T 0048/82 () of 19.9.1983

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1983:T004882.19830919
Datum der Entscheidung: 19 September 1983
Aktenzeichen: T 0048/82
Anmeldenummer: 78100630.9
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von Hydroxylammoniumsalzen
Name des Anmelders: BASF
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit
inventive step
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0052/90
T 0659/93

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 9. August 1978 eingegangene und am 7. März 1979 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 78 100 630.9 mit der Veröffentlichungsnummer 0 000 901, für welche die Priorität der deutschen Voranmeldung vom 16. August 1977 in Anspruch genommen wird, wurde durch die Entscheidung der Prüfungsabteilung 025 des Europäischen Patentamts vom 6. November 1981 auf der Grundlage der am 22. Oktober 1979 eingereichten drei Patentansprüche zurückgewiesen. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

1. Verfahren zur Herstellung von Hydroxylammoniumsulfat durch katalytische Reduktion von Stickstoffmonoxid mit Wasserstoff in verdünnten wäßrigen Lösungen von Schwefelsäure oder Ammoniumbisulfat in Gegenwart von suspendierten Platinträgerkatalysatoren bei erhöhter Temperatur, dadurch gekennzeichnet, daß man je Liter Reaktionslösung 35 bis 700 g Platinträgerkatalysatoren anwendet.

II. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß der Gegenstand der Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Es sei aus verschiedenen Entgegenhaltungen, insbes. aus DE-B- 1 177 118 (1) bekannt, daß Hydroxylammoniumsulfat durch katalytische Reduktion hergestellt werden kann. Gemäß (1) sei es bereits möglich, mit einer Katalysatorkonzentration von 25 g/l (1 % Platin) eine Raum-Zeit-Ausbeute (RZA) zu erzielen, die durch die niedrigsten Werte der hier beanspruchten Konzentrationen (z.B. 40 g/l 0,5 % Pt), nicht wesentlich verbessert würde. Es wäre für den Fachmann naheliegend gewesen, die Trägermenge unter Beibehaltung desselben Platingehalts zu erhöhen. Dagegen seien zugegebenermaßen die Ergebnisse viel besser im höheren Bereich der Katalysatorkonzentration (z.B. 100 bis 200g/l); ein darauf beschränktes Verfahren könnte als erfinderisch anerkannt werden.

III. Gegen die Entscheidung vom 6. November 1981 hat die Anmelderin am 4. Januar 1982 unter Zahlung der Gebühr Beschwerde erhoben und diese am 4. März 1982 wie folgt begründet: Die Verbesserung der Raum-Zeit-Ausbeute sei schon bei 40 g/l Katalysator wesentlich. Aus keiner der Entgegenhaltungen sei ein Hinweis zu entnehmen, daß die Erhöhung der Gesamtkonzentration des Katalysators, d.h. Platin mit Träger, einen vorteilhaften Einfluß auf die RZA haben könne. Im übrigen sei die Möglichkeit einer Verringerung des Platineinsatzes bei den niedrigen Katalysator-Konzentrationen nicht zu erwarten gewesen.

Die Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit den folgenden drei Ansprüchen zu erteilen:

1. Verfahren zur Herstellung von Hydroxylammoniumsulfat durch katalytische Reduktion von Stickstoffmonoxid mit Wasserstoff in verdünnten wäßrigen Lösungen von Schwefelsäure oder Ammoniumbisulfat in Gegenwart von suspendierten Platinträgerkatalysatoren bei erhöhter Temperatur, dadurch gekennzeichnet, daß man je Liter Reaktionslösung 40 bis 700 g Platinträgerkatalysator anwendet.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man je Liter Reaktionslösung 40 bis 400 g Platinträgerkatalysatoren anwendet.

3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß man Platin-Graphit-Trägerkatalysatoren verwendet.

IV. Den Einwendungen der Beschwerdekammer gegen die obengenannten Ansprüche ist die Beschwerdeführerin dadurch begegnet, daß sie durch weitere Vergleichsversuche Beweis über die Vorteile des beanspruchten Verfahren mit verschiedenen Katalysatorkonzentrationen vorgelegt hat. Diesmal waren die Versuche streng unter vergleichbaren Umständen ausgeführt. Die Ausbeuten der Reaktionen wurden bei der Auswertung der RZA-Werte nicht außer Acht gelassen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.

2. Gegen die derzeitige Fassung der Ansprüche bestehen keine formalen Einwände, da sie durch die ursprünglichen Unterlagen hinreichend gestützt wird. Die geänderte Untergrenze für die Katalysatormenge im Hauptanspruch entspricht den von Beispiel 1.

3. Die technische Aufgabe der Erfindung war es, bei der Herstellung von Hydroxylammoniumsulfat durch katalytische Reduktion von Stickstoffmonoxid die Raum-Zeit-Ausbeute (RZA) zu erhöhen. Die beanspruchte Lösung dieser Aufgabe ist durch die Anwendung von 40 bis 700 g Platinträgerkatalysator je Liter der im übrigen sonst schon bekannten Reaktionslösung gekennzeichnet.

4. Es ist aus der Beschreibung und durch den vorgelegten Beweis deutlich erkennbar, daß die Erhöhung der Katalysatorkonzentration zu 100 oder 200 g/l die RZA-Werte (wenn notwendig umgerechnet von Zufuhr des Stickstoffmonoxids zum Ausstoß von Hydroxylamin) bis 0,7 oder höher steigen lassen. Nach den zahlreichen Methoden, die im Stand der Technik offenbart waren, konnte man mit Katalysatorkonzentration von 1 bis 34 g/l RZA Werte zwischen 0,2 und 0,5 erreichen. Es war doch auffällig, daß die niedrigste beanspruchte Konzentration des Katalysators nach der vorliegenden Erfindung (40 g/l) nur einen auf Zufuhr bezogenen RZA-Wert von 0,52 ermöglichen konnte, während die nächstliegende Technik gemäß DE-B- 1 177 118 schon mit 25 g/l einen entsprechenden RZA-Wert von 0,51 erzielte. Der beanspruchte Grenzbereich wurde daher im Prüfungsverfahren zu Recht als dem Stand der Technik naheliegend zurückgewiesen.

5. Der im Beschwerdeverfahren vorgelegte Beweis hat jedoch glaubhaft gemacht, daß unter im übrigen identischen Umständen die Verwendung von 40 g/l Konzentration im Vergleich mit der bekannten Technik doch überlegene Erfolge bringt. In den ersten drei Stunden der Reaktion ist der durchschnittliche, auf Ausstoß bezogene RZA-Wert etwa 50 % besser als im Fall, in dem mit der Methode nach DE-B- 1 177 118 in gleicher Weise gearbeitet wird. Allgemein ist die Menge des erzeugten Hydroxylamins bis zur siebten Stunde der Reaktion bei ungefähr 20 bis 50 % höher als die, die mit der erwähnten Methode zu haben ist. Nur durch solche Ergebnisse war erkennbar, daß die Erfindung auch im niedrigen Konzentrationsbereich einen zur Aufgabenlösung relevanten überraschenden Effekt bringen kann.

6. Im Hinblick auf die niedrigen Platinträgerkonzentrationen im Stand der Technik war es für den Fachmann nicht naheliegend, bei höheren Mengen bessere RZA-Werte zu erwarten. Normalerweise würde der Fachmann die Optimierung des primären Wirkstoffes, d.h. des Platins, versuchen. In diesem Fall wurde es dagegen gefunden, daß bei identischen Trägermengen die Änderung des Platingehalts im Träger, im Bereich über dem praktischen Minimum, kaum Verbesserungen bringt. Die allgemeine Lehre der Erfindung liegt daher in der Erkenntnis, die relativ inerte Komponente zu vergrößern, um eine verbesserte RZA zu erzielen.

7. Bei dieser Sachlage fällt der weitere Vorteil, daß bei niedrigeren Katalysatorkonzentrationen eine Verringerung des Bedarfs für Platin auftritt, nicht ins Gewicht. Ausdrücklich sei jedoch darauf hingewiesen, daß dieser nur im engen Bereich auftretende Vorteil, sofern überraschend, für sich allein betrachtet nicht geeignet wäre die Patentfähigkeit der Erfindung über dem gesamten Bereich zu tragen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Es wird wie folgt entschieden:

1. Die Enscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts vom 6. November 1981 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Auflage, ein europäisches Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:

(1) Beschreibung: Seiten 1, 3, 5 und 6 der veröffentlichten Patentanmeldung: Seiten 2 und 4, eingegangen am 10. September 1983, mit Schreiben vom 9. September 1983

(2) Patentansprüche: Nr. 1 bis 3, eingegangen am 7. Januar 1983 mit der Beschwerdeankündigung vom 4. Januar 1983.

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