European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2024:T091821.20240123 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 23 Januar 2024 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0918/21 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10014099.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | F26B 15/14 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Anlage zum Trocknen von Gegenständen | ||||||||
Name des Anmelders: | Eisenmann GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Dürr Systems AG | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Das Europäische Patent mit der Nummer 2 325 591 betrifft eine Anlage zum Trocknen von Gegenständen mit einer Trockenkammer durch die ein auf einem Skid befestigter Gegenstand mittels eines Fördersystems förderbar ist, wobei der Skid mindestens zwei Auflagekufen aufweist, die zumindest bereichsweise durch eine thermische Isolationseinrichtung abgeschirmt sind.
II. Gegen das Patent wurde auf Basis der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 b) EPÜ sowie 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ Einspruch eingelegt.
Die Einspruchsabteilung kam in ihrer Entscheidung zu dem Schluss, dass das Patent in geänderter Fassung gemäß Hilfsantrag 2 den Erfordernissen des EPÜs genügt.
III. Gegen diese Entscheidung wendete sich die Einsprechende ("Beschwerdeführerin") mit der Beschwerde.
IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer lauteten die Schlussanträge wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung. Hilfsweise beantragte die Beschwerdegegnerin die Aufrechterhaltung des Patents gemäß der Hilfsanträge 1 bis 11, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung.
V. Die folgenden Dokumente sind relevant für die Entscheidung.
A-Schrift: EP 2 325 591 A2: Publikation des Inhalts
der Anmeldung in der ursprünglich
eingereichten Fassung
E20: Von der Beschwerdeführerin kommentierte
Figur 6 des Streitpatents
E21: Von der Beschwerdeführerin kommentierte
Figur 7 des Streitpatents
E22: Von der Beschwerdeführerin kommentierte
Figur 11 des Streitpatents
VI. Für die Entscheidung relevante Anspruchsfassung
a) Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags - Patent wie aufrecht erhalten - lautet (Merkmalsgliederung in "[]" hinzugefügt):
"[1.1] Anlage zum Trocknen von Gegenständen,
insbesondere von Fahrzeugkarosserien, mit
[1.2] a) wenigstens einer Trockenkammer (42),
[1.3] in welcher eine Betriebsatmosphäre erzeugbar ist, die eine höhere Temperatur als die Atmosphäre außerhalb der Trockenkammer (42) hat;
[1.4] b) einem Fördersystem (74),
[1.5] welches wenigstens einen Skid (10), auf welchem der Gegenstand (38) durch die Trockenkammer (42) förderbar ist,
[1.6] und eine Fördereinheit (75) für den wenigstens einen Skid (10) umfasst;
wobei
[1.7] c) der Skid (10) wenigstens zwei Auflagekufen (14, 16) umfasst,
[1.8] an denen eine Befestigungseinrichtung (34) zum lösbaren Befestigen des Gegenstandes (38) angebracht ist,
[1.9] d) eine thermische Isolationseinrichtung (88; 1088; 2088; 3088) vorgesehen ist, welche die zwei Auflagekufen (14, 16) des Skids (10) zumindest bereichsweise abschirmt;
[1.10] e) die thermische Isolationseinrichtung (88; 1088; 2088; 3088) ein oder mehrere Isolationselemente (90; 1100, 1102; 2104; 3108, 3110, 3112) umfasst,
[1.11] welche auf einer ersten Längsseite (14b, 16b) der Auflagekufen (14, 16) und/oder auf der zweiten Längsseite (14d; 16d) der Auflagekufen (14, 16) des Skids (10) angeordnet sind
[1.12.1] und die Längsseiten (14b, 16b, 14d, 16d) vollständig räumlich abschirmen,
[1.12] wenn der Skid (10) durch die Trockenkammer (42) gefördert wird."
b) Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 enthält, verglichen mit Anspruch 1 des Hauptantrags, das folgende zusätzliche Merkmal:
"[1.13]... , so dass die thermische Isolationseinrichtung (88; 1088; 2088;3088) bewirkt, dass ein geringerer Anteil von die Trockenkammer (42) durchströmender Trockenluft in direkten Kontakt mit den Auflagekufen (14, 16) kommen kann als ohne die thermische Isolationseinrichtung 88; 1088; 2088; 3088)."
c) Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 enthält, verglichen mit Anspruch 1 des Hauptantrags, das folgende zusätzliche Merkmal:
"[1.14]... und auf diese Weise der Wärmeeintrag in die Auflagekufen (14, 16) des Skids (10) auf ihrem Weg durch die Trockenkammer (42) verringert wird."
d) Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 enthält, verglichen mit Anspruch 1 des Hauptantrags, die Merkmale [1.13] und [1.14]in Kombination.
e) Die Hilfsanträge 4 bis 7 umfassen jeweils drei unabhängige Ansprüche, die wiederum jeweils auf den Merkmalen von Anspruch 1 des Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge 1 bis 3 beruhen. Die drei unabhängigen Ansprüche umfassen ferner je eine der folgenden Merkmalsgruppen:
Anspruch 1:
"[1.15] f) die thermische Isolationseinrichtung (88; 3088) von der Fördereinheit (75) des Fördersystems (74) umfasst ist;
g) die thermische Isolationseinrichtung (88) Isolationsplatten (90) umfasst, welche derart angeordnet sind, dass sie die Auflagekufen (14, 16) des Skids (10) seitlich, vorzugsweise zu jeweils beiden Seiten, flankieren, wenn dieser durch die Trockenkammer (42) gefördert wird;
h) die Isolationsplatten (90) von Zugmitteln (84) der
Fördereinheit (75) mitgeführt werden."
Anspruch 2:
"[1.16] f) die thermische Isolationseinrichtung (1088; 2088)6 von dem Skid (10) umfasst ist."
Anspruch 3:
"[1.17] f) die thermische Isolationseinrichtung (88; 3088) von der Fördereinheit (75) des Fördersystems (74) umfasst ist;
g) die thermische Isolationseinrichtung (3088) eine Isolationshülle (3106) umfasst, welche die Fördereinheit (75) zumindest gegenüber der Trockenkammer (42) weitgehend abschirmt."
f) Die Hilfsanträge 8 bis 11 entsprechen den Hilfsanträgen 4 bis 7, wobei jeweils Anspruch 3 mit Merkmal [1.17] gestrichen wurde.
VII. Vorbringen der Beschwerdeführerin soweit für diese Entscheidung relevant.
a) Hauptantrag - Artikel 123(2) EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gehe durch die Zufügung des Merkmals [1.12.1] über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Das Merkmal [1.12.1] sei so auszulegen, dass gar keine Trockenluft zu den Längsseiten der Auflagekufen gelangen darf. Dies stehe im Gegensatz zu den meisten offenbarten Ausführungsformen, wie durch die Darstellung in E20 bis E22 verdeutlicht, und sei zumindest nicht in Kombination mit den Merkmalen [1.1] bis [1.12] offenbart.
b) Hilfsanträge 1 bis 11 - Artikel 123(2)
Auch keiner der Hilfsanträge 1 bis 11 erfülle die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ. Jeder der unabhängigen Ansprüche umfasse ebenfalls das Merkmal [1.12.1]. Dessen Auslegung ändere sich nicht durch die weiteren zugefügten Merkmale. Keiner der Hilfsanträge sei zudem auf die Ausführungsform der Figuren 8 bis 10 eingeschränkt, die die einzige Ausführungsform sei, für die das Merkmal [1.12.1] zumindest implizit offenbart sei.
VIII. Vorbringen der Beschwerdegegnerin soweit für diese Entscheidung relevant.
a) Hauptantrag - Artikel 123(2) EPÜ
Durch die Zufügung des Merkmals [1.12.1] ergebe sich keine unzulässige Erweiterung des Gegenstandes. Vielmehr sei das Merkmal im Lichte der gesamten ursprünglichen Offenbarung mit dem Willen, es zu verstehen zu interpretieren, und könne dann, wie auch in Absatz [0070] offenbart, nur so verstanden werden, dass noch ein geringer Teil der Trockenluft in Kontakt mit der Oberfläche kommen könne, so dass eine Anordnung ohne Zwischenraum durch das Merkmal [1.12.1] gar nicht gefordert sei. Zudem stehe die Auslegung der Beschwerdeführerin im Gegensatz zu den Ausführungsformen. Selbst für die Ausführungsform der Figuren 8 bis 10 sei nicht eindeutig offenbart, dass kein Zwischenraum zwischen Isolationselement und Seitenfläche verbleibe, da weder eine stoffschlüssige Verbindung offenbart sein, noch die Darstellung in Figur 9 Zwischenräume in den Randbereichen ausschließe.
b) Hilfsanträge 1 bis 11 - Artikel 123(2)
Die Hilfsanträge 1 bis 11 erfüllten die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ aus den gleichen Gründen wie für den Hauptantrag dargelegt. Insbesondere werde durch die funktionellen Merkmale [1.13] und [1.14] nochmals verdeutlicht, dass das Merkmal [1.12.1] im Sinne der Beschwerdegegnerin auszulegen sei.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Artikel 123(2) EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 geht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Daher sind die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ nicht erfüllt.
1.1 Anspruch 1 des Hauptantrags basiert auf einer Kombination der Merkmale der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 (Merkmale [1.1] bis [1.9]) und 4 (Merkmale [1.10], [1.11] und [1.12]) sowie dem erstmals im Einspruchverfahren hinzugefügten Merkmal [1.12.1]
("und die Längsseiten vollständig räumlich abschirmen").
Für Merkmal [1.12.1] findet sich in den Ansprüchen und der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Fassung keine wörtliche Entsprechung.
1.2 Die angefochtene Entscheidung führt bezüglich des Merkmals [1.12.1] lediglich aus, dass dieses "mit der Bereitschaft auszulegen ist, es zu verstehen, und nicht mit dem Willen, es misszuverstehen". Daher ergebe sich "unzweideutig", dass es zu einem vollständigen Abschirmen der Auflagekufen nicht unbedingt erforderlich sei, diese auch vollständig zu umschließen.
Eine Begründung für diese Feststellung ist der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Die Kammer kommt im Ergebnis zu einem anderen Schluss.
1.3 Änderungen des Patents gemäß Artikel 123(1) EPÜ dürfen nur im Rahmen dessen erfolgen, was die Fachperson der Gesamtheit der Unterlagen in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens - objektiv und bezogen auf den Anmeldetag - unmittelbar und eindeutig entnehmen kann ("Goldstandard", vgl. G 2/10).
Grundlage der Überprüfung der Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ ist der Vergleich des Gegenstands des Patents in der geänderten Fassung mit dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung.
Hierbei ist die Sichtweise der Fachperson maßgeblich, mit der von der Beschwerdegegnerin und der Einspruchabteilung geltend gemachten Bereitschaft zu verstehen, d.h. nicht basierend auf einer konstruierten oder rein semantischen Auslegung (vgl. auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10.Auflage, 2022, II.E.1.3.2, insbesondere Absatz 3).
Der beanspruchte Gegenstand ist dann im Gesamtzusammenhang der Beschreibung und der Zeichnungen des Patents zu ermitteln (wie auch die Beschwerdegegnerin mit Verweis auf Artikel 69 (1) EPÜ argumentiert hat), während der Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung im Gesamtzusammenhang der Ansprüche, Beschreibung und Zeichnungen wie ursprünglich eingereicht zu bestimmen ist.
Im gegenständlichen Fall entsprechen die zur Auslegung des Anspruchsmerkmals [1.12.1] und insbesondere zur Auslegung des Begriffs "vollständige räumliche Abschirmung" relevanten Absätze [0026], [0063], [0064], [0067] und [0071] der Beschreibung des Patents unverändert dem Wortlaut der Absätze [0025], [0062], [0063], [0066] und [0070] der ursprünglich eingereichten Fassung (siehe A-Schrift).
1.4 Zur Vereinfachung der Darstellung und besseren Nachvollziehbarkeit beziehen sich die Verweise im Folgenden - soweit nicht anders angegeben - somit durchgehend auf die Absatznummerierung in der A-Schrift. In Zusammenhang mit der Auslegung von Merkmal [1.12.1] sind diese Verweise sinngemäß als Verweise auf die vorgenannten, entsprechenden Absätze der Beschreibung des Patents zu verstehen.
1.5 Das Merkmal [1.12.1] ist so auszulegen, dass es eine vollständige räumlich Abschirmung der Seitenflächen in dem Sinne betrifft, dass beispielsweise keine Trockenluft in Kontakt mit dieser Fläche kommen kann.
1.5.1 Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin ist Merkmal [1.12.1] so auszulegen, dass sich das Adverb "vollständig" lediglich auf "räumlich" bezieht, also lediglich eine Abschirmung im Sinne einer räumlichen Überdeckung angebracht ist, vgl. Absatz [0064], wobei das bereits im erteilten Anspruch enthaltene Wort "abschirmt" weiterhin im Sinne von Absatz [0070] interpretiert werden müsse, und damit zumindest noch einen geringen Kontakt mit Trockenluft zulasse. Es handle sich also nicht um eine vollständige strömungstechnische oder thermische Abschirmung. Damit sei der ursprüngliche Anspruch 1 durch Merkmal [1.12.1] lediglich im Sinne der Ausführungsformen definiert, die alle eine vollständige räumliche Abschirmung im Sinne einer räumlichen Ab- oder Überdeckung der Seitenflächen durch die Isolationselemente aufwiesen.
1.5.2 Bereits wenn man lediglich den Wortlaut des Anspruchs 1 des Hauptantrags betrachtet - und hierin insbesondere die Merkmale [1.9] bis [1.12.1] - ist diese Auslegung der Beschwerdegegnerin nicht überzeugend. Anspruch 1 definiert zwar nicht, wogegen gemäß Merkmal [1.9] die Auflagekufen durch die die thermische Isolationseinrichtung bereichsweise abgeschirmt sein soll. Gemäß Merkmal [1.3] wird lediglich definiert, dass in der Trockenkammer eine "höhere Temperatur" erzeugbar ist; Trockenluft wird nicht in Anspruch 1 erwähnt. Eine vollständige räumliche Abschirmung ist jedoch schon aus dem rein semantischen Verständnis heraus nicht mit verbleibenden Öffnungen wie den Spalten zwischen Isolation und Seitenwand (vgl. Figuren 6, 7 und 11 sowie die hierzu von der Beschwerdeführerin hinzugefügten Verdeutlichungen in E20 bis E22) vereinbar, sondern erfordert insbesondere eine in alle Richtung wirkende (vollständige) Abschirmung. So bezeichnet auch das Patent selbst die Einhausung im Ausführungsbeispiel nach Figur 11 als lediglich "weitgehend vollständig".
Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin ist das Merkmal [1.12.1] auch dann nicht anders auszulegen, wenn bei der Auslegung die Beschreibung herangezogen wird.
1.5.3 Gemäß Absatz [0063] bezieht sich die Abschirmung auf den Wärmeeintrag. Gemäß Absatz [0070] ist als einzige in der ursprünglichen Fassung offenbarten Ausführungsform offenbart, das dieser Wärmeeintrag mittels Trockenluft erfolgt, und zwar durch "direkten Kontakt mit den Auflagekufen".
1.5.4 In Absatz [0062] wird mit Bezug auf die Ausführungsform der Figur 7 von einer "vollständigen Abdeckung" gesprochen. Wie jedoch aus dieser Ausführungsform deutlich wird, ist diese vollständige Abdeckung nicht gleichbedeutend mit einer vollständigen Abschirmung. In den Figuren sind die Auflagekufen, zumindest in einer seitlichen Draufsicht, in der Tat vollständig räumlich überdeckt. In Absatz [0063] wird für die gleiche Ausführungsform von Figur 7 von einer Abschirmung "gegenüber Wärmeeintrag" (also einer thermischen Abschirmung) gesprochen, jedoch wird hier gerade keine vollständige Abschirmung definiert.
Wie in der Frontansicht des Skids gemäß der Figur 7 dargestellt, verbleiben durch die seitlich an Traghaken des Skids (1092,1098) befestigten Isolationselemente - soweit unstreitig - Zwischenräume, die im Kontakt mit dem Trocknungsraum stehen. Damit ist jedoch gerade keine vollständige Abschirmung der Auflagekufen (14,16) gegen die Trocknungsluft, oder auch, abhängig vom Beaufschlagungswinkel, gegen Wärmestrahlung gegeben (vgl. E21, Hervorhebungen hinzugefügt durch die Beschwerdeführerin).
Deutlich wird das auch aus der Beschreibung der Ausführungsform der Figur 11 in Absatz [0066], in der lediglich eine "weitgehend vollständige" Abschirmung beschrieben ist. Eine Ausnahme diesbezüglich bildet lediglich die spezifische Ausführungsform der Figuren 8 bis 10, wie weiter unten ausgeführt wird (siehe Punkt 1.6.4).
1.5.5 Daher stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin zu, dass der Begriff der "räumlichen Abschirmung" nach der Beschreibung lediglich einen verringerten Kontakt mit Trockenluft verlangt, der verbleibende Zwischenräume wie in den Ausführungsformen der Figuren 5, 6, 7 und 11 gerade nicht ausschließt. Demgegenüber erfordert jedoch eine vollständige räumliche Abschirmung gemäß Merkmal [1.12.1], dass gar kein Kontakt beispielsweise mit Trockenluft oder Wärmestrahlung mehr möglich ist.
1.5.6 Im Ergebnis ist Merkmal [1.12.1] daher auch dann nicht nach dem Verständnis der Beschwerdegegnerin auszulegen, wenn bei der Auslegung dieses Merkmals die Beschreibung und die Zeichnungen des Patents miteinbezogen werden.
1.6 Das Merkmal "vollständige räumliche Abschirmung" wird in Anspruch 1 durch die Merkmale [1.1] bis [1.12] als allgemeines Merkmal der Erfindung definiert, in der ursprünglich eingereichten Fassung aber nicht als solches offenbart. Somit geht der Gegenstand des Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
1.6.1 Das Merkmal [1.12.1] beruht auf einer Kombination der Begriffe "vollständig" und "räumliche Abschirmung", welche im Zusammenhang mit den Merkmalen [1.1] bis [1.12] weder wörtlich noch implizit Teil der ursprünglichen Offenbarung ist.
1.6.2 Im allgemeinen Teil der ursprünglich eingereichten Beschreibung findet der Begriff "Abschirmung" zwar mehrfach Verwendung, jedoch ist nie von einer "vollständigen" Abschirmung die Rede. Im Gegenteil ist gemäß Absatz [0025] die Abschirmung der Fördereinheit zumindest gegenüber der Trockenkammer lediglich "weitgehend". Das Konzept der lediglich weitgehenden räumlichen Abschirmung wird auch in Absatz [0070] bestätigt, in dem ausgeführt wird, dass "die thermischen Isolationseinrichtungen [aller Ausführungsformen] bewirken, dass ein geringerer Anteil der die Trocknungsanlage durchströmenden Trockenluft in direkten Kontakt mit den Auflagekufen kommen kann als dies ohne die thermischen Isolationseinrichtungen möglich wäre".
1.6.3 Auch die Figuren 5, 6, 7 und 11 offenbaren keine "vollständig räumliche Abschirmung" der Seitenflächen, denn hier verbleiben stets Zwischenräume zwischen den Isolationselementen und den Seitenflächen der Kufen (vgl. auch E20 und E22). Dies gilt, auch wenn laut Absatz [0062] offenbart ist, dass die thermischen Isolationselemente "die Auflagekufen vollständig ... auf ihren von einander abliegenden Seiten abdecken". Die Beschwerdegegnerin selbst hat mit Bezug auf den Stand der Technik argumentiert, dass Abstände und Zwischenräume einer thermischen Isolierung (im Sinne einer Abschirmung) nicht zuträglich sind.
1.6.4 Die Ausführungsform, die in den Figuren 8 bis 10 dargestellt ist, offenbart zumindest implizit das Merkmal der "vollständigen Abschirmung" von zumindest einer der Längsseiten der Auflagekufen. Dies folgt aus der Figurenbeschreibung gemäß Absatz [0064], gemäß der "geradlinige Isolationselemente" "auf jeder Seitenfläche der Auflagekufen des Skids [direkt] angebracht" sind (Patent, Absatz [0065] und Figuren 9 und 10). Hieraus folgt, dass die Längsseiten räumlich vollständig gegen die Trocknungsluft abgeschirmt sind und gilt unabhängig davon, in welcher Weise die Isolationselemente auf der Seitenfläche angebracht sind.
Bei dem Skid gemäß der Figuren 8 bis 10 handelt es sich jedoch um eine bestimmte Ausführungsform, deren weitere spezifische Merkmale, also die Anbringung der Isolationselemente [direkt] auf allen vier Seitenflächen der Kufen nicht Teil des Anspruchs 1 sind. Somit ist das Merkmal [1.12.1] im Kontext der weiteren Merkmale zumindest eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung, da Anspruch 1 auch Ausführungsformen umfasst, in der vollständige räumliche Abschirmung gegenüber der Trockenluft auch anders als durch eine direkte Bedeckung der Seitenflächen erzielbar ist.
Soweit die Beschwerdegegnerin hier auf Randbereiche verweist, die in der Darstellung der Figur 9 nicht abgedeckt seien, um zu zeigen, dass das Merkmal [1.12.1] auch im Lichte dieser Ausführungsform breit auszulegen sei, d.h. einen noch geringen Kontakt mit Wärmeluft zulasse, ist diese nicht überzeugend. Weder die Art der Darstellung in Figur 9 noch die korrespondierende Beschreibung stützen eine solche Sichtweise.
Somit sind auch im Lichte der Ausführungsform der Figuren 8 bis 10 die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ nicht erfüllt.
2. Hilfsanträge 1 bis 11 - Artikel 123(2) EPÜ
Die Hilfsanträge 1 bis 11 umfassen in ihren unabhängigen Ansprüchen ebenfalls jeweils das Merkmal [1.12.1]. Da sich an der Auslegung des Merkmals durch die zusätzlich hinzugefügten Merkmale [1.13] bis [1.17], die den Hilfsanträgen jeweils in verschiedenen Permutationen zugefügt wurden, nichts ändert, sind auch die Hilfsanträge 1 bis 11 nicht gewährbar unter Artikel 123(2) EPÜ. Dies wird im Folgenden erläutert.
2.1 Soweit in den Hilfsanträgen 1 bis 3, 5 bis 7 und 8 bis 11 zumindest eines der aus der Beschreibung zugefügten Merkmale [1.13] ("geringerer Anteil von ... Trockenluft in ... Kontakt") und [1.14] ("Wärmeeintrag in die Auflagekufen ... verringert wird") aufgenommen wurde beziehen sich diese direkt auf die Merkmale [1.12.1] und [1.12].
Die Merkmale [1.13] und [1.14] betreffen die unter anderem in der A-Schrift in Absatz [0017] offenbarten Effekte, die durch die Vorsehung einer erfindungsgemäßen thermischen Isolationseinrichtung erzielt werden und ergänzen die funktionelle Definition der Isolationselemente in den unabhängigen Ansprüchen.
Diese Effekte werden auch erzielt, wenn wie durch Merkmal [1.12.1] gefordert, die Längsseiten vollständig räumlich abgeschirmt sind. Die Auslegung des Merkmals [1.12.1] ändert sich somit nicht durch die Merkmale [1.13] und [1.14], weder einzeln noch in Kombination betrachtet.
2.2 Die Merkmale [1.15] und [1.17] betreffen eine Einschränkung, in der die thermische Isolationseinrichtung von der Fördereinheit des Fördersystems umfasst ist (z.B. Figuren 5, 6 und 10), die ohnehin nicht in Kombination mit dem Merkmal [1.12.1] ursprünglich offenbart sind, wie zuvor ausgeführt (siehe Punkt 1.6.3).
Da jeder der Hilfsanträge 4 bis 11 zumindest einen unabhängigen Anspruch mit der Kombination der Merkmale [1.12.1] mit [1.15] umfasst, ist schon aus diesem Grund keiner der Hilfsanträge 4 bis 11 gewährbar.
3. Da weder der Hauptantrag noch einer der Hilfsanträge 1 bis 11 den Erfordernissen von Artikel 123(2) EPÜ genügt, liegt kein gewährbarer Anspruchssatz vor.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.