T 0433/22 () of 12.11.2024

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2024:T043322.20241112
Datum der Entscheidung: 12 November 2024
Aktenzeichen: T 0433/22
Anmeldenummer: 11000456.1
IPC-Klasse: G01D 4/00
G01R 29/10
G08C 17/02
H04L 5/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Bidirektionales Funk-Datenübertragungsverfahren
Name des Anmelders: Diehl Metering Systems GmbH
Name des Einsprechenden: Kamstrup A/S
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(c)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 012(6)
Schlagwörter: Einspruchsgründe - Hauptantrag
Einspruchsgründe - Gegenstand geht über den Inhalt der früheren Anmeldung hinaus (ja)
Spät eingereichter Antrag - Hilfsanträge 1 und 2
Spät eingereichter Antrag - wäre bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen gewesen (ja)
Orientierungssatz:

Siehe Entscheidungsgründe 1.2.3.

Angeführte Entscheidungen:
G 0002/10
T 0619/05
T 1269/06
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Patentinhaberin hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent Nr. 2360484 zu widerrufen, Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das Patent in gesamtem Umfang nach Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit dem Artikel 56 EPÜ, nach Artikel 100 b) EPÜ sowie nach Artikel 100 c) EPÜ angegriffen worden.

III. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der in Artikel 100 c) EPÜ genannte Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Form entgegenstünde. Die von der Patentinhaberin gestellten Hilfsanträge wurden von der Einspruchsabteilung entweder nicht zum Verfahren zugelassen oder deren Gegenstand wurde gemäß Artikel 123(2) EPÜ allein oder auch gemäß Artikel 84 EPÜ als nicht gewährbar angesehen.

IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK, die als Anlage einer Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige und unverbindliche Meinung zu bestimmten, wesentlichen Aspekten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens mit.

V. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 12. November 2024 statt.

VI. Die Patentinhaberin beantragte als Hauptantrag die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines Anspruchssatzes gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung vom 2. Mai 2022 eingereichten Hilfsanträge 1 und 2.

VII. Die Einsprechende beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VIII. Die Schriftsätze der Patentinhaberin werden wie folgt bezeichnet:

P1: Beschwerdebegründung vom 2. Mai 2022,

P2: Schreiben vom 3. November 2022,

P3: Schreiben vom 7. Oktober 2024.

Der Schriftsatz der Einsprechenden wird wie folgt bezeichnet:

E1: Beschwerdeerwiderung vom 17. August 2022.

IX. Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag lautet (es wird mit 1.1 bis 1.12 auf die von der Einspruchsabteilung benutzte Gliederung der Merkmale des erteilten Patents Bezug genommen (siehe angefochtene Entscheidung, Seiten 4 und 5)):

"1.1 Bidirektionales Funk-Datenübertragungsverfahren zur Übertragung digitaler Verbrauchsmess- oder Energiemanagement-Daten zwischen

1.2 einem Endgerät, das als Verbrauchsmesswerte aufnehmender Verbrauchsmesser oder als ferngesteuerter oder tarifgesteuerter Energieverbraucher oder Energieerzeuger ausgebildet ist, und

1.3 einem Zentralgerät, das als Datensammler oder Energiesteuergerät ausgebildet ist, wobei

1.4 die Datenübertragung vom Endgerät zum Zentralgerät in einem ersten Frequenzband erfolgt

1.5 und das Zentralgerät mit einer Richtantenne arbeitet,

dadurch gekennzeichnet, dass

1.6 die Datenübertragung vom Zentralgerät zum Endgerät in einem zweiten Frequenzband erfolgt und

1.7 das zweite Frequenzband für eine höhere Sendeleistung als das erste Frequenzband ausgestaltet ist,

1.8 das erste Frequenzband bei 868,95 MHz liegt und eine Bandbreite von etwa 500 kHz aufweist,

1.9 während das zweite Frequenzband bei 869,525 MHz liegt und eine Bandbreite von etwa 250 kHz aufweist, und gleichzeitig

1.10 der Frequenzhub der Datenübertragung vom Zentralgerät zum Endgerät der Frequenzbandbreite des zweiten Frequenzbandes angepasst ist, derart, dass

1.11 der Frequenzhub der Datenübertragung vom Endgerät zum Zentralgerät zwischen 40 kHz und 80 kHz und

1.12 der Frequenzhub der Datenübertragung vom Zentralgerät zum Endgerät zwischen 10 kHz und 20 kHz liegt".

Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags lediglich durch die Ersetzung des Merkmals 1.7 durch das Merkmal 1.7', wobei das Merkmal 1.7' lautet:

"das zweite Frequenzband für eine höhere Sendeleistung als das erste Frequenzband nach den europäischen Normen EN 13757-4 und EN 300 220 zugelassen ist".

Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags lediglich durch die Ersetzung des Merkmals 1.7 durch das Merkmal 1.7'', wobei das Merkmal 1.7'' lautet:

"das zweite Frequenzband nach den europäischen Normen EN 13757-4 sowie EN 300 220 für eine höhere Sendeleistung als das erste Frequenzband ausgestaltet ist".

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - Artikel 100 c) EPÜ

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents geht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

1.1 Das im Anspruch 1 der ursprünglichen Anmeldung beanspruchte bidirektionale Funk-Datenübertragungsverfahren ist u.a. dadurch gekennzeichnet, dass

"das zweite Frequenzband für eine höhere Sendeleistung als das erste Frequenzband zugelassen ist" (Merkmal A).

Dieses kennzeichnende Merkmal wurde im Laufe des Erteilungsverfahrens durch das folgende Merkmal 1.7 ersetzt:

"das zweite Frequenzband für eine höhere Sendeleistung als das erste Frequenzband ausgestaltet ist".

1.2 Die Streichung des Wortes "zugelassen" im Anspruch 1 führt dazu, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus geht:

1.2.1 Der Wortlaut des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 lässt die Ursache oder die Art der "Zulassung" offen. Insbesondere definiert der ursprüngliche Anspruch 1 nicht, dass die "Zulassung" durch eine Norm oder anderweitig gesetzlich geregelt ist. Die "Zulassung" könnte z.B. aufgrund eines technischen Merkmals geregelt sein, aber auch durch sonstige "willkürliche" Wünsche eines Benutzers des Verfahrens. Aufgrund eines diesbezüglichen Einwands fehlender Klarheit (Artikel 84 EPÜ) im erweiterten europäischen Recherchebericht ersetzte die Anmelderin das Wort "zugelassen" durch das vom Prüfer vorgeschlagene Wort "ausgestaltet". Damit schien einerseits der Einwand mangelnden Klarheit ausgeräumt zu sein, aber andererseits verschwand der Aspekt einer "Zulassung" aus dem beanspruchten Verfahren.

1.2.2 Gemäß der Einspruchsabteilung handelt es sich bei einer "Zulassung" um eine nichttechnische Gegebenheit (angefochtene Entscheidung, II.2.1.2). Unter Bezugnahme auf die Entscheidung T 619/05 vertrat die Einspruchsabteilung die Auffassung, dass "auch Änderungen in Bezug auf nichttechnische Gegenstände aus der Patentanmeldung in der eingereichten Fassung ableitbar sein" müssten, und zwar offenbar unabhängig von dem genauen Kontext des nichttechnischen Gegenstands.

1.2.3 Entgegen der offenbar in der Entscheidung T 619/05 und von der Einspruchsabteilung vertretenen Auffassung, dass die Erfordernisse der Artikel 123(2) bzw. 100 c) EPÜ uneingeschränkt auch für nichttechnische Gegenstände gelten, ist die Kammer der Ansicht, dass dies nur dann der Fall ist, wenn aufgrund des Kontextes, in dem sich der an sich nichttechnische Gegenstand befindet, die Änderungen dem Fachmann neue, technisch relevante Informationen vermitteln. Das Abstellen auf das Vorhandensein einer neuen technischen Information und nicht nur irgendeiner für die Erfindung irrelevanten Information ergibt sich für die Kammer z.B. aus G 2/10, Punkt 4.5.1. der Entscheidungsgründe, zweiter Absatz, und aus T 1269/06, Orientierungssatz. Siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, II.E.1.3.1, erster Absatz.

1.2.4 Im vorliegenden Fall stellt die im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 erwähnte "Zulassung" im Kontext des beanspruchten Datenübertragungsverfahrens einen Beitrag zur Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems dar.

In der Tat besteht die Aufgabe der Erfindung gemäß der ursprünglich eingereichten Anmeldung darin, "ein bidirektionales Funk-Datenübertragungsverfahren vorzuschlagen, welches eine höhere Reichweite ermöglicht, ohne dass die genannten Normen verletzt werden" (ursprünglich eingereichte Anmeldung, Seite 2, Zeilen 12 bis 14). Wie von der Einspruchsabteilung erklärt, stellt die Lösung dieses Problems und somit auch die sogenannte "Zulassung" einer höheren Sendeleistung "den Kerngedanken der Erfindung" dar (angefochtene Entscheidung, Punkt II.2.1.3). Dies wurde auch sinngemäß von der Einsprechenden vorgetragen (E1, Punkt 2). Nur aufgrund des Merkmals A wird der Teil des Problems gelöst, der die Nicht-Verletzung von Normen fordert. Ohne das Merkmal A in dem beanspruchten Verfahren wird nicht sicher gestellt, dass die höhere Sendeleistung in dem zweiten Frequenzband nicht gewisse Vorgaben verletzt. Aufgrund des Merkmals A werden bestimmte Sendeleistungen in bestimmten Frequenzbändern von dem beanspruchten Verfahren ausgeschlossen.

Das Merkmal A trägt somit durch den technischen Effekt des Ausschlusses bestimmter Sendeleistungen zur Lösung eines technischen Problems bei.

1.2.5 Da die "Zulassung", die an sich und allgemein als ein nichttechnisches Merkmal angesehen werden könnte, im vorliegenden Kontext eine technische Wirkung in dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 entfaltet, wird dem Fachmann durch dessen Streichung eine neue, für die Erfindung technisch relevante Information zur Verfügung gestellt, nämlich dass die Höhe der Sendeleistung keiner Beschränkung unterliegt.

Daher kommt die Kammer zu dem gleichen Schluss wie die Einspruchsabteilung und die Einsprechende, dass die Streichung des Begriffs "zugelassen" dazu führt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus geht.

1.3 Das Ersetzen des Begriffs "zugelassen" durch den Begriff "ausgestaltet" führt dazu, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus geht:

Der Begriff "zugelassen" wird von der Kammer dahingehend ausgelegt, dass der Zugang zu etwas gewährt wird. Der Begriff "ausgestaltet" hat andererseits die sehr allgemeine Bedeutung, dass einer Sache oder Angelegenheit eine Gestalt oder Form gegeben wird. Diese beiden Begriffe sind somit nicht synonym, auch nicht im Zusammenhang des vorliegendes Anspruchs 1, sondern der Begriff "zugelassen" hat eine engere Bedeutung als der Begriff "ausgestaltet". Da der Begriff "ausgestaltet" nicht wie der Begriff "zugelassen" die Bedeutung einer "Zulassung" besitzt, kann er den Begriff "zugelassen" nicht ersetzen.

Damit steht der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt entgegen.

1.4 Gegenargumente der Patentinhaberin

1.4.1 Die Patentinhaberin trägt vor, dass der Begriff "zugelassen" in der angefochtenen Entscheidung unrichtigerweise als "gesetzliche Zulassung" ausgelegt wird (P1, Punkt 1.1). Laut Patentinhaberin würde der Fachmann das Merkmal A "lediglich als Zuordnungshinweis der Auswahl eines besonderen Frequenzbandes, welches im Rahmen der Frequenzbandstruktur für eine höhere Sendeleistung 'ausgestaltet' im Sinne von 'vorgesehen' ist", auslegen (P1, Punkt 1.2). Bei Merkmal A handele es "sich somit lediglich um eine organisatorische Ausgestaltung eines Frequenzbandes in einer Frequenzbandstruktur" (P1, Seite 6, letzter Absatz).

Die Kammer teilt zwar die Auffassung der Patentinhaberin, dass der Begriff "zugelassen" nicht zwingend als "gesetzliche Zulassung" auszulegen ist (siehe Punkt 1.2.1). Die Kammer kann sich jedoch der von der Patentinhaberin vorgeschlagenen Auslegung des Begriffs "zugelassen" nicht anschließen, da dieser Begriff eine präzisere Bedeutung hat, als nur einen Hinweis auf die Zuordnung zu geben. Darüber hinaus definiert weder der ursprünglich eingereichte Anspruch 1, noch der vorliegende Anspruch 1 eine "Frequenzbandstruktur", aus der das zweite, mit einer höheren Sendeleistung ausgestaltete Frequenzband ausgewählt wird. Der Verweis der Patentinhaberin auf eine Frequenzbandstruktur, die sich aus den in der Beschreibung genannten Normen ergeben soll und auf Seite 6 der Beschwerdebegründung der Patentinhaberin angeführt wird, ist nicht überzeugend, da diese Normen in Anspruch 1 nicht erwähnt werden.

1.4.2 Die Patentinhaberin trägt vor, dass mit dem Begriff "ausgestaltet" "die Ausgestaltung (im Sinne einer Zuordnung) der Sendeleistung der einzelnen Frequenzbänder innerhalb der auf Seite 27 der EN 13757-4 dargestellten Frequenzbandstruktur" gemeint sei (P1, Punkt 1.3, zweiter Absatz). "Der Begriff 'ausgestaltet' kann somit keine technische Ausgestaltung im Sinne einer technischen Anpassung implizieren" (P1, Punkt 1.3, letzter Absatz). "Der Fachmann versteht das Merkmal ["ausgestaltet"] somit als eine organisatorische Ausgestaltung bzw. als eine Zuordnung" (P2, Seite 4, zweiter Absatz).

Entgegen der Meinung der Einspruchsabteilung und der Einsprechenden (E1, Seite 6, erster Absatz), teilt die Kammer die Ansicht der Patentinhaberin, dass der Begriff "ausgestaltet" nicht impliziert, dass "das Frequenzband nicht nur technisch für eine höhere Sendeleistung geeignet ist, sondern dass das Frequenzband tatsächlich für eine höhere Sendeleistung technisch angepasst ist" (angefochtene Entscheidung, Seite 6, letzter Absatz). Denn ein Frequenzband ist kein Gegenstand, der an bestimmte Sendeleistungen angepasst werden könnte, wie zum Beispiel ein Emitter. Aber auch die von der Patentinhaberin vorgeschlagene Auslegung überzeugt die Kammer nicht: der Begriff "ausgestaltet" hat nur eine allgemeine Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Charakterisierung des Frequenzbandes an sich (z.B. zentrale Frequenz, Bandbreite, Hub). Insbesondere impliziert er nicht eine Zuordnung der Sendeleistung der Frequenzbänder innerhalb einer Frequenzbandstruktur, da weder eine Frequenzbandstruktur noch eine diesbezügliche Norm im Anspruch 1 erwähnt ist.

1.4.3 Gemäß der Patentinhaberin, erfüllt das Ersetzen des Begriffs "zugelassen" durch den Begriff "ausgestaltet" den "Drei-Stufen-Test" (P1, Punkt 1.5).

Unabhängig davon inwieweit die Erfüllung des "Drei-Stufen-Tests" mit der Erfüllung des Erfordernisses des Artikels 123(2) EPÜ gleichzusetzen ist, ist die Kammer von der Argumentation der Patentinhaberin zumindest hinsichtlich der Erfüllung der Stufe 2 nicht überzeugt. Denn natürlich betrifft die Zulassung der Sendeleistung die Kernidee der Erfindung.

1.4.4 Die Patentinhaberin argumentiert, dass "jeder Fachmann die Einhaltung gesetzlicher Regelungen 'immer in Erwägung ziehen würde, damit seine Erfindung gewerblich anwendbar ist'" (P2, Seite 1). Da der Fachmann die "gesetzliche Zulassung (implizit) voraussetzt, auch wenn diese nicht explizit genannt ist, kann die Streichung des Begriffs 'zugelassen' für sich gesehen keine unzulässige Erweiterung begründen" (P2, Seite 2, vierter Absatz).

Die Kammer kann nicht erkennen, aufgrund welchen Merkmals im Anspruch 1 das beanspruchte Verfahren implizit durch eine "Zulassung" des zweiten Frequenzbandes für eine höhere Sendeleistung einschränkt wird.

1.4.5 Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass "[d]ie Angabe des konkreten Frequenzbands 869,525 MHz (...) zur Identifizierung [der Norm genügt]. Die maximale Sendeleistung muss nicht angegeben sein" (P2, Seite 6, zweiter Absatz).

Dieses Argument überzeugt die Kammer nicht. Die bloße numerische Angabe des Frequenzbandes in Anspruch 1 impliziert nicht, dass die Sendeleistung im zweiten Frequenzband tatsächlich einer bestimmten Norm (in einer bestimmten Fassung) entspricht.

1.4.6 In Antwort auf den Ladungsbescheid der Kammer führte die Patentinhaberin schriftlich in ihrem Schreiben P3, sowie mündlich in der mündlichen Verhandlung ihr Argument weiter aus, dass "die Merkmale 1.8 sowie 1.9 das allgemein gehaltene Merkmal 1.7 konkret weiterentwickeln" (P3, Seite 3, drittletzter Absatz). "Der Kerngedanke zur Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems wird demzufolge durch die Merkmale 1.8 sowie 1.9 geleistet" (P3, Seite 3, vorletzter Absatz), "da das Merkmal der 'Zulassung für eine höhere Sendeleistung als das erste Frequenzband' implizit mit von dem [sic] Merkmalen 1.8 und 1.9 umfasst wäre" (P3, Seite 4, zweiter Absatz).

Die Kammer kann dieses Argument der Patentinhaberin nicht nachvollziehen. Die Merkmale 1.8 und 1.9 definieren jeweils nur die mittlere Frequenz eines Frequenzbandes und dessen Bandbreite. Aus dieser rein numerischen Definition der Frequenzbänder kann nicht abgeleitet werden, dass es sich zwingend um Frequenzbänder handelt, die in den in dem Patent erwähnten europäischen Normen EN 390 220 und EN 13757-4 definiert sind. Das beanspruchte Verfahren ist grundsätzlich durch die tatsächlich vorhandenen und sinngemäß auszulegenden Merkmale des Anspruchs 1 definiert. Eine darüber hinausgehende Einschränkung des beanspruchten Verfahrens, z.B. aufgrund von Ausführungen in der Beschreibung oder im Wege einer speziellen Auslegung eines an sich klaren Anspruchswortlauts (i.e. die numerische Definition der Frequenzbänder), ist nicht statthaft.

2. Erster und zweiter Hilfsantrag - Zulassung

Die Kammer übt ihr Ermessen nach Artikel 12 (6) Satz 2 VOBK dahingehend aus, den ersten und zweiten Hilfsantrag nicht in das Verfahren zuzulassen.

2.1 Gemäß Artikel 12 (2) VOBK ist "[i]m Hinblick auf das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens, die angefochtene Entscheidung gerichtlich zu überprüfen, [...] das Beschwerdevorbringen der Beteiligten auf die Anträge [...] zu richten, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen".

2.2 In dem vorliegenden Fall wurde ein geänderter Anspruchssatz gemäß dem ersten bzw. zweiten Hilfsantrag erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht und erfüllt daher nicht das Erfordernis des Artikels 12(2) VOBK.

2.3 Mit diesen Änderungen des Anspruchs 1 bezweckt die Patentinhaberin, den in der ersten Instanz erhobenen Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ zu beheben. Da der Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ, insbesondere wegen der Streichung des Begriffs "zugelassen" aus dem ursprünglich eingereichtem Anspruch 1, der Patentinhaberin bereits vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung bekannt gewesen war (siehe Einspruchsschrift, Seiten 7 und 8; Ladungsbescheid der Einspruchsabteilung, Punkt 6), hätte sie den ersten und zweiten Hilfsantrag während dem erstinstanzlichen Verfahren vorbringen können und auch sollen.

2.4 Nach Artikel 12(6) Satz 2 VOBK lässt die Kammer "Anträge [...], die in dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, vorzubringen gewesen wären, [...] nicht zu, es sei denn, die Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen eine Zulassung". Die Patentinhaberin hat keine solchen Umstände vorgetragen, und die Kammer kann auch keine erkennen.

3. Aus den oben dargelegten Gründen kommt die Kammer zum Schluss, dass der Hauptantrag der Patentinhaberin nicht gewährbar ist und der erste und der zweite Hilfsantrag nicht zugelassen werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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