T 2438/19 (Filtervorrichtung/Hydac) of 30.3.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T243819.20220330
Datum der Entscheidung: 30 März 2022
Aktenzeichen: T 2438/19
Anmeldenummer: 05715722.4
IPC-Klasse: B01D 35/30
B01D 29/96
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: FILTERVORRICHTUNG UND FILTERELEMENT
Name des Anmelders: Hydac Filtertechnik GmbH
Name des Einsprechenden: MANN + HUMMEL GmbH
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 013(2)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention R 103(1)(a)
Schlagwörter: Änderung nach Ladung - außergewöhnliche Umstände (nein)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0441/16
T 1480/16
T 0995/18
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass das europäische Patent EP 1 755 762 in geändertem Umfang den Erfordernissen des Übereinkommens genügt. Der angefochtenen Entscheidung war die Entscheidung T 441/16 vom 16. Mai 2018 vorausgegangen.

II. Das folgende in der angefochtenen Entscheidung zitierte Dokument ist hier von Relevanz:

U2: US 5 817 234

III. In der Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 war die Kammer der vorläufigen Meinung, dass die angepasste Beschreibung nicht die Bedingungen des Artikels 123(2) und (3) EPÜ erfülle und das Patent somit zu widerrufen sei.

IV. Daraufhin reichte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) am 8. Februar 2022 einen neuen Hilfsantrag ein, der ausgehend von den in der angefochtenen Entscheidung angegebenen Unterlagen für die Aufrechterhaltung in geändertem Umfang nur eine Änderung des Absatzes [0013] der Beschreibung enthielt.

V. Die Beschwerdeführerin machte eine weitere Eingabe am 21. März 2022, woraufhin am 29. März 2022 die Beschwerdegegnerin einen neuen Antrag mit nochmaliger Änderung des Absatzes [0013] der Beschreibung vorlegte. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer stellte die Beschwerdegegnerin klar, dass dieser den neuen Hauptantrag darstellte und den vorherigen (von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltene Fassung) ersetzte.

VI. Der einzige unabhängige Anspruch des von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Antrags ist nun Anspruch 1 des Hauptantrags und hat folgenden Wortlaut:

"1. Filtervorrichtung mit einem topfartigen Filtergehäuse (10), einem in diesem aufnehmbaren Filterelement (28) mit mindestens einer Endkappe (32) und einer zum lösbaren Festlegen des Filterelementes entlang seiner Längsachse (12) im Filtergehäuse (10) angeordneten Halteeinrichtung (38), die an der Innenseite des Filtergehäuses (10) und am Filterelement (28) ausgebildete, miteinander zusammenwirkende Halteelemente (46) aufweist, wobei die Halteeinrichtung (38) aus einem Außengewinde (40) und einem hierzu korrespondierenden Innengewinde (44) besteht, wobei die Halteelemente (46) aus den zugehörigen Gewindegängen des Außen (40)- und des Innengewindes (44) gebildet sind, und mit einer Dichteinrichtung (60), die zwischen einem Gehäusedeckel (20) des Filtergehäuses (10) und dem Filterelement (28) die Abdichtung vornimmt, wobei die Dichteinrichtung (60) in der Art eines geschlossenen Ringes ausgebildet mindestens eine Dichtkante (62) oder Dichtfläche aufweist, die in axialer Richtung parallel zur Längsachse (12) des Filterelementes (28) angeordnet unter dem Einfluß der Halteeinrichtung (38) verpreßt die Abdichtung vornimmt, und wobei die Dichteinrichtung (60) aus dem gleichen Werkstoff hergestellt ist wie die Endkappe (32) und einstückiger Bestandteil derselben ist."

Zudem enthält der Antrag eine angepasste Beschreibung, in der unter anderem Absatz [0013] wie folgt lautet:

"[0013] Für alle genannten Lösungen ist jedoch wesentlich, dass über eine Krafteinrichtung die aus Teilen der Halteeinrichtung in Form der Gewindegänge von Außengewinde und Innengewinde gebildet ist, eine Verpressung der Dichteinrichtung mit ihrer Dichtkante in axialer Richtung zwischen stirnseitigem Ende des Filterelementes und dem Gehäusedeckel oder Filterkopf erfolgt. Dabei besteht auch die Möglichkeit, zusätzlich eine weitere Dichteinrichtung an dem Filterkopf oder Gehäusedeckel anzuordnen, die dann in Richtung des stirnseitigen Endes des Filterelementes axial wirkt."

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags entspricht dem des Hauptantrags. Gegenüber dem Hauptantrag wurde im Absatz [0013] der Beschreibung der letzte Satz gestrichen:

"[0013] Für alle genannten Lösungen ist jedoch wesentlich, dass über eine Krafteinrichtung die aus Teilen der Halteeinrichtung in Form der Gewindegänge von Außengewinde und Innengewinde gebildet ist, eine Verpressung der Dichteinrichtung mit ihrer Dichtkante in axialer Richtung zwischen stirnseitigem Ende des Filterelementes und dem Gehäusedeckel oder Filterkopf erfolgt. [deleted: Dabei besteht auch die Möglichkeit, zusätzlich eine weitere Dichteinrichtung an dem Filterkopf oder Gehäusedeckel anzuordnen, die dann in Richtung des stirnseitigen Endes des Filterelementes axial wirkt.]"

VII. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 30. März 2022 statt.

VIII. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Angesichts der Einwände der Beschwerdeführerin gegen die Beschreibung vom 8. Februar 2022, entspräche der Absatz [0013] jetzt wieder dem Absatz [0015] des erteilten Patents.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei erfinderisch gegenüber U2. Wie in T 441/16 angegeben, sei in U2 das Gewinde 76 Teil des Elementes 74 (Spalte 7, Zeilen 9 bis 11; Figuren 8, 9, 12 und 14), das als Halteeinrichtung angesehen wird. Deshalb können weder die Gewindefläche 76 noch das Element 74 als Dichteinrichtung gemäß Anspruch 1 angesehen werden. Der Fläche 64 könne in U2 nicht eindeutig eine Dichtfunktion zugeschrieben werden, sondern sie sei eher als Teil einer Stütze für das Filtermedium beschrieben (Spalte 7, Zeilen 2 bis 8). Das Gewinde so zu verändern, dass es zu einer Dichtung käme, beruhe auf einer ex post facto Analyse.

IX. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin spiegeln sich in der Entscheidungsbegründung wider. Zudem war die Beschwerdeführerin der Meinung, dass die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten sei, da ein schwerwiegender Verfahrensfehler angesichts der mangelnden Begründung der angefochtenen Entscheidung vorliege. Es gebe überhaupt keine Begründung, wieso die geänderte Beschreibung die Bedingungen der Artikel 123 und 84 EPÜ erfülle. Die Beschwerde hätte bei einer Würdigung des Vortrags zur unzulässig erweiterten Beschreibung vermieden werden können.

X. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Zudem wurde beantragt die Anträge der Patentinhaberin nicht zu berücksichtigen und die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten. Außerdem wurde gegebenenfalls die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung beantragt und die Vorlage an die Große Beschwerdekammer von Fragen zu Artikel 84 EPÜ beziehungsweise Artikel 56 EPÜ.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, das Patent auf der Grundlage des Hauptantrags entsprechend der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung aber mit der geänderten Beschreibung, eingereicht mit Schreiben vom 29. März 2022, oder hilfsweise mit der geänderten Beschreibung gemäß Hilfsantrag, eingereicht mit Schreiben vom 08. Februar 2022, aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Artikel 13(2) VOBK 2020

Gemäß Artikel 13(2) VOBK 2020 bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.

Einen Tag vor der mündlichen Verhandlung, am 29. März 2022, reichte die Beschwerdegegnerin einen neuen Absatz [0013] der angepassten Beschreibung ein und gab an, damit auf die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 21. März 2022 zu reagieren.

Es mag sein, dass die Anpassung der Beschreibung erst dann diskutiert wird, wenn ein Anspruchssatz vorliegt, der für gewährbar erachtet wird. Im vorliegenden Fall war die Anpassung der Beschreibung bereits Thema in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung (siehe Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, Punkt 6.8) und auch Teil der Beschwerdeschrift. Der Absatz [0013] des vorliegenden Hauptantrags ist wortgleich mit dem Absatz [0015] des erteilten Patents, welcher bereits mehrfach ersetzt worden war und somit nicht mehr Teil des Verfahrens war. Es gibt keinen Grund, diesen erteilten Absatz jetzt wieder vorzulegen, da er zur Wiederaufnahme einer Diskussion führen würde, die durch die Änderung der erteilten Beschreibung bereits abgeschlossen war. Zudem ist der nun vorliegende Absatz [0013] eindeutig ebenfalls unter Artikel 123(2) EPÜ zu beanstanden, so dass der Einwand nicht ausgeräumt wurde, den die Kammer in der Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 unter Punkt 8 erhob.

Auch kann der Argumentation, dass entsprechend den Fällen T 1480/16 und T 995/18 sich hier ebenfalls keine geänderte Sachlage ergebe, nicht gefolgt werden, da im vorliegenden Fall kein Einwand ausgeräumt würde und zudem eine neue Diskussion betreffend Artikel 84 EPÜ des Anspruchs 1 im Lichte der Beschreibung geführt werden müsste.

Die Kammer erkennt deshalb keine außergewöhnlichen Umstände, die eine Berücksichtigung dieses Antrags rechtfertigen würden. Der Hauptantrag bleibt somit unberücksichtigt.

Hilfsantrag

2. Artikel 56 EPÜ

2.1 Die Erfindung betrifft eine Filtervorrichtung.

2.2 U2 ist ein geeigneter Ausgangspunkt als nächstliegender Stand der Technik, da es auch das Filtern von flüssigen Medien betrifft sowie als Ziel eine konstruktiv besonders einfache Bauweise mit niedrigen Herstellungskosten hat, die montagefreundlich ist (Spalte 2, Zeile 53 bis Spalte 3, Zeile 3).

2.3 Die zu lösende Aufgabe besteht darin, eine gute Abdichtung gegenüber aggressiven Medien (Absatz [0011] der erteilten Fassung, nun [0010]) oder anders ausgedrückt eine verbesserte Abdichtung zu erreichen.

2.4 Es wird vorgeschlagen, die Aufgabe zu lösen durch eine Filtervorrichtung gemäß Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, dass eine Dichteinrichtung vorhanden ist, die mindestens eine Dichtkante oder Dichtfläche aufweist, die in axialer Richtung parallel zur Längsachse des Filterelementes angeordnet unter dem Einfluss der Halteeinrichtung verpresst die Abdichtung vornimmt.

2.5 Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Aufgabe erfolgreich gelöst wurde.

2.6 Es bleibt zu bestimmen, ob die vorgeschlagene Lösung durch den Stand der Technik nahegelegt wurde.

Wie in T 441/16 angegeben (Gründe 5.2) ist in U2 das Gewinde 76 Teil des Elementes 74 (Spalte 7, Zeilen 9 bis 11; Figuren 8, 9, 12 und 14), das als Halteeinrichtung angesehen wird. Deshalb können weder die Gewindefläche 76 noch das Element 74 als Dichteinrichtung gemäß Anspruch 1 angesehen werden. Der Fläche 64 wird in U2 nicht eindeutig eine Dichtfunktion zugeschrieben, sondern sie wird eher als Teil einer Stütze für das Filtermedium beschrieben (Spalte 7, Zeilen 2 bis 8). Ob sie als solches zwischen dem Rohraum und dem Reinraum abdichtet, indem sie unter dem Einfluss der Halteeinrichtung verpresst wird, ist nicht eindeutig erkennbar, da sie einerseits nicht zwischen der Endplatte 130 (Figur 14) und einer etwaigen Gegenhaltefläche angeordnet ist und andererseits nicht eindeutig ist, wie weit in die Endplatte 130 eingeschraubt wird. Dies könnte durch das Element 74 begrenzt sein, sodass es gar nicht zu einem dichten Abschluss zwischen Fläche 64 und Endplatte 130 durch Verpressen käme.

Jedoch gehört es zu den üblichen Aufgaben der Fachperson, sich ständig zu bemühen, Nachteile zu beseitigen und zu überwinden und Verbesserungen bekannter Vorrichtungen zu erzielen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9.Auflage, 2019, I.D.9.11). Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die

Fachperson, die gewillt ist, die Filtervorrichtung insgesamt zu verbessern und dabei auch die Verbesserung der Trennung zwischen Reinfluid und Rohfluid in Betracht ziehen würde, die Dichtigkeit berücksichtigen wird.

Die Fachperson erkennt aus den Darstellungen in Figur 12 und Figur 9 der U2, dass bei geeigneter Länge des ringförmigen Vorsprungs 74 mit Gewinde 76 das Einschrauben der oberen Endkappe 60 in die Endplatte 30 einen Gewindeanschlag an Fläche 64 bewirkt. Unter Fläche 64 wird hierbei die in U2 nicht näher benannte Teilfläche der Figur 9 bezeichnet, die in dieser das Bezugszeichen 64 trägt. Diese ausgehend vom ringförmigen Vorsprung 74 radial nach innen gerichtete Fläche ist ebenfalls ringförmig. Dies bedeutet, dass der Fachperson bewusst ist, dass eine entsprechende Ausführung des Gewindes dazu führt, dass es durch die Gewindespannung zu einem Kraftschluss kommt, der auch eine Auswirkung auf die Dichtfähigkeit der Fläche 64 hat. Die Fachperson, die also die Dichtheit der Vorrichtung anpassen und optimieren will, wird eine solche Ausführung des Vorsprungs 74 mit Gewinde 76 versuchen und somit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.

Die Fachperson müsste dabei keine weiteren Modifikationen der Lehre von U2 vornehmen. So ist anspruchsgemäß für die zu erzielende Dichtwirkung weder eine bestimmte strukturelle Ausgestaltung der (mit der Endkappe einstückigen) ringförmigen Dichtfläche noch eine bestimmte Werkstoffwahl erforderlich. Das Streitpatent lehrt lediglich allgemein die Verwendung eines Kunststoffformteils (Absatz [0022] in Verbindung mit Absatz [0027] der erteilten Fassung, nun Absatz [0020] bzw. [0025]) und somit die gleiche Werkstoffgruppe wie U2 (Brückenabsatz zwischen den Spalten 6 und 7).

Die Fachperson würde darüber hinaus erkennen, dass bei der genannten Ausführung die gemäß U2 erforderliche Stützfunktion für das Filtermedium weiterhin gewährleistet wäre, insbesondere durch die Flansche 68 und 72.

Ob die Gegenfläche der Endplatte 30 in U2 bei der diskutierten Ausführungsform ebenfalls als Dichtfläche anzusehen ist, ist irrelevant, da weitere Dichtflächen nicht ausgeschlossen sind.

2.7 Somit ist die vorgeschlagene Lösung ausgehend von U2 für eine Fachperson naheliegend und die Bedingungen des Artikels 56 EPÜ sind nicht erfüllt. Der Hilfsantrag ist nicht gewährbar.

2.8 Eine Stellungnahme zur Zulässigkeit dieses Antrags und zur Vorlage von Fragen an die große Beschwerdekammer betreffend diesen Antrag erübrigt sich somit.

3. Regel 103(1)a) EPÜ

In der Beschwerdebegründung macht die Beschwerdeführerin einen (i) Begründungsmangel der erfinderischen Tätigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend und regt die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an. In der Eingabe vom 21. März 2022 wird zudem ein (ii) Begründungsmangel betreffend die Anpassung der Beschreibung vorgebracht.

Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern muss eine begründete Entscheidung alle zentralen Streitfragen behandeln. Die der Entscheidung zugrunde liegenden Argumente und alle maßgeblichen Erwägungen bezüglich der rechtlichen und faktischen Umstände des Falls müssten in der Entscheidung ausführlich gewürdigt werden (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9.Auflage, 2019, III.K. 3.4.3).

ad (i) Im vorliegenden Fall kann die Beschwerdekammer keine ungenügende Begründung erkennen, da die Einspruchsabteilung begründete, warum sie E1 nicht als geeigneten nächsten Stand der Technik ansah (Punkt 15 der Entscheidung) und ausgehend von U2 die objektive Aufgabe formuliert wurde (Punkt 21 der Entscheidung), und die Lösung als nicht naheliegend angesehen wurde (Punkt 24 der Entscheidung), dies ebenfalls für F1 geschah (Punkte 29 und 32), sowie ausgehend von E2 begründet wurde, wieso das zusätzliche Anbringen einer Dichtfläche oder Dichtkante nicht zielführend wäre.

ad (ii) Ungeachtet der Frage, ob das Vorbringen des Begründungsmangels betreffend die Anpassung der Beschreibung als Änderung des Beschwerdevorbringens zu erachten ist, geht aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nicht hervor, dass die Beschwerdeführerin Einwände gegen die Beschreibung der aufrechterhaltenen Fassung hatte (Punkt 6.8.4). Dem hat die Beschwerdeführerin jedoch in ihrem Schreiben vom 6. Dezember 2019, also etwa vier Monate nach Erhalt der Niederschrift und der Einspruchsentscheidung und mehr als fünf Monate nach der mündlichen Verhandlung, widersprochen, indem sie eine Korrektur der Niederschrift beantragte. Aus der darauffolgenden Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 15. Januar 2020 geht nicht eindeutig hervor, dass die Niederschrift in dem Punkt falsch ist, sodass der genaue Verlauf der Verhandlung nicht mehr nachvollzogen werden kann. Auch aus diesem Grund hat die Beschwerdekammer den Einwand der Beschwerdeführerin gegen die angepasste Beschreibung nicht unter Artikel 12(4) VOBK 2007 moniert und als Teil des Beschwerdeverfahrens angesehen.

Weder der Niederschrift noch dem Korrekturantrag oder der weiteren Eingabe der Einsprechenden lässt sich entnehmen, auf welche angeblich weiter bestehende Beanstandung gegenüber der angepassten Beschreibung sich die Einsprechende konkret bezog. Es sieht so aus, als sei die Einspruchsabteilung davon davon ausgegangen, dass die angepasste Beschreibung keinen Streitpunkt zwischen den Parteien mehr darstellte und diesen Punkt deshalb als irrelevant in der Entscheidung nicht erwähnt hat.

Unbeschadet der Frage, ob die Einspruchsabteilung diese Frage auf jeden Fall ex officio hätte vorbringen müssen und diese Unterlassung einen Verfahrensfehler bedingt, wird die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels nur angeordnet, wenn es der Billigkeit entspricht (Regel 103(1)a) EPÜ). Damit die Rückzahlung der Beschwerdegebühr der Billigkeit entspricht, muss ein Kausalzusammenhang zwischen dem angeblichen Verfahrensmangel und der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen, die die Einlegung einer Beschwerde notwendig machte (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9.Auflage, 2019, V.A.9.7.1). Diese Bedingung sieht die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall nicht als erfüllt an, da die Beschwerde sich nicht nur auf die Anpassung der Beschreibung bezog, sondern auch unter anderem auf die erfinderische Tätigkeit. Dieser Angriff griff letztlich durch. Die Beschwerde war demzufolge nicht alleine durch die fehlende Begründung bezüglich der angepassten Beschreibung notwendig, sondern auch durch die anderen in der Entscheidung erwähnten Punkte bedingt.

Dem Antrag für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr i.S.d. Regel 103(1)a) EPÜ wird somit nicht stattgegeben.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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