T 1975/23 () of 24.7.2025

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2025:T197523.20250724
Datum der Entscheidung: 24 Juli 2025
Aktenzeichen: T 1975/23
Anmeldenummer: 16700327.6
IPC-Klasse: B42D 25/324
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements sowie ein Sicherheitselement
Name des Anmelders: OVD Kinegram AG
Name des Einsprechenden: Giesecke+Devrient Currency Technology GmbH
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 111(1)
European Patent Convention R 80
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 013(2)
Schlagwörter: Ausführbarkeit der Erfindung (ja)
Neuheit (ja)
Erf. Tätigkeit (nein: Hilfsantrag 2; ja: Hilfsantrag 3)
Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung (nein)
Zulassung des Hilfsantrags 2b (nein)
Ausreichende Substantiierung des Hilfsantrags 3 (ja)
Konformität des Hilfsantrags 3 mit Regel 80 EPÜ (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0610/95
T 0223/97
T 2290/12
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Fassung, in der das euro­päische Patent Nr. 3 242 801 (nach­­folgend: "das Patent") aufrechterhalten werden kann.

II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 nicht erfinderisch sei, dass aber der Hilfsantrag 2 den Erfordernissen des EPÜ genüge.

III. Von den von der Einspruchsabteilung berücksichtigten Dokumenten werden nachfolgend zitiert:

D1 WO 2011/066990 A2 D2 WO 2013/007374 Al

D8 WO 2009/121602 A2

IV. Eine Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK erging am 17. Februar 2025.

V. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 24. Juli 2025 antragsgemäß als Videokonferenz statt.

VI. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

VII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurück­zuweisen, hilfsweise die angefoch­tene Entschei­dung aufzuheben und die Angelegenheit zur weiteren Ent­scheidung an die Einspruchsabteilung zu­rück­zu­ver­weisen, oder das Patent in geänderter Fassung auf Grundlage eines der Anspruchssätze gemäß Hilfs­an­trag 2b, einge­reicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, oder gemäß den Hilfsanträgen 3, 4, 5, 6, 11, 12, 13, 14, 15, alle eingereicht mit der Beschwer­de­­erwiderung vom 19. Juni 2024, aufrechtzuerhalten.

NB: Der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin besteht in der Auf­recht­erhaltung des Patents in der Fassung des Hilfsantrags 2, der erste Hilfsantrag in der Auf­recht­erhaltung des Patents auf der Grundlage der Ansprüche des Hilfsantrags 2b, usw. Um Missverständnisse zu ver­meiden, behält die Kammer nachfolgend die Bezeich­nungen der Hilfsanträge, wie sie von der Beschwerde­gegnerin verwendet wurden, bei.

VIII. In den nachfolgend gelisteten Ansprüchen zeigen die Unterstreichungen die Unterschiede zu den erteilten Ansprüchen an. Merkmale, die optional und somit für die Prüfung der Patent­fähigkeit irrelevant sind, sind kursiv darge­stellt. Die von der Kammer verwendete Merkmals­gliede­rung ist in eckigen Klammern eingefügt.

a) Hilfs­an­trag 2

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 des Hilfs­an­trags 2 lauten wie folgt:

"1. [1a] Verfahren zur Herstellung eines Sicherheits­elements (1), insbesondere nach einem der Ansprüche 2 bis 7, wobei [1b] in einen oder mehreren ersten Zonen (81) eine erste Mikrostruktur, insbesondere mittels lithographischer Verfahren, erzeugt wird, wobei die erste Mikrostruktur für einen Betrachter eine erste optische Wahrnehmung erreicht, welche einer räumlichen Wahrnehmung eines ersten Ob­jekts (82) entspricht, und [1c] in einen oder mehreren zweiten Zonen (80) eine zweite Mikrostruktur, insbe­son­dere durch register­hal­tige Belichtung, erzeugt wird, wobei die zweite Mikro­struktur für den Betrachter eine zweite optische Wahr­nehmung erreicht, welche einer mehrfarbigen Darstellung des ersten Objekts (82) ent­spricht, und wobei [1d] die erste Mikrostruktur und die zweite Mikrostruktur derart erzeugt werden, dass die erste optische Wahrnehmung des ersten Objekts (82) und die zweite optische Wahrnehmung des ersten Objekts (82) für den Betrachter gleichzeitig wahrnehmbar sind, und dass [1e] zumindest einer der Parameter Azimut­win­kel, Gitterperiode oder Gittertiefe der ersten Mikro­struktur (44) pseudo-zufällig innerhalb eines vordefi­nierten Variationsbereichs variiert ist, und wobei vorgesehen ist, dass [1f] die mehrfarbige Darstellung des ersten Objekts (82) mindestens zwei unterschiedliche Grundfarben eines Farbraums umfasst."

"2. [2a] Sicherheitselement (1), wobei [2b] das Sicher­heitselement (1) in einen oder mehreren ersten Zonen (81) eine erste Mikrostruktur aufweist, wobei die erste Mikrostruktur für einen Betrachter eine erste optische Wahrnehmung erreicht, welche einer räumlichen Wahr­neh­mung eines ersten Objekts (82) entspricht, wobei [2c] das Sicherheitselement in einen oder mehreren zweiten Zonen (80) eine zweite Mikrostruktur aufweist, wobei die zweite Mikrostruktur für den Betrachter eine zweite optische Wahrnehmung erreicht, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite optische Wahrnehmung einer mehrfarbigen Darstellung des ersten Objekts (82) entspricht, und dass [2d] die erste optische Wahrnehmung des ersten Objekts (82) und die zweite optische Wahrnehmung des ersten Objekts (82) für den Betrachter gleichzeitig wahrnehmbar sind, und dass [1e] zumindest einer der Parameter Azimutwinkel, Gitterperiode oder Gittertiefe der ersten Mikrostruktur (44) pseudo-zufällig innerhalb eines vordefinierten Variationsbereichs variiert ist, und wobei vorgesehen ist, dass [1f] die mehrfarbige Darstellung des ersten Objekts (82) mindestens zwei unterschiedliche Grundfarben eines Farbraums umfasst."

Die Ansprüche 8 und 9 des Hilfsantrags 2 unterscheiden sich von den Ansprüchen 1 und 2 dadurch, dass jeweils das Merkmal 1e durch folgendes Merkmal ersetzt ist: "[8e] die einen oder mehreren ersten Zonen (81) und die einen oder mehreren zweiten Zonen (80) gemäß eines Rasters [sic] angeordnet sind".

b) Hilfsantrag 2b

Die Ansprüche 1, 2, 8 und 9 des Hilfsantrags 2b unter­scheiden sich von den entsprechenden Ansprüchen des Hilfsantrags 2 dadurch, dass jeweils die Worte "eines Farbraums" durch die Worte "des RGB Farbraums" ersetzt sind.

c) Hilfs­an­trag 3

Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 dadurch, dass Merkmal 1b so geändert wurde, dass die Herstellung der ersten Mikrostruktur mittels lithographischer Verfahren nun­mehr zwingend ist (Merkmal 1b'), sowie durch folgendes Merkmal "wobei [1g] die Differenz der maximalen Gitter­tiefe der ersten Mikrostruktur (44) und der minimalen Gittertiefe der ersten Mikrostruktur (44), zwischen denen die Gittertiefe pseudo-zufällig variiert, zwischen 0,1 µm und 10 µm, bevorzugt zwischen 0,25 µm und 2,5 µm beträgt".

Anspruch 2 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 2 des Hilfsantrags 2 durch die Einfügung des Merkmals 1g.

Anspruch 8 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 8 des Hilfsantrags 2 im Wesentlichen dadurch, dass das Merkmal 1b durch das Merkmal 1b' ersetzt ist, sowie durch die Einführung der folgenden Merkmale: "wobei [8g1] das Raster ein eindimensionales, von der x- oder der y-Achse aufgespanntes Linienraster ist, oder wobei [8g2] das Raster ein zweidimensionales, von der x- und der y-Achse aufgespanntes Punktraster ist,

und dass [8h] die Anordnung der einen oder mehreren ersten Zonen und der einen oder mehreren zweiten Zonen gemäß des Rasters mittels des sogenanntem [sic] Inter­lacing erfolgt, so dass die einen oder mehreren ersten Zonen und die einen oder mehreren zweiten Zonen inei­nander gerastert sind, und jeweils eine erste Zone und eine zweite Zone benachbart zueinander und jeweils abwechselnd vorliegt".

Anspruch 9 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 9 des Hilfsantrags 2 durch die Einfügung der Merkmale 8g1, 8g2 und 8h.

IX. Die Parteien trugen Folgendes vor:

a) Hilfsantrag 2: Ausführbarkeit der Erfindung

i) Beschwerdeführerin

Es sei im Patent nicht offenbart, wie die erste und zweite Mikrostruktur beschaffen sein müssen, um die technische Wirkung der gleichzeitigen Wahrnehmbarkeit der ersten und der zweiten optischen Wahrnehmung zu erzielen. Die Fachperson wisse angesichts der Angabe "je nach Aus­ge­stal­tung" in Absatz [0014] des Patents nicht, wie genau die zweite Mikro­struk­tur ausgestaltet werden könne, damit bei bestimm­ten Be­trach­tungs­be­din­gungen die zweite optische Wahr­nehmung des ersten Ob­jekts für den Betrachter gleich­zeitig mit der ersten wahrnehmbar sei. Er bedürfe einer Vielzahl an Versu­chen, um eine Kon­figuration der zwei­ten Mikro­struktur in Bezug auf die erste zu finden, bei der die gleich­zeitige Wahrnehmbarkeit gegeben sei. Das Patent offen­bare kein konkretes Beispiel der zwei­ten Mikro­struktur, das im Zusammen­wir­ken mit der ersten die gleichzeitige Wahr­nehmbarkeit ermög­liche. Die erforder­lichen Versuche könnten nicht mit zumutbarem Aufwand realisiert werden. Die Absätze [0025] bis [0030] bzw. [0034] bis [0042] würden diese Lücke nicht füllen. Ohne Infor­mation zu den Anstellwinkeln der jeweiligen Facetten sei die bean­spruchte Wirkung nicht zu gewährleisten. Auch in Absatz [0050] sei nicht beschrie­ben, wie genau die zweite Mikrostruktur auf die erste Mikro­struk­tur abzu­stimmen sei. Der Verweis auf ein Raster sei nicht aus­reichend. Es fehle nicht nur an einer Lehre zur Fein­ab­stimmung, sondern die grundlegende Geo­metrie der Mikro­strukturen sei nicht offenbart. Die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ seien somit nicht erfüllt.

ii) Beschwerdegegnerin

In den Absätzen [0025] bis [0030] des Patents finde die

Fachperson eine Vielzahl von Ausgestaltungsmöglich­kei­ten der ersten Mikrostruktur (binäres, mehrstufiges oder kontinu­ier­liches Oberflächenrelief) und auch Hin­weise zur Erzeu­gung der ersten Mikrostruktur, z.B. mit­tels Elektronen­strahl-Lithographie oder durch holo­gra­phische Verfah­ren. Weiters werde in den Absätzen [0034] bis [0040] des Patents die Ausgestaltung der zweiten Mikrostruktur beschrieben. Diese Lehre sei für die Fachperson ausreichend, um entsprechende erste und zweite Mikro­strukturen mit der angestrebten technischen Wirkung zu erzeugen und auszugestalten. Die Einstellung der Mikrospiegel stelle keine besondere Schwierig­keit dar. Darüber hinaus finde sich in Absatz [0050] des Patents die Anregung, die Zonen in Form eines Rasters anzu­ord­nen. Versuche seien nicht erforderlich, zumal die Verwendung von Rechnern üblich sei.

b) Hilfsantrag 2: Neuheit gegenüber Druckschrift D1

i) Beschwerdeführerin

Ansprüche 1 und 2

Die Druckschrift D1 offenbare ein Sicherheitselement und ein Verfahren zu dessen Herstellung (Seite 1, Zei­len 7 bis 10). Das Sicherheitselement besitze eine Fläche 3 mit einer Vielzahl von reflektiven Pixeln 4 (Fig. 2; Seite 19, Zeilen 21 bis 25, und Seite 2, Zei­len 8 bis 16). Die Pixel hätten jeweils mehrere reflek­tive Facetten 5 gleicher Orientierung, die die optisch wirksamen Flächen eines reflektiven Sägezahn­gitters bilden (Seite 20, Zeilen 8 bis 10). Die Facetten seien so ausgerichtet, dass die Fläche 3 als eine gegenüber einer tatsächlichen Raum­form vor- und/oder zurück­sprin­gende Fläche wahrnehmbar sei (Seite 21, Zeilen 6 bis 10; Seite 2, Zeilen 8 bis 16). Wie aus Fig. 3 ersicht­lich, nehme ein Betrachter eine gewölbte Oberfläche 9 wahr. Dies werde durch Facetten 5 erreicht, die Licht so reflektieren, als ob es auf eine gewölbte Fläche 9 fiele (Seite 21, Zeilen 10 bis 17). So könnten 3D-Motive erzeugt werden (Seite 21, Zeilen 22 bis 24). Das Sägezahngitter bilde somit eine erste Mikrostruktur in einer ersten Zone. Der Flächenbereich, in dem sich die erste Mikrostruktur befinde, weise Lücken auf. So werde eine Verschachtelung, mit einer zweiten Mikro­struk­tur, z.B. mit einem Echtfarben­holo­gramm, mög­lich (Seite 3, Zeilen 14 bis 22). Das Echt­farben­holo­gramm erzeuge eine mehrfarbige Darstel­lung. Die 3D-Darstellung und das Echtfarbenhologramm würden dasselbe Objekt darstellen (Seite 26, Zeilen 16 bis 20), denn das an sich achro­ma­tische 3D-Bild eines Objekts erschei­ne unter bestimm­ten Winkeln farbig. Die Effek­te würden gleichzeitig wahrge­nommen (Seite 3, Zeilen 15 bis 22). Auf Seite 25, Zei­len 13 bis 17, werde dargelegt, dass ein Betrachter unterschiedliche Farben wahrnehmen könne, ohne das Sicher­heitselement drehen zu müssen. Die Dar­stellung müsse also mehrfarbig sein, denn das Echt­farben­holo­gramm bilde das Objekt realitätsgetreu ab. Der Begriff "Echt­far­ben" werde in Absatz [0098] des Patents mit einer mehr­far­bigen Darstellung bzw. mit den Grundfarben Rot, Grün und Blau assoziiert (Absätze [0099] bzw. [0102]). Die Begriffe "Echtfar­ben" und "Grund­far­ben" seien daher als Synonyme zu verstehen. Somit sei das Merkmal 1f zumindest implizit offenbart. Auch die Aus­füh­rungs­form auf Seite 26, Zeilen 6 bis 14, nehme den Gegen­­stand der Ansprüche vor­weg. Die pseudo-zufäl­li­ge Variation eines der Parameter der Mikro­struk­tur sei ebenso offenbart (Seite 5, Zeilen 27 ff., Seite 6, Zeilen 19 ff. bzw. Seite 22, Zeilen 18 ff.). Der Neu­heitseinwand beruhe nicht auf einer unzulässigen Kombi­nation der Ausfüh­rungsbeispiele der Druckschrift D1. Alle Abbildungen bezögen sich auf dasselbe Sicher­heits­ele­ment 1. Innerhalb dieser Ausführungsform würden nur die Formen der Facetten variiert. Selbst wenn man die Offen­barung des zweiten Absatzes auf Seite 25 als eigen­­ständiges Ausführungsbeispiel verstünde, so wäre sie als solche bereits neuheitsschädlich. Ein Farb­spek­trum entstehe durch das Vermischen von Grundfarben. Auf Seite 26 sei eine andere Möglichkeit der Erzeugung eines Farbeffekts offenbart. Das bedeute nicht, dass das Bild achromatisch oder monochromatisch sei.

Ansprüche 8 und 9

Die Druckschrift D1 offenbare auf Seite 25, Zeile 19,

bis Seite 26, Zeile 20, dass die Mikrostrukturen inei­nander verschachtelt­ sein können. Die Verschachte­lung könne z.B. schachbrett­artig oder auch streifenartig aus­gebildet sein. Eine solche Verschachtelung ent­spre­che einem Punkt- bzw. Linienraster.

ii) Beschwerdegegnerin

Der Ge­gen­stand der Ansprüche 1, 2, 8 und 9 des Hilfs­antrags 2 sei neu gegenüber der Druck­schrift D1. Die Beschwerdeführerin stütze ihre gegenteilige Behauptung auf eine unzulässige Kombination mehrerer Ausführungs­beispiele der Druckschrift D1. Die Offenbarung auf Seite 25, Zeilen 15 bis 17, der Druckschrift D1 sei im Kontext zu sehen. Im konkreten Ausführungsbeispiel werde ein Dünnfilmsystem auf die Facetten aufgebracht. Die zusätzliche Wirkung werde also nicht durch eine zweite Mikrostruktur, sondern durch das Dünnfilmsystem erzeugt. Im darauffolgenden Absatz sei von einem Mehr­kanalbild die Rede, das inei­nander verschachtelte Teil­flächen aufweise. Konkret sei die Verschachtelung einer Kugeloberfläche mit einer Zahl beschrieben. Es sei weder von Farbe noch von der Überlagerung desselben Objekts die Rede. Auch eine zufällige Variation sei nicht offenbart; sie werde im Kontext eines anderen Ausführungsbeispiels erwähnt. In der Ausführungsform auf Seite 26, Zeilen 6 bis 14, seien die Facetten mit Farbe bedruckt. Mehrfarbigkeit sei nicht offenbart. Die passgenaue Aufbringung verschiedener Farben auf die Facetten sei sehr aufwendig. Der Begriff "Farbspektrum" weise auf einen Wellenlän­gen­bereich hin, nicht aber auf die Mischung von Farben. Die Druckschrift D1 offenbare auf Seite 26, Zeilen 16 bis 20, die Ver­wendung eines Echtfarbenhologramms zur Erzeugung einer Farbwahr­neh­mung. Das Hologramm ermögli­che nur eine farbige, nicht aber eine mehrfarbige Dar­stel­lung. Der Begriff "achro­matisch" weise auf eine farblose Dar­stellung hin. Auch sei kein Farbraum erwähnt. Das Echtfarben­holo­gramm sei somit eine einfar­bige Darstel­lung der Oberfläche. Ein Echtfarbenholo­gramm sei ein Hologramm, das unter einem Win­kel eine Farbe habe, die als echte Farbe wahrge­nom­men werde. Die Erzeugung eines mehrfarbigen Bildes sei deut­lich aufwendiger. Es sei auch keine Dar­stel­lung desselben Objekts unter demselben Winkel offen­bart.

c) Hilfsantrag 2: Erfinderische Tätigkeit, ausgehend von der Druckschrift D1

i) Beschwerdegegnerin

Die Druckschrift D1 offenbare keine mehrfarbige Dar­stellung. Letztere erfordere einen viel höheren Aufwand als eine einfarbige. Wenn man unter einem Winkel mehre­re Farben erzeugen wolle, müsse man die Bereiche des Hologramms unter­schiedlich belich­ten, da man mit einer Belichtung nur eine Farbe gene­rie­ren könne. Dies begrün­de bereits eine erfinde­ri­sche Tätig­keit. Es sei auch nicht zutreffend, dass sich aus einer Farbe auto­matisch mehrere Grundfarben ergäben. Die Er­findung er­laube die Wahrnehmung mehrerer Grundfarben. Die Fach­person hätte das Merkmal 1f so verstanden, dass es sich um Grundfarben eines üblichen Farb­raums (z.B. RGB) handle. Das Merkmal habe eine technische Wirkung. Die gelöste Aufgabe bestehe darin, die Fäl­schungs­sicher­heit des Sicherheitselements zu erhöhen (vgl. Absatz [0006] des Patents). Die Druck­schrift D1 gebe der Fachperson keinen diesbezüg­li­chen Hinweis. Die Verwendung eines Echtfarbenhologramms be­deute nur, dass das Hologramm über eine Farbe ver­füge, die natürlich wirke. Mehr­far­bigkeit lasse sich daraus nicht ableiten. Ein Hinweis auf Mehrfarbigkeit ergebe sich bestenfalls aus dem Aus­führungsbeispiel, in dem die Flanken mit einem Dünn­film­system beschichtet sind. Allerdings sei auch hier nicht von zwei Grund­far­ben die Rede. In Anbe­tracht der Aufgabe wäre die Fach­per­son zu diesem Aus­füh­rungs­bei­spiel übergegangen. Die Kombination eines Echt­farben­hologramms mit einer Dünnfilmschicht sei nicht reali­sier­bar, da das Holo­gramm dabei zer­stört würde. Zur Erhöhung der Fäl­schungs­sicherheit stünden der Fach­person viele andere Lösungsansätze zur Verfügung. Der Verweis auf die Druckschrift D8 sei nicht sachdien­lich, da sie ein ganz anders aufgebautes Sicherheits­element be­treffe, in dem eine Replizier­lack­schicht und eine Volumen­hologrammschicht kombiniert seien. Ein Ineinan­der-Rastern sei hier unmöglich. Die Fachperson hätte daher diese Druckschrift nicht in Betracht gezogen. Und selbst wenn sie das getan hätte, sei nicht erkenntlich, warum sie gerade die von der Beschwerdeführerin zitier­te Stelle, die ein spezi­elles Ausführungsbeispiel be­treffe, aus der Gesamt­offen­­barung herausgezogen hätte.

ii) Beschwerdeführerin

Die Fachperson, die ausgehend von der Ausführungsform auf Seite 26, Zeilen 16 bis 20, der Druckschrift D1 vor der Aufgabe stand, die Darstellung einprägsamer zu machen, hätte die Anstellung der Facetten nicht vari­ieren können, da sie vom dreidimensionalen Gegenstand vorge­geben seien. Sie hätte daher die Aufgabe nur durch eine Variation der Farbe lösen können. Die Fachperson kenne aus der Druckschrift D1 selbst mehrfarbige Dar­stellungen. Die Druckschrift D8 offenbare in dem die Seiten 30 und 31 überbrückenden Satz, dass bei ent­spre­chend fein geras­ter­tem Volumenhologramm-Master 81 mit eng nebeneinander liegenden Bereichen (Pixel) unter­schiedlicher Farben (z.B. RGB) auch mittels additiver Farbmischung Echt­far­benhologramme erzeugt werden könn­ten, die auf der Farb­mischung der ineinander greifenden Raster der Einzel­farben basieren. Es sei also explizit offenbart, dass Echtfarben­holo­gramme mittels Grund­far­ben erzeugt werden können. Die Ver­wendung von Grund­farben ermögliche die größtmögliche Anzahl von Farb­kom­binationen. Sie liege somit nahe.

d) Zurückverweisung im Falle der Zurückweisung des Hilfsantrags 2

i) Beschwerdegegnerin

Im Laufe der mündlichen Verhandlung habe die Kammer das Merkmal 1f erstmals ganz anders ausgelegt. Es sei vor­her nie vorgetragen worden, dass das Merkmal 1f kein Unterscheidungsmerkmal dar­stel­le. Wegen dieser über­raschenden Wende müsse die Beschwer­de­gegnerin die Gelegen­heit erhalten, darauf angemes­sen zu reagieren und ggf. neue An­träge einzurei­chen. Ein anderes Vor­gehen würde das rechtliche Gehör verletzen. Die nach­fol­genden Hilfsan­trä­ge seien von der Einspruchs­abtei­lung noch nicht geprüft worden. Bezüglich des Hilfs­antrags 3 bestünden große Unterschiede in der Aus­legung der hinzugefügten Merkmale durch die Partei­en. Es sei sachdienlich, die offenen Fragen zuerst der Einspruchs­abteilung vorzulegen.

ii) Beschwerdeführerin

Eine Zurückverweisung sei weder sachdienlich noch ver­fahrenseffizient. Die Beschwerdegegnerin habe in ihrer Beschwerdeerwiderung zu den hinzugefügten Merkmalen (Linienraster, Punktraster, Gittertiefe, ...) ausführ­lich Stellung genommen. Auch das Merkmal 1f sei bereits im Einspruchsverfahren ausführ­lich disku­tiert worden.

e) Zulassung des Hilfsantrags 2b

i) Beschwerdegegnerin

Die Einreichung des Hilfsantrags sei gerechtfertigt, da

die Frage des Berichterstatters, ob nicht jede Farbe sich aus zwei Grundfarben bestehend darstellen lasse, möglicherweise die negative Entscheidung der Kammer zum Hilfsantrag 2 beeinflusst habe, und zwar in dem Sinne, dass dem Merkmal 1f keine technische Bedeu­tung beige­mes­sen wurde. Die Einspruchsabteilung hinge­gen sei vom üblichen Verständnis ausgegangen, dass die Grund­farben nicht willkürlich gewählt werden können, sondern dass es sich z.B. um Rot, Grün und Blau handle. Die Änderung der Aus­legung durch die Kammer stelle außergewöhnliche Um­stände im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK dar. Die Ein­schränkung auf den RGB-Farbraum mache nunmehr klar, dass die Wahl der Grundfarben nicht willkürlich sei. Die Änderung habe eine Grundlage in Anspruch 6 wie erteilt bzw. im Anspruch 20 der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung.

ii) Beschwerdeführerin

Angesichts von Punkt 5.4.1 der Mitteilung der Kammer liege es nicht auf der Hand, dass die Kammer ihre Aus­legung des Merkmals 1f geändert habe. Es stelle sich somit die Frage, warum der Hilfsantrag 2b nicht bereits als Reaktion auf die Mitteilung der Kammer eingereicht wurde. Es lägen keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK vor. Die Beschwerde­geg­ne­rin musste die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Kammer der Auffassung der Einspruchsabteilung bezüglich der erfin­derischen Tätigkeit von Merkmal 1f nicht folgen würde, zumal die Kammer in ihrer Mitteilung Zweifel am Vor­liegen einer erfinderischen Tätigkeit geäußert hatte. Es sei auch nicht klar, wie die Ein­schrän­kung auf den RGB-Farbraum den Gegenstand der Ansprüche erfinderisch machen könne. Der abzubil­dende Gegenstand lasse sich auch auf die Grundfarben des RGB-Farbraums zurück­füh­ren. Der Anspruchssatz sei somit nicht prima facie gewährbar. Zudem sei fraglich, ob er den Erfordernissen von Artikel 123 (2) EPÜ genüge.

f) Hilfsantrag 3: Konformität mit Regel 80 EPÜ

i) Beschwerdeführerin

Die Hilfsanträge 3 und 3a würden jeweils zwei unab­hän­gige Verfahrens- und Vorrichtungs­an­sprüche beinhalten, die auf unter­schied­li­chen Merkmals­kombi­na­ti­onen basie­ren, obwohl das Patent nur einen unabhängigen Verfah­rens- und Vorrichtungsanspruch beinhalte. Dies sei keine notwendige und zweckmäßige Antwort auf einen Einspruchsgrund gemäß Regel 80 EPÜ. Die Rechtsprechung der Be­schwer­de­kammern (siehe z.B. T 610/95 sowie T 223/97) lasse dies nur in Ausnahmefällen zu. Im vor­liegenden Fall beinhalte der Hilfsantrag 3 einen zu­sätz­­lichen Verfahrensanspruch 8, der keine Ent­spre­chung in den Ansprüchen des erteilten Patents habe. Somit verletze der Antrag die Regel 80 EPÜ.

g) Hilfsantrag 3: mangelnde Substantiierung

i) Beschwerdeführerin

Die Ansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag 3 würden auf den Ansprüchen des Hilfsantrags 2 basieren und das zusätz­liche Merkmal 1g umfassen. Die Beschwerdegegnerin habe sich nicht zu ihrer ursprünglichen Offenbarung geäußert, sodass der Antrag nicht ausreichend substantiiert sei.

h) Hilfsantrag 3: Erfinderische Tätigkeit, ausgehend von der Druckschrift D1

i) Beschwerdeführerin

Ansprüche 1 und 2

Das nunmehr erforderliche lithographische Ver­fahren sei auf Seite 13, Zeilen 23 bis 29, der Druck­schrift D1 offenbart. Als Teil der allge­mei­nen Be­schreibung be­tref­fe es auch die offenbarten Aus­führungsformen und sei somit im Kontext der Verschach­te­lung offenbart. Bezüglich der Tiefe bzw. Dicke des Gitters sei die Formel auf Seite 37, Zeilen 4 bis 7, der Druck­schrift D1 relevant. Der offenbarte Be­reich zwi­schen 1 und 10 mym nehme den beanspruchten Be­reich neuheits­schäd­lich vorweg. Die zufällige Vari­ation der Periode Lambda ziehe eine zufällige Variation der Git­ter­tiefen nach sich, siehe Fig. 3. Da die Oberfläche 9 vorgegeben sei, führe eine Änderung der Periode Lambda zu einer Änderung der Dicke d, es sei denn, die Periodenänderung werde von einer Änderung des Winkels sigma kom­pensiert. Dies sei aber sehr unwahr­schein­lich, da sich der Wert von sigma aus der Stei­gung der Facette erge­be. Auf Seite 22, Zeile 19, werde die Möglichkeit erwähnt, "die Periode Lambda der Facetten 5 pro Pixel 4 zu variieren". Auch auf Seite 37, Zeile 5, sei von einer Variation "pro Pixel" die Rede. Dort wer­de die Offenba­rung mit Werten für die Tiefe konkre­ti­siert. Der Bezug zur zufälligen, auf Seite 22 be­schrie­benen Variation sei eindeutig und unmittelbar. Selbst wenn man "pro Pixel" im Sinne von verschiedenen Pixeln verstünde, wür­de man zum selben Schluss gelangen, denn die Vari­ation ginge dann über zwei verschiedene Pixel hinweg, und auch das werde vom Anspruch erfasst. Die technische Wirkung der zufälligen Variation der Gitter­tiefe innerhalb eines Pixels bestehe darin, dass die Auflösung des Bildes erhöht werden könne. Daraus ergebe sich die objektive technische Aufgabe, die Fälschungs­sicherheit des Dokuments weiter zu erhöhen, denn die höhere Auflösung erschwere die Nachahmung. Angesichts der Aufgabe, die Fälschungssicherheit zu erhöhen, er­hal­te die Fachperson auf Seite 24, Zeilen 15 ff., der Druckschrift D1 einen Hinweis, wie verschiedene Wir­kungen erzielt werden könnten. Insbesondere werde vor­ge­schla­gen, die Größe des Pixels zu variieren. Wie z.B. in Fig. 3 er­sichtlich sei, weise ein Pixel ver­schiedene Facetten auf. Die Fachperson hätte sich die Frage ge­stellt, wie sie die Facettenhöhe innerhalb eines Pixels variieren könne, um andere Wirkungen zu erreichen. Eine zufällige Variation des Steigungs­win­kels sigma würde zu einer Variation der Gittertiefe inner­halb eines Pixels führen (D1, Seite 37, zweiter Absatz). Die Fachperson hätte sich die Frage gestellt, wie sie die Wirkung auf andere Weise erreichen könnte. Sie wäre so durchaus zum Gegenstand des Anspruchs gelangt, indem sie die auf Seite 37 erwähnte Variation innerhalb eines Pixels vor­genommen hätte. Dem stünden keine technischen Hin­der­nisse entgegen, noch gebe es einen Grund, nicht so vor­zugehen. Auf Seite 9, Zeilen 9 und 10, der Druckschrift D1 werde die Möglichkeit einer Variation der Git­ter­periode innerhalb eines Pixels erwähnt. Im Kontext der zufälligen Variation auf Seite 2 und der Offen­barung auf Seite 37 ergebe sich ein expliziter Hinweis für die Fachperson, die Gitter­peri­ode, und somit auch die Git­ter­­tiefe, innerhalb eines Pixels zufällig zu vari­ieren. Auch auf Seite 24, Zeilen 4 und 5, werde eine Varia­tion der Facetten innerhalb eines Pixels angeregt.

Ansprüche 8 und 9

Ein Raster im Sinne der Ansprüche 8 und 9 liege vor, wenn zwei Bereiche nebeneinander liegen. Es sei nicht einmal erforderlich, viele solche Bereiche nebenei­nan­der zu haben. Es bestehe kein Unterschied zwischen einer Rasterung gemäß dem Patent und einer Verschach­te­lung im Sinne der Druckschrift D1 (siehe Seite 25, Zeilen 19 und 20). Auf Seite 21, Zeilen 20 und 21, der Druckschrift D1 werde im Übrigen der Be­griff "geras­ter­te Anordnung reflektiver Sägezahn­strukturen" verwendet. Den Ausführungen der Beschwerdegegnerin zur Kombination von verschiedenen Ausführungsformen könne nicht gefolgt werden, da auf Seite 25 auf "das" Sicherheitselement Bezug genommen werde. Die Ausführungen zur Verschachte­lung würden einen Bezug zum allgemeinen Teil der Druck­schrift D1 (Seite 3) herstellen. Das Patent definiere den Begriff "Punktraster" nicht. Die Punkte müssten eine Ausdehnung haben, und würden deshalb einer schach­brettartigen Verschachtelung entsprechen. In der Druck­schrift D1 sei ein aufgespanntes Linien­raster offen­bart, siehe Fig. 4. Die Kombination sei zumindest nahe­liegend, da die Fach­per­son notwendiger­wei­se ein Linien- oder Punktraster vorgesehen hätte. Die Figuren 4, 12 oder 14 der Druck­schrift D1 würden für die Fach­per­son einen Hinweis auf eine Ver­schachtelung mit dem Echt­far­ben­holo­gramm darstellen. Ausgehend von der Ausführungs­form auf Seite 26, Zeilen 16 bis 20, der Druckschrift D1 hätte die Fach­person durchaus ein Linienraster, und insbesondere eine "streifenartige" Rasterung gemäß Seite 25, Zeile 28, in Betracht gezogen. Es gebe keinen Grund, warum die Fach­person diese Lehre nicht berück­sichtigt hätte. Wenn man die objektive technische Auf­gabe in der Erhö­hung der Fälschungssicherheit sehe, sei zu beachten, dass gemäß dem Absatz der Druckschrift D1, der die Seiten 25 und 26 überbrückt, die streifen­artige Ver­schachtelung besondere Wirkungen ermögliche. Somit lasse sich eine erhöhte Fälschungssicherheit erreichen. Er­gän­zend werde auch auf die Druckschrift D8 verwiesen, wo auf Seite 7, Zeilen 20 ff., von Linien- bzw. Flä­chen­rastern die Rede sei. Diese Merkmale seien also auf diesem technischen Gebiet nichts Neues. Daher wäre die Fachperson auf der Grundlage der Druckschrift D1, zumin­dest aber in der Zusammenschau mit der Druck­schrift D8, in naheliegender Weise zum Gegenstand der Ansprüche 8 und 9 gelangt.

ii) Beschwerdegegnerin

Ansprüche 1 und 2

Die hinzugefügten Merkmale seien in der Druckschrift D1 nicht im Zusammenhang mit dem besonderen Ausführungs­beispiel auf Seite 26, Zeilen 16 bis 20, offenbart. Auf Seite 13, Zeilen 23 bis 29, der Druckschrift D1 sei das lithographische Verfahren als eines von mehreren ver­schie­­denen Verfahren offenbart. Die zufällige Variation der Periode sei zusammen mit anderen Varianten auf Seite 22, Zielen 18 bis 25, beschrieben. Die Werte für die Gittertiefen seien auf Seite 37, Zeilen 4 bis 7, offenbart. Einen unmittelbaren und eindeutigen Bezug zwischen diesen Textstellen gebe es nicht. Bezüglich der Kombination dieser Fund­stel­len sei die Recht­spre­chung zur Auswahl aus mehreren Listen anwendbar. Im Übrigen sei die pseudo-zufällige Variation der Gitter­­tiefe nicht offenbart. Die Druck­schrift D1 offen­bare nur, dass die Periode der Facetten für jedes Pixel zufällig gewählt werden könne. Eine Variation in­ner­halb eines Pixels sei nicht offenbart. Vielmehr wür­den für benach­barte Pixel verschiedene Perioden ge­wählt. Es sei frag­lich, ob es dadurch zu einer Varia­tion der Relief­tiefe komme. Der Neigungs­winkel der Facetten sei unter­schied­lich, sodass man nicht auf eine pseudo-zufällige Varia­tion der Tiefe schließen könne. Zudem seien die Begrif­fe "pseudo-zufällig" und "zufällig" nicht syno­nym. Die offenbarten Werte für die Tiefe seien absolute Werte und nicht Werte, zwischen denen die Gittertiefe pseudo-zufällig variiere. Der von der Beschwerdeführe­rin formulierten objek­ti­ven technischen Aufgabe sei zuzustimmen. Die vom Ausführungsbeispiel auf Seite 26 der Druck­schrift D1 ausgehende Fachperson hätte keine Veranlas­sung gehabt, die Lehre auf Seite 22 aufzugrei­fen. Aber selbst wenn sie das getan hätte, hätte sie eine Variation innerhalb eines Pixels nicht in Betracht gezogen. Im Lichte des "could/would"-Ansatzes sei nicht offenkundig, dass die Fachperson zur Erfindung gelangt wäre. Auf Seite 9, Zeilen 9 und 10, sei nicht von einer zufälligen Varia­tion die Rede.

Ansprüche 8 und 9

Eine Verschachtelung in Form eines Rasters sei in der Druckschrift D1 nicht offenbart. Die Begriffe "schach­brettartig" und "streifenartig" würden nur einmal (Seite 25, Zeilen 27 und 28) und im Kontext eines anderen Ausfüh­rungs­beispiels verwendet. Es sei nicht klar, warum die Fach­person auf diese Stelle zurück­gegriffen hätte. Zudem seien die Begriffe "schach­brett­artig" und "streifen­ar­tig" nicht definiert. Es liege nicht auf der Hand, dass es sich um dasselbe handle wie ein Punkt- oder Linien­raster. Ein Schachbrett sei kein Punktraster. Auf Seite 21, Zeilen 20 und 21, der Druck­schrift D1 gehe es um die Anordnung der Pixel und nicht um die Verschach­telung. Es handle sich nicht um eine einfache alternative An­ordnung, sondern die Merkmale würden eine syner­ge­ti­sche Wirkung haben (siehe Absatz [0050] des Patents). Die objektive technische Aufgabe bestehe in der Erhöhung der Fälschungssicherheit. Die konkreten Aus­führungsbeispiele enthielten keine Aus­führungen dazu, wie die beiden Flächenbereiche zueinan­der anzu­ordnen seien. Es gebe keinen Hinweis für die Fachperson, gera­de zum Ausführungsbeispiel mit strei­fenartiger Ver­schachtelung zu greifen, zumal dort eine Kugelober­flä­che und eine Zahl verschachtelt wür­den. Die Fachperson hätte ebenso gut auf das Echtfar­ben­hologramm verzichten und eine andere Mikrostruktur verwenden kön­nen. Darüber hinaus sei auf Seite 25, Zeilen 27 und 28, die Begriffe "schachbrettartig" und "streifenartig" nicht definiert. Der Begriff "Ver­schach­telung" auf Seite 26, Zeile 17, sei sehr breit zu deuten. Es gebe keine Anhalts­punkte, wie die Oberfläche konkret zu ge­stalten sei. Der Gegenstand der Ansprüche 8 und 9 lag deshalb für die Fachperson nicht nahe. Auch die Druck­schrift D8 hätte die Fachperson nicht weiter gebracht, da sie zu einem ganz anderen techni­schen Gebiet gehöre.

i) Hilfsantrag 3: Patentfähigkeit angesichts der Druckschrift D2

i) Beschwerdeführerin

Der Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 und 2 sei nicht neu gegenüber der Druckschrift D2, da sie den Fall umfassen, dass jede der Mikrostruk­turen einen Teilbereich des darzustellenden Objekts abbildet. Die Tatsache, dass der Eindruck eines ein­heitlichen Objekts erzeugt werde, sei hier ausreichend. Selbst wenn man den Ausführungen der Einspruchsabtei­lung folgte, hätte die Fachperson jeden­falls ausreichende Informationen erhalten, um das Objekt vollständig erscheinen zu lassen. Mit den in der Druck­schrift D2 beschriebenen technischen Mitteln sei es ohne weiteres möglich, ein einziges Objekt mehrfarbig und räumlich darzustellen.

Ansprüche 1 und 2

Die Herstellung mittels lithogra­phischer Verfahren sei auf Seite 13, Zeilen 8 bis 11, der Druckschrift D2 offenbart. Der Gegenstand der An­sprüche 1 und 2 sei daher nicht neu. Dem Patent sei zudem nicht zu ent­neh­men, welche tech­nischen Wirkungen die hinzugefügten Merk­male haben sollen. Es sei nicht zutreffend, dass uner­wünschte Farbeffekte, die aufgrund von Beugung am Git­ter der ersten Mikrostruktur entste­hen können, vermie­den würden, wodurch ein verbessertes optisches Er­schei­nungsbild erzielt werde. Es sei nicht nach­voll­ziehbar, wie eine bestimmte Gittertiefe uner­wünschte Farbeffekte vermeiden könne. Dieses Merkmal könne somit den Ansprü­chen keine erfinderische Tätig­keit verleihen. Die An­sprüche 1 und 2 seien daher nicht patentfähig.

Ansprüche 8 und 9

Eine Verschachtelung der Teilbereiche (Interlacing) sei auf Seite 2, Zeilen 19 bis 23, der Druckschrift D2 offenbart. Der Begriff Interlacing betreffe scheinbar ein beliebiges Verfahren, das derart ausgestaltet ist, dass die einen oder mehreren ersten Zonen und die einen oder mehreren zweiten Zonen ineinander gerastert wür­den, und jeweils eine erste Zone und eine zweite Zone benachbart zueinander und jeweils abwechselnd vorliege. Das Merkmal, dass die erste Mikrostruktur mit litho­graphischen Verfahren erzeugt wird, sei in der Druck­schrift D2 auf Seite 13, Zeilen 8 bis 11 offenbart. Die Ansprüche 8 und 9 gemäß Hilfsantrag 3 seien daher nicht erfinderisch gegenüber der Druckschrift D2.

ii) Beschwerdegegnerin

Die Druckschrift D2 offenbare auf Seite 4, Zeilen 8

bis 19, dass die Änderung der Orientierung mehrerer Facet­ten durch eine zufällige Abweichung von einer vor­gegebenen Soll-Orientierung innerhalb bestimmter Grenzen gegeben sei. Sie offenbare keine pseudo-zufäl­lige Variation der Gittertiefe. Insbesondere offenbare sie nicht, dass die Differenz der maximalen Gittertiefe und der minimalen Gittertiefe zwischen denen die Git­ter­tiefe pseudo-zufällig variiert, zwischen 0,1 und 10 mym betrage. Aufgrund dieser Merkmale würden uner­wün­schte Farbeffekte, die aufgrund von Beugung am Gitter der ersten Mikrostruktur entstehen können, vermieden, wodurch ein verbessertes optisches Erscheinungsbild erzielt werde, was zur Lösung der Aufgabe des Patents beitrage. Keine der im Einspruchsverfahren zitierten Druckschriften offenbare diese zusätzlichen Merkmale oder lege sie nahe, da keine der Entgegenhaltungen die konkreten Werte von 0,1 und 10 mym offenbare.

Entscheidungsgründe

1. Hilfsantrag 2 (von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachtete Fassung des Patents)

1.1 Ausführbarkeit der Erfindung (Artikel 83 EPÜ)

Der Einwand betrifft den Gegen­stand der Ansprüche 1 und 2 und insbesondere deren Merkmale 1d bzw. 2d, denen zufolge die erste und zweite optische Wahr­nehmung des ersten Objekts für den Betrachter gleich­zeitig wahr­nehmbar sein muss. Das Patent offenbare nicht, wie dies erreicht werden könne. Die Fachperson müsse eine Viel­zahl von Versu­chen durchführen, um das Merkmal zu ver­wirk­lichen, was einen unzumutbaren Aufwand dar­stelle.

Die Einspruchsabteilung hat dazu in Punkt 12.1 der ange­fochtenen Entscheidung Stellung genommen. Ihrer Auf­­fassung nach wird in den Absätzen [0025] bis [0030] bzw. [0034] bis [0042] ausführlich beschrieben, wie die Mikrostrukturen er­zeugt werden. Darüber hinaus werde in Absatz [0050] des Patents die Anordnung der Mikrostruk­turen erläu­tert, mittels derer die erfindungsgemäße Wirkung erreicht werde.

Dem wurde entgegengehalten, dass die Erläuterung des Aufbaus der Mikrostrukturen in den genannten Absätzen der Fachperson nicht ver­mitt­le, wie die Konfiguration der zweiten Mikrostruktur in Bezug auf die erste beschaf­fen sein müsse, damit die gleichzei­tige Wahr­nehm­barkeit gegeben sei. Auch der Absatz [0050] des Patents offen­bare dies nicht.

Die Kammer ist zum Schluss gelangt, dass die Umsetzung der Merkmale 1d bzw. 2d die Fachperson nicht vor unlös­bare Probleme gestellt hätte. Absatz [0050] des Patents offenbart insbesondere, dass die Zonen ineinander ge­ras­tert werden können. Die geometrische Feinab­stim­mung der Mikrostrukturen hätte die Fachperson nicht über­for­dert, zumal sie auf Mittel zur Berechnung der zu erwar­tenden Wirkungen zurückgreifen konnte.

Die Aussage in Absatz [0014] des Patents, dass es "je nach Aus­ge­stal­tung" der zweiten Mikrostruktur mög­lich sei, die beiden optischen Effekte gleichzeitig wahr­zunehmen, versteht die Kammer dahingehend, dass die Möglich­keit des gleichzeitigen Wahrnehmens besteht, dass die Abstimmung aber für jeden kon­kreten Fall angepasst werden muss. Es ist im Rahmen eines Patents nicht möglich, alle möglichen Fälle erschöp­fend zu behandeln. Da sich das Patent aber an eine Fachperson richtet, die auf ihr Fachwissen zurück­greifen kann, ist das nicht grundsätzlich zu beanstan­den.

Somit genügt die durch die Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 2 definierte Erfindung den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ.

1.2 Neuheit gegenüber der Druckschrift D1 (Artikel 54 EPÜ)

Die Druckschrift D1 be­schreibt ein Sicher­heits­ele­ment mit einem Träger, der einen Flächenbereich auf­weist, der in eine Vielzahl von Pixeln 4 aufgeteilt ist,|FORMEL/TABELLE/GRAPHIK|

die jeweils eine optisch wirksame Facette 5 umfas­sen. Die Mehrzahl der Pixel 4 weisen jeweils mehrere der optisch wirksamen Facetten 5 mit gleicher Orientie­rung pro Pixel auf. Die Facetten 5 sind so orientiert, dass der Flächen­be­reich für einen Betrachter als gegenüber seiner tatsächlichen Raumform vor- und/oder zurück­springende Fläche wahrnehmbar ist.

Auf Seite 21, Zeilen 19 bis 24, ist offenbart, dass bei dem erfindungsgemäßen Sicherheitselement ein drei­dimen­sional erscheinendes Höhenprofil durch eine gerasterte Anordnung reflektiver Sägezahnstrukturen (Facetten 5 pro Pixel 4), die das Reflexionsverhalten des Höhen­profils imitieren, nachgestellt wird. Mit dem Flächen­bereich könnten somit beliebige dreidimensional wahr­nehmbare Motive erzeugt werden.

Darüber hinaus offenbart die Druckschrift D1 auf Seite 3, Zeilen 14 bis 21, dass der Flächenbereich nicht zusammenhängend sein muss. Er könne Lücken aufweisen bzw. nicht zusammenhängende Teilbereiche umfassen. So könne er mit anderen Sicher­heitsmerkmalen wie z.B. einem Echt­farbenhologramm ver­schachtelt sein, sodass ein Betrach­ter das Hologramm und die vor- und/ oder zurück­sprin­gende Fläche zusammen wahrnehmen könne.

Die Druckschrift D1 offenbart mehrere Wege, um die Wahrnehmbarkeit unterschiedlicher Farben zu erreichen:

- Aufbringen einer farbkippenden Beschichtung, ins­besondere eines Dünnfilmsystems, auf die Facetten 5 (Seite 25, Zeilen 9 ff.);

- Versehen des Sicherheitselements mit Farbinfor­ma­ti­onen, z.B. durch das Aufdrucken von Farbe auf die Facetten (Seite 26, Zeilen 6 bis 14);

- Kombination bzw. Verschachtelung mit einem Echt­farben­holo­gramm oder Kinegramm (Seite 26, Zeilen 16 bis 20); und

- Kombination mit einem Subwellenlängengitter (Seite 26, Zeilen 22 bis 26).

Da diese Varianten als Alternativen beschrieben sind, ist es nicht zulässig, sie bei der Prüfung der Neuheit miteinander zu kombinieren. Es handelt sich vielmehr um unterschiedliche Ausführungsbeispiele. Die Tatsache, dass die Druckschrift in allen Fällen vom "Sicherheits­element 1" spricht, bedeutet nicht, dass eine Kombina­tion der Varianten ins Auge gefasst wird. Auch die Tat­sache, dass sowohl in der ersten als auch in der drit­ten Variante von "Verschachtelung" die Rede ist, hätte die Fachperson nicht zu einer Kombination angeregt.

Die Offenbarung, dass die Periode der Facetten für jedes Pixel zufällig gewählt werden kann (D1, Seite 22, Zeilen 21 und 22) ist ganz allgemeiner Art. Die Fach­person hätte dieses Merkmal als in Verbindung mit allen Ausführungsformen offenbart angesehen.

Von den vier obengenannten Varianten kommt die dritte, also die Verschachtelung der Facetten mit einem Echt­farben­hologramm, der Erfindung am nächsten, zumal in der ersten und zweiten Variante keine zweite Mikro­struktur offenbart ist.

Die Einspruchsabteilung hat sich im Punkt 12.3.1 der angefochtenen Entscheidung mit der Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 gegenüber der Lehre der Druck­schrift D1 auseinandergesetzt. Sie gelangte zum Schluss, dass diese Druckschrift die Merk­male 1c und 1f nicht offen­bart. Insbesondere offenbare sie nicht, dass die zweite Mikrostruktur für den Be­trach­ter eine zweite optische Wahrnehmung erreicht, die einer mehrfar­bi­gen Darstellung des ersten Objekts ent­spricht. Zudem sei nicht offenbart, dass die Dar­stel­lung des ersten Objekts mindestens zwei unter­schied­li­che Grundfarben eines Farbraums umfasst.

1.2.1 Mehrfarbige Darstellung (Merkmale 1c, 2c)

Die Einspruchsabteilung hat berücksichtigt, dass ein

Hologramm mehrere Farben aufweisen kann, aber nicht muss. Insbesondere können mehrere Farben unter ver­schiedenen Winkel sichtbar sein ("Kippeffekt") und nicht unbedingt unter einem bestimmten Winkel. In die­sem Zusammenhang bezog sich die Einspruchsabteilung auf Seite 26, Zeilen 15 bis 20, der Druckschrift D1, wo festgestellt wird, dass "das an sich achromatisch drei­dimensionale Bild 20 eines Objektes unter bestimm­ten Winkeln farbig" erscheine (Unterstreichung durch die Einspruchsabteilung). Darüber hinaus müssten die drei­dimensionale und die farbige Darstellung gleichzeitig (d.h. unter einem Blickwinkel zusammen) sichtbar sein. Auch dies sei nicht unmittelbar offenbart.

Dem wurde entgegengehalten, dass ein Echt­farben­holo­gramm eine echte (realitätsge­treue) Farbab­bildung eines Objekts darstelle und somit eine mehr­farbige Darstel­lung im Sinne des Patents erzeuge. In Absatz [0098] des Patents werde der Begriff "Echtfarben" direkt mit einer mehr­farbigen Darstellung assoziiert. Eine Unter­scheidung zwischen den "Echtfarben" des Patents und jenen der Druckschrift D1 sei nicht vertretbar.

Allerdings lässt sich aus dem Begriff "Echtfarbenholo­gramm" nicht ablei­ten, dass das Hologramm farbige Bilder liefert, sondern nur, dass die Farben des abzu­bildenden Gegen­stands getreu wieder­gegeben werden. Falls dieser Gegen­stand monochrom ist, würde das vom Echt­farben­holo­gramm erzeugte Bild nicht farbig sein, ebenso wie das Farbfoto eines monochromen Gegenstands nicht farbig ist. Insofern lässt die Offenbarung eines Echtfarbenhologramms noch nicht auf das Vorhan­den­sein eines mehrfarbigen Bildes schließen.

Auf Seite 26, Zeilen 16 bis 20, ist zum Echt­farbenholo­gramm offenbart, dass es "eine farbige Dar­stellung der mit den Pixeln 4 nachge­stell­ten Oberfläche 9 zeigt". Allerdings lässt sich nicht ausschließen, dass die Dar­stellung monochrom und somit nicht mehrfarbig ist.

Im Ausführungsbeispiel auf Seite 25, Zeilen 9 bis 17, der Druckschrift D1 wird ein Dünnfilmsystem auf die Facetten aufgebracht, das die Wahrnehmung unter­schied­licher Farben bei einem bestimmten Beobachtungs­winkel ermöglicht. Allerdings ist dieses Ausführungs­beispiel von jenem auf Seite 26, Zeilen 16 bis 20 zu unter­schei­den. Eine Kombination der beiden Ausführungs­beispiele ist in der Druckschrift D1 nicht offenbart.

1.2.2 Darstellung desselben Objekts (Merkmale 1c, 2c)

Nach Auf­fas­sung der Ein­spruchsab­tei­lung bedeutet die

auf Seite 26, Zeilen 16 bis 20, der Druckschrift D1 offenbarte Verschach­telung nicht zwangsläufig, dass die beiden Teilbereiche eine Dar­stel­­­lung desselben Objekts zeigen. Die Kammer kann sich diesem Argument nicht anschließen, denn das Ziel der Verschachtelung besteht gerade darin, das an sich achromatisch dreidimensional Bild unter bestimmten Winkeln farbig erscheinen zu lassen. Es handelt sich daher um dasselbe Objekt.

1.2.3 Unterschiedliche Grundfarben eines Farbraums

Die Nicht-Offenbarung des Merkmals 1f folgt notwendi­ger­weise aus der Feststellung, dass die Druckschrift D1 keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung einer mehrfarbigen Darstellung beinhaltet (siehe dazu weiter oben, Punkt 1.2.1).

1.2.4 Ergebnis zur Neuheit gegenüber der Druckschrift D1

Das der Erfindung am nächsten kommende Ausführungs­bei­spiel offenbart nicht unmittelbar und eindeutig eine mehrfarbige Darstellung (Merkmale 1c, 2c), und damit auch nicht das Merkmal 1f, dem zufolge diese Darstellung zwei Grundfarben eines Farbraums umfasst.

Somit ist der Gegenstand der Ansprüche 1, 2, 8 und 9 neu gegenüber der Offenbarung der Druckschrift D1.

1.3 Erfinderische Tätigkeit, ausgehend von Druckschrift D1

1.3.1 Ausgangspunkt

Wie schon unter Punkt 1.2 dargelegt, kommt das auf

Seite 26, Zeilen 16 bis 20, der Druckschrift D1 beschriebene Ausführungsbeispiel dem Gegenstand des Patents am nächsten. In diesem Ausführungsbeispiel werden die Facetten mit einem Echt­farben­holo­gramm oder Kinegramm kombiniert bzw. verschachtelt.

Die Fachperson ist mit Echtfarbenhologrammen vertraut und weiß, dass ein solches Hologramm unter einem be­stimm­ten Betrachtungswinkel die Originalfarben des dar­ge­stell­ten Objekts zeigt. Für farbtreue holo­gra­phi­sche Bilder werden je nach der Farbigkeit des darzu­stel­­len­den Objekts ggf. mehrere Grundfarben (z.B. blau, grün und rot) benötigt. Die Herstellung ist deshalb aufwen­dig, da in der Regel mehrere verschiedenfarbige Laser­linien zum Einsatz kommen.

1.3.2 Unterscheidungsmerkmale

Der Gegenstand jedes der Ansprüche 1, 2, 8 und 9 unter­scheidet sich von dem genannten Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1 dadurch, dass die Darstellung des Objekts mehrfarbig ist und mindestens zwei unter­schied­li­che Grundfarben eines Farbraums umfasst.

1.3.3 Naheliegen für die Fachperson

Beim Einsatz von Echt­farben­holo­grammen hängt die Farbigkeit der erreichten Darstellung von jener des darzustellenden Objekts ab, da es ja gerade darum geht, seine Farben unter einem Winkel getreu wiederzugeben.

Bei Wahl eines mehrfarbigen Objekts kommt es daher zwangsläufig zu einer mehrfarbigen Darstellung des Objekts, die mindestens zwei Grundfarben umfasst.

Da dieses Ergebnis nur von der Farbigkeit des gewählten Objekts bestimmt wird, können die Unterscheidungs­merk­male keine erfinderische Tätigkeit des Verfahrens bzw. des Sicherheitselements begründen.

Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 ist daher nicht erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

1.4 Ergebnis betreffend den Hilfsantrag 2

Da der Gegenstand des Hilfsantrags 2 nicht erfinderisch

ist, kann das Patent nicht auf Grundlage dieses Hilfsantrags aufrechterhalten werden.

Der Hilfsantrag 2 muss daher zurückgewiesen werden.

Daraus folgt, dass die angefochtene Entscheidung aufgehoben werden muss.

2. Antrag auf Zurückverweisung (Artikel 111 (1) EPÜ)

Die Beschwerdegegnerin hat ihren Antrag auf Zurück­ver­weisung mit einer überraschenden Änderung der Auslegung von Merkmal 1f durch die Kammer begründet.

Die Entscheidung der Kammer beruht jedoch nicht auf einer besonderen Auslegung des Merkmals 1f. Darüber hinaus hat die Beschwerdegegnerin die Ein­rei­chung eines neuen Hilfs­antrags in Aussicht gestellt. Die Feststellung, dass eine Zurückverweisung sach­dien­lich ist, kann aber nicht in Unkenntnis des Antrags, auf dessen Grundlage zurückverwiesen werden soll, er­fol­gen. Insbesondere ist zu prüfen, ob die geltend gemachte Änderung der Auslegung für den Hilfsantrag, auf dessen Grundlage die Zurückver­weisung erfolgen soll, überhaupt relevant ist.

Daher hat die Kammer entschieden, dem Antrag der Beschwerdegegnerin auf Zurückverweisung an dieser Stelle des Verfahrens nicht stattzugeben.

3. Zulassung des Hilfsantrags 2b

Die Beschwerdegegnerin hat die Einreichung ihres An­trags als eine legitime Reaktion auf eine überra­schen­de

Änderung der Auslegung von Merkmal 1f durch die Kammer dargestellt.

Wie bereits unter Punkt 2. dargelegt, beruht die nega­tive Entscheidung der Kammer zum Hilfsantrag 2 nicht auf einer grundlegenden Änderung der Auslegung von Merkmal 1f, welche eine solche Reaktion der Beschwer­de­gegnerin rechtfertigen würde. Es liegen somit keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK vor.

Die Kammer stellt zudem fest, dass die Gründe, die zur Zurückweisung des Hilfsantrags 2 geführt haben, durch die Beschränkung auf einen RGB-Farbraum nicht ausge­räumt werden, da sie unabhängig von der Wahl des Farbraums sind. Somit ist der Hilfsantrag 2b prima facie nicht gewährbar.

Deshalb hat die Kammer in Anwendung von Artikel 13 (2) VOBK entschieden, den Hilfsantrag 2b nicht zum Verfahren zuzulassen.

4. Hilfsantrag 3

4.1 Konformität mit Regel 80 EPÜ

Es wurde vorgetragen, dass der Hilfsantrag den Erfor­der­nissen von Regel 80 EPÜ nicht genüge, da im An­spruchssatz des Hilfs­an­trags 3 der unabhängige Ver­fah­rens- bzw. Produktan­spruch des Patents durch jeweils zwei unab­hängige Verfahrens- bzw. Produktansprüche ersetzt wurde.

Die Kammer erkennt keinen Ver­stoß gegen Regel 80 EPÜ. Die Lage ist vergleichbar mit jener, über die im Fall T 2290/12 entschieden wurde. In diesem Fall war die Einspruchs­abtei­lung zum Schluss gekommen, dass der Gegenstand des einzigen unab­hängigen Anspruchs des Patents nicht erfinderisch sei. Die Patentinhabe­rin hatte daraufhin versucht, Teil­be­reiche des erteilten Anspruchs, die ihrer Meinung nach er­finderisch waren, mittels mehrerer unabhängiger An­sprü­che abzudecken. Die Kammer legte in Punkt 4.1 der Ent­scheidungsgründe dar, dass diese Vorgangsweise grundsätzlich vertretbar sei, solange kein Verfahrens­miss­brauch vorliege und keine unangemessen große Zahl von unabhängigen Ansprü­chen eingereicht werde. Da die er­fin­derische Tätigkeit einen Einspruchs­grund dar­stel­le, liege kein Verstoß gegen Regel 80 EPÜ vor.

Der vorliegende Fall ist ähnlich gelagert. Die Kammer schließt sich den Ausführungen in Punkt 4.1 der Gründe für die Ent­schei­dung T 2290/12 an. Die Gründe, die in den Ent­schei­dungen T 610/95 sowie T 223/97 zur Nicht-Zulassung von An­trä­gen geführt haben, lassen sich nicht direkt auf den vorliegenden Fall übertragen. Der Ein­wand gemäß Regel 80 EPÜ überzeugt deshalb nicht.

4.2 Unzureichende Substantiierung

Es wurde bemängelt, dass die Beschwerdegegnerin nicht angegeben habe, wie die Ansprüche 1 und 2 von der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung gestützt seien. Der Antrag sei somit nicht ausreichend substanti­iert.

Die Beschwerdegegnerin hat in Punkt IV.1.1a ihrer Be­schwer­de­erwiderung vorgetragen, dass das zusätzliche Merkmal 1g "durch den An­spruch 4 des Streitpatents" gestützt sei. Streng genommen hat sie daher keine Stütze in der ursprünglich eingereichten Anmeldung angegeben. Da die Beschwerde­führerin keinen Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ gegen Anspruch 4 wie erteilt erhoben hat, ist der Verweis auf den abhängigen Anspruch 4 jedoch vor­liegend ausreichend, um den Antrag bezüglich seiner Stütze zu substanti­ieren. Im Übrigen lässt sich unmit­telbar erkennen, dass das Merkmal 1g im Anspruch 15 der ursprünglich eingereich­ten Fassung der Anmeldung vor­liegt, der über den Anspruch 14 (mit dem Merkmal 1e) vom ursprünglich ein­gereichten Anspruch 11 abhängt. Letzterer stellt die Grundlage für Anspruch 1 des Hilfs­antrags 3 dar. Somit ist der Einwand der unzureichenden Substantiierung nicht stichhaltig.

4.3 Erfinderische Tätigkeit gegenüber der Druckschrift D1

4.3.1 Ausgangspunkt

Als Ausgangspunkt dient nach wie vor das auf Seite 26,

Zeilen 16 bis 20, der Druckschrift D1 beschriebene Ausführungsbeispiel.

4.3.2 Unterscheidungsmerkmale

a) Ansprüche 1 und 2

Die Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 3 unterscheiden sich von den Ansprüchen 1 und 2 des Hilfsantrags 2 dadurch, dass

- die erste Mikrostruktur notwendigerweise mit­tels lithographischer Verfahren hergestellt wird, und

- die Differenz der maximalen und der minimalen Gittertiefe der ersten Mikrostruktur, zwischen denen die Gittertiefe pseudo-zufällig variiert, zwischen 0,1 µm und 10 µm beträgt.

Die Druck­schrift D1 offenbart diese Merkmale nicht unmittelbar und ein­deutig im Zusammenhang mit der Ausführungsform auf Seite 26, Zeilen 16 bis 20.

Es ist richtig, dass auf Seite 13, Zeilen 23 bis 29, der Druck­schrift D1 lithographische Verfahren erwähnt werden, aber im relevanten Ausführungsbeispiel wird kein unmittelbarer und eindeutiger Zusammenhang mit dieser Offenbarung hergestellt.

Dass auf Seite 37, Zeilen 4 bis 7, der Druck­schrift D1 offenbart ist, dass die Strukturdicke be­vor­zugt zwi­schen 1 und 10 mym beträgt, bedeutet nicht notwendiger­weise, dass die Differenz der maxima­len und der mini­ma­len Gittertiefe, zwischen denen die Gitter­tiefe zufäl­lig variiert, zwischen 0,1 und 10 mym liegt.

Obwohl eine zufällige Variation der Periode der Facet­ten für jedes Pixel auf Seite 22, Zeilen 21 und 22, offen­bart ist, sind dort keine Werte für die Gitter­tiefe angegeben. Darüber hinaus wird dort von einer Variation der Periode der Facetten "pro Pixel" gespro­chen. Gemeint ist damit eine Variation zwischen Pixeln und nicht eine Variation innerhalb eines Pixels, denn auf Seite 37, Zeilen 4 und 5, ist offenbart, dass die Gitterlinien "innerhalb jedes Pixels gleiche Abstände

aufweisen, aber pro Pixel variieren" (Unterstreichung

durch die Kammer) können. Falls "pro Pixel" im Sinne von "innerhalb des Pixels" zu deuten wäre, würde man ein "oder" anstatt des "aber" erwarten. Falls die Vari­ation eine Variation zwischen Pixeln ist, lässt sich jedoch kein Rückschluss von der Variation der Peri­ode auf jene der Gittertiefe ziehen, da die Facet­ten be­nach­barter Pixel nicht dieselbe Neigung aufweisen.

b) Ansprüche 8 und 9

Die Ansprüche 8 und 9 des Hilfsantrags 3 unterscheiden sich von den Ansprüchen 8 und 9 des Hilfsantrags 2 dadurch, dass

- die erste Mikrostruktur notwendigerweise mit­tels lithographischer Verfahren hergestellt wird,

- das Raster entweder ein eindimensionales, von der x- oder der y-Achse aufgespanntes Linienraster oder ein zweidimensionales, von der x- und der y-Achse aufgespanntes Punktraster ist, und

- die Anordnung der erste(n) und zweite(n) Zone(n) derart erfolgt, dass die erste(n) und zweite(n) Zone(n) inei­nander gerastert sind, und jeweils eine erste und eine zweite Zone benachbart zueinander und jeweils abwechselnd vorliegt.

Diese Merkmale sind nicht unmittelbar und eindeutig in Kombination mit dem Ausführungsbei­spiel auf Seite 26, Zeilen 16 bis 20, der Druckschrift D1 offenbart.

Bezüglich des lithographischen Verfahrens wird auf die Ausführungen oben unter a) verwiesen.

Selbst wenn man dem Vortrag folgen würde, dass eine schachbrettartige Verschachtelung ein Punktraster dar­stellt bzw. dass eine streifenartige Verschachtelung zu einem Linienraster führt, ist festzustellen, dass der Hinweis auf schachbrettartige bzw. streifen­artige Verschachtelungen (D1, Seite 25, Zeilen 27 und 28) im Zusammenhang mit einem anderen Ausführungs­bei­spiel er­folgt. Die bloße Tatsache, dass in beiden Ausfüh­rungs­beispielen von einer Verschachtelung die Rede ist, kann nicht als unmittelbare und eindeutige Offenbarung im Kontext der relevanten Ausführungsform gelten.

4.3.3 Synergie

Ein Synergieeffekt zwischen der Wahl eines lithographi­schen Verfahrens und den jeweiligen anderen Unter­schei­dungsmerkmalen wurde nicht geltend gemacht. Die Kammer kann auch keinen solchen Effekt erkennen. Nachfolgend konzentriert sich die Kammer auf das jeweilige andere Unterscheidungsmerkmal, da die Wahl eines lithographi­schen Verfahrens als solche nicht dazu angetan scheint, eine erfinderische Tätigkeit zu stützen.

4.3.4 Objektive technische Aufgabe

Die Parteien haben ihre Ausführungen zur erfinderischen

Tätigkeit bezüglich aller unabhängigen Ansprüche darauf gestützt, dass die objek­ti­ve technische Aufgabe in der Erhöhung der Fälschungs­sicher­heit liege. Die Kammer sieht keinen Grund, diese Formulierung in Frage zu stellen.

4.3.5 Naheliegen für die Fachperson

a) Ansprüche 1 und 2

Die Kammer ist nicht überzeugt, dass der Gegen­stand der Ansprüche 1 und 2 für die Fachperson nahelag.

Die Gründe für diese Feststellung sind wie folgt.

Die Lehre auf Seite 24, Zeilen 15 ff., der Druckschrift D1, dass in Abhän­gig­keit von der Größe der Pixel unterschiedliche inte­ressante Wirkungen erzielt werden können, wird dort nicht mit der Fälschungssicherheit in Verbindung gebracht.

Es ist für die Kammer auch nicht erkennbar, warum diese Lehre die Fachperson dazu angeregt hät­te, vorzusehen, dass die Differenz der maximalen und der minimalen Gittertiefe der ersten Mikrostruktur, zwischen denen die Gittertiefe pseudo-zufällig vari­iert, zwischen 0,1 und 10 µm beträgt.

Die Kammer hat in Punkt 4.3.2 a) bereits dargelegt, dass die Druckschrift D1 keine zufällige Variation der Gittertiefe offenbart. Aus denselben Gründen wird eine solche Variation dort auch nicht nahegelegt. Die gegen­teilige Behauptung beruht auf einer rückschauenden Be­trachtungsweise.

Das Argument, es hätte für die Fachperson keinen Grund, gegeben, nicht anspruchsgemäß vorzugehen, ist nicht aus­reichend, da der Einwand der mangelnden erfinde­ri­schen Tätigkeit nur erfolgreich sein kann, wenn überzeugend dargelegt wird, dass die Fachperson tatsächlich so vorgegangen wäre.

Die auf Seite 9, Zeilen 9 und 10, der Druckschrift D1 offenbarte Möglichkeit einer Variation der Gitterperi­ode innerhalb eines Pixels ist als solche noch nicht dazu angetan, die Fachperson zur beanspruchten Lösung der objektiven technischen Aufgabe zu führen. Dasselbe gilt für die Offenbarung auf Seite 24, Zeilen 4 und 5.

b) Ansprüche 8 und 9

Auch im Hinblick auf die Gegenstände der Ansprüche 8 und 9 ist die Kammer nicht überzeugt, dass sie für die Fachperson, die vom Ausführungsbeispiel auf

Seite 26, Zeilen 16 bis 20, der Druckschrift D1 ausging und das Ziel verfolgte, die Fälschungssicherheit zu erhöhen, zu den beanspruchten Gegenständen gelangt wäre und die beanspruchte Lösung somit nahelag.

Der die Seiten 25 und 26 überbrückende Absatz erwähnt "interessante Effekte" einer Verschachtelung von Teilflächen, aber dies wird nicht mit der Erhöhung der Fälschungssicherheit in Verbindung gebracht. Es ist daher nicht erkennbar, warum die Fachperson gerade diese Stelle als Anregung für die Lösung der gestellten Aufgabe angesehen hätte.

Die Kammer folgt auch dem Argument nicht, wonach die Fachperson die Druckschrift D8, die eine andere Art von Sicherheits­elementen offenbart, in Betracht gezogen und dort gerade die Ausführungsform eines Linien- oder Flächen­rasters als relevant angesehen hätte, denn es entspringt einer rückschauenden Betrach­tungs­weise.

4.3.6 Ergebnis

Die Gegenstände der Ansprüche 1, 2, 8 und 9 werden

durch die Offenbarung der Druckschrift D1 nicht nahe­gelegt.

4.4 Patentfähigkeit gegenüber der Druckschrift D2

In Punkt 12.3.2 der angefochtenen Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung in Bezug auf den erteilten Anspruch 1 fest, dass die Druckschrift D2 nicht offenbart, dass die beiden Mikrostrukturen das­selbe Objekt (z.B. eine Geige) darstellen. Es sei nur ein zusammenhängendes Motiv offenbart. Die Kammer schließt sich dieser Feststellung an. Das Argument, dass die An­sprüche den Fall umfassen, dass jede der Mikrostruk­turen einen Teilbereich des darzustellenden Objekts abbildet, überzeugt nicht, da dies nicht der sinnvollen Auslegung der unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags 3 durch die Fachperson entspricht. Letztere verlangen, dass beide Mikrostruk­turen das erste (und somit dasselbe) Objekt dar­stellen. Diese Bedingung ist nicht erfüllt, wenn jede der Mikro­strukturen einen anderen Teilbereich des aus den Teil­bereichen gebildeten Objekts abbildet.

Somit ist der Gegenstand der Ansprüche 1, 2, 8 und 9 schon aus diesem Grunde neu in Hinblick auf die Druckschrift D2.

Der Einwand der Beschwerdeführerin bezüglich der erfin­derischen Tätigkeit des Gegenstands der unabhängigen Ansprüche ausgehend von der Druckschrift D2 überzeugt nicht. Er besteht im Wesentlichen darin,

- dass die Fachperson in der Druckschrift D2 ausrei­chende Informationen erhalte, um das Gesamt­objekt sowohl mehrfarbig als auch räumlich erschei­nen zu lassen, und

- dass dazu keine strukturellen Veränderungen erfor­derlich seien, sodass es mit den in der Druck­schrift D2 beschriebenen technischen Mitteln ohne weiteres möglich sei, ein einziges Objekt mehr­far­big und räumlich darzustellen.

Diese Argumentation ist nicht ausreichend, um auf einen Mangel der erfinderischen Tätigkeit zu schließen, da nur aufgezeigt wurde, dass die Fachperson angesichts der Lehre der Druckschrift D2 zum beanspruchten Gegen­stand hätte gelangen können, nicht aber, dass die Druckschrift D2 sie tatsächlich zu diesem Gegenstand geführt hätte.

Da bereits aus diesen Gründen der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche von der Druckschrift D2 nicht nahegelegt wird, erübrigt es sich, zu überprüfen, ob die zusätzlichen Merkmale der Ansprüche 1, 2, 8 und 9 des Hilfsantrags 3 für sich eine erfinderische Tätigkeit begründen.

4.4.1 Ergebnis

Die Gegenstände der Ansprüche 1, 2, 8 und 9 werden durch die Offenbarung der Druckschrift D2 nicht nahe­gelegt.

4.5 Ergebnis betreffend den Hilfsantrag 3

Keiner der gegen den Hilfsantrag erhobenen Einwände ist stichhaltig.

Es ist daher möglich, dem Antrag, das Patent auf der Grundlage des Anspruchssatzes des Hilfsantrags 3 aufrechtzuerhalten, stattzugeben.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung

zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geänderter Fas­sung mit den Ansprüchen 1 bis 17 gemäß Hilfsantrag 3, ein­gereicht mit der Beschwerde­erwide­rung, sowie mit einer gegebenenfalls daran anzupassenden Beschreibung bzw. Zeichnungen aufrecht­zuerhalten.

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