European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2024:T107522.20241218 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 18 Dezember 2024 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1075/22 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10172195.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | F23N 5/24 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Verbrennungssystem, Gasfeuerungsautomat, sowie Vorrichtung und Verfahren zur Unterbrechung einer Brennstoffzufuhr hierfür | ||||||||
Name des Anmelders: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Viessmann Generations Group GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Einspruchsgründe - unzulässige Erweiterung (ja) Änderungen - unzulässige Zwischenverallgemeinerung (ja) Änderungen - Hilfsanträge 1 bis 6, 10 bis 12 und 13 Spät eingereichter Antrag - im erstinstanzlichen Verfahren zugelassen (nein) Spät eingereichter Antrag - Ermessensfehler in erster Instanz (nein) Spät eingereichter Antrag - zugelassen (nein) Spät eingereichter Antrag - Hilfsanträge 7 bis 9 Spät eingereichter Antrag - wäre bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen gewesen (ja) Spät eingereichter Antrag - zugelassen (nein) Spät eingereichter Antrag - Hilfsanträge A bis H und 12a, 12b, 12c |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegende Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent EP 2 295 863 zu widerrufen.
Die Einspruchsabteilung war zu der Auffassung gelangt, dass der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Streitpatents im Wege stehe. Auch unter Berücksichtigung der Änderungen des Streitpatents gemäß der Hilfsanträge 1 bis 6 sowie 10 bis 13 war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass das Streitpatent nicht den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ genüge. Die Einspruchsabteilung ließ die Hilfsanträge 7 bis 9 nicht zu.
II. Die Anträge der Verfahrensbeteiligten waren wie folgt:
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und
als Hauptantrag die Zurückweisung des Einspruchs, also die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung, oder
hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf Grundlage der Ansprüche
- eines der Hilfsanträge 1 bis 6, eingereicht mit Schreiben vom 27. August 2021, oder
- eines der Hilfsanträge 7 bis 13, eingereicht am 27. Oktober 2021 während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, oder
- eines der Hilfsanträge A bis H oder 12a, 12b oder 12c, eingereicht mit der Beschwerdebegründung.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte
die Zurückweisung der Beschwerde als unbegründet.
III. Der Wortlaut von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (also wie erteilt) lautet wie folgt:
M1 |"Verfahren zum Unterbrechen einer Brennstoffzufuhr zu einem Verbrennungssystem |
M2 |mittels von einem Gasfeuerungsautomaten gesteuerten Ventilen, |
M3 |bei Vorliegen eines Sicherheitsbedenkens und/oder einer Störung, |
M4 |wobei das Unterbrechen über mindestens zwei unabhängige Abschaltwege (2, 3) durchgeführt wird,dadurch gekennzeichnet, dass |
M5 |mindestens eine unabhängige Überwachung mindestens eines der unabhängigen Abschaltwege (2; 3) über einen dritten, |
M6 |mit mindestens einem der unabhängigen Abschaltwege (2, 3) gekoppelten Abschaltweg (5) durchgeführt wird, |
M7 |um bei Störung in mindestens einem der Abschaltwege (2, 3) eine sichere Unterbrechung der Brennstoffzufuhr zu gewährleisten, |
M8 |wobei die Abschaltwege (2, 3, 5) jeweils eine Logikschaltung oder einen Microcontroller (6, 10, 17) umfassen, |
M9 |wobei jede Logikschaltung oder jeder Microcontroller (6, 10, 17) mit mindestens einem Schalter (16, 11, 19) zur Unterbrechung einer Stromversorgung der Ventile zusammenwirkt und|
M10|wobei mindestens zwei der unabhängigen Abschaltwege (2, 3, 5) je einen Stromausfallschutz (7) aufweisen." |
Die Kammer übernimmt hier die Merkmalsgliederung aus Punkt 2.1 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung. Anspruch 5 ist ein entsprechender unabhängiger Vorrichtungsanspruch.
IV. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hat die Merkmale M1 bis M7 sowie M9 und M10, wobei M8 wie folgt geändert wurde:
"wobei [deleted: die] jeder der Abschaltwege (2, 3, 5) jeweils eine Logikschaltung oder einen Microcontroller (6, 10, 17) [deleted: umfassen] umfasst".
(Durch- und Unterstreichung durch die Kammer)
V. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 hat die Merkmale M1 bis M10 gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags und zusätzlich das Merkmal
"und wobei der dritte Abschaltweg (5) die Brennstoffzufuhr unterbricht, wenn ein von dem mindestens einen gekoppelten unabhängigen Abschaltweg (2, 3) generiertes dynamisches Signal ausbleibt"
am Ende des Anspruchs.
VI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 hat die Merkmale M1 bis M10 gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags und zusätzlich das Merkmal
"und wobei jede Logikschaltung oder jeder Microcontroller jeweils von einer eigenen Spannungsquelle versorgt wird"
am Ende des Anspruchs.
VII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 hat die Merkmale M1 bis M7 und M10 gemäß Anspruch 1 laut Hauptantrag und anstelle der Merkmale M8 und M9 die Merkmale
"wobei ein erster der mindestens zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) einen Microcontroller (17) umfasst, welcher mit zwei Schaltern (16) zur Unterbrechung einer Stromversorgung der Ventile zusammenwirkt, wobei ein zweiter der mindestens zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) einen ASIC, Microcontroller oder Watchdog-Logikbaustein (10) umfasst, welcher mit einem Highside-Schalter (11) zur Unterbrechung einer Stromversorgung der Ventile zusammenwirkt und wobei der dritte Abschaltweg (5) einen System-Basis-Chip (6) umfasst, welcher mit einem Lowside-Schalter (19) zur Unterbrechung einer Stromversorgung der Ventile zusammenwirkt"
am Ende des Anspruchs.
VIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 hat die Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 sowie das Merkmal
"und wobei der dritte Abschaltweg (5) die Brennstoffzufuhr unterbricht, wenn ein von dem mindestens einen gekoppelten unabhängigen Abschaltweg (2, 3) generiertes dynamisches Signal ausbleibt"
am Ende des Anspruchs.
IX. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 hat die Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 sowie die Merkmale
"wobei der erste und der zweite der mindestens zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) mit einer Ionisationsdetektionsschaltung (9) verbunden sind, wobei eine Wärmeanforderung an den Microcontroller (17) des ersten der mindestens zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) gesendet wird,
wobei der ASIC, Microcontroller oder Watchdog-Logikbaustein (10) des zweiten der mindestens zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) die Flamme eines Brenners überwacht und wobei der dritte Abschaltweg (5) die Brennstoffzufuhr unterbricht, wenn ein von dem mindestens einen gekoppelten unabhängigen Abschaltweg (2,3) generiertes dynamisches Signal ausbleibt"
am Ende des Anspruchs.
X. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 10 hat die Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4, wobei die Alternativen "Microcontroller" oder "Watchdog-Logikbaustein" für den zweiten unabhängigen Abschaltweg aus dem folgenden Merkmal
"wobei ein zweiter der mindestens zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) einen ASIC[deleted: , Microcontroller oder Watchdog-Logikbaustein (10)] umfasst"
gestrichen sind.
XI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 11 hat die Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 10 und zusätzlich das Merkmal
"und wobei der Microcontroller (17) des ersten der zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3), der ASIC des zweiten der zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) und der System-Basis-Chip (6) des dritten Abschaltwegs (5) jeweils von einer eigenen Spannungsquelle versorgt werden".
XII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 12 hat die Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 11 und zusätzlich das Merkmal
"und wobei der dritte Abschaltweg (5) die Brennstoffzufuhr unterbricht, wenn ein von dem mindestens einen gekoppelten unabhängigen Abschaltweg (2, 3) generiertes dynamisches Signal ausbleibt".
XIII. Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 4 gemäß Hilfsantrag 13 lautet wie folgt:
"Vorrichtung (1) zum Unterbrechen einer Brennstoffzufuhr zu einem Verbrennungssystems bei Vorliegen eines Sicherheitsbedenkens und/oder einer Störung mittels von einem Gasfeuerungsautomaten gesteuerten Ventilen, wobei mindestens zwei unabhängige Abschaltwege (2, 3) zum Unterbrechen der Brennstoffzufuhr vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet, dass Mittel zum Durchführen eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3 vorgesehen sind, wobei die Mittel mindestens eine, mit mindestens einem der unabhängigen Abschaltwege (2, 3) gekoppelte, einen abhängigen, insbesondere dritten Abschaltweg beherrschende Sicherheitseinrichtung (4) umfassen, um bei Vorliegen einer Störung in dem mindestens einen unabhängigen Abschaltweg (2, 3) eine sichere Unterbrechung der Brennstoffzufuhr zu gewährleisten, wobei mindestens zwei der unabhängigen Abschaltwege (2, 3, 5) je einen Stromausfallschutz (7) aufweisen, wobei ein erster der mindestens zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) einen Microcontroller (17) umfasst, welcher mit zwei Schaltern (16) zur Unterbrechung einer Stromversorgung der Ventile zusammenwirkt, wobei ein zweiter der mindestens zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) einen ASIC umfasst, welcher mit einem Highside-Schalter (11) zur Unterbrechung einer Stromversorgung der Ventile zusammenwirkt, wobei der abhängige Abschaltweg einen System-Basis Chip (6) umfasst, welcher mit einem Lowside- Schalter (19) zur Unterbrechung einer Stromversorgung der Ventile zusammenwirkt, wobei der Microcontroller (17) des ersten der zwei unabhängigen Abschaltwege (2,3), der ASIC des zweiten der zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) und der System-Basis-Chip (6) des dritten Abschaltwegs (5) jeweils von einer eigenen Spannungsquelle versorgt werden, wobei der erste und der zweite der mindestens zwei unabhängigen Abschaltwege (2, 3) mit einer Ionisationsdetektionsschaltung (9) verbunden sind und der abhängige Abschaltweg (5) über ein dynamisches Signal mit mindestens einem der unabhängigen Abschaltwege (2, 3) gekoppelt, insbesondere getriggert, ist."
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 EPÜ sowie der Regel 99 EPÜ. Sie ist daher zulässig.
2. Hauptantrag - Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 c) EPÜ
2.1 Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 c) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Streitpatents in der erteilten Fassung entgegen.
Die Beschwerdegegnerin macht zu Recht geltend, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt eine nicht ursprünglich offenbarte Zwischenverallgemeinerung darstellt.
2.2 Die Merkmale M8 bis M10 wurden im Prüfungsverfahren hinzugefügt. Die Beschwerdeführerin sieht im Wesentlichen diese Merkmale ursprünglich in Spalte 4, Zeilen 50 bis 57 offenbart (Seite 5, Zeilen 20 bis 28 der ursprünglich eingereichten Anmeldung).
Die durch die Kammer angegebene Fundstelle bezieht sich auf die A2-Veröffentlichung. Die Bezugnahme ist aufgrund des Fehlens einer Zeilennummerierung in der Beschreibung wie ursprünglich eingereicht sachdienlich. Die Inhalte der ursprünglichen Anmeldeunterlagen und der Beschreibung, den Zeichnungen und Ansprüchen der A2-Veröffentlichung sind identisch. Die Angabe von Fundstellen durch die Beschwerdeführerin beziehen sich auf die ursprünglichen Anmeldeunterlagen.
2.3 Die Beschwerdegegnerin (siehe die Beschwerdeerwiderung Punkte 5.1 bis 5.5) und auch die Einspruchsabteilung (siehe Punkt 3.1.2 der angefochtenen Entscheidung) vertreten die Ansicht, dass die Merkmale M8 bis M10 ursprünglich nur im untrennbaren Zusammenhang mit den Merkmalen
M10a|die Logikschaltungen/ Mikrocontroller (6, 7, 17) werden jeweils von einer eigenen Spannungsquelle versorgt |
M10b|die Abschaltwege (2, 3, 5) umfassen jeweils eine eigene Logikschaltung oder einen Mikrocontroller (6, 10, 17) |
M10c|die Abschaltwege (2, 3, 5) umfassen jeweils mindestens einen eigenen Schalter (16, 11, 19) zur Unterbrechung einer Stromversorgung der Ventile |
M10d|der erste und der zweite Abschaltweg sind über entsprechende Leitungen (8) mit einer Ionisationsdetektionsschaltung (9) verbunden |
M10e|der dritte Abschaltweg umfasst einen Mikrocontroller, der durch den Mikrocontroller des ersten Abschaltweges regelmäßig getriggert wird, und der bei Ausbleiben eines Triggersignals einen Schalter (19) öffnet,|
welche im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel in den Absätzen [0026] ff. und der Figur 1 genannt werden, offenbart sind.
Die Kammer bemerkt, dass die Paraphrasierung des Merkmals M10e in der angefochtenen Entscheidung offensichtlich falsch ist und hier berichtigt wurde.
2.4 Die Beschwerdeführerin trug vor, die im erteilten Anspruch hinzugefügten Merkmale seien die einzigen, die notwendig seien, um die ursprünglich in der Anmeldung genannte, subjektive technische Aufgabe zu lösen.
Dies überzeugt die Kammer jedoch nicht, denn das in der Rechtsprechung als korrekt anerkannte Kriterium ist, dass der geänderte Gegenstand direkt und eindeutig in der ursprünglichen Anmeldung offenbart ist (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 10. Auflage, Juli 2022 ("RdBK"), II.E.1.1, vierter Absatz). Hierzu ist insbesondere anzumerken, dass es zwar ein Anzeichen für neue Sachverhalte sein kann, wenn ein geänderter Gegenstand nicht mehr die ursprünglich offenbarte, subjektive Aufgabe löst. Der umgekehrte Schluss, dass keine neuen Sachverhalte hinzugefügt wurden, solange nur die ursprünglich offenbarte, subjektive Aufgabe vom geänderten Gegenstand immer noch gelöst wird, ist aber logisch nicht zutreffend. Die Frage der Aufgabenlösung und die Frage der Zulässigkeit von Änderungen sind im Wesentlichen voneinander unabhängig.
Zu den in Ziffer 2.3 genannten Merkmalen im einzelnen:
2.5 Merkmal M10a
Gemäß Merkmal M8 umfassen die Abschaltwege jeweils eine Logikschaltung oder einen Mikrocontroller (6, 7, 17). Gemäß dem ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispiel werden die Logikschaltungen oder Mikrocontroller jeweils von einer eigenen Spannungsquelle versorgt, siehe Spalte 4, Zeilen 55 bis 57 der A2-Veröffentlichung. Die Kammer kann den ursprünglichen Anmeldeunterlagen keinen Hinweis darauf entnehmen, dass dieses Merkmal von den übrigen Merkmalen des Anspruchs losgelöst werden kann, ohne dass neue Sachverhalte entstehen. Insbesondere fordert der beanspruchte Gegenstand, dass mindestens zwei der drei Abschaltwege unabhängig sind, siehe Merkmal M4. Es ist schwer verständlich, wie diese Forderung aus Merkmal M4 mit einer gemeinsamen Spannungsversorgung der drei Logikschaltungen oder Mikrocontroller vereinbar ist. Eine solche gemeinsame Spannungsversorgung wird aber vom geänderten Anspruchswortlaut umfasst.
In der mündlichen Verhandlung wiederholte die Beschwerdeführerin konkret auf Merkmal M10a bezogen, dass der Erfindung gemäß Absatz [0007] der A2-Veröffentlichung die Aufgabe zugrunde liege, eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Unterbrechen einer Brennstoffzufuhr zu schaffen, bei denen die Logik- und/ oder Schaltteile sicher geschützt seien und ein unbeabsichtigtes Öffnen einer Brennstoffzufuhr (Gasventile) sicher verhindert werde. Wie bereits erläutert ist die Lösung der subjektiven Aufgabe keine hinreichende Bedingung für das Vorliegen einer zulässigen Änderung. Es ist aber auch nicht überzeugend, dass eigene Spannungsversorgungen für jeden Abschaltweg nicht nötig sein sollten, um redundante Abschaltwege unabhängig voneinander zu betreiben. Die Beschwerdegegnerin wies in diesem Zusammenhang zu Recht auch auf Absatz [0006] der A2-Veröffentlichung hin. Hiernach ist es ein Nachteil des Standes der Technik, dass eine unterbrochene Stromzufuhr zu einem unbeabsichtigten Öffnen der Gaszufuhrunterbrechung führen kann. Dies wird gerade in der Nennung der subjektiven technischen Aufgabe in Absatz [0010] aufgegriffen. Allerdings findet sich nirgendwo eine Erklärung in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen, wie dieses unbeabsichtigte Öffnen der Gaszufuhrunterbrechung ohne eigene Spannungsversorgungen der Abschaltwege bei Unterbrechung der Stromzufuhr verhindert werden kann.
Die Beschwerdeführerin argumentiert (über das eingangs erwähnte Argument hinaus), dass Merkmal M10a auf Seite 5, Zeilen 26 bis 28 (Spalte 4, Zeilen 55 bis 57 der A2-Veröffentlichung) mit explizitem Bezug auf das in Figur 1 dargestellte Ausführungsbeispiel offenbart sei.
Die stillschweigende Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin, das Merkmal M10a sei daher nur optional, überzeugt die Kammer nicht. Es wurden ja gerade die Merkmale M8 bis M10 aus eben diesem Ausführungsbeispiel entnommen. Daher ist der bloße Verweis, das Merkmal M10a tauche nur in einem Ausführungsbeispiel auf, für die vorliegende Fragestellung bedeutungslos. Es ist vielmehr gerade zu klären, ob in diesem Ausführungsbeispiel das Merkmal M10a ursprünglich als untrennbar mit den Merkmalen M8 bis M10 offenbart wurde. Dies ist aus Sicht der Kammer, wie oben ausgeführt, der Fall.
2.6 Merkmal M10b
In diesem Punkt ist die Kammer nicht vom Vortrag der Beschwerdegegnerin und von der entsprechenden Schlussfolgerung in Punkt 3.1.3.1 der angefochtenen Entscheidung überzeugt. Der Wortlaut des Anspruchs, nach dem die Abschaltwege jeweils eine Logikschaltung oder einen Mikrocontroller umfassen, kann nach Auffassung der Kammer nicht so ausgelegt werden, dass alle drei Abschaltwege lediglich eine gemeinsame Logikschaltung oder einen gemeinsamen Mikrocontroller umfassen, wie auch die Beschwerdeführerin zutreffend vorträgt (siehe Seite 6 der Beschwerdebegründung, zweiter Spiegelstrich).
Daher ist die geforderte Einschränkung gemäß Merkmal M10b bereits durch den Wortlaut des Merkmals M8 zum Ausdruck gebracht.
2.7 Merkmal M10c
Anders verhält sich dies bei den Merkmalen M9 und M10c. Merkmal M9 fordert, dass jede Logikschaltung oder jeder Mikrocontroller mit mindestens einem Schalter zur Unterbrechung einer Stromversorgung der Ventile zusammenwirkt. Ein "Zusammenwirken", anders als das "Umfassen", schließt die Möglichkeit ein, dass verschiedene Logikschaltungen oder Mikrocontroller mit ein und demselben Schalter zusammenwirken. Anspruch 1 wie erteilt fordert daher eine Mindestanzahl von lediglich einem Schalter.
Die ursprüngliche Offenbarung in den Absätzen [0026] und [0027] der A2-Veröffentlichung zusammen mit Figur 1 kann nach Auffassung der Kammer aber nur so verstanden werden, dass mindestens drei Schalter für das beanspruchte Verfahren offenbart sind. In Absatz [0027] der Beschreibung wird ganz eindeutig Bezug auf Figur 1 genommen, die drei Schalter zeigt. Beide Absätze müssen daher, um zu einem korrekten Verständnis des Offenbarungsgehalts zu kommen, zusammen gelesen und gemeinsam mit der Figur 1 gesehen werden. Eine isolierte Betrachtung des tatsächlichen Wortlauts aus Absatz [0027]
"[d]ie Abschaltwege 2, 3, 5 umfassen jeweils eine Logikschaltung oder einen Microcontroller 17, 10, 6, wobei jeder Mikrocontroller mit mindestens einem Schalter 16, 11, 19 zur Unterbrechung einer Stromversorgung der Sicherheitsmagnetventile 14 zusammenwirkt"
lässt zwar das Verständnis zu, dass jede der Logikschaltungen oder jeder der Mikrocontroller mit ein und demselben der drei Schalter 16, 11 und 19 zusammenwirkt. Da diese Passage aber nur im Zusammenhang mit Figur 1 korrekt zu verstehen ist, entspricht dies nicht dem Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung bei korrekter Auslegung. Stattdessen ist diese Passage zusammen mit Figur 1 so auszulegen, dass erstens mindestens drei Schalter vorhanden sind und dass zweitens jede Logikschaltung oder jeder Mikrocontroller jeweils mit mindestens einem dieser drei Schalter zusammenwirkt und dass keine zwei Mikrocontroller (oder Logikschaltungen) nur mit demselben Schalter zusammenwirken.
Dieser ursprüngliche Offenbarungsgehalt wird aber nicht durch den Anspruchswortlaut wiedergegeben, auch nicht bei verständiger Lesart. Die Beschwerdeführerin vertritt eine Auslegung von Merkmal M9 im erteilten Anspruch 1, derzufolge dieses Merkmal einschränkend im Sinne des oben festgestellten Offenbarungsgehalts der ursprünglichen Anmeldung zu verstehen ist, siehe die Beschwerdebegründung, Seite 7, erster Spiegelstrich. Eine solche Auslegung ist jedoch nicht zutreffend. Es folgt nicht aus den Begriffen "jeder" oder "jede" in Merkmal M9, dass jede(r) der genannten Logikschaltungen oder Mikrocontroller mit jeweils einem entsprechenden Schalter zusammenwirkt. Die Beschwerdeführerin argumentiert nicht zutreffend (loc. cit.), dass bei dieser Lesart die Begriffe "jeder" oder "jede" bedeutungslos wären. Sie schließen nämlich immer noch aus, dass einer der Logikschalter oder Mikrocontroller mit gar keinem Schalter zusammenwirkt. Über das Argument der Beschwerdeführerin hinaus können auch die drei Bezugszeichen 16, 11 und 19 im erteilten Anspruch 1 nicht herangezogen werden, um den Anspruch so auszulegen, dass er drei Schalter fordert. Gemäß Regel 43 (7), letzter Satz, EPÜ dürfen Bezugszeichen nämlich nicht zu einer einschränkenden Auslegung des Anspruchs herangezogen werden.
Als weitere Auslegungsregel muss einem Anspruch die breiteste Auslegung gegeben werden, die mit einem technisch sinnvollen Verständnis vereinbar ist (RdBK, II.A.6.1, dritter Absatz und II.A.6.3.4, vierter Absatz). Dies ist bei der Auslegung, dass mindestens ein Schalter vorhanden ist, mit dem alle drei Logikschaltungen oder Mikrocontroller zusammenwirken, der Fall.
Die Beschwerdeführerin bemerkt zwar zutreffend, dass sich der gesamten Beschreibung kein Hinweis entnehmen lässt, der eine andere Interpretation des Anspruchswortlauts rechtfertigen würde als die, dass jeder Abschaltweg mit mindestens einem eigenen Schalter zusammenwirkt. Allerdings ist die Schlussfolgerung hieraus nicht, dass man den für sich genommen klaren Anspruchswortlaut, der über den Inhalt der Ursprungsoffenbarung hinausgeht, in einer den Wortlaut einschränkenden und mit der Ursprungsoffenbarung im Einklang stehenden Lesart verstehen müsste. Ein solches Vorgehen würde die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ weitgehend aushebeln. Vielmehr hebt die Beobachtung der Beschwerdeführerin lediglich hervor, dass der ursprünglichen Offenbarung das Merkmal M9 nicht in seiner vollen Breite entnehmbar ist.
2.8 Merkmal M10d
Das ursprünglich offenbarte Ausführungsbeispiel, dem die Merkmale M8 bis M10 entnommen sind, enthält eine Flammenüberwachung mittels einer Ionisationsdetektion, siehe Absatz [0028] der A2-Schrift. Die Kammer kann keine Ursprungsoffenbarung erkennen, die erlauben würde, dieses Merkmal von den in den Anspruch aufgenommenen Merkmalen zu trennen.
Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Erfindung gemäß Streitpatent erstens keine Flammenüberwachung betreffe, sondern dritt- [sic] oder mehrfach statische Fehler (siehe Beschwerdebegründung, Seite 7, zweiter Spiegelstrich). Zweitens sei einer fachkundigen Person bekannt, dass Flammen auch mittels optischer Sensoren überwacht werden könnten.
Die Kammer ist nicht vom ersten Argument überzeugt. Erstens kommt es auf die Lehre der ursprünglichen Anmeldeunterlagen, nicht die des Patents an. Zweitens ist bereits das angelegte Kriterium aus den in Punkt 2.4 dargelegten Gründen nicht geeignet. Drittens ist auch die spezielle Paraphrasierung der ursprünglichen subjektiven Aufgabe durch die Beschwerdeführerin in den Augen der Kammer nicht zutreffend. Die subjektive ursprünglich offenbarte Aufgabe betraf ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Unterbrechen einer Brennstoffzufuhr zu einem Verbrennungssystem mittels von einem Gasfeuerungsautomaten gesteuerten Ventilen, bei dem mehrfach statische Fehler erkannt werden können. Die Abstraktion der Lehre auf die allgemeine Vermeidung mehrfachstatischer Fehler, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, ist hingegen nicht durch die Ursprungsoffenbarung gerechtfertigt. Im Rahmen der tatsächlichen Erfindung - Schutzeinrichtungen von Verbrennungssystemen - sind Flammenwächter kein beliebig optionales Merkmal.
Auch vom zweiten Argument der Beschwerdeführerin ist die Kammer nicht überzeugt. Im ersten Ausführungsbeispiel, das die Ursprungsoffenbarung für den geänderten Gegenstand darstellen soll, ist offenbart (siehe Absätze [0028] und [0030]), dass der erste und der zweite Abschaltweg (also die unabhängigen Abschaltwege) mit der Flammenüberwachung betraut sind. Dies gibt das technische Ausgangsgebiet der Erfindung an. In diesem Kontext wird ein weiterer Abschaltweg hinzugefügt, falls durch eine Überspannung die Flammenüberwachung nicht mehr stattfinden kann. Die Kammer kann zwar akzeptieren, dass optische Flammenüberwachungen einer fachkundigen Person auf dem entsprechenden technischen Gebiet als Alternative zu einer Ionisationsdetektion bekannt sind. Die bloße Existenz einer weiteren Alternative für die Ausführung der ursprünglich offenbarten Funktion der Flammenüberwachung kann jedoch nicht rechtfertigen, dass der geänderte Anspruch diese Funktion gar nicht enthalten muss, obwohl das Ausführungsbeispiel, welches die Ursprungsoffenbarung für den geänderten Gegenstand sein soll, eindeutig eine Flammenüberwachungsfunktion der beiden unabhängigen Abschaltwege offenbart.
2.9 Merkmal M10e
Die ursprüngliche Offenbarung offenbart eine Ausgestaltung des Mikrocontrollers des dritten, gekoppelten Abschaltweges als Watchdog, siehe Absatz [0031] der A2-Schrift. Die Ausführungen in Spalte 6, Zeilen 7 bis 12 bezüglich eines Ausbleiben eines Triggers oder eines "dynamischen Signals" sind lediglich Paraphrasierungen und betreffen ebenfalls eine Ausgestaltung einer Watchdog-Funktionalität. Beide ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispiele enthalten als Ausführung ein Art der Watchdog-Überwachung, siehe dazu die Spalte 5, Zeile 55 bis Spalte 6, Zeile 13 für das erste Ausführungsbeispiel und die Spalte 6, Zeilen 45 bis 48 für das zweite Ausführungsbeispiel. Der geänderte Anspruch ist jedoch hierauf nicht eingeschränkt. Die anspruchsgemäße Abstraktion von der konkreten offenbarten Ausgestaltung des Mikrocontrollers des dritten Abschaltweges stellt einen neuen Sachverhalt dar.
Die von der Beschwerdeführerin erneut herangezogene ursprüngliche subjektive Aufgabe der Vermeidung von mehrfachstatischen Fehlern lässt keinen anderen Schluss zu, und dies unabhängig von der Tatsache, dass die Kammer schon an der Eignung der subjektiven Aufgabe als Bewertungskriterium zweifelt.
Die ursprünglichen Anmeldeunterlagen erläutern nämlich in Absatz [0009], dass unter einem mehrfachstatischen Fehler zu verstehen sei, dass
- mehrere Ports eines Mikrocontrollers ihren Zustand dauerhaft behalten oder
- dass ein Mikrocontroller durch Überspannung, EMV-Puls o.ä. in einem aktuellen Zustand dauerhaft verharrt, ohne diesen wieder zu verlassen.
Es ist für einen fachkundigen Leser offenbar, dass die Ausführungsbeispiele die ursprüngliche subjektive Aufgabe durch einen Watchdog-Controller lösen sollen, und zwar dadurch, dass wenn eine Triggerung des Watchdog-Controllers durch den Mikrocontroller des ersten Abschaltweges ausbleibt, ein "mehrfachstatischer" Fehler erkannt wird. Daher kann die Kammer der Beschwerdeführerin nicht zustimmen, dass eine wie auch immer geartete alternative Überwachung des Mikrocontrollers des ersten Abschaltweges durch den Mikrocontroller des dritten Abschaltweges ursprünglich offenbart war.
3. Hilfsanträge 1 bis 6
3.1 Die Hilfsanträge 1 bis 6 sind im Hinblick auf die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht gewährbar.
3.2 Mit den verschiedenen Hilfsanträgen 1 bis 6 versucht die Beschwerdeführerin, Teilaspekten des Einwandes der unzulässigen Zwischenverallgemeinerung durch Hinzufügung ausgewählter der als fehlend beanstandeten Merkmale zu begegnen.
Dabei enthalten die Hilfsanträge 1, 2 und 4 bis 6 aber keine Einschränkung hinsichtlich einer eigenen Spannungsversorgung der drei Abschaltwege (Merkmal M10a). Daher stellen die Gegenstände der Ansprüche 1 gemäß dieser Hilfsanträge immer noch eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar.
Der Hilfsantrag 3 enthält ausschließlich die eigene Spannungsversorgung als hinzugefügtes Merkmal. Daher stellt der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 immer noch eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar.
4. Zulassung der Hilfsanträge 7 bis 9
4.1 Die Kammer lässt die Hilfsanträge 7 bis 9 gemäß Artikel 12 (6) Satz 1 VOBK nicht in das Verfahren zu.
4.2 Gemäß Artikel 12 (6) Satz 1 VOBK lässt die Kammer Anträge, Tatsachen, Einwände oder Beweismittel, die in dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, nicht zugelassen wurden, nicht zu, es sei denn, die Entscheidung über die Nichtzulassung war ermessensfehlerhaft oder die Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen eine Zulassung.
4.3 Die Einspruchsabteilung hat die Hilfsanträge 7 bis 9 ausweislich Abschnitt 5 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung nicht zugelassen, da sie in ihren Augen nicht eindeutig gewährbar seien.
4.4 Hierzu trug die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vor, es habe durch die Prüfung auf prima facie Relevanz eine Prüfung in der Sache stattgefunden. Diese Prüfung sei jetzt in der Beschwerde zu überprüfen, und damit die Hilfsanträge zumindest in der Sache zu diskutieren.
Dieses Argument ist nicht zutreffend. Andernfalls müsste eine Beschwerdekammer immer Hilfsanträge auf ihre materiellrechtliche Gewährbarkeit prüfen, auch wenn eine erstinstanzliche Abteilung Anträge nicht zugelassen hat, weil diese nicht prima facie gewährbar erschienen. Es ist überdies zwischen einer Prüfung auf prima facie Gewährbarkeit und einer materiellrechtlichen Prüfung nach Zulassung zu unterscheiden. Die Kammer muss daher nur prüfen, ob die Ermessensentscheidung rechtsfehlerhaft war.
4.5 Der Vortrag der Beschwerdeführerin in Punkt I.3 der Beschwerdebegründung richtet sich gegen das Ergebnis der Einschätzung der Einspruchsabteilung. Gemäß den Ausführungen unter III.1.15 bis III.1.17 der Beschwerdebegründung sei die Beschwerdeführerin nämlich der gegenteiligen Auffassung, dass die Hilfsanträge 7 bis 9 die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllten und auch gewährbar seien. Somit, so die Beschwerdeführerin, hätten die Hilfsanträge schon im Einspruchsverfahren zugelassen werden müssen.
4.6 Eine Beschwerdekammer setzt sich im Regelfall nicht über die Ermessensentscheidung einer Einspruchsabteilung hinweg, es sei denn, es liegt eine fehlerhafte Ausübung des Ermessens vor. Die Kammer kann der Beschwerdebegründung keinerlei Vorbringen entnehmen, das darlegen würde, wieso die Entscheidung über die Nichtzulassung ermessensfehlerhaft gewesen sein solle. Daher liegt auch kein Anlass vor, sich über die Ermessensentscheidung hinwegzusetzen.
Die Punkte III.1.15 bis III.1.17 der Beschwerdebegründung enthalten lediglich die Angaben, aus welchen Kombinationen von weiteren höherrangigen Hilfsanträgen sich die Hilfsanträge 7 bis 9 ergeben, jeweils gefolgt von der Schlussfolgerung, dass die Hilfsanträge den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ daher genügen sollten.
Hieraus ergibt sich weder, weshalb die Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung fehlerhaft war, noch, weshalb die Umstände der Beschwerde eine Zulassung rechtfertigen. Der subjektive Eindruck der Beschwerdeführerin, die Hilfsanträge seien gewährbar, stellt keinen solchen Umstand dar.
4.7 Es liegen auch keine besonderen Umstände der Beschwerde vor, die eine von der Ausübung der Einspruchsabteilung abweichende Ausübung des Ermessens der Kammer rechtfertigen würden.
Hierzu ergänzte die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung ihren Vortrag dahingehend, dass die Nichtzulassung der Hilfsanträge mit dem Merkmal M10c - also dass jeder Mikrocontroller mit seinem eigenen Schalter zusammenwirkt - begründet wurde. Die Kammer habe aber erkannt, dass diese Sichtweise nicht zutreffend sei und sollte daher die Anträge zulassen. Allerdings ist dies nicht zutreffend, denn gemäß Punkt 5.2.2 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung wurde prima facie fehlende Gewährbarkeit mit dem Merkmal M10e begründet, das auch die Kammer als untrennbar verknüpft ansieht.
5. Hilfsanträge 10 bis 13
5.1 Die Hilfsanträge 10 bis 13 sind im Hinblick auf die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht gewährbar.
5.2 Wie bei den Hilfsanträgen 1 bis 6 versucht die Beschwerdeführerin auch mit den Hilfsanträgen 10 bis 13, Teilaspekten des Einwandes der unzulässigen Zwischenverallgemeinerung durch Hinzufügung lediglich einzelner der beanstandeten Merkmale zu begegnen.
5.3 Hilfsantrag 10 enthält immer noch keine Einschränkung bezüglich einer eigenen Spannungsversorgung der Logikschaltungen oder Mikrocontroller (M10a).
Hilfsantrag 11 enthält keine den Merkmalen M10d und M10e entsprechenden Einschränkungen.
Hilfsantrag 12 enthält keine dem Merkmal M10d entsprechende Einschränkung.
5.4 Hilfsantrag 13 enthält im unabhängigen Vorrichtungsanspruch 4 eine vom unabhängigen Anspruch 1 abweichenden Formulierung, nach der
"der abhängige Abschaltweg (5) über ein dynamisches Signal mit mindestens einem der unabhängigen Abschaltwege (2, 3) gekoppelt, insbesondere getriggert, ist."
Diese Formulierung bringt nicht zum Ausdruck, dass die Vorrichtung ausgestaltet ist, bei Ausbleiben des dynamischen Signals eine Abschaltung der Brennstoffzuführung durch Betätigung des entsprechenden Schalters zu veranlassen. Dies entspricht also nicht der Offenbarung in Spalte 6, Zeilen 9 bis 12.
6. Zulassung der Hilfsanträge A bis H und 12a bis 12c
6.1 Die Kammer lässt die Hilfsanträge A bis H und 12a, 12b und 12c gemäß Artikel 12 (6) Satz 2 VOBK nicht in das Verfahren zu.
6.2 Die Beschwerdeführerin legte erstmalig mit der Beschwerdebegründung die Hilfsanträge A bis H sowie 12a, 12b, und 12c vor. Diese lagen daher nicht der angefochtenen Entscheidung zugrunde, vgl. Artikel 12 (2) VOBK.
6.3 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die neu vorgelegten Hilfsanträge seien wegen einer Änderung des Sachverhaltes zuzulassen. Die Einspruchsabteilung habe nämlich im Ladungszusatz gemäß Regel 116 (1) EPÜ und in der Entscheidungsbegründung unterschiedliche Merkmale als untrennbar mit den dem Anspruch hinzugefügten Merkmalen genannt. Des Weiteren sei die Einspruchsabteilung gemäß den Richtlinien D-VI, 6 in Verbindung mit E-III, 8.9 verpflichtet gewesen, die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung auf einen patentfähigen Überschuss hinzuweisen. Stattdessen habe die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung jedoch keinerlei Hinweise gegeben, welche Merkmale ihrer Auffassung nach tatsächlich untrennbar mit den Merkmalen M8 bis M10 verbunden seien. Entsprechend habe die Beschwerdeführerin keine Gelegenheit gehabt, mit geänderten Patentansprüchen angemessen zu reagieren, um eventuelle Mängel hinsichtlich Artikel 123 (2) EPÜ auszuräumen. Auf explizite Nachfrage habe die Einspruchsabteilung erklärt, sie würde die entsprechenden Merkmale in ihrer Entscheidung angeben.
6.4 Dies überzeugt die Kammer nicht.
6.4.1 Gemäß Artikel 12 (6) Satz 2 VOBK lässt die Kammer Anträge, Tatsachen, Einwände oder Beweismittel, die in dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, vorzubringen gewesen wären oder die nicht mehr aufrechterhalten wurden, nicht zu, es sei denn, die Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen eine Zulassung.
Die Hilfsanträge A bis H sowie 12a, 12b und 12c wären aber im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren vorzubringen gewesen.
6.4.2 Die Beschwerdegegnerin hat wegen des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 c) EPÜ Einspruch eingelegt und dies in der Einspruchsschrift mit einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung begründet.
Dennoch hat die Beschwerdeführerin in Erwiderung auf den Einspruch keine geänderten Ansprüche vorgelegt, sondern stattdessen die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung im Ladungszusatz abgewartet.
Ausweislich des Ladungszusatzes gleicht die vorläufige Meinung im Wesentlichen wörtlich dem entsprechenden Vortrag der Beschwerdegegnerin in ihrer Einspruchsschrift auf den Seiten 8 und 9.
Erst zwischen Zustellung der Ladung und der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin dann die Hilfsanträge 1 bis 6 eingereicht, die sogar während der mündlichen Verhandlung noch um weitere Hilfsanträge 7 bis 13 ergänzt wurden.
Die Beschwerdeführerin hatte daher ausreichend Gelegenheit, Änderungen im vorinstanzlichen Einspruchsverfahren vorzulegen, die den Einspruchsgrund ausräumen könnten, und sie hat von dieser Möglichkeit auch bereits umfangreich Gebrauch gemacht.
6.4.3 Eine Zulassung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Beschwerdeführerin ihrer Ansicht nach nicht angemessen reagieren konnte. Die Kammer ist vielmehr der Ansicht, dass es der Beschwerdeführern möglich war, angemessen zu reagieren.
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, sie habe nicht angemessen reagieren können, da die in der Entscheidungsbegründung genannten Merkmale, die die Einspruchsabteilung als untrennbar mit den Merkmalen M8 bis M10 offenbart angesehen hat, von den im Ladungszusatz genannten Merkmalen teilweise abweichen.
Es liegt jedoch gerade in der Natur einer Mitteilung gemäß Regel 116 (1) EPÜ, dass sie auf die Fragen hinweist, die die Abteilung für die zu treffende Entscheidung als erörterungsbedürftig ansieht, woraus die vorläufige und nicht bindende Natur der im Ladungszusatz geäußerten Meinung folgt. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung auf die von der Beschwerdegegnerin erhobenen Einwände reagieren konnte. Sofern dies, wie im vorliegenden Fall, gegeben ist, kann eine Abweichung der Entscheidungsgründe von der nicht bindenden vorläufigen Meinung der Einspruchsabteilung nicht die Sichtweise der Beschwerdeführerin stützen.
6.4.4 Nach Auffassung der Kammer mögen die beanstandeten Merkmale M10a bis M10e in der angefochtenen Entscheidung umformuliert und weniger detailliert gefasst sein, als im Ladungszusatz die Merkmale 10a bis 10f. Allerdings hat die Einspruchsabteilung hier lediglich auf einige der von der Beschwerdegegnerin geforderten weiteren Einschränkungen verzichtet, ohne damit aber den durch diese gesteckten Diskussionsrahmen zu verlassen. Damit lag hierdurch keine Änderung im Sachverhalt vor.
6.4.5 Des Weiteren ist eine Einspruchsabteilung auch nicht verpflichtet, den Beteiligten vor ihrer Entscheidung im Einzelnen alle für die Entscheidung relevanten Gründe darzulegen.
Dies wurde in der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer ausführlich und wiederholt dargelegt, siehe hierzu lediglich beispielhaft die Entscheidung R 12/09 vom 15. Januar 2010, Punkt 11 der Entscheidungsgründe und die darin genannten Bezugnahmen, oder die Entscheidung R 15/10, Punkt 9 der Entscheidungsgründe mit den darin enthaltenen Verweisen. Es ist unmittelbar einleuchtend, dass die Begründung aus der zweiten genannten Entscheidung, die sich mit dem Verfahren vor der Beschwerdekammer beschäftigt, auch auf die Einspruchsabteilung zutrifft: Einspruchsabteilungen werden - wie auch die in R 15/10 genannten Beschwerdekammern - nur in den am deutlichsten gelagerten Fällen ihre eigenen Schlussfolgerungen absehen können, bevor sie die Beteiligten abschließend gehört haben. Es ist einer Einspruchsabteilung daher schlicht nicht möglich, einen oder mehrere Beteiligte eine Stellungnahme zu ihren eigenen Schlussfolgerungen abzugeben zu lassen, bevor sie selbst eine Schlussfolgerung zu einer Fragestellung trifft. Auch das in R 12/09, Punkt 11 der Entscheidungsgründe, Gesagte lässt sich auf das Verfahren vor der Einspruchsabteilung übertragen: Es obliegt der Partei, die eine Entscheidung zu ihren Gunsten anstrebt, alles rechtzeitig vorzubringen, was ihre Position stützt. Dabei gehört es zum Beruf von zugelassenen Vertretern, dass sie ohne Mithilfe der Einspruchsabteilung entscheiden, wie sie ihre Fälle führen. Dazu gehört nach Ansicht der Kammer auch insbesondere das rechtzeitige Vorbringen von Hilfsanträgen.
6.4.6 Vor dem Hintergrund des Gebots der Gleichbehandlung geht auch das weitere Argument der Beschwerdeführerin fehl, nach dem die Einspruchsabteilung verpflichtet gewesen sei, sie in der mündlichen Verhandlung auf einen "patentfähigen Überschuss" hinzuweisen.
Eine Einspruchsabteilung ist schon nicht verpflichtet, einem der Beteiligten überhaupt verfahrensleitende Hinweise zu geben, wie auch die Beschwerdegegnerin zutreffend auf Seite 3, erster Absatz der Beschwerdeerwiderung feststellt. Dies würde dem Gleichbehandlungsgrundsatz in einem streitigen Verfahren möglicherweise zuwiderlaufen (RdBK, IV.C.6.1).
Die zur Stützung von der Beschwerdeführerin angeführten Richtlinien nehmen in Kapitel E-III, 8.9, insbesondere auch in der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung gültigen Fassung vom März 2022, gerade aus dem Grund der Gleichbehandlung im mehrseitigen Verfahren explizit auf die Prüfungsabteilung Bezug, und nicht auf "das Organ des EPA" oder ganz allgemein "die Abteilung", wie dies an anderen Stellen in diesem Kapitel geschieht, sofern es die Durchführung mündlicher Verhandlungen im Allgemeinen behandelt. Der entsprechende Absatz aus Kapitel E-III, 8.9 soll aufgrund der eindeutige Wortwahl erkennbar nicht für die Einspruchsabteilung gelten, auch wenn auf dieses Kapitel in D-VI, 6 der Richtlinien, in dem es um die Durchführungen mündlicher Verhandlungen vor der Einspruchsabteilung geht, Bezug genommen wird.
6.4.7 Die Kammer ist des Weiteren der Ansicht, dass die Tatsache, dass ein erst in der Beschwerdeinstanz eingereichter Antrag einen erstinstanzlich erhobenen und gemäß angefochtener Entscheidung durchgreifenden Einwand gegebenenfalls ausräumt, bei der Prüfung, ob die Umstände der Beschwerde seine Zulassung rechtfertigen, nicht isoliert betrachtet werden darf. Ein weiteres zu berücksichtigendes Kriterium ist nämlich das schützenswerte Interesse Dritter, im Sinne der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie in angemessener Zeit Kenntnis darüber zu erlangen, ob und in welcher Fassung ein angegriffenes Patent Bestand hat. Durch die Vorlage erstmals im Beschwerdeverfahren von Anträgen, die den Entscheidungsgründen bezüglich der Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ gegebenenfalls vollständig Rechnung tragen, würde eine vor dem Hintergrund der Artikel 11 und 12 (2) VOBK möglicherweise zu erfolgende Zurückverweisung der Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die erste Instanz somit das Verfahren unnötig in die Länge ziehen. Insbesondere konnte es für die Beschwerdeführerin vorliegend keinen Zweifel darüber geben, dass zumindest ein Antrag, der alle beanstandeten Merkmale enthält, den Einwand der unzulässigen Zwischenverallgemeinerung mit Sicherheit ausräumen würde. Ein solcher Antrag im Einspruchsverfahren hätte der Beschwerdeführerin auch nicht die Möglichkeit genommen, höherrangige, breitere Anträge mit einer Beschwerde weiterzuverfolgen.
7. Da somit zusammenfassend die Anträge der Beschwerdeführerin entweder nicht gewährbar oder nicht in das Verfahren zuzulassen sind, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.