European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2023:T072420.20230309 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 März 2023 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0724/20 | ||||||||
Anmeldenummer: | 14168856.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B29C 65/02 B29C 65/20 E06B 7/16 C08L 23/16 C08K 3/06 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Werkstoffmischung aus EPDM, Ethylen-Propylen Copolymer und Schwefel zur Nutzung für Tür- und Fensterdichtungen | ||||||||
Name des Anmelders: | Semperit AG Holding | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Trelleborg Sealing Profiles Germany GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Entscheidung im schriftlichen Verfahren - ja Beschwerdeerwiderung - vollständiges Beschwerdevorbringen eines Beteiligten Beschwerdeerwiderung - nein Unzulässige Erweiterung - nein Ausreichende Offenbarung - ja Neuheit - ja Erfinderische Tätigkeit - ja |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Patentinhaberin legte Beschwerde ein gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 28. Januar 2020, wonach das europäische Patent Nr. 2 805 807 in der geänderten Fassung gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrag 2 die Erfordernisse des EPÜ erfüllt.
II. Der Einspruch war gegen das Streitpatent in vollem Umfang eingelegt worden und auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ (fehlende Neuheit) und i.V.m. Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit), Artikel 100 b) EPÜ und Artikel 100 c) EPÜ gestützt worden.
III. Mit einer Ladung vom 11. Mai 2022 wurden die Beteiligten zu einer für den 23. März 2023 anberaumten mündlichen Verhandlung geladen.
IV. Mit Schreiben vom 14. Februar 2023 wurde der Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben.
V. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten (Hauptantrag). Hilfsweise wurde beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 20 aufrechtzuerhalten. Falls der Hauptantrag nicht im schriftlichen Verfahren gewährt werden kann, wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Eine mündliche Verhandlung hat sie nicht beantragt.
VI. Im Beschwerdeverfahren wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D1: WO 2011/163 176 A1;
D2: WO 2013/131 207 A1;
D3: EP 0 593 859 A1;
D6: CN 102 964 700 B;
D7: WO 00/77 091 A1;
D8: US 2007/0 208 135 A1;
D11: WO 2013/039 739 A1;
D12: WO 2010/009 024 A2;
D14: Vergleichsversuche zur Verschweißbarkeit eines Dichtungsprofils unter Verwendung verschiedener Mischungsverhältnisse von Copolymer und EPDM.
VII. Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags (Patent wie erteilt) ist wie folgt:
"1. Dichtungsprofil, insbesondere für Fenster und Türen,
aus einer Werkstoffmischung,
welche die folgende Zusammensetzung aufweist:
10 bis 50 Volumenprozent EPDM,
8 bis 50 Volumenprozent Copolymer,
5 bis 70 Volumenprozent Füllstoff,
0 bis 20 Volumenprozent Paraffinisches Öl,
0,1 bis 5 Volumenprozent Beschleuniger-Schwefelspender,
0,5 bis 5 Volumenprozent Schwefel
0,5 bis 3 Volumenprozent Zinkoxyd,
wobei das Copolymer ein Thermoplast oder ein thermoplastisches Elastomer ist."
"6. Verfahren zur Herstellung eines Bauelements, insbesondere ein Fenster- oder Türelement,
umfassend die Schritte:
- Bereitstellen von zumindest zwei Bauelementen, beispielsweise Fenster- oder Türrahmen;
- Bereitstellen zumindest zweier Dichtungsprofile nach einem der vorhergehenden Ansprüche;
- Einziehen der Dichtungsprofile in die entsprechenden Bauelemente;
- Verschweißen der Bauelemente und Dichtungsprofile untereinander in einem Arbeitsgang."
VIII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vortragen:
a) Zum Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ
Es liege keine unzulässige Erweiterung vor.
Bei dem Einwand, dass der in den Absätzen [0006] und [0014] des Streitpatents verwendete Begriff "Zusatz" keine Basis habe, handle es sich - wie die Einspruchsabteilung festgestellt habe - allenfalls um einen Einwand unter Artikel 84 EPÜ. An verschiedenen Stellen der ursprünglich eingereichten Anmeldung sei beschrieben, dass der Zusatz ein Copolymer sein könne, siehe insbesondere das Rezepturbeispiel auf Seite 4, Zeilen 7 bis 13 der ursprünglich eingereichten Anmeldung. Aus dem Vergleich dieses Rezepturbeispiels mit den Herstellungsschritten auf Seite 6, Zeilen 12 bis 24 der ursprünglich eingereichten Anmeldung werde deutlich, dass das Copolymer der Zusatz sei, denn das EPDM sei der Elastomer-Anteil und die Komponenten Füllstoff bis Zinkoxyd seien in den Verfahrensschritten ebenso wie im Rezepturbeispiel beschrieben.
Auch das Merkmal, dass "das Copolymer ein Thermoplast oder ein thermoplastisches Elastomer ist", sei nicht unzulässig erweitert. Entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung liege keine doppelte Auswahl vor. In der ursprünglich eingereichten Anmeldung sei unmittelbar und eindeutig offenbart, dass der Zusatz ein Copolymer sein könne (siehe ursprünglich eingereichte Anmeldung, Seite 3, Zeilen 32 bis Seite 4, Zeile 13, Seite 4, Zeilen 7 bis 13, Seite 4, Zeilen 29 bis 30 und Seite 6, Zeilen 12 bis 24). Auf Seite 3, Zeilen 5 bis 7 der ursprünglich eingereichten Anmeldung sei offenbart, dass der Zusatz ein Thermoplast oder ein thermoplastisches Elastomer sein könne. Insbesondere gebe es für den "Zusatz" keine Liste von unterschiedlichen Verbindungen, aus der ausgewählt werden müsse. Auch für die Eigenschaften des "Zusatzes" sei nur die Eigenschaft "Thermoplast oder thermoplastisches Elastomer" genannt. Dies entspreche nicht einer mehrfachen Auswahl aus Listen, die gemäß der Rechtsprechung eine unzulässige Erweiterung darstellen könne.
b) Zum Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ
Die Feststellung der Einspruchsabteilung, dass der Hilfsantrag 2, vorgelegt in der mündlichen Verhandlung, die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfülle, treffe auch für den Hauptantrag zu, da alle von der Patentinhaberin vorgelegten Beispiele unter den Hauptantrag fielen und alle weiteren Erwägungen auch für den Hauptantrag gälten.
c) Zum Einspruchsgrund unter Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu gegenüber den Dokumenten D1, D2, D3, D6, D7, D8, D11 und D12, ebenso wie der Gegenstand der Ansprüche 2 bis 7, die auf Anspruch 1 zurückbezogen seien. Die Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung zur Neuheit bezüglich Hilfsantrag 2 gelte analog für den Hauptantrag, da keines der Dokumente die genauen Mengen in der beanspruchten Zusammensetzung offenbare. Die Umrechnung von Massenanteilen in Volumenanteile sei über die jeweiligen Dichten der Substanzen erfolgt.
In Dokument D1 habe die Einsprechende erstinstanzlich auf die Tabelle 1 verwiesen. Die dort gezeigten Beispiele Comp. Ex. 1A, Comp. Ex. 2A und Ex. 1A beinhalteten keinen Schwefel. Das Beispiel Comp. Ex. 1B und das Beispiel Comp. Ex. 2B enthielten kein Copolymer. Das Copolymer in der Tabelle 1 von Dokument D1 sei das "EO19", ein Ethylen/Octen-Copolymer, das im Beispiel Ex. 1B verwendet werde. In diesem Beispiel läge der EPDM-Anteil oberhalb des beanspruchten Bereichs und der Gehalt an Schwefel und Zinkoxyd unterhalb der beanspruchten Bereiche (siehe Tabelle unten). Dokument D1 offenbare nicht in welcher Menge Zinkoxyd in der Mischung vorhanden sein solle. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei somit neu gegenüber dem Dokument D1.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Im Vergleich der aus Dokument D2 bekannten Werkstoffmischung mit der beanspruchten Werkstoffmischung seien die in den Tabellen 3 und 4 des Dokuments D2 genannten Werte in Volumenprozent umgerechnet worden (siehe Tabelle unten). Keines der Beispiele des Dokuments D2 zeige einen Copolymeranteil zwischen 8 bis 50 Volumenprozent, wie der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags fordere. Vielmehr lägen die Copolymeranteile bei 5,3 Volumenprozent oder niedriger. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei somit neu gegenüber dem Dokument D2.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Bezüglich Dokument D3 seien die Werte der Tabelle IV entsprechend in Volumenprozent umgerechnet worden (siehe Tabelle unten). Bei dem Vergleich mit den beanspruchten Werten ergäben sich folgende Unterschiede: Bei der Komponente Dowlex**(®) 2045 handle es sich nicht um ein Copolymer, sondern um ein Polyethylen. Des Weiteren lägen deutliche Unterschiede zu der beanspruchten Werkstoffmischung vor, da der Anteil an paraffinischem Öl höher, der Anteil an Schwefel niedriger sei und da kein Zinkoxyd enthalten sei.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Dokument D6 offenbart eine Gummierung für Türdichtungen, die unter anderem EPDM, ein thermoplastisches Elastomer, Zinkoxyd, Füllstoffe und Schwefel enthalte. Für das Beispiel mit dem höchsten Anteil an thermoplastischem Polyolefin-Elastomer (siehe Dokument D6, Absatz [0027]) werden die Umrechnungswerte in Volumenprozent vorgelegt (siehe Tabelle unten). Daraus ergäben sich Unterschiede hinsichtlich des Copolymer-, des Schwefel- und des Zinkoxydanteils, die unterhalb der jeweiligen beanspruchten Bereiche lägen, und hinsichtlich des Anteils an paraffinischem Öl, der oberhalb des beanspruchten Bereichs liege.
Das Dokument D7 lehre ein vernetztes Duroplast-Polymer für Dichtungen, welches EPDM, ein elastomeres Polymer, Füllstoffe, Zinkoxyd und Schwefel enthalten könne. Für die Beispiele Compd. 5 und Compd. 9 der Tabelle III seien Vergleichswerte berechnet worden (siehe Tabelle unten). Der Copolymeranteil sei im Vergleich zur beanspruchten Werkstoffmischung zu niedrig, der Anteil an paraffinischem Öl zu hoch und der Schwefel- und Zinkoxydanteil jeweils zu niedrig.
Die in Dokument D8 offenbarte Mischung enthalte mindestens ein Elastomer, beispielsweise EPDM und ein Triblock-Copolymer, beispielsweise SMB [sic]. Das Triblock-Copolymer sei kein Copolymer im Sinne des Streitpatents. Für das Beispiel D der Tabelle 3 mit dem höchsten Anteil an Copolymer seien Umrechnungswerte beigefügt (siehe Tabelle unten). Es sei erkennbar, dass der Copolymeranteil, der Zinkoxyd- und Schwefelanteil jeweils unterhalb der beanspruchten Bereiche lägen.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Der Anteil von EPDM liege für das Beispiel D des Dokuments D8 bei 72,77 Volumenprozent (siehe Tabelle auf Seite 13 der Beschwerdebegründung, unten wiedergegeben).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Dokument D11 offenbare keine Dichtungsprofile. Die dort beschriebene Polymerzusammensetzung aus EPDM, Ethylen-alpha-Olefin Copolymer sowie einer Schwefel enthaltenden Verbindung unterscheide sich von der beanspruchten Werkstoffmischung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags. Beispiele 3, 5 und 6 der Tabelle 1 von Dokument D11 zeigten entweder zu hohe Anteile an EPDM oder zu niedrige Anteile an Copolymer (Umrechnungswerte siehe Tabelle unten). Ferner würden die Beispiele keinen Füllstoff aufweisen. Auf Seite 2, Zeile 27 des Dokuments D11 sei zwar erwähnt, dass "such compositions can incorporate large quantities of filler", woraus aber nicht auf die Menge an Füllstoffen geschlossen werden könne.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Dokument D12 lehre keine Anwendung als Dichtungsprofil. Beschleuniger/Schwefelspender seien im Dokument D12 nur allgemein ohne Mengenangaben erwähnt. Es seien weder Schwefel noch Zinkoxyd vorhanden (Umrechnungswerte siehe Tabelle unten).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
d) Zum Einspruchsgrund unter Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei erfinderisch ausgehend von Dokument D7 in Kombination mit Dokument D2 oder Dokument D12. Der wesentliche Vorteil des erfindungsgemäßen Dichtungsprofils liege darin, dass das Dichtungsprofil die Eigenschaften eines Elastomers aufweise, gleichzeitig verschweißbar sei und sich bei Hitze nicht verforme, wie dies bei thermoplastischen Elastomeren der Fall sei (siehe Streitpatent, Absatz [0006], Spalte 2, Zeilen 42 bis 44). Dadurch werde das Entstehen einer Schweißraupe verhindert, die einen Schwachpunkt dieser Dichtungsprofile darstelle und zu Undichtigkeiten führe (siehe Streitpatent, Absatz [0006], Spalte 3, Zeilen 2 bis 4). Das Vermeiden der Schweißraupe beim Verschweißen der erfindungsgemäßen Dichtprofile stelle einen bedeutenden technischen Vorteil dar. Im Stand der Technik gebe es nirgendwo einen Hinweis oder eine Anregung dazu.
Die im Einspruchsverfahren für den Hilfsantrag 2 diskutierte Kombination von Dokument D7 mit Dokument D2 oder Dokument D12 sei auf den Hauptantrag übertragbar.
Dokument D7 gehöre zum gleichen technischen Gebiet wie das Streitpatent, da polymere Werkstoffmischungen für Dichtungsprofile für Türen beschrieben würden. Die dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten kommende Zusammensetzung wäre compound 9 der Tabelle III von Dokument D7. Diese Werkstoffmischung weise einen niedrigeren Copolymeranteil, einen höheren Anteil an paraffinischem Öl, einen niedrigeren Anteil an Schwefel und einen niedrigeren Anteil an Zinkoxyd auf als die beanspruchte Werkstoffmischung des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Dokument D7 beschreibe ferner keine Verschweißbarkeit. Die Verschweißbarkeit der Werkstoffmischungen in Abhängigkeit vom Anteil an Copolymer sei im Dokument D14 der Beschwerdeführerin gezeigt worden, das für verschiedene Mischungsverhältnisse von Copolymer und EPDM die Verschweißbarkeit des Dichtungsprofils zeige.
Ausgehend von Dokument D7 als nächstliegendem Stand der Technik sei die objektive technische Aufgabe die Bereitstellung einer Werkstoffmischung für Dichtungsprofile mit verbesserter Verschweißbarkeit.
Die Zusammensetzungen des Dokuments D2 enthielten ähnlich wie das Dokument D7 deutlich weniger als 8 Volumenprozent Copolymer, deutlich mehr paraffinisches Öl, weniger Schwefel und weniger Zinkoxyd als die beanspruchte Werkstoffmischung des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Ferner erwähne Dokument D2 nirgends die Verschweißbarkeit der Dichtungsprofile. Daher hätte der Fachmann erstens keinerlei Veranlassung gehabt, das Dokument D2 zu berücksichtigen, und zweitens enthielte das Dokument D2 keinerlei Hinweise, die vier genannten Komponenten entsprechend zu verändern. Der Fachmann wäre daher nicht zu dem Dichtungsprofil gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags gelangt.
Im Dokument D12 seien polymere Zusammensetzungen und deren Verschweißbarkeit erwähnt. Allerdings enthielten diese keinen Schwefel und kein Zinkoxyd sowie kein paraffinisches Öl. Das Dokument D12 liefere auch keinen Hinweis, diese drei Komponenten in die Richtung zu verändern, in die es ausgehend von dem Dokument D7 erforderlich wäre, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags zu gelangen. In den Beispielen des Dokuments D12 werde außerdem kein Beschleuniger-Schwefelspender eingesetzt. Da sich Dokument D12 mit der Herstellung von Folien und Artikeln aber nicht mit der Herstellung von Dichtungsprofilen befasse, könne Dokument D12 keinen Beitrag zur Verschweißbarkeit von Dichtungsprofilen liefern. Hinzu komme, dass im Streitpatent die Vernetzung mit Schwefel und Schwefel-Beschleunigern erfolge, während im Dokument D12 die Vernetzung mit Bestrahlung durchgeführt werde. Daher wäre der Fachmann auch in Kombination mit der Lehre des Dokuments D12 nicht zu dem Dichtungsprofil gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags gelangt.
Die Argumentation der Einsprechenden, dass es üblich sei, Komponenten willkürlich zu verändern, und man so zufällig bei der Werkstoffmischung des Anspruchs 1 landen könnte, sei eine rückschauende Betrachtungsweise.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat zum Hauptantrag Folgendes vorgetragen:
"Unseren Ausführungen in der 1. Instanz und den Feststellungen der Einspruchsabteilung ist nichts hinzuzufügen. Wir verweisen auf unser erstinstanzliches Vorbringen."
Entscheidungsgründe
1. Entscheidung im schriftlichen Verfahren
Die Beschwerdeführerin hat einen Antrag auf eine mündliche Verhandlung nur für den Fall gestellt, dass ihrem Hauptantrag im schriftlichen Verfahren nicht entsprochen wird. Die Beschwerdegegnerin hat keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
Da die Kammer dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin stattgibt, entfaltet deren nachrangiger Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung keine prozessuale Wirkung (Artikel 116 (1) EPÜ). Die Beschwerdesache ist auf Grundlage der zu überprüfenden Entscheidung und des vorliegenden schriftlichen Vorbringens der Beteiligten unter Wahrung deren Rechte gemäß Artikel 113 und 116 EPÜ entscheidungsreif. Daher konnte im vorliegenden Fall die mündliche Verhandlung abberaumt werden und die Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß Artikel 12 (8) VOBK 2020 ergehen.
2. Verweis der Beschwerdegegnerin auf erstinstanzliches Vorbringen
Nach Artikel 12 (3) VOBK 2020 muss die Beschwerdeerwiderung den vollständigen Sachvortrag des Beschwerdegegners enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung werden allgemeine Verweise auf Vorbringen im Verfahren vor den erstinstanzlichen Abteilungen in der Regel nicht berücksichtigt (siehe Entscheidungen T 1151/11, Nr. 3 der Gründe, T 972/14, Nr. 7 der Gründe, T 1744/14, Nr. 4.4. der Gründe, T 1727/15, Nr. 2.9 der Gründe).
Soweit die Beschwerdegegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung pauschal auf ihr Vorbringen vor der Einspruchsabteilung verweist, wird dieses daher von der Kammer mangels hinreichender Substantiierung gemäß Artikel 12 (3) und (5) VOBK 2020 nicht berücksichtigt.
3. Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ
Im Einspruchsverfahren wurden diesbezüglich zwei Einwände erhoben, die folgende Merkmale betrafen: Den Begriff "Zusatz" in den Absätzen [0006] und [0014] des Streitpatents und das Merkmal im Anspruch 1, dass "das Copolymer ein Thermoplast oder ein thermoplastisches Elastomer" sei.
3.1 Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass der in Beschreibung des Streitpatents verwendete Begriff "Zusatz" keine unzulässige Erweiterung darstelle, auch wenn in den erteilten Ansprüchen diesbezüglich von "Copolymer" die Rede ist. Die Kammer stimmt in diesem Punkt der Auffassung der Einspruchsabteilung zu (siehe angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 1.3). Es wird lediglich angemerkt, dass der diskutierte Begriff "Zusatz" nicht im Absatz [0006] des Streitpatents, sondern im Absatz [0007] des Streitpatents verwendet wird. Der betreffende Satz lautet dort: "Der Zusatz ist ein Copolymer mit verschiedenen Alkenen, z.B. Ethen, Propen, Buten, Octen etc." Da der Textzusammenhang gleich ist wie in Absatz [0006] der veröffentlichten Anmeldung bzw. wie in der ursprünglich eingereichten Beschreibung auf Seite 3, Zeilen 32 bis Seite 4, Zeile 1, liegt bezüglich des beanstandeten Begriffes "Zusatz" in der Beschreibung des Streitpatents unzweifelhaft keine unzulässige Erweiterung vor. Dies gilt ebenso für den Satz in Absatz [0014] des Streitpatents: "Weiter bildet der Zusatz mit Vorteil Segmente oder Bereiche, welche die Schweißbarkeit ermöglichen." Dieser ist identisch mit dem Satz auf Seite 6, Zeilen 7 bis 8 der ursprünglich eingereichten Beschreibung.
3.2 Bezüglich des zweiten Einwands stellt sich die Frage, ob das Copolymer in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung als ein Thermoplast oder ein thermoplastisches Elastomer offenbart ist.
3.2.1 Es ist zum einen unstreitig, dass der im ursprünglichen Anspruch 1 genannte Zusatz ein Thermoplast oder ein thermoplastisches Polymer sein kann; siehe ursprünglich eingereichte Anmeldung, Seite 3, Zeilen 5 bis 6: "Mit Vorteil handelt es sich bei dem Zusatz um einen Thermoplast oder einen thermoplastischen Elastomer (TPE)."
3.2.2 Aus der Anmeldung geht zum anderen unmittelbar und eindeutig hervor, dass der Zusatz
- ein Copolymer mit verschiedenen Alkenen, z.B. Ethen, Propen, Buten, Octen etc. (siehe ursprünglich eingereichte Beschreibung, Seite 3, Zeile 32 bis Seite 4, Zeile 1),
- ein Propylen-Ethylen Copolymer (siehe ursprünglich eingereichter Anspruch 6 und ursprünglich eingereichte Beschreibung, Seite 4, Zeilen 29 bis 30) oder
- ein Copolymer (siehe ursprünglich eingereichte Beschreibung, Seite 4, Zeile 8, wo das EPDM der Elastomeranteil und das Copolymer der Zusatz ist)
ist.
In der ursprünglich eingereichten Anmeldung ist somit unmittelbar und eindeutig offenbart, dass der Zusatz ein Copolymer ist. Andere Beispiele für einen Zusatz werden nicht gezeigt.
3.2.3 Jede Änderung an den die Offenbarung betreffenden Teilen einer europäischen Patentanmeldung oder eines europäischen Patents (der Beschreibung, der Patentansprüche und der Zeichnungen) unterliegt dem in den Artikeln 100 c) und 123 (2) EPÜ statuierten zwingenden Erweiterungsverbot und darf daher unabhängig vom Kontext der vorgenommenen Änderung nur im Rahmen dessen erfolgen, was der Fachmann der Gesamtheit dieser Unterlagen in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens - objektiv und bezogen auf den Anmeldetag - unmittelbar und eindeutig entnehmen kann (sog. "Goldstandard", siehe G 3/89, ABl. EPA 1993,117; G 11/91, ABl. EPA 1993, 125; G 2/10, ABl. EPA 2012, 376).
3.2.4 Hinsichtlich der beanstandeten Änderung ist zunächst festzustellen, dass der Begriff "Copolymer" die Struktur des Zusatzes betrifft, während die Begriffe "Thermoplast" oder "thermoplastisches Elastomer" bestimmte Eigenschaften des Zusatzes beschreiben. Die Frage, ob die Kombination "Copolymer" und "Thermoplast oder thermoplastisches Elastomer" in der ursprünglich eingereichten Anmeldung unmittelbar und eindeutig offenbart ist, hat die Einspruchsabteilung mit der Begründung verneint, dass der Fachmann im Hinblick auf die ursprüngliche Offenbarung "zweimal unabhängig auswählen [muss], einmal, dass der Zusatz ein Copolymer ist, und einmal, dass der Zusatz ein Thermoplast oder ein thermoplastisches Elastomer ist" (siehe angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 1.4).
3.2.5 Gestützt auf den "Goldstandard" gilt gemäß ständiger Rechtsprechung im Allgemeinen, dass der Inhalt der ursprünglichen Anmeldung nicht als Reservoir gesehen werden kann, aus dem Merkmale von verschiedenen Ausführungsbeispielen kombiniert werden können, um künstlich eine bestimmte Ausführungsform zu konstruieren (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 10. Auflage 2022, II.E.1.6.1 a)). Eine Mehrfachauswahl von Merkmalen ist für den Fachmann nur dann unmittelbar und eindeutig aus dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ableitbar, wenn Hinweise auf die Kombination vorhanden sind.
3.2.6 Diesbezüglich ist allerdings festzustellen, dass es sich bei dem "Zusatz" in der ursprünglichen Anmeldung durchwegs um ein Copolymer handelt; Alternativen dazu sind nicht offenbart (siehe Punkt 3.2.2). Insofern liegt der Spezifizierung des Zusatzes als Copolymer kein Auswahl zugrunde. Laut ursprünglicher Anmeldung beruht die Erfindung vielmehr auf einer Werkstoffmischung mit einem Elastomer-Anteil und einem Zusatz (siehe ursprüngliche Anmeldung, Seite 6, Zeilen 12 bis 13 und Seite 4, Zeilen 1 bis 2), wobei es sich bei dem Zusatz um ein Copolymer handelt, wie auf Seite 4, Zeile 8 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart ist. In diesem Rezepturbeispiel ist das EPDM der Elastomeranteil und das Copolymer der Zusatz.
Ferner ist auch hinsichtlich der Eigenschaft des Zusatzes nur genannt, dass es sich beim Zusatz um einen Thermoplast oder ein thermoplastisches Elastomer handelt. Andere Eigenschaften des Zusatzes werden nicht offenbart, sodass auch diesbezüglich bei der Anspruchsänderung keine Auswahl aus mehreren Möglichkeiten notwendig war, wie die Beschwerdeführerin überzeugend dargelegt hat.
Weil in der ursprünglich eingereichten Anmeldung also offenbart ist, dass der Zusatz ein Copolymer ist und dass er ein Thermoplast oder ein thermoplastisches Elastomer ist, kann die Begründung der Einspruchsabteilung, dass das beanstandete Anspruchsmerkmal, dass das Copolymer ein Thermoplast oder ein thermoplastisches Elastomer ist, nicht ursprünglich offenbart sei, weil es auf einer zweifachen Auswahl aus der Offenbarung der ursprünglichen Anmeldung beruhe, nicht überzeugen. Es ist für die Kammer nicht ersichtlich, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgeht, zumal auch die Beschwerdegegnerin dazu nicht substantiiert vorgetragen hat (siehe Punkt 2. oben).
3.3 Schlussfolgerung bezüglich der Änderungen
Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 c) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegen.
4. Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ
Die Einspruchsabteilung war hinsichtlich Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 der Auffassung, dass das Streitpatent die dort beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (siehe angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 6). Wie die Beschwerdeführerin vorgetragen hat, treffen die diesbezüglichen Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung auch für die erteilte Fassung des Patents zu. Die Beschwerdegegnerin hat auch zu der Frage der ausreichenden Offenbarung im Beschwerdeverfahren keine substantiierten Ausführungen gemacht. Unter diesen Umständen sieht die Kammer keinen Grund von der Auffassung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung zur Ausführbarkeit der Erfindung abzuweichen.
Folglich steht der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegen.
5. Einspruchsgrund unter Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ
5.1 Der Einspruchsgrund der fehlenden Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 war auf die Dokumente D1 bis D3, D6 bis D8, D11 und D12 gestützt. Im Rahmen ihrer Entscheidung über den Hilfsantrag 2 hat die Einspruchsabteilung festgestellt, dass keines dieser Dokumente die genauen Mengen in der beanspruchten Zusammensetzung offenbare (siehe angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 7). Da der erteilte Anspruch 1 dieselbe Zusammensetzung aufweist wie der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2, ist diese Schlussfolgerung auf den Gegenstand der erteilten Anspruchs 1 übertragbar und gilt auch für die Ansprüche 2 bis 7, die auf den Anspruch 1 zurückbezogen sind.
5.2 Dies hat die Beschwerdeführerin mit weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung noch einmal untermauert. Im Streitpatent sind die Mengen in Volumenprozent angegeben, während im entgegengehaltenen Stand der Technik die Anteile entweder in Gewichtsprozent oder in phr (parts per hundred rubber) angegeben werden. Für die diesbezüglichen Umrechnungen hat die Beschwerdeführerin die Dichte und die Masse der Werkstoffmischung bzw. ihrer Bestandteile herangezogen, die entweder angegeben sind oder aus der allgemeinen Fachliteratur entnommen wurden. Die vorgenommenen Umrechnungen sind nachvollziehbar und wurden von der Beschwerdegegnerin nicht in Frage gestellt. Daher bezieht sich die Kammer im Folgenden auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Werte.
5.3 Dokument D1, insbesondere Tabelle 1, auf die sich die Einsprechende bezogen hat, zeigt nicht die beanspruchte Zusammensetzung. Die Kammer teilt die Auffassung, dass Comp. Ex. 1A, Comp. Ex. 2A, Ex. 1A zumindest keinen Schwefel aufweisen. Comp. Ex. 1B und Comp. Ex. 2B weisen kein Copolymer auf und das Beispiel Ex. 1B zumindest zu wenig Zinkoxyd und zu wenig Schwefel.
5.4 Bei der Umrechnung der phr-Anteile aus den Tabellen 3 und 4 des Dokuments D2 ergeben sich durchweg Copolymeranteile kleiner als die beanspruchte Untergrenze von 8 Volumenprozent. Außerdem sind - im Vergleich zu der beanspruchten Werkstoffmischung - die Anteile für Schwefel und Zinkoxyd zu niedrig und die Anteile des paraffinischen Öls zu hoch.
5.5 Die in der Tabelle IV gezeigten Beispielen des Dokuments D3 weisen kein Zinkoxyd auf, der Anteil des paraffinischen Öls liegt höher und der Schwefelanteil niedriger als der beanspruchte Bereich im erteilten Anspruch 1.
5.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von Dokument D6 darin, dass der EPDM-Anteil im Bereich von 10 bis 50 Volumenprozent liegt, dass der Anteil an paraffinischem Öl 0 bis 20 Volumenprozent beträgt, dass der Schwefelanteil 0,5 bis 5 Volumenprozent und der Zinkoxydanteil 0,5 bis 3 Volumenprozent betragen. Das Beispiel 3 (siehe Dokument D6, Absatz [0027]) weist den höchsten Anteil an Copolymer auf, der jedoch unterhalb des beanspruchten Bereichs liegt. Auch die Anteile an Schwefel und Zinkoxyd sind niedriger als die beanspruchten Bereiche.
5.7 Das Beispiel Compd. 9 von Dokument D7, das den höchsten Gehalt an Copolymer aufweiset, hat einen geringeren Copolymeranteil als die Werkstoffmischung des erteilten Anspruchs 1 (siehe Dokument D7, Tabelle III). Des Weiteren liegen der Anteil an paraffinischem Öl oberhalb und der Anteil an Zinkoxyd und Schwefel jeweils unterhalb des beanspruchten Bereichs.
5.8 Im Dokument D8 ist insbesondere das Beispiel D aus Tabelle 3 einschlägig. Hier liegen die Bereiche für EPDM (zu hoch), für das Copolymer (zu niedrig), für Schwefel (zu niedrig) und Zinkoxyd (zu niedrig) jeweils außerhalb der beanspruchten Bereiche gemäß des erteilten Anspruchs 1.
5.9 Dokument D11 offenbart keine Dichtungsprofile. Das Beispiel 4 der Tabelle 1 des Dokuments D11 liegt mit den EPDM-Anteilen und den Copolymeranteilen innerhalb der beanspruchten Bereiche von Anspruch 1 des Hauptantrags. Allerdings sind keine Mengenangaben für die Füllstoffe gemacht. Der allgemeine Satz auf Seite 2, Zeile 27 von Dokument D11, dass Füllstoffe in großen Mengen vorhanden sein können, ist keine eindeutige und unmittelbare Offenbarung des vorliegend beanspruchten Füllstoffanteils von 5 bis 70 Volumenprozent.
5.10 Das Dokument D12 offenbart kein Dichtungsprofil. Es werden keine Mengenangaben für die Füllstoffe, für Schwefel und Zinkoxyd gemacht.
5.11 Schlussfolgerung bezüglich Neuheit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist neu gegenüber den oben angeführten Dokumenten. Der Verfahrensanspruch 6 bezieht sich auf das Dichtungsprofil nach einem der vorhergehenden Ansprüche, so dass der Gegenstand des Anspruchs 6 auch neu ist. Dies gilt ebenso für alle abhängigen Ansprüche.
Damit steht der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegen.
6. Einspruchsgrund unter Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ
6.1 Die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruchs 1 wurde im Einspruchsverfahren hinsichtlich des Hilfsantrags 2 ausgehend von Dokument D7 in Kombination mit dem Dokument D2 oder D12 angegriffen. Der Hilfsantrag 2 im Einspruchsverfahren unterscheidet sich von der erteilten Fassung gemäß dem vorliegenden Hauptantrag darin, dass ein spezielles Copolymer, nämlich ein Propylen-Ehtylen-Copolymer, beansprucht wird. Da beide Dokumente D2 und D12 eine Zusammensetzung mit einem Propylen-Ethylen-Copolymer beschreiben, gilt die Argumentation der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung zum Hilfsantrag 2 analog auch für den vorliegenden Hauptantrag.
6.2 Dokument D7 stellt einen möglichen Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit dar, da es sich mit polymeren Werkstoffmischungen für Dichtungsprofile für Türen beschäftigt und somit aus dem gleichen technischen Gebiet stammt. Unter Punkt 5.7 oben wurden bereits die unterscheidenden technischen Merkmale benannt. Diese sind: Der Copolymeranteil, der Anteil an paraffinischem Öl, an Schwefel und an Zinkoxyd. Die objektive technische Aufgabe ist die Bereitstellung einer Werkstoffmischung für Dichtungsprofile mit verbesserter Verschweißbarkeit (siehe Streitpatent, Absätze [0002] und [0003]).
6.3 Naheliegen der Lösung
6.3.1 Kombination mit D2
Da die Zusammensetzungen des Dokuments D2 ebenso wenig wie das Dokument D7 den Anteil an Copolymer, paraffinischem Öl, an Schwefel und an Zinkoxyd gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags offenbart, ist nicht ersichtlich, weshalb der Fachmann eine Veranlassung gehabt hätte, zur Verbesserung der Verschweißbarkeit eine Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 zu wählen und so zu dem beanspruchten Dichtungsprofil des Hauptantrags
zu gelangen. Schon aus diesem Grund ist der Gegenstand von Anspruch 1 nicht als naheliegend anzusehen. Andere Überlegungen können somit dahingestellt bleiben.
6.3.2 Kombination mit D12
Dokument D12 beschäftigt sich nicht mit der Herstellung von Dichtungsprofilen und deren Verschweißbarkeit. Daher ist nicht erkennbar, warum der Fachmann die Lehre des Dokuments D12 zur Lösung der gestellten objektiven technischen Aufgabe berücksichtigt hätte. Für den Fall, dass der Fachmann das Dokument D12 tatsächlich herangezogen hätte, wäre er nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags gelangt, da die aus Dokument D12 bekannten polymeren Zusammensetzungen (siehe Dokument D12, Tabelle 6) keinen Schwefel und kein Zinkoxyd enthalten. Diese werden zwar allgemein als mögliche Additive erwähnt (siehe Dokument D12, Seite 27, Zeilen 21 und 29). Allerdings werden dazu keine Mengenangaben gemacht. Daher hätte der Fachmann auch bei Berücksichtigung des Dokuments D12 keine Veranlassung gehabt, zur Verbesserung der Verschweißbarkeit eine Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 zu wählen und so zu dem beanspruchten Dichtungsprofil des Hauptantrags zu gelangen.
6.4 Dem dahingehenden Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung ist die Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegengetreten (siehe Punkt 2.).
6.5 Schlussfolgerung hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nicht nahegelegt durch die Kombination der Dokumente D7 und D2 oder D7 und D12. Er beruht folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dies gilt auch für den Gegenstand von Anspruch 6, der das Dichtungsprofil von Anspruch 1 einsetzt, sowie für alle abhängigen Ansprüche.
Damit steht auch der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 56 EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird in der erteilten Fassung aufrechterhalten.