European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2024:T191522.20240416 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 April 2024 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1915/22 | ||||||||
Anmeldenummer: | 15712959.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 19/38 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | TRANSPORTHILFSVORRICHTUNG FÜR PALETTEN | ||||||||
Name des Anmelders: | Synergie-Invest GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SpaceInvader ApS | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Rechtsübergang - wirksam (ja) Ausführbarkeit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - (ja) Verspätetes Vorbringen - korrekte Ermessensausübung (ja) Verspätet vorgebrachter Einspruchsgrund - zugelassen (nein) Spät eingereichte Beweismittel - wären bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen gewesen (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Einsprechende legte form- und fristgerecht Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 3 148 890 zurückgewiesen wurde.
II. Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im gesamten Umfang und stützte sich auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) und b) EPÜ (mangelnde Neuheit, erfinderische Tätigkeit und Ausführbarkeit).
III. Mit Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK teilte die Beschwerdekammer den Parteien ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, derzufolge die Beschwerde zurückzuweisen wäre.
IV. Am 16. April 2024 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Wegen der Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen. Die Entscheidung wurde am Schluss der Verhandlung verkündet.
V. Diese Entscheidung nimmt auf folgende Dokumente zu einer behaupteten offenkundigen Vorbenutzung Bezug:
D10.1: WaybackMachine 17-05-2014,
D10.2: WaybackMachine 01-12-2014,
D10.3: WaybackMachine 01-12-2014,
D10.4: WaybackMachine 01-12-2014,
D11.1: Terminbestätigung ASKO (Norway),
D11.2: Tagesordnung ASKO 23. Dezember 2013,
D11.3: Asko Test mit beladenen Getränken 4. März 2014,
D12: E-Mail an Giles Gilbert 28. Januar 2014,
SE-1: Traffic-Log für Website http://fands.dk,
SE-2: Erklärung von Herrn Jesper Rølund mit Anlagen.
VI. Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung lautet:
"Transporthilfsvorrichtung (1) für wenigstens eine erste und eine zweite Palette (20, 25), wobei die Paletten (20, 25) einen in Gebrauchsposition beim Transport im Wesentlichen horizontal ausgerichteten Ladeboden (21) aufweisen, mit einer ersten Stützeinrichtung (2) und mit einer zweiten Stützeinrichtung (2a) zum Abstützen wenigstens einer der Paletten (20, 25), beide der Stützeinrichtungen (2, 2a) aufweisend:
- wenigstens ein Verbindungselement (4) zur mechanischen Verbindung der Stützeinrichtung (2, 2a) mit der ersten Palette (20), wobei das Verbindungselement (4) zwei erste Verbindungsvorsprünge (8) aufweist, welche mechanisch in verschiedene Hubmittelausnehmungen (22) der ersten Palette (20) eingreifen können und zu diesem Zweck zueinander beabstandet sind, und wobei jeder erste Verbindungsvorsprung (8) wenigstens einen Versteifungsschenkel (9) und einen, gegenüber dem Versteifungsschenkel abgewinkelten, zweiten Schenkel (10) aufweist,
- wenigstens zwei Stützholme (3, 3a), welche sich in Gebrauchsposition beim Transport im Wesentlichen in vertikaler Richtung erstrecken, jeweils mit einem ersten Ende, welches in Gebrauchsposition beim Transport das obere Ende des jeweiligen Stützholms bildet,
- wenigstens zwei Halteelemente (5, 16), welche jeweils mit dem ersten Ende eines der beiden Stützholme (3, 3a) verbunden sind, wobei jedes der Halteelemente (5, 16) vorgesehen ist, in Gebrauchsposition beim Transport der beiden Paletten (20, 25) die zweite dieser Paletten (25) im vertikalen Abstand zu der ersten Palette (20) zu halten bzw. abzustützen,
dadurch gekennzeichnet, dass die Stützeinrichtung (2, 2a) mit einer Grundplatte (6) ausgebildet ist, aus der sich zwei Versteifungsrippen (7) von gegenüberliegenden Enden der Grundplatte erstrecken und im Wesentlichen parallel ausgerichtet sind, wobei die ersten Verbindungsvorsprünge (8) des Verbindungselements (4) sich im Wesentlichen rechtwinklig und in Gebrauchsposition im Wesentlichen horizontal aus der Grundplatte (6) der Stützeinrichtung (2, 2a) erstrecken."
VII. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beteiligten wird im Detail in den Entscheidungsgründen diskutiert.
VIII. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) beantragte
die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents,
die Vorlage der Feststellung der Einspruchsabteilung hinsichtlich des Verhältnisses zwischen PCT und EPÜ in Bezug auf Regel 92bis.l PCT und Regel 22 EPÜ, insbesondere Regel 22 (3) EPÜ, an die Große Beschwerdekammer.
IX. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte
die Zurückweisung der Beschwerde, d.h. die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung.
Entscheidungsgründe
1. Rechtsübergang der Anmeldung
1.1 Die Beschwerdeführerin rügte die Feststellung der Einspruchsabteilung unter Punkt II.15 der Entscheidungsgründe zum Rechtsübergang der dem Streitpatent zugrundeliegenden Anmeldung, und argumentierte, dass die Einspruchsabteilung die Vorschriften des EPÜ bei der Bestimmung des Standes der Technik nicht korrekt angewendet habe, weil sie das Verhältnis zwischen PCT und EPÜ in Bezug auf Regel 92bis.1 PCT und Regel 22 EPÜ, insbesondere Regel 22(3) EPÜ, nicht richtig verstanden und angewendet habe.
Dabei bemängelte die Beschwerdeführerin die Feststellung der Einspruchsabteilung, dass der vom Internationalen Büro (IB) eingetragene Rechtsübergang für Bestimmungs- und ausgewählte Ämter grundsätzlich bindend sei. Es sei inkorrekt, dass Regel 22 EPÜ auf den Rechtsübergang während der internationalen Phase nicht anwendbar sei. Ein korrektes Lesen von Artikel 150 (2) EPÜ mit Regel 22 EPÜ ergebe entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung keine Rechtslücke zwischen dem PCT und dem EPÜ. Bei richtigem Verständnis schließe Regel 22 (3) EPÜ diese ansonsten offene Lücke zwischen PCT und EPÜ, indem sie festlege, dass das EPA als Tag der Vollendung des Rechtsübergangs den Tag akzeptiere, an dem alle Unterlagen vorlägen, was im Lichte von Artikel 150 (2) EPÜ unabhängig davon zu verstehen sei, ob alle Unterlagen vor dem IB oder vor dem EPA vorgelegt worden seien. Folglich reiche dieses Datum im Lichte von Artikel 150 (2) EPÜ bis in die internationale Phase zurück, und das EPA werde daher den Anmeldetag der IB anerkennen, wenn alle Unterlagen ansonsten vorlägen.
Die dem Antrag vom 16. August 2016 beigefügten Dokumente seien nicht geeignet, den Rechtsübergang der Anmeldung nachzuweisen, weil eine Anlage (mit der Bezeichnung Produktion), auf die darin Bezug genommen werde, nicht eingereicht worden sei. Da nicht alle erforderlichen Dokumente vorgelegt worden seien, sei der Rechtsübergang beim Eintritt in die regionale Phase vor dem EPA nicht wirksam geworden im Sinne von Regel 22 (3) EPÜ. Dem Streitpatent stünden daher die beanspruchten Prioritäten nicht zu.
1.2 Am 16. August 2016 während der internationalen Phase beantragte die Vertreterin der Synergie-Invest GmbH & Co. KG die Eintragung eines Rechtsübergangs beim EPA unter Beifügung einer Abschrift des Übertragungsvertrags.
Die Kammer sieht keinen Grund, die dem Antrag vom 16. August 2016 zum Rechtsübergang der dem Streitpatent zugrunde liegenden Anmeldung beigefügten Dokumente als unzureichend für den Nachweis des Rechtsübergangs zu betrachten. Denn aus dem Wortlaut unter Artikel 2, erster Absatz, des Übertragungsvertrags "Vereinbarung über Vermögenswerte" geht eindeutig hervor, dass alle Rechte am geistigen Eigentum, d.h. auch diejenigen hinsichtlich der dem Streitpatent zugrundeliegenden Anmeldung, übertragen wurden. Gemäß dieser Generalklausel in dem Übertragungsvertrag sind folglich alle Rechte am geistigen Eigentum mit der vorgelegten Vereinbarung übertragen worden.
Es gibt auch keine Anhaltspunkte oder Beweise dafür, dass die dem Streitpatent zugrunde liegende Anmeldung nicht unter die in diesem Vertrag enthaltene Generalklausel fiel oder das unter Insolvenzverwaltung stehende Unternehmen ("@vance") nicht tatsächlich Inhaberin der Anmeldung zum Zeitpunkt der Übertragungsvereinbarung gewesen wäre. Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin basiert auf unsubstantiierten Behauptungen, die nicht durch Beweise untermauert wurden, und daher rein spekulativ sind.
Die Beschwerdeführerin hat die Kammer daher nicht davon überzeugt, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Rechteübergang unrichtig ist.
1.3 Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Einwände mangelnder Neuheit gegenüber der dem Streitpatent zugrundeliegenden Anmeldung und Prioritätsdokumenten sind somit gegenstandslos.
1.4 Angesichts der oben unter Punkt 1.2 angegebenen Gründe fehlt der von der Beschwerdeführerin beantragten Vorlage der Feststellung der Einspruchsabteilung hinsichtlich des Verhältnisses zwischen PCT und EPÜ in Bezug auf Regel 92bis.l PCT und Regel 22 EPÜ, insbesondere Regel 22 (3) EPÜ, an die Große Beschwerdekammer die erforderliche Substantiierung, wie von der Beschwerdeführerin selbst während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingeräumt wurde.
Der Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer wird somit zurückgewiesen.
2. Zulassung der Dokumente SE-1 und SE-2 in das Verfahren
2.1 Die Dokumente SE-1 und SE-2 wurden zu der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht.
2.2 Gemäß Artikel 12 (6), Satz 2 VOBK lässt die Kammer Beweismittel, die in dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, vorzubringen gewesen wären nicht zu, es sei denn, die Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen eine Zulassung.
2.3 Laut der Beschwerdeführerin seien SE-1 und SE-2 zusätzliche Beweismittel, die in Reaktion auf Feststellungen der Einspruchsabteilung eingereicht würden.
Die Beschwerdeführerin gab jedoch keine konkrete Festsstellung der angefochtenen Entscheidung oder der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung an, auf die sie ihre Reaktion bezog.
2.4 Die Kammer ist von dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht überzeugt und kann keine überraschende Änderung im Einspruchsverfahren erkennen, die die Einsprechende daran gehindert haben könnte, diese Beweismittel bereits im Einspruchsverfahren einzureichen.
Wie seitens der Beschwerdegegnerin zutreffend angemerkt, hat die Einspruchsabteilung bereits unter Punkt 8.2 ihres Bescheids als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 3. März 2021 auf die Mängel des Nachweises der Offenkundigkeit und eines ausreichenden Beweises der behaupteten Vorbenutzung hingewiesen.
Somit waren der Einsprechenden die Zweifel der Einspruchsabteilung hinsichtlich der Offenkundigkeit des angeblich vorbenutzten Gegenstands und hinsichtlich der Frage, ob die behauptete Vorbenutzung ausreichend bewiesen sei, bereits mit der ersten Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 3. März 2021 bekannt. Daher hätte die Einsprechende bereits im Einspruchsverfahren, spätestens jedoch während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, ergänzende Beweismittel vorlegen können und müssen, um den frühzeitig im Verfahren vorgebrachten Zweifeln hinsichtlich der behaupteten Vorbenutzung zu entgegnen.
Die Kammer erkennt somit keinen Umstand der Beschwerdesache, der eine Zulassung der Beweismittel SE-1 und SE-2 in das Verfahrens rechtfertigte. Daher werden SE-1 und SE-2 entsprechend dem Antrag der Beschwerdegegnerin nach Artikel 12 (6), Satz 2 VOBK nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen.
Die Beschwerdeführerin gab während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer an, dass der Zeuge Rølund nicht für den Inhalt der behaupteten Vorbenutzung beantragt wurde, sondern nur um nachzuweisen, dass die behauptete Vorbenutzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Im Hinblick auf die unter Punkt 5 unten angegebenen Gründe war der zu SE-2 von der Einsprechenden angebotene Zeugenbeweis durch Herrn Rølund daher nicht erforderlich.
3. Ausführbarkeit - Artikel 100 b) EPÜ
3.1 Die Beschwerdeführerin wandte sich gegen die Feststellung der Einspruchsabteilung unter Punkt II.13 der Entscheidungsgründe, dass aus dem Streitpatent (beispielsweise aus Figur 2) klar ersichtlich sei, wie eine Grundplatte mit Versteifungsrippen aufgebaut sei.
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Fachperson nur dann in der Lage wäre, dem Begriff "Versteifungsrippen" eine technische Funktion zu geben, wenn sie auch weitere in Figur 2 des Streitpatents gezeigte Merkmale in Anspruch 1 aufnähme. Der Begriff "Versteifungsrippen" fiele unter die in G 1/93 dargelegte Rechtsauffassung, da dieser keinen technischen Beitrag zum Gegenstand des Anspruchs 1 leisten könne, ohne eine technische Funktion zu nennen.
3.2 Nach ständiger Rechtsprechung setzt ein erfolgreicher Einwand unzureichender Offenbarung ernsthafte und durch nachprüfbare Tatsachen erhärtete Zweifel voraus (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern [RdB], 10. Auflage 2022, II.C.9).
Die Beweislast für eine geltend gemachte unzureichende Offenbarung liegt demnach bei der Einsprechenden und Beschwerdeführerin, die nachweisen muss, dass sie trotz aller angemessenen Maßnahmen nicht in der Lage war, die Erfindung auszuführen. Dies gilt in dem gegebenen Fall umso mehr, da die Einspruchsabteilung bereits die Ausführbarkeit des Streitpatents und der zugrundeliegenden Erfindung anerkannt hat.
3.3 Die Beschwerdeführerin legte jedoch weder Beweismittel noch Tatsachen vor, die einer Ausführbarkeit des Gegenstands von Anspruch 1 entgegenstünden, sondern behauptete lediglich eine angeblich fehlende technische Funktion des Begriffs "Versteifungsrippen".
Das Merkmal Versteifungsrippen enthält, wie von der Beschwerdegegnerin argumentiert, das funktionelle Merkmal "Versteifung", das als solches erfordert, dass die Rippen zur Versteifung ausgebildet sind. Das Merkmal Versteifungsrippen ist daher keine bloße Angabe, sondern spezifiziert die technische Ausbildung der Rippen genau zu dem Zweck der Versteifung der Grundplatte.
Dass das Streitpatent verschiedene Ausführungen der Versteifungsrippen offenbare, steht der Ausführbarkeit der Erfindung entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht entgegen. Denn eine Erfindung ist im Prinzip ausreichend offenbart, wenn der Fachperson mindestens ein Weg zu ihrer Ausführung eindeutig aufgezeigt wird (siehe RdB, a.a.O., II.C.5.2). Dieses Erfordernis ist entsprechend der angefochtenen Entscheidung durch das Ausführungsbeispiel nach Figur 2 des Streitpatents erfüllt, das zumindest einen Weg zur Ausführung eindeutig aufgezeigt.
Dabei ist festzuhalten, dass die von der Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Argumentation herangezogene Entscheidung G 1/93 die Zulässigkeit von Änderungen hinsichtlich des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 c) EPÜ betrifft und vorliegend im Hinblick auf den Einspruchsgrund mangelnder Ausführbarkeit nach Artikel 100 b) EPÜ nicht einschlägig ist.
Der Vortrag der Beschwerdeführerin ist daher nicht geeignet, die Unrichtigkeit der Feststellungen der Einspruchsabteilung zu Artikel 100 b) EPÜ hinreichend darzulegen.
4. Zulassung in das Verfahren des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 c) EPÜ
4.1 Die Beschwerdeführerin bemängelte die Feststellung der Einspruchsabteilung unter Punkt II.14 der Entscheidungsgründe, den Einspruchsgrund unzulässiger Änderungen nach Artikel 100 c) EPÜ nicht in das Verfahren zuzulassen.
4.2 Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ wurde von der Einsprechenden erstmals während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung geltend gemacht, d.h. nach Ablauf der Einspruchsfrist gemäß Artikel 99 (1) EPÜ. Somit ist dieser Einspruchsgrund als verspätet im Einspruchsverfahren vorgebracht anzusehen, so dass dessen Zulassung in das Verfahren gemäß Artikel 114 (2) EPÜ im Ermessen der Einspruchsabteilung lag, die dieses auch dahingehend ausgeübt hat, diesen Einspruchsgrund nicht in das Einspruchsverfahren zuzulassen.
4.3 Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist es nicht Aufgabe der Beschwerdekammer, die gesamte Sachlage des Falls nochmals wie ein erstinstanzliches Organ zu prüfen, um zu entscheiden, ob sie das Ermessen in derselben Weise ausgeübt hätte. Eine Beschwerdekammer sollte sich nur dann über die Art und Weise, in der die Abteilung, die die angefochtene Entscheidung erließ, ihr Ermessen ausgeübt hat, hinwegsetzen, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass diese Abteilung ihr Ermessen nach Maßgabe der falschen Kriterien, unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien oder in willkürlicher Weise ausgeübt hat (siehe RdB, a.a.O., IV.C.4.5.2).
4.4 Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin schon keinen konkreten Ermessensfehler seitens der Einspruchsabteilung geltend gemacht hat, ist die Kammer im vorliegenden Fall davon überzeugt, dass die Einspruchsabteilung das ihr nach Artikel 114 (2) EPÜ eingeräumte Ermessen, den verspätet vorgebrachten Einspruchsgrund nicht zum Verfahren zuzulassen, ohne erkennbaren Verfahrens- oder Ermessensfehler ausgeübt hat, indem sie dessen mangelnde prima facie Relevanz feststellte (siehe angefochtene Entscheidung, Punkte II.14.1 und II.14.2). Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung ein entscheidendes Kriterium für die Zulassung von verspätetem Vorbringen.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin beruht hingegen vielmehr darauf, dass die Beschwerdeführerin die Auffassung der Einspruchsabteilung zur prima facie Relevanz der unter dem Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ erhobenen Einwände nicht teilt.
Daher sieht die Kammer keinen Grund, sich über die Art und Weise hinwegzusetzen, in der die Einspruchsabteilung ihr Ermessen ausgeübt hat.
4.5 Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ ist daher gemäß der angefochtenen Entscheidung im Verfahren nicht zugelassen.
4.6 Soweit die Beschwerdeführerin eine Zulassung dieses Einspruchsgrunds erstmals im Beschwerdeverfahren begehrte, weist die Kammer darauf hin, dass im Beschwerdeverfahren neue Einspruchsgründe nur mit Einverständnis der Patentinhaberin geprüft werden dürfen (siehe RdB, a.a.O., V.A.3.2.3 h)).
Da ein solches Einverständnis offensichtlich nicht vorliegt, darf die Kammer in keiner Weise auf diesen Einspruchsgrund eingehen.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 Die Beschwerdeführerin rügte die Feststellung der Einspruchsabteilung unter Punkt II.17 der Entscheidungsgründe, dass selbst wenn die angebliche Vorbenutzung bewiesen wäre, der Gegenstand von Anspruch 1 nicht durch diese nahgelegt sei.
Laut der Beschwerdeführerin sei der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von der Vorbenutzung auf Basis der Dokumente D10, D11 und D12, wie von der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer präzisiert, als nächstliegender Stand der Technik in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen nicht erfinderisch.
Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich von dem der Vorbenutzung durch Versteifungsrippen und deren Anordnung zur Grundplatte.
Der technische Effekt dieses Unterschieds bestehe darin, dass zum einen die Grundplatte und die Stützholme als ein Element in einem Stanzverfahren aus Plattenmaterial hergestellt werden könnten, wobei die Versteifungsrippen im Stanzverfahren durch Biegen der Grundplatte mitgeformt würden. Zum anderen könne die gesamte Struktur so stabil und mit weniger Materialeinsatz hergestellt werden.
Die zugrunde liegende Aufgabe bestehe somit darin, eine stabile Struktur unter Materialeinsparung herzustellen.
Für die Fachperson sei es eine einfache, naheliegende konstruktive Maßnahme, die aus der Vorbenutzung bekannte Vorrichtung dahingehend zu verbessern, Versteifungsrippen an der Grundplatte vorzusehen, um eine leichtere Konstruktion zu erhalten. Auch sei es für die Fachperson naheliegend, dass die Grundplatte der bekannten Vorrichtung und die Stützen in einem einzigen Element durch Stanzen und Biegen hergestellt werden könnten, um Versteifungsrippen aus einer einzigen Metallplatte zu erzeugen.
5.2 Die Kammer ist von der Argumentation nicht überzeugt, dass die diesbezügliche Feststellung der angefochtenen Entscheidung unrichtig ist, dass die Fachperson keinen Anlass hat, die Holme der behaupteten Vorbenutzung durch eine Grundplatte mit Verstärkungsrippen zu ersetzen.
Die Kammer folgt der Beschwerdegegnerin, dass es viele Möglichkeiten gäbe, eine Materialeinsparung bei stabiler Konstruktion zu erzielen, wie beispielsweise eine dünnere oder volumenreduzierte Konstruktion vorzusehen. Es ist nicht überzeugen dargelegt, was eine Fachperson ausgehend von der in den Abbildungen der behaupteten Vorbenutzung gezeigten Anordnung veranlassen sollte, die aus einem Vierkanthohlprofilen gebildeten Stützeinrichtungen abzuwandeln, und weshalb sie dabei zu einer Vorrichtung mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelangte.
Die Argumentation der Beschwerdeführerin beruht vielmehr auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise in Kenntnis der Erfindung.
Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher erfinderisch gegenüber der behaupteten Vorbenutzung.
5.3 Die Beschwerdeführerin hat somit keinen in der Sache überzeugenden Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit vorgebracht. Der Einspruchsgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit steht daher der Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung nicht entgegen.
6. Schlussfolgerung
Im Ergebnis zeigt keiner der von der Beschwerdeführerin erhobenen und aufrechterhaltenen Einwände (siehe Protokoll über die mündliche Verhandlung vor der Kammer) in überzeugender Weise die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung zur Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.