European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2024:T055920.20240425 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 April 2024 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0559/20 | ||||||||
Anmeldenummer: | 14004151.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | B42D 25/29 B42D 25/324 B42D 25/351 G07D 7/20 B42D 25/425 B42D 25/328 B42D 25/355 B42D 25/364 B42D 25/346 B42D 25/373 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Sicherheitselement für Sicherheitspapiere | ||||||||
Name des Anmelders: | Giesecke+Devrient Currency Technology GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ermessen Vorbringen nicht zuzulassen - Voraussetzungen des Art. 12 (3) VOBK 2020 erfüllt (nein) Ermessen Vorbringen nicht zuzulassen - Vorbringen zugelassen (nein) Beschwerdebegründung - Gründe deutlich und knapp angegeben (nein) |
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Orientierungssatz: |
Eine fehlenden Auseinandersetzung der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und eine pauschale Begründung, die Hilfsanträge seien eingeschränkter und daher aus demselben Grund wie der Hauptantrag neu und erfinderisch, ist ersichtlich nicht geeignet, die Gewährbarkeit der Hilfsanträge für den Fall zu begründen, dass die Kammer den Hauptantrag für nicht gewährbar hält. Daher kommt diese Begründung einem völligen Fehlen einer Begründung gleich (Gründe 3.1 bis 3.3). |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent
EP-B-2 886 363 aufgrund des Artikels 101 (3) (b) EPÜ zu widerrufen.
II. Auf folgendes Dokument wird Bezug genommen:
D1 = WO 02/20274 A1
III. Die Einspruchsgründe waren mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 52(1), 54(1) und (2) bzw. 56 EPÜ) sowie mangelnde Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ).
IV. Die Einspruchsabteilung widerrief das Patent (Artikel 101 (3)(b) EPÜ), weil der Anspruch 1 des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 1 bis 3 einen Gegenstand enthielten, der - entgegen den Erfordernissen der Artikel 100 a), 52(1), 54(1) und (2) EPÜ - nicht neu sei.
V. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragt:
a) die angefochtene Entscheidung aufzuheben, das Streitpatent auf der Grundlage des Hauptantrags aufrechtzuerhalten, der identisch ist mit dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrag;
b) hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Hilfsanträge 1 bis 3, die den der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsanträgen entsprechen.
VI. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
VII. Anspruch 1 des Hauptantrags:
(Merkmalsbezeichnungen "1.1, 1.2, ..." , wie von der Einsprechenden eingeführt)
(1.1) Sicherheitselement (4) für Sicherheitspapiere, Wertdokumente (5) und andere Datenträger, mit einem Substrat,
(1.2) wobei das Substrat einen ersten motivbildenden Teilbereich mit einem ersten optisch variablen Element (1) aufweist, das ein erstes Motiv in Form mindestens eines Musters, Zeichens oder einer Codierung bildet,
(1.3) wobei das erste optisch variable Element (1) aus einer ersten Art von Prägestrukturen besteht, und
(1.4) wobei das Substrat einen zweiten motivbildenden Teilbereich mit einem zweiten optisch erkennbaren Element (2) aufweist, das ein zweites Motiv in Form mindestens eines Musters, Zeichens oder einer Codierung bildet,
(1.5) wobei das zweite optisch erkennbare Element (2) aus einer zweiten Art von Prägestrukturen besteht,
(1.6) dadurch gekennzeichnet, dass der optisch wahrnehmbare Eindruck des ersten Motivs und der optisch wahrnehmbare Eindruck des zweiten Motivs übereinstimmen,
(1.7) wobei der erste motivbildende Teilbereich und der zweite motivbildende Teilbereich disjunkt zueinander angeordnet sind,
(1.8) wobei die erste und/oder zweite Art von Prägestrukturen aus einer der folgenden reflektierenden Mikrostrukturen oder Nanostrukturen besteht: Mikrospiegel, Mikrokavitäten, Mottenaugenstrukturen, Subwellenlängengitter, Moiré-Magnifier, Modulo-Mapper, Kippbilder ohne Vergrößerung, Blazed Gratings.
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass folgendes Merkmal am Ende hinzugefügt wurde:
(1.9) , wobei die erste Art von Prägestrukturen und die zweite Art von Prägestrukturen unterschiedlich sind.
IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass folgendes Merkmal am Ende hinzugefügt wurde:
(1.10) und wobei der erste und zweite motivbildende Teilbereich haptisch gleich wirken.
X. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 dadurch, dass "Kippbilder ohne Vergrößerung" aus Merkmal 1.8 gestrichen wurde.
XI. Die Argumente der Parteien können folgendermaßen zusammengefasst werden:
a) Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass D1 nicht neuheitsschädlich sein könne, da ein Sicherheitselement nicht mit einem Sicherheitsdokument gleichzusetzen sei und folglich die Substrate des Sicherheitselements und des Sicherheitsdokuments nicht dieselben sein können;
b) Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass im Lichte von Abschnitt [0030] des Streitpatents das Substrat sowohl des Sicherheitselements als auch des Sicherheitsdokuments aus den gleichen Materialien bestehen könnten und somit ein Teilbereich des Sicherheitsdokuments als Substrat des Sicherheitselements angesehen werden könne; folglich offenbare D1 alle Merkmale des Anspruchs 1.
c) Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Hilfsanträge 1 bis 3 den Schutzumfang des Hauptantrags weiter einschränkten, so dass deren Gegenstände - ebenso wie der des Hauptantrags - neu und erfinderisch seien.
Entscheidungsgründe
1. Gegenstand der Erfindung
1.1 Ein Sicherheitspapier, Wertdokument oder anderer Datenträger soll durch ein Sicherheitselement gegen Fälschung geschützt werden.
1.2 Dies wird durch zwei optisch variable Elemente (hier "Sicherheitsmerkmale"), welche jeweils ein Motiv in Form mindestens eines Musters, Zeichens oder einer Codierung bilden, auf einem Substrat erreicht, deren optisch wahrnehmbarer Eindruck übereinstimmt, die aber auf unterschiedliche Weise hergestellt werden (Hilfsantrag 1), haptisch gleich oder unterschiedlich wirken (Hilfsantrag 2) oder z.B. Mikro/Nano-Strukturen sind (im Anspruchswortlaut von Hilfsantrag 3 wurde "Kippbilder" gestrichen).
2. Hauptantrag - Neuheit
2.1 Auslegung des Begriffs "Substrat"
2.1.1 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Abschnitte [0016], [0020] und [0030] sowie der Anspruchswortlaut des Streitpatents erforderten, dass das Substrat des Sicherheitselements verschieden vom Substrat des Wertdokuments sein müsse. Insbesondere bedeute "Sicherheitselement für Sicherheitspapiere", dass beide Entitäten unterschiedlich sein müssten. Abschnitt [0016] erfordere ein einziges Sicherheitselement. Folglich müssten alle Sicherheitsmerkmale auf dem Sicherheitselement angeordnet sein und dieses Sicherheitselement müsse von dem Sicherheitsdokument (z.B. einer Banknote) verschieden sein. In der bevorzugten Ausführungsform stelle das Sicherheitselement (Beschreibung des Streitpatents, Abschnitt [0016]) einen Sicherheitsfaden oder einem Folienstreifen für eine Banknote dar und könne somit nicht die Banknote selbst sein.
2.1.2 Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass das Streitpatent hier selbst keinen Unterschied mache (siehe Streitpatent, Abschnitt [0030]), da das Substrat auch Banknotenpapier sein könne und somit ein Teilbereich einer Banknote. Dieser Teilbereich könne auch nur aus einer oder mehrerer Schichten einer Banknote bestehen. Alternativ könne auch ein bestimmter Teil der Banknote (oder auch die die gesamte Banknote) als Substrat des Sicherheitselements angesehen werden, da beide Substrate gemäß oben genannter Stelle aus den gleichen Materialien bestünden. Der Anspruchswortlaut schließe dies nicht aus. Ferner werde in den Abschnitten [0030] bis [0034] für die Ausführung des "Substrats" beispielhaft eine Vielzahl verschiedener Materialien genannt, so dass der Begriff "Substrat" breit auszulegen sei.
2.1.3 Die Kammer stimmt mit der Beschwerdegegnerin und der Einspruchsabteilung darin überein, dass das Substrat des Sicherheitselements identisch mit dem Substrat des Wertdokuments (Banknote, Kreditkarte etc.) sein kann. Die Formulierung "Sicherheitselement für Sicherheitspapiere" schließt dies nicht aus. Abschnitt [0030] des Streitpatents erwähnt sogar explizit diese Option. Das Sicherheitselement und das Sicherheitspapier bestehen dann aus den gleichen Materialien und ein Teil des Sicherheitspapiers stellt das Sicherheitselement mit den Sicherheitsmerkmalen dar. Die Kammer legt den Begriff "Sicherheitselement" breit aus und sieht keinen Grund, sich auf Folienstreifen oder Sicherheitsfäden für das Substrat zu beschränken, die nur als Ausführungsbeispiele im Streitpatent genannt werden.
2.2 Offenbarung der D1 bezüglich des "Substrats"
FORMEL/TABELLE/GRAPHIKFORMEL/TABELLE/GRAPHIKD1
Die Kammer betrachtet das Banknoten/Datenträger-Substrat ("Substrate bzw. Datenträgermaterial", D1, Seite 14, dritter Absatz) als Substrat für das Sicherheitselement, welches als erste Komponente das Sicherheitsmerkmal 2 (mit Halbtonblindprägung 3) und als zweite Komponente das Sicherheitsmerkmal (Stahlstichporträt) 13 trägt. Aus demselben Substrat wird die Banknote 1 gefertigt.
2.3 Mangelnde Neuheit gegenüber Dokument D1
2.3.1 Die Kammer stimmt mit der Argumentation der Einspruchsabteilung darin überein, dass D1 alle Merkmale des Anspruchs 1 offenbart.
2.3.2 D1 offenbart nämlich (Bezüge auf D1):
(1.1) Sicherheitselement (2, 13) für Sicherheitspapiere, Wertdokumente (1) und andere Datenträger, mit einem Substrat (Figuren 1 und 2, Seite 14, dritter Absatz),
(1.2) wobei das Substrat einen ersten motivbildenden Teilbereich (Prägehologramm/ Halbtonblindprägung 2, 3) mit einem ersten optisch variablen Element (3) aufweist, das ein erstes Motiv ("Kopf eines bärtigen Mannes", Figur 1) in Form mindestens eines Musters, Zeichens oder einer Codierung bildet (Figur 1, Anspruch 1, Seite 5, Zeilen 6 bis 17, Seite 13, Zeilen 22 bis Seite 14, Zeile 2),
(1.3) wobei das erste optisch variable Element (2, 3) aus einer ersten Art von Prägestrukturen (Prägehologramm/ Halbtonblindprägung, Anspruch 1) besteht, und
(1.4) wobei das Substrat einen zweiten motivbildenden Teilbereich (13) mit einem zweiten optisch erkennbaren Element (Stichtiefdruckportrait 13, Anspruch 20) aufweist, das ein zweites Motiv ("Kopf eines bärtigen Mannes", Figur 1) in Form mindestens eines Musters, Zeichens oder einer Codierung bildet (Figur 1 Anspruch 20, Seite 15, Zeilen 24 bis 28),
(1.5) wobei das zweite optisch erkennbare Element (13) aus einer zweiten Art von Prägestrukturen besteht (Stahlstichportrait, unterschiedliche Herstellung wie die erste Art von Prägestruktur),
(1.6) wobei der optisch wahrnehmbare Eindruck des ersten Motivs und der optisch wahrnehmbare Eindruck des zweiten Motivs übereinstimmen (gleiches Motiv: "Kopf eines bärtigen Mannes", siehe Figur 1),
(1.7) wobei der erste motivbildende Teilbereich und der zweite motivbildende Teilbereich disjunkt zueinander angeordnet sind (siehe Figur 1),
(1.8) wobei die erste und zweite Art von Prägestrukturen aus einer (jeweils verschiedenen) der folgenden reflektierenden Mikrostrukturen [deleted: oder Nanostrukturen] besteht: Mikrospiegel, Mikrokavitäten (siehe Figur 2, Seite 16, Zeilen 20 bis 26, diese Stellen offenbaren [reflektierende] Metallpigmente; Seite 7, Zeilen 20 bis 27 offenbart Strukturen zwischen 10 und 50 mym).
2.3.3 Folglich kommt die Kammer zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 im Sinne von Artikel 100 a), 52(1), 54(1) und (2) EPÜ ist.
3. Hilfsanträge - Nichtzulassung gemäß Artikel 12 (3) und (5) VOBK
3.1 Die Kammer ist der Auffassung, dass die Hilfsanträge gemäß Artikel 12 (5) in Verbindung mit Artikel 12 (3) VOBK nicht zuzulassen sind, da sie ohne erkennbare inhaltliche Begründung gestellt worden sind (einzige Substantiierung: "Die Hilfsanträge 1 bis 3 schränken den Schutzumfang des Gegenstands des Hauptantrags weiter ein, so dass sie ebenso wie der Hauptantrag neu und erfinderisch sind").
3.2 Wie die Kammer in ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK ausgeführt hat, war es bereits nach der alten Verfahrensordnung gefestigte Rechtsprechung, dass ohne Begründung gestellte Hilfsanträge gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 nicht zu berücksichtigen sind (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA [RSdBK], 10. Auflage 2022, Kapitel V.A.3.2.2, vgl. z. B. T 0706/17, T 2457/16, T 0412/18).
Die Hilfsanträge 1 bis 3 waren bereits Gegenstand der angefochtenen Entscheidung. Insofern wäre zu erwarten gewesen, dass sich die Beschwerdeführerin mit den Entscheidungsgründen zu den Hilfsanträgen auseinandersetzt (RSdBK, 10. Auflage 2022, Kapitel V.A.2.6.3. e) und f) und V.A.4.3.5 b), vgl. z.B. T 0220/83, T 0213/85).
3.3 Ganz abgesehen von der fehlenden Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ist die von der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin vorgebrachte pauschale Begründung, die Hilfsanträge seien eingeschränkter und daher aus demselben Grund wie der Hauptantrag neu und erfinderisch, ersichtlich nicht geeignet, ihre Gewährbarkeit für den Fall zu begründen, dass die Kammer den Hauptantrag für nicht gewährbar hält. Daher kommt diese Begründung einem völligen Fehlen einer Begründung gleich.
3.4 Folglich lässt die Kammer die Hilfsanträge 1 bis 3 gemäß Artikel 12 (3) und (5) VOBK nicht zu.
3.5 Unbeschadet der Frage der Zulässigkeit der Hilfsanträge hat die Kammer in ihrem Bescheid gemäß Artikel 15 (1) VOBK bzgl. Neuheit Stellung genommen und kam darin zum Schluss, dass, selbst wenn die Anträge zugelassen worden wären, der Gegenstand des jeweiligen Anspruchs 1 sowohl bzgl. D1 als auch bzgl. zahlreicher weiterer Dokumente nicht neu gewesen wäre.
4. Schlussfolgerungen
Da der Hauptantrag die Erfordernisse der Artikel 52(1) EPÜ nicht erfüllt (Artikel 100a) EPÜ) und die Hilfsanträge 1 bis 3 gemäß Artikel 12 (3) und (5) VOBK nicht zum Verfahren zugelassen werden, muss die Beschwerde zurückgewiesen werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.