T 2112/22 () of 11.12.2024

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2024:T211222.20241211
Datum der Entscheidung: 11 Dezember 2024
Aktenzeichen: T 2112/22
Anmeldenummer: 14771183.2
IPC-Klasse: E04H 4/00
A63B 69/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 366 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: SCHWIMMBECKEN MIT EINER INTEGRIERTEN GEGENSTROMSCHWIMMANLAGE UND VERFAHREN
Name des Anmelders: Binder, Siegfried
Name des Einsprechenden: Speck Pumpen Verkaufsgesellschaft GmbH
Uwe JetStream GmbH
Hugo Lahme GmbH
Société Industrielle Radio Électrique Et Mécanique "SIREM"
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 134
European Patent Convention Art 100(c)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(2)
Schlagwörter: Vertretung - mündliche Ausführungen einer Begleitperson
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (ja)
Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/93
G 0004/95
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Patentinhaber (Beschwerdeführer) legte form- und fristgerecht Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit der das europäische Patent Nr. 3 036 386 widerrufen wurde.

II. Die Einsprüche der Einsprechenden 1 bis 4 (Beschwerdegegnerinnen 1 bis 4) richteten sich gegen das Streitpatent in gesamten Umfang auf Grundlage der Einspruchsgründe des Artikels 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit), des Artikels 100 b) EPÜ (mangelnde Offenbarung) sowie des Artikels 100 c) EPÜ (unzulässige Erweiterung).

III. Mit Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK vom 10. September 2024 teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, derzufolge die Beschwerde voraussichtlich zurückzuweisen sein dürfte.

IV. Der Beschwerdeführer reagierte mit einem auf den 15. Oktober 2024 datierten Schriftsatz und legte einen weiteren Hilfsantrag 5 vor. Die Beschwerdegegnerin 1 reagierte inhaltlich mit einem auf den 11. November 2024 datierten Schriftsatz und die Beschwerdegegnerin 3 mit einem auf den 21. November 2024 datierten Schriftsatz.

Die übrigen Beteiligten äußerten sich inhaltlich nicht zu dieser Mitteilung.

V. Am 11. Dezember 2024 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Wegen der Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.

Der Tenor der Entscheidung wurde am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet.

VI. Der Beschwerdeführer beantragte

die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und

die Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung (Hauptantrag) und

hilfsweise

die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 4, erstmalig vorgelegt mit der Beschwerdebegründung,

sowie die Zulassung des erstmalig mit Schriftsatz, datiert auf den 15. Oktober 2024 und eingegangen am 30. Oktober 2024, vorgelegten Hilfsantrags 5 ins Verfahren und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung.

VII. Die Beschwerdegegnerinnen 1 bis 4 beantragten jeweils

die Zurückweisung der Beschwerde und

hilfsweise

die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung.

VIII. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet entsprechend der in der Anlage zur angefochtenen Entscheidung angegebenen Merkmalsanalyse wie folgt:

"M1.1 Schwimmbecken mit integrierter Gegenstromschwimmanlage (1),

M1.2 die eine Vorrichtung (1') zur Erzeugung einer starken einstellbaren Strömung mittels eines Strömungskanals (3) in einem flüssigen Medium, z.B. Wasser, umfasst

M1.3 und in einem Gehäuse (35) angeordnet ist,

M1.4 wobei die Austrittsfläche des Strömungskanals (3) der Vorrichtung (1') nahezu fluchtend in der Ebene eines ausgeformten Abschlusselements (36) liegt,

M1.5 das frontseitig an dem Gehäuse (35) angeordnet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

M1.6 die Oberfläche des ausgeformten Abschlusselements (36) in mindestens zwei Bereiche (37, 49, 49') aufgeteilt ist, durch die das flüssige Medium hindurchströmen kann,

M1.7 wobei ein erster Bereich mindestens eine Ausnehmung (37) für die Austrittsöffnung des Strömungskanals (3) aufweist,

M1.8 die in etwa mittig in der Fläche des ausgeformten Abschlusselement (36) angeordnet ist;

M1.9 und mindestens ein zweiter Bereich (49) eine Vielzahl von Ausnehmungen (38) für das angesaugte flüssige Medium aufweist,

M1.10 deren Gesamtfläche einen Volumenstrom von 50 - 160 qm/h

M1.11 und eine Strömungsgeschwindigkeit v der Einzelöffnungen von nicht größer als 0,40 m/s gewährleistet."

IX. Angesichts der getroffenen Entscheidung, die Hilfsanträge 1 bis 5 nicht ins Verfahren zuzulassen, ist eine Wiedergabe derselben nicht erforderlich.

X. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beteiligten wird im Detail in den Entscheidungsgründen diskutiert.

Entscheidungsgründe

1. Zulassung des Vortrags einer Begleitperson

Mit Schriftsatz datiert auf den 25. Oktober 2024, eingegangen am 28. Oktober 2024, beantragte der Vertreter des Beschwerdeführers, dass in der mündlichen Verhandlung eine als deutscher Patentassessor qualifizierte Begleitperson vortragen dürfe, um mögliche Argumente vorzubringen, die der Aufrechterhaltung des erteilten oder abgeänderten europäischen Patents dienen könnten.

Die Kammer überzeugte sich davon, dass die Begleitperson nicht in der Liste der zugelassenen Vertreter vor dem Europäischen Patentamt eingetragen ist. Zudem ist sie auch nicht gemäß Artikel 134 (8) EPÜ zur Vertretung in den durch das Übereinkommen geschaffenen Verfahren berechtigt, weil sie zwar deutscher Patentassessor, nicht jedoch als nationaler Rechtsanwalt eines Vertragsstaats zugelassen ist.

Die Begleitperson war auch kein technischer Experte auf dem relevanten technischen Gebiet, der sich zu bestimmten technischen Fragen hätte äußern können.

Laut G 4/95 besteht im Einspruchsbeschwerdeverfahren kein Rechtsanspruch auf mündliche Ausführungen durch eine Begleitperson; diese dürfen nur mit Zustimmung der Kammer und nach ihrem Ermessen gemacht werden. (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern [RdB], 10. Auflage 2022, III.V.5.1). Insbesondere, wie von der Beschwerdegegnerin 4 beanstandet, darf eine Begleitperson nicht alle bzw. fast alle wesentliche Ausführungen anstelle eines Vertreters vortragen, ohne dass es dafür besondere Gründe geben würde, wie etwa die Ausbildung künftiger zugelassener Vertreter. Im vorliegenden Fall wurden keine Gründe von dem Vertreter des Beschwerdeführers geltend gemacht.

Die Kammer berücksichtigte bei der Ausübung des ihr somit zustehenden Ermessens, dass der Beschwerdeführer vor der mündlichen Verhandlung rechtzeitig für eine angemessene Vorbereitung durch die weiteren Verfahrensbeteiligten beantragte, dass die Begleitperson mündlichen Ausführungen machen dürfe. Mit diesem Antrag waren der Name und die Qualifikation der Begleitperson angegeben. Jedoch war der Gegenstand der beabsichtigten mündlichen Ausführungen nur unkonkret angegeben.

Um sicherzustellen, dass die mündlichen Ausführungen unter der ständigen Verantwortung und Aufsicht des Vertreters des Beschwerdeführers gemacht werden, beschloss die Kammer, dass der Vertreter des Beschwerdeführers den vollständigen Sachvortrag zu halten hat, wie es nach der Rechtsprechung der G 4/95 von einem Vertreter in einer mündlichen Verhandlung zu erwarten ist. Die Kammer erteilte der Begleitperson das Wort während der mündlichen Verhandlung, soweit sie es zur Ergänzung des Vortrags des Vertreters für notwendig erachtete.

2. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 100 (c) und 123 (2) EPÜ)

2.1 Der Beschwerdeführer wendete sich gegen die Feststellung in Punkt II.2 der Entscheidungsgründe, dass die Merkmalskombination des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag gegenüber der Offenbarung der ursprünglich eingereichten Unterlagen unzulässig erweitert sei.

2.2 Die Einspruchsabteilung stellte unter anderem in Punkt II.2.3 der Entscheidungsgründe fest, dass das Merkmal M1.11 nicht in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart sei.

Die Einspruchsabteilung erkannte in der Verschiebung der signifikanten Stelle der Strömungsgeschwindigkeit eine unzulässige Änderung, da der geänderte Endwert der Strömungsgeschwindigkeit von 0,40 m/s nicht unmittelbar und eindeutig aus den ursprünglichen Unterlagen ableitbar sei.

2.3 Es war zwischen den Beteiligten unstrittig, dass die in Merkmal M1.11 angegebene Bemaßung der Strömungsgeschwindigkeit von nicht größer als 0,40 m/s nicht explizit den ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen ist.

2.4 Strittig blieb zwischen den Beteiligten allein, ob eine implizite Offenbarung dieser Änderung vorliegt oder ob die Änderung für die Fachperson erkennbar keinen technischen Beitrag zu der ursprünglich offenbarten technischen Lehre liefert.

2.5 Der Beschwerdeführer trug dazu im Ergebnis vor, dass mit der Veränderung der Dezimalstelle in der Bereichsangabe der Strömungsgeschwindigkeit kein über den ursprünglich genannten Bereich hinausgehender Wert für die Strömungsgeschwindigkeit beansprucht werde. Aus dem Umstand, dass der nunmehr genannte Wert innerhalb des ursprünglich offenbarten Bereichs liege, ergebe sich für die Fachperson eine implizite Offenbarung.

Dies gelte aus Sicht des Beschwerdeführers umso mehr, als für die Fachperson aus dem Zusammenhang der Absätze 2 und 3 der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Unterlagen hervorgehe, dass der bei der durchgeführten Messung die Strömungsgeschwindigkeit mit einer Genauigkeit von hundertsteln m/s angegeben wurde (0,45 m/s), so dass sie diese Genauigkeit ohne weiteres auf die folgende Lehre zu dem Zahlenwert der im folgenden Absatz erfindungsgemäß geforderten Strömungsgeschwindigkeit an den Einzelöffnungen überträgt, da ihr bewusst sei, dass bei Messungen diese Genauigkeit erzielt werde. Die Messungen in diesen beiden Absätzen 2 und 3 der ursprünglich eingereichten Beschreibung seien für ein- und dieselbe Strömungsgeschwindigkeit, an ein- und denselben schlitzförmigen Öffnungen durchgeführt.

Für den Beschwerdeführer sei somit die in Anspruch 1 des erteilten Patents beanspruchte Strömungsgeschwindigkeit von nicht größer als 0,40 m/s für den Fachmann ursprünglich implizit offenbart, so dass im Gegensatz zu der Auffassung der Beschwerdegegnerinnen sie gegenüber der ursprünglichen Angabe 0,4 m/s nicht mit einer höheren Genauigkeit bzw. mit einer weiteren signifikanten Nachkommastelle angegeben sei. Sie betreffe eine bloße Übertragung der auf Seite 12, Absatz 2 und 3, der ursprünglichen eingereichten Beschreibung offenbarten Messgenauigkeit.

Weiter sei mit dem Hinzufügen der weiteren Dezimalstelle kein besonderer physikalischer bzw. technischer Effekt verbunden, so dass die Änderung der Bereichsangabe in Anwendung der in der Entscheidung G 1/93 der Großen Beschwerdekammer dargelegten Kriterien zulässig sei.

2.6 Für eine implizite Offenbarung des Merkmals bietet sich in den ursprünglichen Unterlagen jedoch keine Grundlage.

Eine angebliche Offenbarung kann nur dann als "implizit" angesehen werden, wenn für die Fachperson sofort erkennbar ist, dass nichts anderes als das angeblich implizite Merkmal Teil des offenbarten Gegenstands war. Grundlage dafür kann jedoch nicht allein sein, dass die nunmehr genauer angegebene Strömungsgeschwindigkeit Teil des ursprünglich offenbarten Bereichs war.

2.7 Die Kammer teilt zudem die Auffassung der Beschwerdegegnerin 4, dass auch die ursprünglich eingereichten Unterlagen selbst der Genauigkeit der Strömungsgeschwindigkeiten in Form der Darstellung mit unterschiedlichen Dezimalstellen eine Bedeutung geben, denn in der ursprünglichen Anmeldung wird ausdrücklich von einer unterschiedlichen Genauigkeit bei der Angabe der Strömungsgeschwindigkeit Gebrauch gemacht (0,4 m/s und 0,45 m/s).

Der Absatz 2 der Seite 12 der ursprünglichen Beschreibung, in dem eine Strömungsgeschwindigkeit von 0,45 m/s angegeben ist, betrifft dabei eine Messung von Strömungen an den Auslassöffnungen. Der folgende Absatz 3 hingegen beschreibt - unter anderem mit Bezug auf die DIN EN 13451-3 (eingereicht als E3 mit der Einspruchsschrift der Beschwerdegegnerin 3) - eine technische Lehre, welche die ausdrückliche Forderung enthält, dass die Ansauggeschwindigkeit an den Einzelöffnungen einen bestimmten Wert, nämlich 0,4 m/s, nicht übersteigen darf. Dieser letztere Absatz bezieht sich damit nicht auf eine Messgenauigkeit, sondern auf einen für die technische Lehre maßgebende Wertangabe in Form eines zu erzielenden Grenzwertes.

Die Fachperson hat bei der Lektüre der ursprünglichen Offenbarung keinen Anlass anzunehmen, dass sie die Genauigkeit eines Messwertes (Absatz 2 auf Seite 12 der ursprünglich eingereichten Beschreibung) auf einen vorgegebenen Grenzwert (Absatz 3 auf Seite 12 der ursprünglich eingereichten Beschreibung) umstandslos übertragen kann. Im Gegenteil entnimmt sie der den beiden oben angegebenen Absätzen der ursprünglichen Offenbarung, dass trotz der Kenntnis darüber, dass eine Ermittlung eines Parameters in einer bestimmten Genauigkeit bei der Beachtung desselben Parameters als Grenzwert eine andere Genauigkeit angegeben und folglich relevant ist. Die Fachperson wird demnach aus der Offenbarung der ursprünglichen Unterlagen heraus dazu geführt, die ausdrücklichen und anschließend konsistent wiederholt offenbarten Genauigkeit der Strömungsgeschwindigkeit als eine relevante technische Information zu verstehen.

Weil die Offenbarung des Absatzes 3 der Seite 12 der ursprünglich eingereichten Unterlagen wesentlich mit der zugrundeliegenden technischen Lehre verbunden ist -dass nämlich der zulässige angegebene Bereich der Ansauggeschwindigkeit an den Einzelöffnungen durch eine maximal zu erzielende Strömungsgeschwindigkeit von 0,4 m/s begrenzt ist, so dass eine ausreichende Abstand zu der in der Norm E3, Seite 8, unter "4.6 Risiken durch Ansaugung", angegebenen Grenze von 0,5 m/s gehalten ist, um Verschmutzungen und Konstruktionsabweichungen zu berücksichtigen - hat die Angabe der Genauigkeit auch eine unmittelbare Auswirkung auf die Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Gegenstands. Die Erfindung betrifft nämlich die Wahl der Gesamtfläche der Ausnehmungen der für das angesaugte Medium, die in eine Mehrzahl von Einzelöffnungen bestehen. Die Fachperson verfügt jedoch über mehrere Freiheitsgrade, um zu dem durch Merkmal M1.11 zu gewährleistenden Ergebnis von einer Genauigkeit von 0,40 m/s zu gelangen, denn sie muss dazu die Konstruktion des Abschlusselements, etwa die Anzahl, Lage oder Größe der Einzelöffnungen, ausgestalten. Dies erfolgt notwendigerweise auf eine andere Weise als mit einer Genauigkeit von 0,4 m/s. Die Fachperson ist somit mit einer neuen Lehre konfrontiert, d. h. die Konstruktion muss anders ausgestalten werden.

Im Ergebnis hat die mit 0,4 m/s offenbarte obere Bereichsgrenze der Strömungsgeschwindigkeit für die Fachperson gerade in der explizit angegebenen Genauigkeit eine konkrete technische Bedeutung.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass entgegen des Vorbringens des Beschwerdeführers die in G 1/93 festgelegten Bedingungen nicht erfüllt sind, die angeben, wann ein Merkmal, das in der Anmeldung nicht offenbart wurde, sondern während der Prüfung der Anmeldung hinzugefügt wurde, in einem Anspruch beibehalten werden kann, ohne der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt entgegenzustehen.

2.8 Da das Merkmal M1.11 weder explizit noch implizit mit der nunmehr angegebenen Genauigkeit der Strömungsgeschwindigkeit ursprünglich offenbart war, erfüllt Anspruch 1 des Hauptantrags nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ, so dass der Einspruchsgrund aus Artikel 100 c) EPÜ begründet ist.

3. Zulässigkeit der Hilfsanträge 1 bis 5 (Artikel 12 (4) und (6) EPÜ)

3.1 Der Beschwerdeführer legte mit der Beschwerdebegründung erstmalig die Hilfsanträge 1 bis 4 vor. Diese Hilfsanträge waren indes nicht Teil des Einspruchsverfahrens und daher auch nicht Teil der angefochtenen Entscheidung.

Die Hilfsanträge 1 bis 4 stellen vielmehr eine Änderung im Sinne des Artikels 12 (2) VOBK dar und ihre Zulassung unterliegt dem Ermessen der Kammer nach Artikel 12 (4) VOBK.

Es wurden, nachdem der Beschwerdeführer seine Rüge einer angeblichen Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht weiter aufrechterhielt, keine weiteren rechtfertigende Gründe dafür vorgetragen, weshalb diese Anträge nicht bereits im Einspruchsverfahren hätten vorgelegt werden können. Der möglicherweise als Rechtfertigungsgrund zu verstehende, von dem Beschwerdeführer vorgetragene Umstand, dass er die Argumente der Beschwerdegegnerinnen zu der unzulässigen Änderung in Merkmal M1.11 im Einspruchsverfahren für nicht stichhaltig hielt, kann jedenfalls keine Rechtfertigung für eine Vorlage von Hilfsanträgen im Beschwerdeverfahren bieten, da eine subjektive Überzeugung eines Beteiligten zu einem Einwand objektiv kein Hindernis darstellt, auf die Eventualität, dass dieser Einwand die Einspruchsabteilung überzeugte, im Rahmen einer sorgfältigen Verfahrensführung zu reagieren.

Die Kammer stimmt zudem den Beschwerdegegnerinnen zu, dass mit den neuen Anträgen neue Fragestellungen, gerade auch hinsichtlich einer Erfüllung der Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ, aufgeworfen werden, so dass nicht deutlich ist, ob die Hilfsanträge geeignet sind, die der Entscheidung zugrundeliegende Problematik auszuräumen. Dies führt jedenfalls zu einer weiteren Komplexität des vorliegenden Falles, so dass die späte Vorlage der Hilfsanträge 1 bis 4 im Widerspruch zur gebotenen Verfahrensökonomie steht. Dem wurde im Übrigen vom Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt im Beschwerdeverfahren widersprochen.

Die Kammer übt daher das ihr aus Artikel 12 (4) VOBK zustehende Ermessen dahingehend aus, die Hilfsanträge 1 bis 4 nicht ins Beschwerdeverfahren zuzulassen.

3.2 Hilfsantrag 5 wurde vom Beschwerdeführer erstmalig mit seinem auf den 15. Oktober 2024 datierten Schriftsatz, eingegangen am 30. Oktober 2024, d.h. nach Zustellung der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK vom 10. September 2024 vorgelegt. Eine Berücksichtigung steht daher unter den Voraussetzungen des Artikels 13 (2) VOBK.

Vom Beschwerdeführer wurden keine stichhaltigen Gründe geltend gemacht, weshalb außergewöhnliche Umstände vorlagen, die eine Berücksichtigung rechtfertigten. Insbesondere ist eine eventuell derart zu verstehende Bezugnahme auf die Rechtfertigungsgründe hinsichtlich der vorangehenden Hilfsanträgen 1 bis 4 bereits deshalb gegenstandslos, weil die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs vom Beschwerdeführer nicht aufrechterhalten wurde.

In Anwendung von Artikel 13 (2) VOBK bleibt der Hilfsantrag 5 daher mangels eines Vorliegens außergewöhnlicher Umstände unberücksichtigt.

4. Das Patent ist somit in Ermangelung eines den Erfordernissen des Übereinkommens genügenden oder in zulässiger Weise vorgebrachten Antrags zu widerrufen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation