European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T303419.20220817 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 August 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 3034/19 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03718790.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | C07C 43/11 C11D 1/825 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | ALKOXYLATGEMISCHE UND DIESE ENTHALTENDE WASCHMITTEL | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Nouryon Chemicals International B.V. | ||||||||
Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Europäische Patent Nr. 1 501 775 unter Artikel 101(2) EPÜ zurückzuweisen.
II. Im Einspruchsverfahren wurde das Patent unter Artikel 100(a) EPÜ wegen mangelnder Neuheit (Artikel 54 EPÜ) und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ), sowie unter Artikel 100(b) und (c) EPÜ wegen mangelnder Offenbarung und unzulässiger Änderungen angegriffen. Die Zulässigkeit der Änderungen des vorliegenden Hauptantrags (erteilten Patents) wurde in der Entscheidung T 1521/14 anerkannt. Die angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung befasst sich lediglich mit den Einspruchsgründen unter Artikel 100(a) und (b) EPÜ.
III. Die Einspruchsabteilung vertrat in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung, der im erteilten Patent beanspruchte Gegenstand werde ausführbar offenbart (Artikel 83 EPÜ) und beruhe ausgehend von der technischen Lehre des Dokuments D1 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Der Einwand mangelnder Neuheit (Artikel 54 EPÜ) wurde von der Einspruchsabteilung als unzulässig verworfen.
IV. Gegen diese Entscheidung wurde von der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.
V. Im Einspruchsverfahren wurde auf die folgenden Dokumente verwiesen, die auch für die vorliegende Entscheidung relevant sind:
D1: US 3,983,078
D2: US 2,508,036
D3: US 4,426,542
VI. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung in Bezug auf die vorgebrachten Argumente mit, nämlich dass von der Beschwerdeführerin nicht in überzeugender Weise dargelegt wurde, dass das Verfahren gemäß Anspruch 3 dem Fachmann nicht ausreichend offenbart werde und das Streitpatent somit die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ zu erfüllen scheine. Hinsichtlich der Frage des Vorliegens einer erfinderischen Tätigkeit äußerte die Kammer Erörterungsbedarf, insbesondere hinsichtlich der Frage, inwiefern der Fachmann unter Anwendung der in den Dokumenten D2 und D3 offenbarten Herstellungsverfahren zwangsläufig zu Verbindungen gelange, die er als Alternative zu den in D1 offenbarten Alkoxylaten einsetzen würde.
VII. Von der Beschwerdeführerin wurde daraufhin ein weiterer Schriftsatz mit Argumenten zur erfinderischen Tätigkeit vorgelegt.
VIII. Die Beschwerdeführerin brachte im Laufe des Beschwerdeverfahrens im Wesentlichen folgendes vor:
Anspruch 3 des erteilten Patents erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ, da der Fachmann durch die Lektüre der Patentanmeldung nicht in die Lage versetzt werde, das beanspruchte Verfahren durchzuführen. Zudem beruhe der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 sei die gelöste technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung alternativer Alkoxylatgemische zu sehen, die sich zur Verwendung als Wasch- oder Reinigungsmittel eigneten. Die streitpatentgemäße Lösung, nämlich die Auswahl von Alkoxylaten der Formel (I) aufweisend eine Alkylkette mit einer spezifischen Isomerenverteilung ergebe sich dem Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, insbesondere unter Berücksichtigung der Dokumente D2 und D3.
IX. Die Beschwerdegegnerin brachte im Laufe des Beschwerdeverfahrens im Wesentlichen folgendes vor:
Die Entscheidung der Einspruchsabteilung sei korrekt, insbesondere werde dem Fachmann ausgehend von der technischen Lehre des Dokuments D3 die anspruchsgemäße Lösung der technischen Aufgabe der Bereitstellung einer alternativen Alkoxylatmischung durch die herangezogenen Dokumente nicht nahegelegt. Ebenso erfülle der Antrag aus den in der Entscheidung der Einspruchsabteilung angegebenen Gründen die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ.
X. Am 18. August 2022 fand eine mündliche Verhandlung statt.
XI. Der für das vorliegende Verfahren relevante Anspruch 1 ist in allen vorliegenden Anträgen identisch und hat den folgenden Wortlaut:
"Alkoxylatgemisch, enthaltend
10 bis 90 Gew.-% mindestens eines Alkoxylats der allgemeinen Formel (I)
C5H11CH(C3H7 )CH2O(A)xH (I)
mit der Bedeutung
A Ethylenoxy
x Zahl von 3 bis 12 und
10 bis 90 Gew.-% mindestens eines Alkoxylats der allgemeinen Formel (II)
CmH2m+1O(A)v(B)wH (II)
mit der Bedeutung
A Ethylenoxy
B C3-C10-Alkylenoxy oder Gemische davon,
wobei Gruppen A und B statistisch verteilt, alternierend oder in Form zweier oder mehrerer Blöcke in beliebiger Reihenfolge vorliegen können,
m ganze Zahl im Bereich von 12 bis 24,
v Zahl im Bereich von 3 bis 15,
w 0, wobei im Alkoxylat der allgemeinen Formel (I)
85 bis 96 Gew.-% Alkoxylate A1, in denen C5H11 die
Bedeutung n-C5H11 hat, und
4 bis 15 Gew.-% Alkoxylate A2, in denen C5H11 die
Bedeutung C2H5CH(CH3)CH2 und/oder
CH3CH(CH3)CH2CH2 hat,
im Gemisch vorliegen."
XII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde oder die Aufrechterhaltung des europäischen Patents auf der Grundlage der Hilfsanträge 1 oder 2.
Entscheidungsgründe
Hauptantrag
Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100(a) und 56 EPÜ)
1. Das Streitpatent beschäftigt sich mit Alkoxylatgemischen und diese enthaltenden Waschmitteln, insbesondere zum Waschen oder Reinigen von Textilien (Absatz [0001]). Die im Streitpatent adressierte Aufgabe besteht in der Bereitstellung von Alkoholalkoxylat-Tensidsystemen, die in Wasch- und Reinigungsmitteln zu einer verbesserten Schmutzentfernung führen und die das Leistungsspektrum der Wasch- und Reinigungsmittel verbessern (Absatz [0008]). Im Patent werden hierzu neben Alkoxylatgemischen auch ein Verfahren zu deren Herstellung, diese enthaltende Wasch- und Reinigungsmittel, sowie deren Verwendung zum Waschen oder Reinigen von Textilien beansprucht.
2. Von der Einspruchsabteilung wurde das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der technischen Lehre des Dokuments D1 als nächstliegendem Stand der Technik anerkannt. Die Einspruchsabteilung sah das Unterscheidungsmerkmal zwischen der streitpatentgemäß beanspruchten Zusammensetzung und der Zusammensetzung gemäß Beispiel II des Dokuments D1 in der Struktur des C10 Alkylrests des Alkoxylats der allgemeinen Formel (I), sowie in der Verteilung der Isomeren A1/A2 in der Alkoxylatmischung. Sie argumentierte, dass in Ermangelung einer auf die besagten Unterscheidungsmerkmale zurückzuführenden speziellen technischen Wirkung die gelöste technische Aufgabe in der Bereitstellung eines alternativen Alkoxylatgemisches zu sehen sei, welches als Wasch- oder Reinigungsmittel verwendet werden könne. Die vorgeschlagene Lösung beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, da dem Fachmann die Unterscheidungsmerkmale aus keinem der Dokumente D1 bis D6 nahegelegt würden.
3. Die Beschwerdeführerin widersprach dieser Auffassung. Ihrer Ansicht nach seien im Dokument D1 bereits Alkoxylatgemische offenbart, die sowohl Alkoxylate der allgemeinen Formel (I) gemäß Anspruch 1 des Streitpatents, als auch solche der allgemeinen Formel (II) enthielten. Sie verwies hierzu insbesondere auf die in den Zeilen 3, 4 und 7 der Tabelle I von Spalte 10 gelisteten Mischungen, sowie auf die Beispiele I und II. Einige dieser Mischungen enthielten teilweise "Dobanol 91-4". Diese Verbindung weise verzweigte Alkylketten mit einer mittleren Anzahl von 10 C-Atomen auf, und entsprächen daher den anspruchsgemäßen Alkoxylaten der Formel (I) in der Bedeutung A1 und A2. Nicht offenbart seien im Dokument D1 lediglich solche Verbindungen, die die spezifischen Verhältnisse der isomeren Verbindungen A1/A2 der Formel (I) aufwiesen.
Dieser Unterschied führe jedoch nach Ansicht der Beschwerdeführerin erkennbar nicht zu einer besonderen technischen Wirkung. Daher liege die gelöste technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung alternativer Alkoxylatgemische. Die anspruchsgemäße Lösung dieser Aufgabe sei dem Fachmann insbesondere durch die technische Lehre der Dokumente D2 oder D5/D6, jeweils unter Berücksichtigung der Dokumente D3 oder D4, nahegelegt. Dies gelte ebenso für die verbleibenden Ansprüche des Streitpatents, die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ seien daher nicht erfüllt.
4. Von der Beschwerdegegnerin wurde vorgebracht, lediglich Beispiel II des Dokuments D1 eigne sich als Ausgangspunkt für die Beurteilung von erfinderischer Tätigkeit, da die im Beispiel I offenbarten Mischungen im Zusammenhang mit der Reinigung öliger Metalloberflächen offenbart seien, nicht aber als Wasch- und Reinigungsmittel für Textilien. Gemäß D1 seien zudem geradkettige Alkoxylate bevorzugt, und derartige geradkettige Alkoxylate enthaltende Mischungen ergäben bereits Waschmittel mit exzellenter Wirkung. Daher entnehme der Fachmann D1 selbst keine Hinweise auf oder Motivation für die Verwendung anspruchsgemäß verzweigter C10-Alkoxylate. Auch erhalte der Fachmann weder aus D2, noch aus D5 oder D6 einen Hinweis auf eine anspruchsgemäße Modifikation der aus D1 bekannten Zusammensetzungen. Somit liege erfinderische Tätigkeit vor.
5. Die Kammer folgt der Argumentation der Beschwerdeführerin.
Nächstliegender Stand der Technik
5.1 Sowohl die Einspruchsabteilung, als auch die beiden Parteien argumentierten erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument D1 als nächstliegendem Stand der Technik. Die Kammer schließt sich dieser Beurteilung an. Das Dokument betrifft, wie auch das Streitpatent, Alkoxylatgemische enthaltende Reinigungszusammensetzungen (Spalte 3, Zeilen 3 bis 27). Insbesondere in den Beispielen I und II werden Alkoxylatgemische offenbart, die sich als Wasch- oder Reinigungsmittel eignen. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin eignet sich dabei die im Beispiel I offenbarte Mischung nicht ausschließlich für die Verwendung zur Reinigung öliger Metalloberflächen. Vielmehr wird ebenso die Reinigung ölverschmutzter Lappen beschrieben ("oil-stained rags", Spalte 13, Zeile 50). Das Beispiel eignet sich somit ebenso wie Beispiel II als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Die Mischung gemäß Beispiel I enthält 80 Gew.-% des geradkettigen Alkoxylats n-C10(EO)4 sowie 20 Gew.-% Tergitol 15-S-9.
Unterscheidungsmerkmal
5.2 Unstrittig zwischen den Parteien war, dass die im Dokument D1 offenbarten Alkoxylatgemische Alkoxylate der allgemeinen Formel (II) gemäß Anspruch 1 enthalten, nämlich Alkoxylate mit 12 bis 24 C-Atomen in der Alkylkette und 3 bis 15 Ethylenoxygruppen (Tergitol 15-S-9 bzw. Tergitol 15-S-7 in den Beispielen I und II sowie Tergitol 15-S-9 bzw. Tergitol 13-S-9 in den Einträgen der Zeilen 3, 4 und 7 von Tabelle in Spalte 10; siehe hierzu die erste Anmerkung unter Tabelle I der Spalte 9 von D1).
5.3 Unstrittig war ebenso, dass sich die Alkoxylatgemische gemäß Anspruch 1 des Streitpatents von den im Dokument D1 offenbarten dadurch unterscheiden, dass im Alkoxylat der allgemeinen Formel (I) die Alkoxylate A1 und A2 vorliegen, und zwar zu 85 bis 96 Gew.-%, bzw. zu 4 bis 15 Gew.-%.
5.4 In Formel (I) wird die Endgruppe des C10-Alkoxylats generisch mit C5H11 bezeichnet. Im Alkoxylat A1 wird die Endgruppe als linearer Rest n-C5H11- spezifiziert, Alkoxylat A2 weist an dieser Stelle einen verzweigten Rest C2H5-CH(CH3)-CH2- und/oder CH3-CH(CH3)-C2H4- auf. Die Alkoxylate A2 enthalten daher neben der Gruppe C3H7- eine zusätzliche Verzweigung des Alkylrestes des C10-Alkoholats.
5.5 Im Gegensatz hierzu enthalten die im Dokument D1 offenbarten Gemische Alkoxylate, die - wie die Verbindungen der Formel (I) des Streitpatents - C10-Alkylgruppen aufweisen. Diese Verbindungen verfügen jedoch entweder über eine lineare Alkylkette (Beispiele I und II: n-C10(EO)4 und n-decanol(EO)4 sowie die Einträge der Zeilen 3, 4 und 7 der Tabelle in Spalte 10: n-C10(EO)4), oder sie sind verzweigt, ohne dass jedoch das Gewichtsverhältnis der Isomeren (A1/A2 im Anspruch 1) offenbart wird (Einträge der Zeilen 4 und 7 der Tabelle in Spalte 10: Dobanol 91-4; siehe hierzu die zweite Anmerkung unter Tabelle I der Spalte 9 von D1). Zumindest für Beispiel I und die Einträge 3, 4 und 7 der Tabelle in Spalte 10 liegt auch der Anteil der Komponenten entsprechend den Formeln (I) und (II) im Bereich des Anspruchs 1.
5.6 Somit ist der Unterschied zwischen Anspruch 1 des Streitpatents und der Offenbarung des Dokuments D1 darin begründet, dass das Gemisch gemäß Anspruch 1 des Streitpatents Alkoxylate der Formel (I) aufweist, die zwar - wie die vorstehend genannten Zusammensetzungen aus D1 - eine C10-Alkylgruppe aufweisen, dass diese jedoch gemäß den Alkoxylaten A1 und A2 verzweigt sind. Sie weisen somit Alkylgruppen auf, die den Formeln n-C5H11CH(C3H7)CH2- (A1), C2H5CH(CH3)CH2CH(C3H7)CH2- und/oder CH3CH(CH3)C2H4CH(C3H7)CH2- (A2) entsprechen (Hervorhebung durch die Kammer). Zudem liegen die diese Gruppen enthaltenden Verbindungen anspruchsgemäß zwingend in bestimmen Anteilen im Gemisch vor.
Technische Wirkung und objektive technische Aufgabe
5.7 Einigkeit zwischen den Parteien bestand auch dahingehend, dass durch das genannte Unterscheidungsmerkmal keine unerwarteten technischen Wirkungen hervorgerufen werden, und dass die gelöste objektive technische Aufgabe in der Bereitstellung von zu D1 alternativen Alkoxylatmischungen gesehen werden kann, die sich zur Verwendung als Wasch- oder Reinigungsmittel eignen. Die Kammer schließt sich der Definition der objektiven technischen Aufgabe an.
Lösung der gestellten technischen Aufgabe
5.8 Anspruchsgemäß werden zur Lösung dieser Aufgabe Alkoxylatgemische vorgeschlagen, bei denen im Alkoxylat der allgemeinen Formel (I) 85 bis 96 Gew.-% Alkoxylate A1 und 4 bis 15 Gew.-% Alkoxylate A2 vorliegen.
5.9 Diese Aufgabe wird gelöst, wie aus der Beschreibung des Streitpatents ersichtlich ist. Aus der Tabelle auf Seite 17 sowie aus Absatz [0145] lässt sich entnehmen, dass sich anspruchsgemäße Alkoxylatmischungen zur Verwendung als Waschmittel eignen.
Naheliegen der vorgeschlagenen Lösung
5.10 Strittig zwischen den Parteien war, inwiefern der Fachmann aus dem Stand der Technik Anregungen dazu erhält, die gestellte technische Aufgabe - die Bereitstellung eines zu D1 alternativen Alkoxylatgemischs - dadurch zu lösen, in den im Dokument D1 offenbarten Mischungen enthaltene Alkoxylate (n-decanol(EO)4, n-C10(EO)4 und Dobanol 91-4) durch solche zu ersetzen, die sowohl der Definition der Alkoxylate A1 und A2 gemäß vorliegendem Anspruch 1 entsprechen, als auch deren Anteile im Gemisch aufweisen.
5.11 Nach Ansicht der Kammer ist dies aus folgenden Gründen der Fall:
5.11.1 Im Dokument D1 wird darauf verwiesen, dass in den darin offenbarten Zusammensetzungen Alkoxylate verwendet werden können, die aus einer Mischung von Verbindungen verschiedener Kettenlängen und Alkoxylierungsgrade bestehen (Spalte 8, Zeilen 29 bis 39 sowie die Anmerkungen zur Tabelle in Spalte 9).
5.11.2 Dokument D1 offenbart bereits Alkoxylatmischungen, die verzweigte Alkoxylate mit C10-Alkylgruppen enthalten, und zwar insbesondere solche, die sich nach dem OXO Verfahren herstellen lassen (Dobanol 91-Verbindungen, Spalte 7, Zeilen 6 bis 19 sowie zweite Anmerkung zur Tabelle in Spalte 9). Daher wird der Fachmann auf der Suche nach alternativen Mischungen beispielsweise ausgehend von Beispiel I statt des linearen Alkoxylats n-C10(EO)4 auch verzweigte Alkoxylate verwenden, und zwar insbesondere C10-Alkylgruppen enthaltende, die sich aus nach dem OXO-Verfahren hergestellten Alkoholen herstellen lassen.
5.11.3 Dokument D2 offenbart die Verwendung von Alkoxylaten zur Reinigung textiler Produkte (Spalte 3, Zeilen 6 bis 8), sowie deren Herstellung aus 2-n-Propyl-heptanol und 5 bis 16 Einheiten Ethylenoxid (Spalte 1, Zeilen 17 bis 41 sowie die letzten drei Einträge der Tabelle von Spalte 1). Der Fachmann wird erkennen, dass diese einen C10-Alkylrest aufweisenden Alkoxylate prinzipiell als Alternativen zu denjenigen geeignet sind, die im Dokument D1 als Bestandteile der darin offenbarten Mischungen verwendet werden. Aus der Tabelle der Spalte 1 entnimmt er zudem, dass verzweigte Alkoxylate gegenüber linearen vorteilhafter sind. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass der Fachmann bei der Suche nach alternativen Alkoxylatmischungen die Verwendung der im Dokument D2 offenbarten Alkoxylate als mögliche Bestandteile in Betracht ziehen würde.
5.11.4 Aus Dokument D3 geht hervor, dass bei der Herstellung des in Dokument D2 verwendeten 2-n-Propyl-heptanols durch "oxo reaction" neben 80%-90% dieses Produkts auch bis zu 20% an 2-Propyl-4-methylhexanol entsteht (Spalte 1, Zeile 60 bis Spalte 2, Zeile 16). Gemäß Anspruch 7 von Dokument D3 werden bei einer OXO Reaktion zur Herstellung von 2-Propylheptanol (Alkoxylat 1 gemäß Anspruch 1 des Streitpatents) nicht mehr als 15% 2-Propyl-4-methylhexanol (Variante 1 des Alkoxylats A2 gemäß Anspruch 1 des Streitpatents) gebildet. Die Verwendung des gemäß Dokument D3 hergestellten Alkohols bei der Synthese der Alkoxylate gemäß Dokument D2 führt demnach direkt zu einer Verteilung von Isomeren, die derjenigen des Anspruchs 1 (A1, A2) gemäß Streitpatent entspricht.
5.11.5 Daher gelangt der Fachmann unter Anwendung der Herstellungsverfahren gemäß D3 und D2 zwangsläufig zu Verbindungen, die er als Alternative zu den in D1 offenbarten geradkettigen (n-C10(EO)4) bzw. verzweigten (Dobanol 91-4) Alkoxylaten einsetzen wird, um dadurch alternative Zusammensetzungen für den angegebenen Zweck zu erhalten. Zudem werden auch die Alkoxylate der streitpatentgemäß beanspruchten Mischungen aus den entsprechenden Alkoholen hergestellt (Anspruch 3 und Herstellungsbeispiele).
5.12 Von der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, dass gemäß Spalte 6, Zeilen 12 bis 26 des Dokuments D1 lineare, primäre Alkoxylate wie beispielsweise n-C10EO(6) bevorzugt verwendet würden. Der Fachmann würde diese daher nicht durch verzweigte Alkoxylate ersetzen.
Dieses Argument überzeugt nicht. Der Verweis auf die bevorzugte Verwendung von n-C10EO(6) in der herangezogenen Stelle bezieht sich auf die bevorzugte Verwendung dieser Alkoholalkoxylate innerhalb der Gruppe geradkettiger, primärer Alkohole, nicht jedoch auf deren generelle Eignung bzw. Bevorzugung in den offenbarten Mischungen.
5.13 Somit wird dem Fachmann ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 das beanspruchte Alkoxylatgemisch zur Lösung der gestellten Aufgabe nahegelegt. Der Antrag erfüllt daher bereits aus diesem Grund nicht das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
6. Da der vorliegende Hauptantrag der Beschwerdegegnerin bereits aus diesem Grund nicht gewährbar ist, erübrigt sich eine Erörterung der weiteren von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einspruchsgründe.
Hilfsanträge
7. Anspruch 1 der von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Hilfsanträge 1 und 2 ist identisch mit Anspruch 1 des Hauptantrags. Die Bereitstellung der darin beanspruchten Alkoxylatgemische beruht daher ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Diese Anträge sind somit ebenfalls nicht gewährbar.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.