European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2021:T133819.20210902 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 02 September 2021 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1338/19 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11180887.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 3/033 G06F 3/042 G06F 3/044 B60K 37/06 H03K 17/96 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Eingabevorrichtung zur Steuerung eines elektronischen Geräts | ||||||||
Name des Anmelders: | Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hilfsantrag (nein) Patentansprüche - Klarheit nach Änderung (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung zurückzuweisen.
II. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruches 1 aller Anträge nicht erfinderisch sei .
III. In ihrer Entscheidung hat die Prüfungsabteilung unter anderem die folgende Dokumente berücksichtigt:
D2 |US 2010/079404 A1 1. April 2010 |
D9 |US 2008/246722 A1 9. Oktober 2008 |
D11|DE 10 2004 006605 A1 1. September 2005|
D12|WO 2005/024540 A2 17. März 2005 |
D13|WO 2005/083968 A2 9. September 2005 |
D14|WO 02/089047 A1 7. November 2002 |
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des der Entscheidung zugrundeliegenden Hauptantrags zu erteilen. Hilfsweise wurde beantragt, ein Patent auf der Grundlage eines der Entscheidung zugrundeliegenden Hilfsanträge 1 bis 4 zu erteilen.
V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Auffassung mit.
Die Kammer war der Auffassung, dass Anspruch 1 in allen Anträgen nicht klar abgefasst sei (Artikel 84 EPÜ). Ferner teilte sie die Auffassung der Prüfungsabteilung, dass Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag sowie gemäß dem Hilfsantrag 1 nicht erfinderisch sei (Artikel 56 EPÜ). Die Kammer verwies auf die Entscheidung 20W(pat)4/20 des Bundespatentgerichts, die der Mitteilung beigefügt wurde.
VI. Die mündliche Verhandlung fand am 2. September 2021 als Videokonferenz statt. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der vorliegenden Anträge (Hauptantrag bzw. Hilfsanträge 1-4) zu erteilen, oder weiter hilfsweise auf Grundlage des während der Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 5.
VII. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt (Nummerierung von der Kammer eingeführt):
(I) Eingabevorrichtung (1) zur Steuerung eines elektronischen Geräts mit einem Touch-Panel (11) als zumindest ein Eingabemittel (10),
(II) wobei das Touch-Panel (11) eine keramische Oberfläche aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
(III) die keramische Oberfläche des Touch-Panels (11) durch eine keramische Folie gebildet ist.
VIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 entspricht Anspruch 1 des Hauptantrags und weist die weitere Einschränkung auf, dass "die keramische Oberfläche (11) eine Wölbung aufweist".
IX. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht Anspruch 1 des Hauptantrags und weist die weitere Einschränkung auf, dass "das Touch-Panel (11) ein Eingabemittel (10) einer zentralen Bedieneinheit eines Kraftfahrzeugs ist".
X. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 entspricht Anspruch 1 des Hauptantrags und weist die weitere Einschränkung auf, dass "die keramische Oberfläche (11) eine Wölbung aufweist und dass das Touch-Panel (11) ein Eingabemittel (10) einer zentralen Bedieneinheit eines Kraftfahrzeugs ist".
XI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 entspricht Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 und weist die weitere Einschränkung auf, dass "die Eingabevorrichtung (1), als weitere Eingabemittel (10) einen Dreh-Drück-Steller (13) umfasst und das Touch-Panel (11) auf dem Dreh-Drück-Steller (13) ausgebildet ist".
XII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Hilfsantrag 4 wie von der Beschwerdeführerin unter-/durchgestrichen):
Eingabevorrichtung (1) zur Steuerung eines elektronischen Geräts, wobei die Eingabevorrichtung (1) als zentrale Bedieneinheit eines Kraftfahrzeugs ausgebildet ist, mit einem Touch-Panel (11) als zumindest ein Eingabemittel (10), wobei das Touch-Panel (11) eine keramische Oberfläche mit einer Wölbung aufweist, [deleted: dadurch gekennzeichnet, dass die keramische Oberfläche des Touch-Panels (11) durch eine keramische Folie gebildet ist und eine Wölbung aufweist und dass das Touch-Panel (11) ein Eingabemittel (10) einer zentralen Bedieneinheit eines Kraftfahrzeugs ist] wobei die Eingabevorrichtung (1), als weitere Eingabemittel (10) einen Dreh-Drück-Steller (13) umfasst und das Touch-Panel (11) auf dem Dreh-Drück-Steller (13) ausgebildet ist.
Entscheidungsgründe
1. Die vorliegende Anmeldung hat ein Touch-Pad für ein Kraftfahrzeug zum Gegenstand.
2. Hauptantrag
2.1 Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
In ihrer Mitteilung vom 15. Juli 2021 stellte die Kammer fest, dass das Merkmal dass "die keramische Oberfläche des Touch-Panels (11) durch eine keramische Folie gebildet ist" sich nicht direkt auf die beanspruchten Eingabevorrichtung bezieht, sondern auf deren Herstellung. Dies geht auch eindeutig aus der Beschreibung hervor, siehe den die Seiten 3 und 4 überschreitender Absatz. Aus diesem Absatz geht auch hervor, dass die wesentliche Eigenschaft der keramischen Folie ihre Flexibilität ist. Ferner geht aus diesem Absatz hervor, dass die Flexibilität im Zuge der Herstellung der Eingabevorrichtung verloren geht. Daher ist nicht klar, welche Eigenschaften des entsprechenden Teiles des beanspruchten Endproduktes ("keramische Oberfläche" der "Eingabevorrichtung") durch die Eigenschaften des Ausgangsproduktes ("keramische Folie") spezifiziert werden.
Die Beschwerdeführerin trug hierzu vor, dass dieser Einwand nicht von der Prüfungsabteilung erhoben wurde, sondern erstmals im Beschwerdeverfahren. Die Prüfungsabteilung sei der Auffassung gewesen, dass eine Folie "dünner" als eine Platte sei. Mithin würde durch das Merkmal "Folie" implizit das Merkmal "Dicke" spezifiziert. Folglich könne der Fachmann am fertigen Produkt erkennen, ob es sich beim Ausgangsmaterial um eine Platte oder Folie gehandelt habe.
Die Kammer ist von den Argumenten der Beschwerdeführerin nicht überzeugt, da es sich bei den Begriffen "dünn" und "dick" um relative Begriffe handelt. Das bedeutet, dass selbst wenn der Begriff "Folie" das Merkmal "dünn" impliziere, der Anspruch in Folge der Implikation dieses relativen Begriffes unklar wäre.
Die Kammer gelangt daher zu der Überzeugung, dass Anspruch 1 des Hauptantrags nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfüllt.
2.2 Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.
3. Hilfsanträge 1 bis 4
Die Kammer stellt fest, dass in Hilfsanträgen 1 bis 4 jeweils in Anspruch 1 das Merkmal genannt ist, dass "die keramische Oberfläche des Touch-Panels (11) durch eine keramische Folie gebildet ist".
Somit treffen die Erwägungen zur mangelnden Klarheit dieses Merkmals ebenfalls zu (Artikel 84 EPÜ).
Folglich ist keiner der Hilfsanträge 1 bis 4 gewährbar.
4. Hilfsantrag 5
Mit Ausnahme des unklaren Merkmals dass "die keramische Oberfläche des Touch-Panels (11) durch eine keramische Folie gebildet ist" umfasst Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 alle Merkmale des Anspruches 1 des Hilfsantrags 4.
4.1 Zulassung des Hilfsantrags 5 (Artikel 13(2) VOBK)
Da die Änderungen den von der Kammer erhobenen Einwand beheben, beschließt die Kammer die Zulassung des Hilfsantrags 5 in das Verfahren.
4.2 Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 ohne das vorbezeichnete Merkmal durch Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart sei, welche dieses Merkmal nicht beinhalte.
Die Kammer stellt fest, dass Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung - sowie die korrespondierenden Passagen der Beschreibung - ein Ausführungsbeispiel offenbaren, welches das gestrichene Merkmal nicht beinhaltet. Auch ist dieses Merkmal in der Beschreibung nicht in untrennbarer Kombination mit einem der anderen Merkmale des vorliegenden Anspruchs 1 offenbart.
Folglich genügt Anspruch 1 den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ.
4.3 Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass Anspruch 1 klar sei, da das Merkmal, dass "die Eingabevorrichtung (1) als zentrale Bedieneinheit eines Kraftfahrzeugs ausgebildet ist", eine Zweckbestimmung für die beanspruchte Eingabevorrichtung darstelle. Mit diesem Merkmal würde festgelegt, dass die Eingabevorrichtung für die Verwendung in einem Kraftfahrzeug geeignet sein müsse. Dies impliziere insbesondere ihre Größe, die Anbindung an den Datenbus des KFZ, sowie dass diese durch den Fahrer bedienbar sein müsse.
Die Kammer stellt einerseits fest, dass das bezüglich des obigen Hauptantrags als unklar gerügte Merkmal "Folie" nicht im Anspruchswortlaut enthalten ist. Andererseits legt das Merkmal, dass "die Eingabevorrichtung (1) als zentrale Bedieneinheit eines Kraftfahrzeugs ausgebildet ist", gewisse Merkmale der Eingabevorrichtung fest, obgleich es kein Bestandteil derselben ist. Aus dem zitierten Merkmal ergibt sich, dass die beanspruchte Eingabevorrichtung in einem KFZ an einer für den Fahrer erreichbaren Stelle einbaubar sein muss. Da die Innenmaße eines KFZ hinreichend genau bekannt sind, ist für den Fachmann aus dem zitierten Merkmal ohne Weiteres ableitbar, welche Baugröße bzw. Bauform die beanspruchte Eingabevorrichtung aufweisen darf (siehe hierzu auch die Beschwerdekammer-Entscheidung T 1020/13, Abschnitt 6).
Daher erfüllt Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.
4.4 Unterschiedsmerkmale (Artikel 54 EPÜ)
In der angefochtenen Entscheidung stellte die Prüfungsabteilung fest, dass das Dokument D2 den Oberbegriff des Anspruches 1 des der Entscheidung zugrundeliegenden Hauptantrags offenbart. Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt. Bezogen auf den Wortlaut des vorliegenden Anspruchs 1 offenbart Dokument D2 somit dessen Merkmale wie folgt (die Verweise in Klammern beziehen sich auf dieses Dokument; nicht offenbarte Merkmale sind durchgestrichen):
Eingabevorrichtung zur Steuerung eines elektronischen Geräts[deleted: , wobei die Eingabevorrichtung als zentrale Bedieneinheit eines Kraftfahrzeugs ausgebildet ist], mit einem Touch-Panel als zumindest ein Eingabemittel ("Input device, shown generally at 100 in FIG. 7 is a depressible touch-sensitive track pad 101 disposed in a laptop computer frame 104", siehe Absatz [0084]),
wobei das Touch-Panel eine keramische Oberfläche [deleted: mit einer Wölbung] aufweist ("track surface 102 may be ceramic, plastic, or the like", siehe Absatz [0084]),
[deleted: wobei die Eingabevorrichtung als weitere Eingabemittel einen Dreh-Drück-Steller umfasst und das Touch-Panel auf dem Dreh-Drück-Steller ausgebildet ist].
4.5 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
4.5.1 Unterschiedsmerkmal "Wölbung"
Die Prüfungsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung fest (vgl. Abschnitt 5.2), dass die beanspruchte "Wölbung" nicht aus Dokument D2 bekannt sei. Dieses Unterschiedsmerkmal sei jedoch nicht erfinderisch, da es einerseits aus nicht-technischen Gründen ("Designaspekten") erwünscht sein könne. Andererseits könne es auch aus technischen Überlegungen erwünscht sein ("haptisches Feedback"), die jedoch aus Dokument D9, Absatz [0023], bekannt und daher naheliegend seien.
Die Beschwerdeführerin argumentierte demgegenüber, dass dieses Unterschiedsmerkmal zur Lösung der objektiven Aufgabe beitrage "ein einfach herstellbares Touch-Panel mit dreidimensionaler Oberfläche bereitzustellen".
Die Kammer ist der Auffassung, dass aufgrund der wenig konkreten Formulierung "Wölbung" - worunter auch eine insgesamt gewölbte Fläche fällt - der von der Prüfungsabteilung vermutete Effekt eines "haptischen Feedbacks" nicht ableitbar ist. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Aufgabe enthält dagegen Elemente der Lösung: Eine "dreidimensionale Oberfläche" ist nicht aus dem nächstliegenden Stand der Technik (Dokument D2) bekannt. Daher ist die vorgetragene Aufgabe nicht im Rahmen des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes verwendbar. Darüber hinaus bezieht sich die vorgetragene Aufgabe vornehmlich auf ein Herstellungsverfahren, während hingegen Anspruch 1 eine Vorrichtung zum Gegenstand hat. Daher ist die vorgetragenen Aufgabe nicht zur Begründung einer erfinderische Tätigkeit hinsichtlich der beanspruchten Vorrichtung verwendbar.
Die Kammer gelangt daher zu der Überzeugung, dass das Unterschiedsmerkmal "Wölbung" keine technische Aufgabe löst, sondern eine ästhetische Formschöpfung darstellt. Folglich kann es auch nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beitragen.
4.5.2 Unterschiedsmerkmale "Bedieneinheit eines KFZ" und "Dreh-Drück-Steller"
Die Prüfungsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung fest (vgl. Abschnitt 8.2), dass das Unterschiedsmerkmal "Bedieneinheit eines KFZ" nicht als erfinderisch angesehen werden könne. Insbesondere würden berührungsempfindliche Touch-Panels oft im Automobilbereich als Eingabemittel einer zentralen Bedieneinheit benutzt. Hierfür zitierte die Prüfungsabteilung das Dokument D5, Spalte 2, Zeilen 30-51, und Dokument D6, Absatz [0060].
Hinsichtlich des Unterschiedsmerkmals "Dreh-Drück-Steller" stellte die Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung fest, dass - wiederum ausgehend von Dokument D2 als nächstliegendem Stand der Technik - "die Integration der berührungsempfindlichen Oberfläche in einen Dreh-Drück-Steller eine triviale Designoption" sei. Dabei wurde hinsichtlich allgemeinen Fachwissens unter anderem auf Dokumente D11, D12, D13 und D14 verwiesen.
Die Beschwerdeführerin argumentierte demgegenüber, dass sie statt Dokument D2 "eines der Dokumente D11, D12 oder D14 als geeigneteren Ausgangspunkt" sähe (vgl. Abschnitt IV.3 der Beschwerdebegründung), da diese aus dem Gebiet von Fahrzeugen kämen. Obgleich jedes dieser Dokumente weniger Merkmale des Anspruchs offenbare, seien diese aufgrund dessen dennoch besser als nächstliegender Stand der Technik geeignet.
Die Kammer ist von der Argumentationslinie der Prüfungsabteilung nicht überzeugt. Insbesondere hat die Kammer Zweifel ob die zitierten Passagen der Dokumente D5, D6, und D11 bis D14 tatsächlich einen Beleg für allgemeines Fachwissen darstellen. Auch ist fraglich, welche Motivation der Fachmann gehabt hätte, das aus Dokument D2 bekannte Touch-Pad anspruchsgemäß zu modifizieren. Zudem ist die Kammer auch nicht von der Argumentationslinie der Beschwerdeführerin überzeugt, dass der Fachmann ausgehend von einem der Dokumente D11, D12 oder D14 jeweils in Kombination mit Dokument D2 zu einer anderen als der beanspruchten Lösung gelangt wäre.
5. Zurückverweisung
Die Prüfungsabteilung hatte noch keine Gelegenheit, sich mit Hilfsantrag 5 zu befassen. Die Entscheidungsgründe tragen aus diesem Grunde die Zurückweisung der Patentanmeldung nicht. Die Beschwerde ist im Sinne von Artikel 111(1) Satz 1 begründet. Daraus folgt die Anwendung von Artikel 111(1) Satz 2. Die Kammer hat Ermessen, im Rahmen der Zuständigkeit der Prüfungsabteilung zuständig zu werden oder die Sache an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung zurück zu verweisen.
Die Kammer übt ihr Ermessen dahingehend aus, dass sie die Sache zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückverweist, weil noch weitere Feststellungen zu treffen sind. In der angefochtenen Entscheidung wurde von der Prüfungsabteilung die erfinderische Tätigkeit des Hilfsantrags 4 (ebenfalls die Unterschiedsmerkmale des vorliegenden Hilfsantrags 5 aufweisend) lediglich ausgehend von Dokument D2 in Kombination mit allgemeinem Fachwissen geprüft. Diese Argumentationslinien hält die Kammer aus den vorgenannten Gründen jedoch für nicht überzeugend.
Zudem behandelt die angefochtene Entscheidung nicht die erfinderische Tätigkeit ausgehend von einem der Dokumente D11, D12 oder D14 als nächstliegendem Stand der Technik, je in Kombination mit Dokument D2.
Im parallelen deutschen Verfahren vor den deutschen Patenterteilungsbehörden (betreffend die Prioritätsanmeldung DE 10 2010 042 690 der vorliegenden Anmeldung) kam das Bundespatengericht zu dem Schluss, dass ein vergleichbarer Gegenstand (im dortigen Verfahren Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4) gegenüber dem dort zitierten Stand der Technik nicht erfinderisch sei (vgl. Abschnitt 5.1 der Entscheidung 20W(pat)4/20 des BPatG). Dies erscheint für die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruches 1 gemäß Hilfsantrag 5 prima facie relevant.
Diese Erwägungen stellen nach Auffassung der Kammer auch besondere Gründe im Sinne von Artikel 11 VOBK 2020 dar, die die Zurückverweisung der Sache zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung rechtfertigen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Sache wird an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.