in "4" umzunumerieren) sind auf den Anspruch1 bzw. 3 rückbezogen. Da Anspruch 1 und 3 jeweils nicht gewährbar ist, können auch die von ihnen getragenen Ansprüche nicht gewährt werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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