T 1690/22 () of 11.4.2024

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2024:T169022.20240411
Datum der Entscheidung: 11 April 2024
Aktenzeichen: T 1690/22
Anmeldenummer: 17196003.2
IPC-Klasse: B65B 25/00
B65B 65/00
A23G 7/00
B65B 37/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: HOCHLEISTUNGS-VERPACKUNGSVERFAHREN ZUR VERPACKUNG VON, INSBESONDERE KLEINSTÜCKIGEN, PRODUKTEN UND HOCHLEISTUNGS-VERPACKUNGSEINRICHTUNG, INSBESONDERE ZUR DURCHFÜHRUNG DES VERFAHRENS
Name des Anmelders: THEEGARTEN-PACTEC GMBH & CO. KG
Name des Einsprechenden: Sapal SA
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 111
European Patent Convention Art 112a(2)
European Patent Convention Art 113
European Patent Convention R 104
European Patent Convention R 106
European Patent Convention R 124
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 006(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 011
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 012(3)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 012(5)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Ermessen Vorbringen nicht zuzulassen - Voraussetzungen des Art. 12 (3) VOBK 2020 erfüllt (nein)
Rügepflicht - Einwand zurückgewiesen
Zurückverweisung - (nein)
Orientierungssatz:

Die schriftliche Einreichung einer Rüge nach Regel 106 EPÜ entspricht einer Praxis, die es ermöglicht, den Umfang dieser Rüge klar zu bestimmen. Es schriftlich oder nur mündlich zu tun, ändert nichts an der Substanz der erhobenen Rüge. Die schriftliche Vorlage des Gegenstands einer Rüge ermöglicht es jedoch, für die Kammer und die Beteiligten nachvollziehbar festzuhalten, worüber die Kammer zu entscheiden hatte, und sicherzustellen, dass in einem möglichen Überprüfungsverfahren vor der Großen Beschwerdekammer keine Unsicherheiten über die von der rügenden Beteiligten beabsichtigte Formulierung der Rüge bestehen (Gründe 4.9 bis 4.14).

Angeführte Entscheidungen:
R 0004/08
R 0018/12
T 1721/07
T 1798/08
T 0433/11
T 2185/15
T 2370/16
T 0503/20
T 1041/21
T 1220/21
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0451/23

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) legte form- und fristgerecht Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 3 293 124 zurückgewiesen wurde.

II. Mit Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK vom 7. Februar 2024 teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, derzufolge die Beschwerde voraussichtlich erfolgreich sein dürfte.

III. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) reagierte auf diese Mitteilung mit Schriftsatz vom 6. März 2024. Die Beschwerdeführerin äußerte sich inhaltlich nicht auf diese Mitteilung.

IV. Am 11. April 2024 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

V. Wegen der Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.

VI. Der Tenor der Entscheidung wurde am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte zuletzt

die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und

den Widerruf des europäischen Patents Nr. EP 3 293 124.

VIII. Die Beschwerdegegnerin beantragte zuletzt

die Zurückweisung der Beschwerde, d.h. die Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Fassung (Hauptantrag),

oder hilfsweise

bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung,

die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 3, erstmalig eingereicht am 27. Januar 2021.

IX. In dieser Mitteilung wird auf die folgenden Dokumente Bezug genommen:

D1: US 4 947 617 A

D3: DE 10 2008 019 605 A1.

X. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

(Merkmalsgliederung gemäß Punkt I.12.1 der angefochtenen Entscheidung):

"1a: Hochleistungs-Verpackungsverfahren zur Verpackung von,

1a': insbesondere kleinstückigen Produkten,

1a": vorzugsweise Süßwaren, wie Hart- oder Weichkaramellen, Pralinen oder dergleichen,

dadurch gekennzeichnet,

1b: dass die Produkte (7) in einer Mehrzahl von Produktströmen (A, B) durch zumindest eine Verpackungseinrichtung (1) hindurchgeführt werden,

1c: wobei die Produkte (7) zweibahnig parallel zu einer Entnahmevorrichtung (4) der Verpackungseinrichtung (1) mit Produktaufnahmemitteln für die Produkte jedes der Produktströme (A, B) zugeführt werden,

1d: nach Aufnahme der Produkte (7) diesen sogleich ein Packstoffabschnitt zugeordnet wird und

1e: das Produkt (7) mit dem Packstoffstück in Parallelführung der Produktströme (A, B) einer Packvorrichtung (10) der Verpackungseinrichtung (1) zugeführt wird,

1f: die Produkt/Packstoff-Haltemittel für die Produkte (7) jedes Produktstromes aufweist und

1g: das fertig verpackte Produkt (7) von der Verpackungseinrichtung (1) abgefördert wird."

XI. Der unabhängige Anspruch 9 gemäß Hauptantrag lautet:

(Merkmalsgliederung gemäß Punkt I.12.2 der angefochtenen Entscheidung):

"9a: Hochleistungs-Verpackungseinrichtung zur Verpackung von,

9a': insbesondere kleinstückigen Produkten,

9a": vorzugsweise Süßwaren, wie Hart- oder Weichkaramellen, Pralinen oder dergleichen,

9a'": insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet 9b : durch Verarbeitung einer Mehrzahl von Produktströmen (A, B) aus vereinzelten Produkten (7),

9c: mit zumindest einer Entnahmevorrichtung (4) mit Produktaufnahmemitteln für die Produkte jedes der Produktströme (A, B), und

9d : mit einer Packvorrichtung (10), die eine Mehrzahl von aus Produkt/Packstoff-Haltemitteln bestehenden Verpackungseinheiten aufweist und

9e: jede Verpackungseinheit einem Produktstrom (A, B) aus vereinzelten Produkten (7) zugeordnet ist,

9f: wobei die Hochleistungs-Verpackungseinrichtung dazu ausgebildet ist, um den der Entnahmevorrichtung (4) zweibahnig parallel zugeführten Produkten (7) nach deren Aufnahme sogleich ein Packstoffabschnitt zuzuordnen,

9g: jedes Produkt (7) mit dem Packstoffstück in Parallelführung der Produktströme (A, B) der Packvorrichtung (10) zuzuführen und

9h: das fertig verpackte Produkt (7) von der Verpackungseinrichtung (1) abzufördern."

XII. Angesichts der Nichtzulassung ins Verfahren erübrigt sich eine Wiedergabe der Hilfsanträge.

XIII. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beteiligten wird im Detail in den Entscheidungsgründen diskutiert.

Entscheidungsgründe

1. Erfinderische Tätigkeit der Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 gemäß Hauptantrag ausgehend von Dokument D3 (Artikel 56 EPÜ)

1.1 Die Beschwerdeführerin wendete sich gegen die Feststellung in Punkt II.18.1. der Entscheidungsgründe.

1.2 Die Einspruchsabteilung stellte fest, dass das Ausführungsbeispiel der Figur 7 des Dokuments D3 alle Merkmale der Ansprüche 1 und 9 bis auf die Mehr- bzw. Zweibahnigkeit offenbart.

1.3 Daraus folgend identifizierte sie in Punkt II.18.1.1 die folgenden Unterscheidungsmerkmale: 1b und 1c-bis, d.h. "dass die Produkte (7) in einer Mehrzahl von Produktströmen (A, B) durch zumindest eine Verpackungseinrichtung (1) hindurchgeführt werden" und "wobei die Produkte (7) zweibahnig parallel zu der Entnahmevorrichtung (4) der Verpackungseinrichtung (1) [...] zugeführt werden", sowie 9b und 9f-bis, d.h. "durch Verarbeitung einer Mehrzahl von Produktströmen (A, B) aus vereinzelten Produkten (7)" und "wobei die Hochleistungs-Verpackungseinrichtung dazu ausgebildet ist, mit der Entnahmevorrichtung (4) zweibahnig parallel zugeführte Produkte (7) aufzunehmen".

1.4 Ausgehend von diesen Unterscheidungsmerkmalen formulierte die Einspruchsabteilung als zu lösende objektive technische Aufgabe, die Verpackungsleistung (der aus Dokument D3 bekannten Verpackungsmaschine) zu steigern.

1.5 Insoweit stimmten die Beteiligten mit der Einspruchsabteilung überein.

1.6 Es war ebenfalls unstreitig, dass aus Dokument D1, insbesondere aus Spalte 2, Zeilen 22 bis 27, und Spalte 7, Zeilen 33 bis 37, bekannt ist, dass mit einem zweispurigen Aufbau der Vorrichtung zur simultanen Herstellung von zwei Verpackungen eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit erzielt wird.

1.7 Es bestand damit im Einklang mit der angefochtenen Entscheidung zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass die Fachperson ausgehend von der Lehre von D3 und vor die Aufgabe gestellt, die Verpackungsleistung zu steigern, in Kenntnis der Lehre des Dokuments D1 zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen könnte. Kernpunkt des Verfahrens war folglich allein, ob die Fachperson ausgehend von der Lehre des Dokuments D3 die Lehre des Dokuments D1 bei der Lösung der objektiven technischen Aufgabe auch heranziehen würde.

1.8 In Punkt II.18.1.4.4 der Entscheidungsgründe stellte die Einspruchsabteilung fest, dass die Fachperson das Dokument D1 nicht berücksichtigt hätte, weil es sehr unwahrscheinlich sei, dass die Fachperson zur Weiterentwicklung einer Pralineneinschlagvorrichtung eine Zigarettenverpackungsmaschine heranziehen würde.

1.9 Dieser Feststellung schließt sich die Beschwerdegegnerin im Grunde nach an, indem sie vorträgt, dass die Dokumente D1 und D3 unterschiedliche technische Gebiete beträfen, nämlich das Dokument D1 das Gebiet der Zigarettenverpackungen, entsprechend der IPC-Klasse B65B 19/02, und das Dokument D3 das Gebiet der Verpackungen von kleinstückigen Artikeln, entsprechend der IPC-Klasse B65B 11/00. Die jeweiligen Lehren der Dokumente D1 und D3 richteten sich an unterschiedliche Fachpersonen und würden daher nicht von derselben Fachperson in naheliegender Weise kombiniert werden.

1.10 Die Kammer folgt dieser Argumentation nicht.

1.11 Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag betrifft ein Hochleistungs-Verpackungsverfahren. Die Beschwerdeführerin wendete zurecht ein, dass die mit dem Verfahren zu verpackenden Güter durch die Formulierung "insbesondere" und "bevorzugt" im Anspruch lediglich beispielhaft bzw. illustrativ angegeben sind, ohne jedoch den Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag zu beschränken. Entsprechend ist nicht zu erkennen, weshalb sich die Fachperson bei der Ausgestaltung einer Verpackungsmaschine konkret an dem zu verpackenden Gut orientieren müsste. Vielmehr ist die objektiv technische Aufgabe einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit nicht notwendigerweise von dem zu verpackenden Gut abhängig, so dass die Fachperson bei jeglicher Weiterentwicklung generell Konzepte ähnlich konstruierter Verpackungsmaschinen berücksichtigen würde.

1.12 Damit überzeugen auch die Argumente der Beschwerdegegnerin nicht, dass das Dokument D1 die Sekundärverpackung bereits primärverpackter Zigarettengruppen in mehreren Produktbahnen betreffe und Zigarettengruppen im Gegensatz zu den kleinstückigen Artikeln des Dokuments D3 nur mit Sauggreifern gehandhabt werden können, und dass durch die notwendigerweise unterschiedliche Handhabung der zu verpackenden Güter, das Konzept der Lehre von Dokument D1 nicht ohne weiteres auf die Lehre von Dokument D3 übertragbar sei.

1.13 Die Beschwerdeführerin wendete hier zutreffend ein, dass in Dokument D3 in Absatz [0016] ausdrücklich offenbart ist, dass die offenbarte Lehre nicht auf Schokoladenprodukte beschränkt ist. Jede Lehre der Dokumente D1 und D3 ist zudem in sich hinsichtlich der Handhabung der zu verpackenden Güter vollständig beschrieben. Es ist folglich nicht erkennbar, weshalb die Handhabung der Güter mit dem Unterscheidungsmerkmal und folglich mit der der Fachperson sich stellenden objektiven technischen Aufgabe in einem Zusammenhang stünde. Dies gilt umso mehr, als dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag eine Ausgestaltung der Handhabung der Produkte offen lässt.

Die Fachperson hätte die bei der Lösung der sich ihr stellenden, oben formulierten, objektiven technischen Aufgabe die Eigenheiten der jeweils in den Dokumenten D1 und D3 beschriebenen Handhabung nicht als mögliches Hindernis einer Kombination der Dokumente D1 und D3 erkannt.

1.14 Im Gegenteil wäre sie unmittelbar auf das Unterscheidungsmerkmal zur Lösung der technischen Aufgabe gestoßen, da das Dokument D1 ohne weiteren Bezug auf die in der Lehre angegebene Handhabung der Güter in Spalte 2, Zeilen 22 bis 27 ausdrücklich lehrt:

"To increase the efficiency, according to a further feature of the invention, the apparatus is designed for two-track operation, that is to say for the simultaneous production of the hinge-lid packs. Each folding turret is designed as a double turret with two turret discs on a common drive shaft."

was sich ins Deutsche so übersetzen lässt (Übersetzung durch die Kammer):

"Zur Steigerung der Effizienz ist die Vorrichtung gemäß einem weiteren Merkmal der Erfindung für einen zweispurigen Betrieb, d.h. für die gleichzeitige Herstellung der Klappschachteln, ausgelegt. Jeder Faltrevolver ist als Revolverpaar mit zwei Revolverscheiben auf einer gemeinsamen Antriebswelle ausgeführt."

1.15 Entsprechend ist ebenfalls die Feststellung der Einspruchsabteilung nicht zutreffend, dass die Fachperson an einer Umsetzung der in D1 offenbarten Lösung durch nötige Anpassungen der in Dokument D3 offenbarten Verpackungsmaschine gehindert wäre, weil alle Revolver und Motoren der D3 erheblich verändert bzw. ersetzt werden müssten, um zum Gegenstand der unabhängigen Ansprüche zu gelangen.

1.16 Welche Veränderungen bei einer Anpassung der in Dokument D3 offenbarten Vorrichtung tatsächlich notwendig wären, wird weder in der angefochtenen Entscheidung erläutert noch wurde dazu durch die Beschwerdegegnerin vorgetragen. Die Beschwerdeführerin bringt hingegen zurecht vor, dass die Fachperson keine Schwierigkeiten hätte, bspw. den Artikelgreiferkopf 31 und den Packkopf 41 durch ein Revolverpaar mit einer gemeinsamen Drehachse zu ersetzen, wie es ausdrücklich in Spalte 2, Zeile 25 bis 27, des Dokuments D1 vorgeschlagen wird, um eine Zweibahnigkeit einzurichten.

1.17 Die Fachperson würde folglich Dokument D1 bei der Weiterentwicklung der in Dokument D3 offenbarten Verpackungsmaschine berücksichtigen und konnte die in Dokument D1 offenbarte Lehre zur Effizienzsteigerung auch ohne weitere Schwierigkeiten in die Lehre übernehmen.

1.18 Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 gemäß Hauptantrag beruhen im Ergebnis nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von Dokument D3 in Zusammenschau mit dem Dokument D1.

1.19 Die gegenteilige Feststellung der Einspruchsabteilung ist daher unrichtig und die angefochtene Entscheidung ist folglich aufzuheben.

2. Hilfsanträge 1 - 3

2.1 Die Beschwerdegegnerin legte die Hilfsanträge 1 bis 3 allein unter Bezugnahme auf ihr schriftliches Vorbringen zu den in den Hilfsanträgen vorgenommen Änderungen im Einspruchsverfahren vor, insbesondere mit Verweis auf ihren Schriftsatz vom 27. Januar 2021 (vgl. Beschwerdeerwiderung, Seite 11, Absatz 3). Ein weiteres begründetes Vorbringen dazu, weshalb die Hilfsanträge also solche geeignet sind, die angefochtene Entscheidung abzuändern bzw. (zumindest teilweise) zu bestätigten, ist der Beschwerdeerwiderung, die sich im übrigen nur mit dem Hauptantrag auseinandersetzt, nicht zu entnehmen.

2.2 Nach Artikel 12 (3) VOBK muss die Beschwerdeerwiderung das vollständige Vorbringen einer Beteiligten enthalten. Dementsprechend muss diese deutlich und knapp angeben, aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung abzuändern oder zu bestätigen wäre. Sie soll ausdrücklich alle geltend gemachten Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel im Einzelnen anführen.

2.3 Die Beschwerdegegnerin trug vor, dass die Hilfsanträge durch die Argumentation zum Hauptantrag in der Beschwerdebegründung - ergänzt durch den Vortrag zu den Hilfsanträgen gemäß der Einspruchserwiderung (Ziffer VII a-c)) - im Einklang mit Artikel 12 (3) VOBK hinreichend substantiiert seien. Da Artikel 12 (3) VOBK fordere, dass die Beschwerdeerwiderung deutlich und knapp zu halten sei, sei insbesondere die Ziffer a) des Artikels 12 (3) VOBK so zu verstehen, dass eine Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen nicht nur erlaubt, sondern vielmehr geradezu geboten sei, so dass es zulässig sei, eine Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen vorzunehmen.

2.4 Dieses Verständnis des Artikels 12 (3) VOBK entbehrt jeder Grundlage.

2.5 Die von der Beschwerdegegnerin angeführte Ziffer a) bezieht sich auf Satz 3 des Artikels 12 (3) VOBK und damit auf Unterlagen, auf die im Rahmen eines ansonsten vollständig zu erfolgenden Beschwerdevorbringens Bezug genommen wird.

2.6 Es ist auch nicht erkennbar, weshalb es das Gebot einer deutlichen und knappen Begründung erforderte, auf Vorbringen zu verweisen, das in einem anderen Verfahrensstand erfolgte, d.h. in einem anderen Kontext und vor Erlass und Begründung der angefochtenen Entscheidung, deren Überprüfung Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, sowie vor der Einreichung der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin.

2.7 Zwar erfordert Satz 2, erster Halbsatz, des Artikels 12 (3) VOBK, dass die Beschwerdeerwiderung deutlich und knapp angeben muss, aus welchen Gründen beantragt wird, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, abzuändern oder zu bestätigen.

2.8 Die Vorgabe in Satz 2, zweiter Halbsatz, des Artikels 12 (3) VOBK, wonach in der Beschwerdeerwiderung alle geltend gemachten Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel ausdrücklich und im Einzelnen angeführt werden müssen, steht dabei jedoch einer bloßen Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen gerade entgegen.

2.9 Es entspricht langjähriger und gefestigter Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dass die bloße Bezugnahme auf das Einspruchsvorbringen grundsätzlich eine sachgerechte Begründung im Beschwerdeverfahren nicht ersetzen kann (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern [RdB], 10. Auflage, Juli 2022, V.A.2.6.5). Diese Rechtsprechung wurde so für die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern von 2020 bestätigt (vgl. u.a. T 0503/20, Gründe 2.1 und 3.7.3 bis 3.7.6, T 1041/21, Gründe 5.1.3, T 1220/21, Gründe 4.4.1 bis 4.4.5).

2.10 Somit hat die Beschwerdegegnerin mit der Beschwerdeerwiderung alle Argumente in ihrer Beschwerdeerwiderung gemäß Artikel 12 (3) VOBK vorzubringen, die im Lichte des Vorbringens der Beschwerdeführerin die angefochtene Entscheidung in Bezug auf Hilfsanträge 1 bis 3 hätten abändern können, falls die Entscheidung - der Beschwerdebegründung folgend - aufzuheben ist. Dies ist jedoch mit dem bloßen Rückbezug auf den Schriftsatz vom 27. Januar 2021 nicht erfolgt, weil dieser sich nicht damit auseinandersetzt, aus welchen Gründen die in den Ansprüchen gemäß Hilfsanträgen 1 bis 3 durchgeführten Änderungen die von der Beschwerdeführerin gegen den Hauptantrag in der Beschwerdebegründung erhobenen Einwände überwinden könnten.

2.11 Insbesondere fehlt selbst bei Berücksichtigung des Verweises auf den Schriftsatz vom 27. Januar 2021 der Beschwerdeerwiderung in dem Vorbringen zu den Hilfsanträgen 1 bis 3 jeglicher Bezug zu dem gegen den Hauptantrag bestehenden Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit. Weiterhin erscheint der Vortrag in dem genannten Schriftsatz (siehe z. B. Punkt VI., Seite 16) zu der Offenbarung von Dokument D3 in Widerspruch mit der im Beschwerdeverfahren von der Beschwerdegegnerin zu keinem Zeitpunkt bestrittenen Feststellung der Einspruchsabteilung in Punkt II.18.1, Absatz 1, der Entscheidungsgründe zu den in Dokument D3 offenbarten Merkmalen zu stehen. Dieser Widerspruch birgt erkennbar das Risiko, dass die Kammer bei einer Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hilfsanträge über mögliche Argumente der Beschwerdegegnerin spekulieren müsste, was jedoch angesichts der gebotenen Unparteilichkeit nicht angemessen ist.

2.12 Es ist ferner unerheblich, dass sich weder die angefochtene Entscheidung noch die Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin mit den Hilfsanträgen 1 bis 3 befassten. Eine Erörterung von Hilfsanträgen in der Beschwerde setzt notwendigerweise voraus, dass Hilfsanträge in zulässiger Weise Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden sind, was aber zum Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerdebegründung nicht der Fall sein konnte. Der beschwerdeführenden Einsprechenden obliegt es nicht, in ihrer Beschwerdebegründung quasi vorsorglich auf die im Einspruchsverfahren gestellten Hilfsanträge einzugehen, ohne zu wissen, ob sie im Beschwerdeverfahren aufrechterhalten werden. Von der beschwerdeerwidernden Patentinhaberin ist hingegen zu erwarten, dass sie in der Beschwerdeerwiderung begründet, warum die Hilfsanträge die in der Beschwerdebegründung gegen den Hauptantrag erhobenen Einwände ausräumen. Wenn das Patent in seinem ursprünglichen Umfang nicht aufrechterhalten werden kann, kann es keine Rechtsbeständigkeitsvermutung geben. Die Beschwerdegegnerin muss daher in ihrer Beschwerdeerwiderung hinreichend substantiiert darlegen, dass die Hilfsanträge die in der Beschwerde vorgebrachten Einwände ausräumen (siehe T 1041/21, Punkt 5.1.4 der Entscheidungsgründe).

2.13 Die Kammer gelangt somit zu der Überzeugung, dass die aus Artikel 12 (3) VOBK gegebenen Erfordernisse für die Hilfsanträge mangels einer vollständigen Angabe von Gründen, weshalb das Patent im geänderten Umfang auf Basis eines der Hilfsanträge 1 bis 3 aufrecht zu erhalten wäre, nicht erfüllt sind und ihr daher entsprechend Artikel 12 (5) VOBK das Ermessen gegeben ist, über eine Zulassung der Hilfsanträge zu entscheiden.

2.14 Die Beschwerdegegnerin hat sich in der Beschwerdeerwiderung nicht dazu geäußert, weshalb die Hilfsanträge 1 bis 3 dazu geeignet wären, eine erfinderische Tätigkeit gegenüber den Lehren der Dokumente D3 und D1 zu begründen. Dies ergibt sich selbst bei Berücksichtigung des Verweises auf den Schriftsatz vom 27. Januar 2021 aus den dortigen Ausführungen nicht, wie auch bereits oben unter Punkt 2.11 dargelegt. Auch nachdem die Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 5. Mai 2023 erneut den auf diesen Dokumenten beruhenden Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber den Hilfsanträgen 1 bis 3 erhob, äußerte sich die Beschwerdegegnerin zur Frage der erfinderischen Tätigkeit nur durch einen Verweis auf ihr Vorbringen zum Hauptantrag. Es blieb daher weiter nicht erkennbar, weshalb die Hilfsanträge geeignet wären, die Einwände gegen den Hauptantrag auszuräumen.

2.15 Falls die Hilfsanträge 1 bis 3 ins Verfahren zugelassen worden wären, hätte die Beschwerdeführerin - so wie auch die Kammer - zum ersten Mal während der mündlichen Verhandlung einen Vortrag der Beschwerdegegnerin zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend vom Dokument D3 in Kombination mit der Lehre des Dokuments D1 gehört und erst anschließend darauf reagieren können. Diese Vorgehensweise der Beschwerdegegnerin verstößt jedoch gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gegenüber der Beschwerdeführerin, so dass die diesbezüglich verspätet vorgebrachten Argumente dem Zulassungsermessen nach Artikel 13 (2) VOBK hätten unterworfen werden müssen.

2.16 Angesichts dieser Umstände hat die Kammer das ihr zustehende Ermessen dahingehend ausgeübt, die Hilfsanträge 1 bis 3 nicht zum Verfahren zuzulassen (Artikel 12 (5) VOBK).

3. Mangels eines den Erfordernissen des Übereinkommens genügend erscheinenden oder in zulässiger Weise vorgebrachten im Verfahren befindlichen Antrags ist das Patent im Ergebnis zu widerrufen.

4. Rüge gemäß Regel 106 EPÜ

4.1 Die Beschwerdegegnerin erhob eine erste Rüge gemäß Regel 106 EPÜ, mit der sie sich gegen die Nichtzulassung der Hilfsanträge 1 bis 3 als schweren Verfahrensfehler in Gestalt einer Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Artikel 113 EPÜ wendet, weil die Patentinhaberin in ihren grundlegenden Rechten beschnitten worden sei, sich gegen die Einspruchsgründe zur Wehr zu setzen. Die Nichtzulassung der Hilfsanträge sei aus Sicht der Beschwerdegegnerin nicht durch das Übereinkommen oder die Verfahrensordnung gestützt, insbesondere nicht durch Artikel 12 (3) VOBK, dessen Erfordernisse sie ausdrücklich für erfüllt hält, so dass der Kammer kein Ermessensspielraum zustehe, die Hilfsanträge nicht zuzulassen (siehe Anhang zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Kammer).

4.2 Die Beschwerdegegnerin verwies weiter ausdrücklich auf ihr gesamtes Vorbringen im Rahmen der Erörterung der Zulässigkeit der Hilfsanträge 1 bis 3.

4.3 Die Nichtzulassung der Hilfsanträge 1 bis 3 stellt als solches keinen wesentlichen Verfahrensfehler dar.

4.4 Ein Verfahrensfehler im Sinne von Artikel 112a (2) c) EPÜ in Gestalt einer Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Artikel 113 (1) EPÜ, wie von der Beschwerdegegnerin gerügt, ist nicht ersichtlich. Die Entscheidung über die Nichtzulassung ist auf das Übereinkommen und die geltende Verfahrensordnung gestützt, wie es die Kammer in Punkt 2. oben dargelegt hat. Allein der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin zu dieser Rechtsanwendung "ausdrücklich" eine andere, gegenteilige Auffassung vertritt, kann jedenfalls keinen schwerwiegenden Verfahrensfehler, respektive keine Gehörsverletzung, begründen. Wie an der genannten Stelle dargelegt, folgt die Kammer mit ihrer Entscheidung vielmehr einer langjährigen und als gefestigt zu erachtenden Rechtsprechung der Beschwerdekammern.

4.5 Der strittige Punkt der Substantiierung und der Zulassung der Hilfsanträge 1 bis 3 nach Artikel 12 (3) und (5) VOBK war durch die Beschwerdeführerin auf Seite 3 ihres Schriftsatzes vom 19. Dezember 2023 aufgeworfen worden und wurde entsprechend in der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK (vgl. Punkt 12 der Mitteilung) erörtert. Die Beschwerdegegnerin machte in ihrem Schriftsatz vom 6. März 2024 und in der mündlichen Verhandlung von den ihr sich jeweils gebotenen Möglichkeiten ausgiebig Gebrauch, sich zu der Frage der Anwendbarkeit von Artikel 12 (3) VOBK und der Zulassung der Hilfsanträge 1 bis 3 zu äußern. Ihr wurde somit im hinreichenden Maße rechtliches Gehör zur Frage der Nichtzulassung der Hilfsanträge 1 bis 3 gewährt.

4.6 Die Kammer gelangte unter Berücksichtung der von der Beschwerdegegnerin vorgebrachten Argumente zu der oben dargelegten Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu Artikel 12 (3) VOBK und der folgenden Ermessensbeurteilung im Rahmen des Artikels 12 (5) VOBK. Das rechtliche Gehör der Beschwerdegegnerin wurde insoweit gewahrt.

4.7 Zudem sind als Folge der getroffenen Ermessensentscheidung die Hilfsanträge 1 bis 3 im Ergebnis nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Eine weitere (materiell-rechtliche) Entscheidung über die Hilfsanträge 1 bis 3 durch die Kammer ist daher ausgeschlossen und insoweit besteht folglich kein Anspruch auf ein rechtliches Gehör gemäß Artikel 113 (1) EPÜ der Beschwerdegegnerin.

4.8 Ein schwerwiegender Verstoß gegen Artikel 113 (1) EPÜ im Sinne von Artikel 112a (2) c) EPÜ ist daher für die Kammer nicht ersichtlich.

4.9 Soweit die Beschwerdegegnerin weiter mit einer zweiten Rüge vorbrachte, dass sie ihre erste Rüge zur Nichtzulassung der Hilfsanträge 1 bis 3 nicht schriftlich vorzulegen brauche und dass daher die Aufforderung der Kammer zur Vorlage einer schriftlichen Rüge einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle (vgl. Protokoll, Seite 3, Absatz 6), ist festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin im Rahmen dieser Rüge weder erklärt hat, welcher der in Artikel 112a (2) a) bis d) und Regel 104 EPÜ abschließend normierten Gründe für einen Überprüfungsantrag geltend gemacht werden sollte, noch ersichtlich ist, dass einer dieser Gründe hier einschlägig sein könnte.

4.10 Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit nach Regel 106 EPÜ ist es, der Kammer die Möglichkeit zu geben, unmittelbar und angemessen zu reagieren, indem sie den Grund für den Einwand beseitigt oder den Einwand zurückweist und damit für die Beteiligten und die Öffentlichkeit Rechtssicherheit in der Frage schafft, ob die anschließende Beschwerdekammerentscheidung mit einem Überprüfungsantrag nach Artikel 112a EPÜ angegriffen werden kann (siehe RdB, ibid, V.B.3.6.1.) Daher muss eine Rüge nach Regel 106 EPÜ eindeutig erkennen lassen, welche der in Artikel 112a (2) a) bis d) und Regel 104 EPÜ aufgeführten Mängel geltend gemacht werden sollen (ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammern, siehe z.B. R 4/08, Gründe 2.1, R 18/12, Gründe 17, weitere Nachweise siehe RdB, ibid, V.B.3.6.2.a).

4.11 Gerade vor dem Hintergrund dieses Zwecks der Rügeobliegenheit ist die Kammer der Auffassung, dass die schriftliche Einreichung einer Rüge einer Praxis entspricht, die es ermöglicht, den Umfang dieser Rüge klar zu bestimmen. Es schriftlich oder nur mündlich zu tun, ändert nichts an der Substanz der erhobenen Rüge. Die schriftliche Vorlage des Gegenstands einer Rüge ermöglicht es jedoch, für die Kammer und die Beteiligten nachvollziehbar festzuhalten, worüber die Kammer zu entscheiden hatte, und sicherzustellen, dass in einem möglichen Überprüfungsverfahren vor der Großen Beschwerdekammer keine Unsicherheiten über die von der rügenden Beteiligten beabsichtigte Formulierung der Rüge bestehen.

4.12 Es besteht im Übrigen grundsätzlich kein Recht einer Beteiligten auf Aufnahme einer mündlich vorgetragenen Erklärung in die Niederschrift über die mündliche Verhandlung (T 2370/16, Gründe 7.2 ff.; T 2185/15 Gründe 7.2; T 1798/08, Gründe 4.5; T 1721/07 Gründe 15 ff., T 0433/11 Gründe 79 ff; RdB, ibid, III.C.7.10.1). Nach Regel 124 (1) EPÜ ist in die Sitzungsniederschrift der wesentliche Gang der mündlichen Verhandlung einschließlich der rechtserheblichen Erklärungen der Beteiligten aufzunehmen, wozu zwar auch der Umstand als solcher gehören kann, dass eine Rüge nach Regel 106 EPÜ erhoben wurde, nicht aber die dazu von der jeweiligen Beteiligten vorgebrachten und für die Zulässigkeit der Rüge erforderlichen Gründe und Argumente. Vielmehr ist es Sache der Beteiligen, Erklärungen und Begründungen zu ihren Anträgen schriftlich einzureichen. Dies dient auch dem Zweck, nachträgliche Unklarheiten darüber, was eine Beteiligte im Einzelnen geltend gemacht hat, zu vermeiden.

4.13 Es ist für die Kammer vorliegend nicht erkennbar, worin in der Aufforderung zur schriftlichen Formulierung der Rüge ein möglicher Verstoß gegen Artikel 113 (1) EPÜ (vgl. Artikel 112a (2) c) EPÜ) oder ein sonstiger in der Ausführungsordnung genannter schwerwiegender Verfahrensmangel (vgl. Artikel 112a (2) d) EPÜ, Regel 104 EPÜ) liegen sollte. Die Beschwerdegegnerin kam ferner der Aufforderung des Vorsitzenden nach, durch eine schriftlich vorgelegte Formulierung ihrer ersten Rüge den Umfang bzw. Gegenstand derselben Rüge zu bestimmen. Sie erhielt zudem ausgiebig Gelegenheit, ihre erste Rüge zu begründen und dazu Argumente vorzutragen, so dass ihr Recht auf rechtliches Gehör gewahrt blieb.

4.14 Die erste und zweite Rüge der Beschwerdegegnerin werden folglich aus den oben angegebenen Gründen zurückgewiesen.

5. Zurückverweisung der Angelegenheit nach Artikel 111 EPÜ

5.1 Die Beschwerdegegnerin beantragte ferner, die Sache zur späteren Einreichung neuer Hilfsanträge und zur weiteren Diskussion an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, mit dem Ziel, das Patent in eingeschränkter Form aufrechtzuerhalten.

5.2 Grundlage für die Entscheidung über die Zurückverweisung ist Artikel 111 (1) EPÜ, demnach die Kammer entweder im Rahmen der Zuständigkeit der Befugnisse des Organs tätig wird, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder die Angelegenheit zu weiteren Entscheidung zurückverweist (siehe auch Artikel 11 VOBK).

5.3 Eine mögliche Zurückverweisung der Angelegenheit setzt jedoch voraus, dass ein Verfahrensgegenstand vorliegt, über den eine weitere Entscheidung zu treffen ist.

5.4 Der Zurückverweisungsantrag der Beschwerdegegnerin wurde zu einem Verfahrenszeitpunkt gestellt, in dem die Kammer bereits abschließend Schlussfolgerungen zum Hauptantrag getroffen und über die Nichtzulassung der Hilfsanträge 1 bis 3 entschieden hatte. Die Beschwerdegegnerin legte zu keinem Zeitpunkt weitere Anspruchssätze als Anträge vor, auf deren Grundlage das Verfahren weitergeführt werden sollte, sondern kündigte lediglich an, im Fall einer ihrem Zurückverweisungsantrag entsprechenden Wiederaufnahme des Verfahrens vor der Einspruchsabteilung weitere, neue Hilfsanträge einzureichen.

5.5 Damit bleibt der Zurückverweisungsantrag unvollständig und im Ergebnis gegenstandslos. Es ist nicht deutlich, auf Grundlage welchen Gegenstands das Verfahren vor der Einspruchsabteilung weitergeführt werden sollte bzw. was für weitere Entscheidung noch zu treffen wären. Die Eventualität der Vorlage weiterer, in ihrem Inhalt völlig unbestimmter Anträge, kann nicht Grundlage für eine Fortführung des Verfahrens sein.

5.6 Vielmehr ist die Angelegenheit angesichts des Fehlens konkreter Anträge, die eine notwendige Grundlage für eine Weiterführung des Verfahrens bilden, in der Sache entscheidungsreif.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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