| European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2025:T113823.20250513 | ||||||||
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| Datum der Entscheidung: | 13 Mai 2025 | ||||||||
| Aktenzeichen: | T 1138/23 | ||||||||
| Anmeldenummer: | 16804803.1 | ||||||||
| IPC-Klasse: | A61K 8/06 A61K 8/41 A61Q 17/04 |
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| Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
| Verteilung: | D | ||||||||
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| Bezeichnung der Anmeldung: | KOSMETISCHE ZUBEREITUNGEN ENTHALTEND BENZETHONIUM CHLORID UND DIOLE | ||||||||
| Name des Anmelders: | Beiersdorf AG | ||||||||
| Name des Einsprechenden: | L'OREAL | ||||||||
| Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
| Leitsatz: | - | ||||||||
| Relevante Rechtsnormen: |
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| Schlagwörter: | Hauptantrag und Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
| Orientierungssatz: |
- |
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| Angeführte Entscheidungen: |
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| Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Europäische Patent EP 3 402 455 gemäß Artikel 101 (2) EPÜ zurückzuweisen.
II. Der gegen die Erteilung des Patents eingelegte Einspruch stützt sich auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderischer Tätigkeit, Artikel 54 und 56 EPÜ), sowie auf Artikel 100 b) EPÜ (mangelnde Ausführbarkeit) und Artikel 100 c) EPÜ (unzulässige Änderungen).
III. Auf die folgenden Dokumente wird verwiesen:
D1: WO 2012/019789 A1
D7: WO 2014/139757 A1
D9: US 2005/0222276 A1
IV. Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung festgestellt, dass das erteilte Patent den Erfordernissen der Artikel 83, 123(2), 54 und 56 EPÜ genüge. Neuheit wurde gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 festgestellt. Das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit wurde ausgehend von der technischen Lehre der Dokumente D1 und D9 als jeweils nächstliegendem Stand der Technik anerkannt.
V. Die Einsprechende begründet ihre Beschwerde damit, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung dahingehend fehlerhaft sei, ausreichende Offenbarung (Artikel 83 EPÜ), hinreichende Stütze der durchgeführten Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ) sowie das Vorliegen von Neuheit (Artikel 54 EPÜ) und erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) festzustellen.
VI. Der vorliegende Hauptantrag (erteiltes Patent) hat drei unabhängige Ansprüche. Die Ansprüche 1 und 2 haben den folgenden Wortlaut:
"1. Wirkstoffkombination bestehend aus Benzethonium Chlorid und einem oder mehreren Diol(en), dadurch gekennzeichnet, dass das oder die Diol(e) 2-Methyl-1,3- Propandiol und/oder 1,2-Hexandiol ist/sind."
"2. Kosmetische Zubereitung, enthaltend eine Wirkstoffkombination gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
Benzethonium Chlorid mit einem Gehalt von 0,01 bis 0,5 Gewichts. %, bevorzugt von 0,03 bis 0,3 Gew. %, ganz besonders bevorzugt von 0,05 bis 0,1 Gew. %, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung und dass
das Diol 1,2-Hexandiol ist und mit einem Gehalt von 0,1 bis 4 Gew. %, bevorzugt 0,2 bis 1,0 Gew. %, besonders bevorzugt 0,25 bis 0,75 Gew. %, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung, enthalten ist oder dass
die Diole 2-Methyl-1,3-Propandiol und 1,2-Hexandiol enthalten sind, wobei 1,2-Hexandiol mit einem Gehalt von 0,1 bis 4 Gew. %, bevorzugt 0,2 bis 1,0 Gew. %, besonders bevorzugt 0,25 bis 0,75 Gew. %, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung vorliegt und wobei 2-Methyl-1,3-Propandiol mit einem Gehalt von 0,1 bis 5 Gew. %, bevorzugt 0,2 bis 4,5 Gew. %, besonders bevorzugt 0,25 bis 4 Gew. % vorliegt, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung."
VII. Der für die vorliegende Entscheidung ebenfalls relevante Anspruch 1 des Hilfsantrags, der mit der Erwiderung auf die Beschwerdebegründung am 21. Dezember 2023 zunächst als Hilfsantrag 3 eingereicht wurde, hat den folgenden Wortlaut:
"1. Kosmetische Zubereitung enthaltend eine Wirkstoffkombination bestehend aus Benzethonium Chlorid und 2-Methyl-1,3-Propandiol und/oder 1,2-Hexandiol dadurch gekennzeichnet, dass
Benzethonium Chlorid mit einem Gehalt von 0,01 bis 0,5 Gew. %, bevorzugt von 0,03 bis 0,3 Gew. %, ganz besonders bevorzugt von 0,05 bis 0,1 Gew. %, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung und dass
das Diol 1,2-Hexandiol ist und mit einem Gehalt von 0,1 bis 4 Gew. %, bevorzugt 0,2 bis 1,0 Gew. %, besonders bevorzugt 0,25 bis 0,75 Gew. %, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung, enthalten ist oder dass
die Diole 2-Methyl-1,3-Propandiol und 1,2-Hexandiol enthalten sind, wobei 1,2-Hexandiol mit einem Gehalt von 0,1 bis 4 Gew. %, bevorzugt 0,2 bis 1,0 Gew. %, besonders bevorzugt 0,25 bis 0,75 Gew. %, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung vorliegt und wobei 2-Methyl-1,3-Propandiol mit einem Gehalt von 0,1 bis 5 Gew. %, bevorzugt 0,2 bis 4,5 Gew. %, besonders bevorzugt 0,25 bis 4 Gew. % vorliegt, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung."
VIII. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung der Rechts- und Sachlage mit.
IX. Am 13. Mai 2025 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, an deren Ende die Entscheidung verkündet wurde.
X. Im Laufe der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdegegnerin die mit der Antwort auf die Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 und 2 zurückgenommen.
XI. Die Beschwerdeführerin brachte im Wesentlichen folgendes vor:
Der Hauptantrag erfüllt nicht das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ, da der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Insbesondere werden dem Fachmann sowohl die Wirkstoffkombinationen gemäß Anspruch 1, als auch die kosmetischen Zubereitungen gemäß Anspruch 2 aus dem Stand der Technik nahegelegt, und zwar unabhängig davon, welches der Dokumente D1 oder D9 als nächstliegender Stand der Technik angesehen wird. Gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 unterscheidet sich eine Zubereitung des Anspruchs 2 lediglich durch die Anwesenheit der zusätzlichen Verbindung 1,2-Hexandiol. Da dieses Unterscheidungsmerkmal jedoch zu keiner besonderen technischen Wirkung führt, kann die gelöste technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung alternativer, konservierende Hilfsmitteln enthaltender, kosmetischer Zubereitungen gesehen werden. Die Verwendung von 1,2-Hexandiol zu diesem Zweck ist dem Fachmann aber aus Dokument D7 bekannt. Der Hilfsantrag erfüllt aus denselben Gründen nicht das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ.
XII. Die Beschwerdegegnerin brachte im Wesentlichen folgendes vor:
Die Bereitstellung von sowohl einer Wirkstoffkombination gemäß Anspruch 1 als auch einer kosmetischen Zubereitung gemäß Anspruch 2 des Hauptantrags beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 als nächstliegendem Stand der Technik besteht die technische Aufgabe in der Bereitstellung einer Wirkstoffkombination und einer diese enthaltenden kosmetischen Zubereitung, wobei eine ausreichende Konservierung bei gleichzeitig geringer Menge an Konservierungsstoff gewährleistet ist. Der Fachmann müsste ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 auf die darin als zusammen mit Benzethonium Chlorid synergistisch wirkende Verbindung Silbercitrat verzichten, bzw. diese mit 1,2-Hexandiol ersetzen. Hierzu findet sich jedoch im Stand der Technik keine Veranlassung. Insbesondere sind dem Fachmann zwar unzählige Konservierungsmittel bekannt, ein Hinweis auf die spezifische anspruchsgemäße Wirkstoffkombination gibt es jedoch nicht. Auch wird im Anspruch 2 des Hauptantrags die Anwesenheit weiterer Wirkstoffe, also Konservierungsmittel, ausgeschlossen, da die beanspruchte Zubereitung als Wirkstoffkombination lediglich die gemäß Anspruch 1 enthält.
XIII. Die Anträge der Parteien sind wie folgt:
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Zudem beantragt sie, die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Dokumente D11 bis D15 ins Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage ihres Hilfsantrags, der mit der Erwiderung auf die Beschwerdebegründung am 21. Dezember 2023 zunächst als Hilfsantrag 3 eingereicht wurde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag (Patent wie erteilt)
Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) und 56 EPÜ)
2. Die Einspruchsabteilung ist in ihrer Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 52(1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ erfülle, da der beanspruchte Gegenstand ausgehend von der Offenbarung der Dokumente D1 oder D9 als jeweils nächstliegendem Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
3. Von der Beschwerdeführerin wurde dies bestritten. Sie brachte hierzu, ebenfalls ausgehend von einem der Dokumente D1 oder D9 als nächstliegendem Stand der Technik, folgendes vor:
3.1 Gestützt auf die Beispiele 1 bis 4 des Dokuments D1 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass durch das angenommene Unterscheidungsmerkmal von Anspruch 1 des Hauptantrags, nämlich der Abwesenheit von Silbercitrat in der beanspruchten Wirkstoffkombination, keine besondere technische Wirkung hervorgerufen werde. Die im Streitpatent offenbarten Beispiele enthielten nämlich außer den anspruchsgemäßen Verbindungen Benzethonium Chlorid, 2-Methyl-1,3-Propandiol und/oder 1,2-Hexandiol auch weitere Bestandteile mit antimikrobieller Wirkung (Natriumhydroxid, C12-C15 - Alkylbenzoat, EDTA), so dass eine auf das Unterscheidungsmerkmal zurückzuführende technische Wirkung nicht glaubhaft gezeigt werde. Insbesondere werde nicht gezeigt, dass eine antimikrobielle Wirkung ohne die Anwesenheit von Silbercitrat und nur aufgrund der Kombination von Benzethonium Chlorid, 2-Methyl-1,3-Propandiol und/oder 1,2-Hexandiol erreicht werde. Zudem lägen selbst für die Beispiele des Streitpatents mit Ausnahme der Zubereitung gemäß Tabelle A keine detaillierten mikrobiologischen Tests vor, die eine Wirkung belegen könnten. Auch seien weder eine synergistische Wirkung der Kombinationen gemäß Anspruch 1 des Streitpatents, noch eine besondere technische Wirkung gegenüber D1 als nächstliegendem Stand der Technik gezeigt worden. Somit sei das objektive technische Problem lediglich in der Bereitstellung alternativer Wirkstoffkombinationen, oder alternativer diese enthaltende kosmetischer Zubereitungen, zu sehen. Die Lösung dieses Problems gemäß den Ansprüchen 1 oder 2 des Hauptantrags werde dem Fachmann insbesondere durch die Offenbarung des Dokuments D7, aber auch aus D1 bis D9 nahegelegt. Dies treffe auch dann zu, wenn eine synergistische Wirkung nachgewiesen worden wäre. Aus dem Stand der Technik entnehme der Fachmann auch die technische Lehre, dass das in den Zubereitungen gemäß D1 genannte Silbercitrat gar nicht erforderlich sei, um eine konservierende Wirkung zu erhalten. Somit beruhe weder die Bereitstellung einer Wirkstoffkombination gemäß unabhängigem Anspruch 1, noch einer kosmetischen Zubereitung gemäß Anspruch 2 des Hauptantrags auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte auch ausgehend von den Ansprüchen 1 und 4 des Dokuments D9 als nächstliegendem Stand der Technik. Sie kam hier ebenso zu dem Ergebnis, dass zumindest für den Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 des Hauptantrags keine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ vorliege.
3.3 Die Beschwerdeführerin brachte zudem mit Verweis auf die Entscheidung T 0939/92 vor, dass eine technische Wirkung nicht über den gesamten beanspruchten Bereich gezeigt worden sei, weil für die anspruchsgemäßen Kombinationen von Benzethonium Chlorid mit 1,2-Hexandiol sowie Benzethonium Chlorid mit 1,2-Hexandiol und 2-Methyl-1,3-Propandiol keine Testergebnisse vorlägen. Dies treffe auch deshalb zu, weil nur wenige Bakterienstämme getestet worden seien. Zudem seien die verwendeten Substanzen nur in wenigen verschiedenen Konzentrationen eingesetzt worden. Auch aus diesem Grund sei eine besondere technische Wirkung bei der Formulierung der objektiv gelösten technischen Aufgabe nicht zu berücksichtigen.
4. Die Beschwerdegegnerin argumentierte ausgehend von Dokument D1 als nächstliegendem Stand der Technik. Sie sah das Unterscheidungsmerkmal zwischen der Wirkstoffkombination gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags und der Offenbarung des Dokuments D1 darin, dass sie lediglich Benzethonium Chlorid und 2-Methyl-1,3-Propandiol und/oder 1,2-Hexandiol enthalte, nicht jedoch zusätzliche Substanzen. Sie definierte die objektive technische Aufgabe mit Verweis auf Absatz [0019] des Streitpatents als die Bereitstellung von Wirkstoffkombinationen, die zur Konservierung kosmetischer Zubereitungen geeignet seien, und die eine wirksame Konservierung erzielten, dabei aber sparsam im Einsatz seien. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin werde durch die Beispiele und das Testergebnis der Absätze [0074] ff. gezeigt, dass diese Aufgabe gelöst werde, und zwar unabhängig davon, ob die Zubereitungen auch andere Zusatzstoffe enthielten. Da in den von der Beschwerdeführerin herangezogenen Dokumenten weder vorgeschlagen werde, Silbercitrat aus den in D1 offenbarten Zubereitungen wegzulassen, noch als Ersatz hierfür 1,2-Hexandiol und/oder 2-Methyl-1,3-Propandiol zu wählen, sei erfinderische Tätigkeit sowohl für den Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1, als auch für den der unabhängigen Ansprüche 2 und 7 anzuerkennen. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin sei die kosmetische Zubereitung gemäß Anspruch 2 des Hauptantrags darauf beschränkt, dass sie lediglich die Wirkstoffkombination gemäß Anspruch 1 enthalte. Deshalb liege auch für Anspruch 2 erfinderische Tätigkeit vor. Aus dem Stand der Technik könnten nämlich keine konkreten Hinweise darauf entnommen werden, Silbercitrat aus der Wirkstoffkombination mit Benzethonium Chlorid durch andere Konservierungsmittel zu ersetzen.
5. Die Kammer kommt zu folgendem Ergebnis:
Das Streitpatent
6. Das Streitpatent beschäftigt sich mit kosmetischen Mitteln, die Benzethonium Chlorid als Konservierungsmittel enthalten. Im Absatz [0005] der Beschreibung wird darauf verwiesen, dass zur Erzielung einer ausreichenden Konservierung bei gleichzeitig möglichst geringen Mengen an Konservierungsmitteln mehrere verschiedene Konservierungsmittel eingesetzt werden können. Im Streitpatent wird im Weiteren das Problem der Optimierung der Konservierung kosmetischer Produkte erwähnt, und zwar insbesondere hinsichtlich des sparsamen Einsatzes von Konservierungsmitteln bei gleichzeitiger wirksamer Konservierung (siehe Absatz [0019]). Zur Lösung dieser Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 des Streitpatents (Hauptantrags) eine Wirkstoffkombination vorgeschlagen, die aus Benzethonium Chlorid und den Diolen 2-Methyl-1,3-Propandiol und/oder 1,2-Hexandiol besteht. Gemäß Anspruch 2 wird eine kosmetische Zubereitung vorgeschlagen, die Wirkstoffkombinationen gemäß Anspruch 1 enthält.
7. Insbesondere betrifft Anspruch 2 des Hauptantrags eine kosmetische Zubereitung, enthaltend eine Wirkstoffkombination gemäß Anspruch 1, also eine Wirkstoffkombination bestehend aus Benzethonium Chlorid und den Diolen 2-Methyl-1,3-Propandiol und/oder 1,2-Hexandiol, wobei die Zubereitung entweder Benzethonium Chlorid und 1,2-Hexandiol - jeweils in einem bestimmten Gehalt - oder Benzethonium Chlorid und 1,2-Hexandiol sowie zusätzlich 2-Methyl-1,3-Propandiol - ebenfalls jeweils in einem bestimmten Gehalt - enthält. Die beanspruchte Zubereitung enthält somit Benzethonium Chlorid und 1,2-Hexandiol sowie gegebenenfalls zusätzlich 2-Methyl-1,3-Propandiol. Diese Verbindungen sind in bestimmten Mengen bezogen auf das Gesamtgewicht der kosmetischen Zubereitung enthalten. Durch die offene Anspruchsformulierung ("enthaltend") ist nicht ausgeschlossen, dass die Zubereitung weitere Bestandteile, und damit auch andere Wirkstoffe, enthält. Der Begriff "Wirkstoff" bezieht sich nicht explizit auf Konservierungsmittel. Kosmetische Zubereitungen enthalten auch andere Wirkstoffe.
Nächstliegender Stand der Technik
8. Beide Parteien stimmten mit der Einspruchsabteilung dahingehend überein, dass sich die Offenbarung des Dokuments D1, insbesondere die Beispiele 1, 3 und 4, als nächstliegender Stand der Technik für den Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 eignet. Die Kammer schließt sich dem an.
9. Das Dokument D1 offenbart ebenfalls kosmetische Zubereitungen enthaltend Benzethonium Chlorid als Konservierungsmittel. Gemäß D1 wird insbesondere eine synergistisch wirkende Kombination von Benzethonium Chlorid und Silbercitrat zur Verbesserung der Konservierung verwendet (siehe Seite 2, Zeilen 25 bis 29). In den von den Parteien herangezogenen Beispielen 1, 3 und 4 werden kosmetische Zubereitungen offenbart, die neben Silbercitrat auch Benzethonium Chlorid sowie 2-Methyl-1,3-Propandiol enthalten, und zwar jeweils in Mengen im Bereich von Anspruch 2 des Hauptantrags (0,05 bis 0,5 Gew % bzw. 2 bis 5 Gew % der Zubereitung).
Unterscheidungsmerkmal (Anspruch 2 des Hauptantrags)
10. Die kosmetischen Zubereitungen gemäß Anspruch 2 des Hauptantrags unterscheiden sich von den genannten Beispielen 1, 3 und 4 des Dokuments D1 durch die Anwesenheit von 1,2-Hexandiol mit einem Gehalt von 0,1 bis 4 Gew % der Zubereitung.
11. Von der Beschwerdegegnerin wurde vorgebracht, dass Anspruch 2 des Hauptantrags auf kosmetische Zubereitungen beschränkt sei, die kein Silbercitrat enthielten. Insbesondere sei dem Fachmann bei der Lektüre des Anspruchs 2 klar, dass eine beanspruchte Zubereitung als Wirkstoffe lediglich die Wirkstoffkombination gemäß Anspruch 1 enthalte. Weitere Wirkstoffe, wie beispielsweise Silbercitrat, seien daher nicht enthalten. Somit unterschieden sich die beanspruchten Zubereitungen in einem zusätzlichen Merkmal von den im Dokument D1 offenbarten Zubereitungen, nämlich der Abwesenheit von Silbercitrat.
12. Dieses Vorbringen überzeugt nicht. Anspruch 2 bezieht sich auf eine kosmetische Zubereitung, enthaltend eine Wirkstoffkombination gemäß Anspruch 1. Auch wenn, wie im vorliegenden Fall, die Wirkstoffkombination gemäß Anspruch 1 beschränkt ist und lediglich aus den im Anspruch 1 genannten Bestandteilen Benzethonium Chlorid, 2-Methyl-1,3-Propandiol und/oder 1,2-Hexandiol besteht, so ist aufgrund der offenen Formulierung des Anspruchs 2 ("enthaltend") dieser Anspruch nicht auf Zubereitungen beschränkt, die lediglich diese Substanzen enthalten, auch wenn weitere Bestandteile nicht explizit als Wirkstoffe bezeichnet werden. Dies geht auch beispielsweise aus dem abhängigen Anspruch 3 hervor, demgemäß weitere Alkohole, wie insbesondere Ethylalkohol, enthalten sind. Hierbei handelt es sich unbestritten ebenfalls um ein Konservierungsmittel für Kosmetika. Ebenfalls unbestritten war, dass beispielsweise der in den Beispielen des Streitpatents enthaltene Bestandteil Natriumhydroxid als solches eine konservierende Wirkung hat, und es sich daher sogar einen Wirkstoff im Sinne eines Konservierungsmittels handelt.
13. Somit unterscheidet sich eine kosmetische Zubereitung gemäß Anspruch 2 des Hauptantrags von den Zubereitungen der Beispiele 1, 3 und 4 des Dokuments D1 lediglich dadurch, dass 1,2-Hexandiol, und zwar in einem Gehalt von 0,1 bis 4 Gew. %, enthalten ist.
Technische Aufgabe
14. Es liegen keine Nachweise vor, die eine auf die Anwesenheit von 1,2-Hexandiol in einem Gehalt von 0,1 bis 4 Gew. % zurückzuführende technische Wirkung belegen könnten, die über die Wirkung als Konservierungsmittel hinausgehen. Insbesondere liegen keine Nachweise dahingehend vor, dass die Verwendung einer Wirkstoffkombination gemäß Anspruch 1 zu einer Verringerung der Einsatzmenge an verwendeten Konservierungsmitteln gegenüber Dokument D1 führt. Die Zubereitungen der Tabelle im Absatz [0078] des Streitpatents enthalten neben Benzethonium Chlorid und den Alkoholen 1,2-Hexandiol und/oder 2-Methyl-1,3-Propandiol weitere Verbindungen, die unbestritten teilweise auch eine konservierende Wirkung haben. Aus Absatz [0078] lässt sich nicht entnehmen, ob eine der angeführten Zubereitung gegenüber anderen, oder gegenüber den im Dokument D1 offenbarten Zubereitungen, verbesserte Eigenschaften aufweist. Die objektive technische Aufgabe kann deshalb lediglich in der Bereitstellung weiterer, Konservierungsmittel enthaltender kosmetischer Zubereitungen gesehen werden.
Anspruchsgemäße Lösung
15. Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die kosmetischen Zubereitungen gemäß Anspruch 2 des Hauptantrags, die die genannte Wirkstoffkombination in den genannten Anteilen enthalten, das technische Problem löst. Dies war unbestritten.
Naheliegen der anspruchsgemäßen Lösung
16. In den Beispielen 1, 3 und 4 des Dokuments D1 werden - wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht - Wirkstoffkombinationen offenbart, die außer Benzethonium Chlorid weitere Bestandteile, insbesondere Silbercitrat enthalten. Im Dokument D1 wird jedoch auch offenbart, das die Verwendung der Verbindung Benzethonium Chlorid alleine, und zwar bereits in einer Konzentration von 0.01 % in dem Lösungsvermittler "2,5% PEG 40 = Castor Oil", zu einer Reduzierung der Zellzahl des Bakteriums S. aureus führt (siehe die Tabelle auf der Seite 6 oben). Dieser Wert ist identisch mit dem kleinsten Wert des Anspruchs 2 des Hauptantrag, und entspricht einem Fünftel der Menge an Benzethonium Chlorid, die in der O/W Test-Emulsion gemäß Tabelle A des Streitpatents enthalten ist.
17. Somit entnimmt der Fachmann dem Dokument D1, dass Benzethonium Chlorid alleine bereits in einer Menge gemäß Anspruch 2 des Hauptantrags wirksam das Wachstum von S. aureus unterdrücken/reduzieren kann, und zwar unabhängig davon, ob gleichzeitig Silbercitrat anwesend ist, oder nicht. Die Argumentation der Beschwerdegegnerin, wonach der Fachmann ausgehend von der technischen Lehre des Dokuments D1 Benzethonium Chlorid nicht ohne Silbercitrat verwenden würde, ist somit nicht überzeugend. Zudem ist die Anwesenheit von Silbercitrat, wie bereits erläutert, im Anspruch 2 nicht ausgeschlossen und es ist daher nicht relevant, ob der Fachmann die Verbindungen aus den Zubereitungen des Dokuments D1 herausnehmen würde, oder nicht.
18. Weiterhin ist dem Fachmann bekannt, dass die Verbindung 1,2-Hexandiol ebenfalls eine konservierende Wirkung hat, und dass diese Verbindung auch in Kombination mit Benzethonium Chlorid und 2-Methyl-1,3-Propandiol als Konservierungsmittel in kosmetischen Zubereitungen eingesetzt wird (siehe Dokument D7, Anspruch 2).
19. Somit wird dem Fachmann aus dem Stand der Technik, insbesondere des Dokuments D7, nahegelegt, den Zubereitungen der Beispiele 1, 3 oder 4 des Dokuments D1 auf der Suche nach alternativen, Konservierungsmittel enthaltenden, kosmetischen Zubereitungen auch die Verbindung 1,2-Hexandiol zuzugeben. Dadurch gelangt er ohne erfindersiche Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag.
20. Von der Beschwerdegegnerin wurde vorgebracht, der Fachmann würde dem vorliegenden Stand der Technik keine Hinweise darauf entnehmen, gerade die anspruchsgemäße Kombination an Wirkstoffen zu verwenden. Insbesondere entnehme der Fachmann dem Dokument D7 bevorzugt andere Kombinationen.
21. Diese Argumentation überzeugt nicht, da die zu lösende technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung von weiteren bzw. alternativen kosmetischen Zubereitungen liegt. Zur Lösung dieser Aufgabe genügt es im vorliegenden Fall, dass die anspruchsgemäße Lösung dem Fachmann ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 als mögliche plausible Alternative vorgeschlagen wird. Wie vorstehend erläutert, geschieht dies beispielsweise durch die technische Lehre des Dokuments D7.
22. Von der Beschwerdegegnerin wurde im Weiteren vorgebracht, dass der Fachmann ausgehend von Dokument D1 keine weiteren Verbindungen zusetzen würde, da ja bereits in diesem Dokument die Aufgabe des Einsatzes möglichst geringer Mengen an Konservierungsmitteln angesprochen, und zur Lösung eine synergistisch wirkende Kombination von Benzethonium Chlorid mit 2-Methyl-1,3-Propandiol vorgeschlagen werde.
23. Auch diese Argumentation überzeugt nicht. Einerseits ist gemäß Anspruch 2 zur Lösung der gestellten Aufgabe nicht erforderlich, auf die Verbindung Silbercitrat zu verzichten. Zudem kommt es bei der Lösung der gestellten Aufgabe nicht darauf an, wenige verschiedene Konservierungsmittel zu verwenden, sondern höchstens, diese in geringen Mengen zu verwenden. Da jedoch gegenüber den im Dokument D1 offenbarten Zubereitungen keine Verbesserungen der anspruchsgemäßen Zubereitungen gezeigt wurde, insbesondere nicht hinsichtlich der verwendeten Mengen, kann die vorgebrachte Argumentation nicht überzeugen.
24. Die Kammer kommt daher zu dem Schluß, dass die kosmetische Zubereitung gemäß Anspruch 2 des Hauptantrags ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Der Hauptantrag ist deshalb nicht gewährbar (Artikel 56 EPÜ).
Hilfsantrag
25. Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 2 des Hauptantrags lediglich darin, dass der Wortlaut von Anspruch 1 des Hauptantrags aufgenommen wurde. Der beanspruchte Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag ist daher identisch mit dem des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag. Somit ist auch der Hilfsantrag aus den hinsichtlich des Hauptantrags angeführten Gründen nicht gewährbar, da die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht erfüllt werden.
Zusammenfassung
26. Somit ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung, den Einspruch gegen das Streitpatent zurückzuweisen, keinen Bestand hat. Auch der von der Kammer geprüfte Hilfsantrag ist nicht gewährbar. Da kein gewährbarer Anspruchssatz vorliegt, ist das Streitpatent zu widerrufen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Das Patent wird widerrufen.