T 0658/19 () of 8.2.2021

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2021:T065819.20210208
Datum der Entscheidung: 08 Februar 2021
Aktenzeichen: T 0658/19
Anmeldenummer: 13197768.8
IPC-Klasse: B22F 3/105
B22F 5/04
F01D 5/28
F01D 25/00
B22F 5/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung eines Bauteils
Name des Anmelders: MTU Aero Engines AG
Name des Einsprechenden: ARCAM AB
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 76(1)
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 113(1)
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Rechtliches Gehör - Verletzung (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein)
Hauptantrag - ausreichende Offenbarung (ja) - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein) - Klarheit (ja) - Neuheit (nein)
Hilfsantrag 1 - Neuheit (ja) - erfinderische Tätigkeit (ja)
Niederschrift über mündliche Verhandlung - Antrag auf Korrektur der Niederschrift (abgelehnt)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1721/07
T 0433/11
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende (im Folgenden: die "Beschwerdeführerin") hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 2 712 692 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

II. Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im gesamten Umfang und stützte sich auf die Einspruchsgründe mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 100 a) EPÜ und mangelnder Offenbarung gemäß Artikel 100 b) EPÜ.

Der angefochtenen Entscheidung nach erfüllte der als Hauptantrag mit Schreiben vom 15. November 2018 eingereichte Anspruchssatz die Erfordernisse des EPÜ. Das Patent wurde somit in geänderter Fassung gemäß dem damaligen Hauptantrag aufrechterhalten.

III. Mit Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 vom 1. September 2020 teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Meinung über den mit der Beschwerdeerwiderung der Patentinhaberin (im Folgenden: die "Beschwerdegegnerin") vom 9. September 2019 eingereichten Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 5 sowie über die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs mit.

Die Beschwerdegegnerin reichte mit Schreiben vom 16. November 2020 neue Hilfsanträge 3 bis 5 ein, und die Beschwerdeführerin brachte mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 weitere Argumente vor.

IV. Während der am 8. Februar 2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage erörtert, insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarkeit des Hauptantrags sowie Hilfsantrags 1 bzw. 2 mit den Erfordernissen von Artikeln 83, 84, 123 (2), 54 (1) und/oder 56 EPÜ.

Der mit Schreiben vom 9. September 2019 eingereichte Hauptantrag wurde am Ende der Erörterung in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Hilfsantrag 1 wurde sodann als Hauptantrag gestellt und Hilfsantrag 2 in Hilfsantrag 1 umbenannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll Bezug genommen.

Der Tenor der vorliegenden Entscheidung wurde am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent Nr. EP 2 712 692 zu widerrufen. Zusätzlich beantragte sie, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Die Beschwerdegegnerin beantragte am Ende der mündlichen Verhandlung, das Patent in geänderter Fassung auf Basis eines der Anspruchssätze eingereicht als Hilfsantrag 1 (Hauptantrag) und 2 (Hilfsantrag 1) mit der Beschwerdeerwiderung vom 9. September 2019 aufrechtzuerhalten.

Mit dem Schreiben vom 25. Februar 2021 beantragte die Beschwerdegegnerin eine Berichtigung der Niederschrift der stattgefundenen mündlichen Verhandlung. Mit Schreiben vom 18. März 2021 reagierte die Beschwerdeführerin darauf.

VI. In der vorliegenden Entscheidung ist das folgende Dokument aus dem Einspruchsverfahren genannt:

D1: WO 2004/056510 A.

VII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet mit der von den Beteiligten verwendeten Merkmalsgliederung M1 bis M9 wie folgt:

M1: Verfahren zur Herstellung eines Bauteils (11),

insbesondere eines Bauteils (11) einer Turbine oder eines Verdichters, folgende Schritte umfassend:

M2: a) Schichtweises Auftragen von mindestens einem

pulverförmigen Bauteilwerkstoff (14) auf eine Bauteilplattform (16) im Bereich einer Aufbau- und Fügezone (20);

M3: b) Schichtweises und lokales Verschmelzen und/oder

Versintern des Bauteilwerkstoffs (14) durch Zuführen von Energie mittels wenigstens eines Elektronenstrahls (22) im Bereich der Aufbau- und Fügezone (20);

M4: c) Schichtweises Absenken der Bauteilplattform (16)

um eine vordefinierte Schichtdicke; und

M5: d) Wiederholen der Schritte a) bis c) bis zur

Fertigstellung des Bauteils (11), wobei

M6: der Bauteilwerkstoff (14) in Schritt b) durch

wenigstens zwei, vorzugsweise durch mindestens vier, Elektronenstrahlen (22) verschmolzen und/oder versintert wird und

M7: die Elektronenstrahlen (22) durch Aufspalten von

mindestens einem Elektronenstrahl (22) mindestens einer Elektronenquelle (18) erzeugt werden,

dadurch gekennzeichnet, dass

M8: eine Bauteiloberfläche des Bauteils nach seiner

Herstellung mittels wenigstens eines Elektronenstrahls oberflächenbearbeitet wird,

M9: indem der Bauteiloberfläche des Bauteils erneut

mittels wenigstens eines Elektronenstrahls Energie zugeführt wird, um eine gewünschte Oberflächenstruktur zu erzeugen.

Der unabhängige Anspruch 3 gemäß Hauptantrag lautet mit der von den Beteiligten verwendeten Merkmalsgliederung M1' bis M7' wie folgt:

M1': Vorrichtung (10) zur Herstellung eines Bauteils

(11), insbesondere eines Bauteils (11) einer

Turbine oder eines Verdichters, mit

M2': mindestens einer Pulverzuführung (12) zum Auftrag

von mindestens einem pulverförmigen

Bauteilwerkstoff (14) auf eine Bauteilplattform

(16) sowie mit

M3': mindestens einer Elektronenquelle (18), mittels

welcher im Bereich einer Aufbau- und Fügezone (20)

der Bauteilplattform (16) zumindest ein

Elektronenstrahl (22) für ein schichtweises und

lokales Verschmelzen und/oder Versintern des

Bauteilwerkstoffs (14) erzeugbar ist, wobei

M4': die Vorrichtung (10) Mittel zum Erzeugen von

zumindest zwei, vorzugsweise von mindestens vier,

Elektronenstrahlen (22) umfasst und

M5': die Mittel zum Erzeugen der zumindest zwei

Elektronenstrahlen (22) eine Einrichtung (24) zum

Aufspalten eines Elektronenstrahls (22) mindestens

einer Elektronenquelle (18) umfassen,

dadurch gekennzeichnet, dass

M6': die Vorrichtung zum Oberflächenbearbeiten einer

Bauteiloberfläche des Bauteils nach seiner

Herstellung mittels wenigstens eines

Elektronenstrahls,

M7': indem der Bauteiloberfläche des Bauteils erneut

mittels wenigstens eines Elektronenstrahls Energie

zugeführt wird, um eine gewünschte

Oberflächenstruktur zu erzeugen, eingerichtet ist.

Im Vergleich zu Anspruch 1 bzw. 3 des Hauptantrags wurden Merkmale M8 und M6' in Anspruch 1 bzw. 2 des Hilfsantrags 1 wie folgt geändert (Änderungen sind durch Fettdruck von der Kammer hervorgehoben):

M8(1): eine Bauteiloberfläche des Bauteils nach seiner

Herstellung mittels wenigstens eines

Elektronenstrahls in der Art eines

Elektronenstrahl-Lithographie-Verfahrens

oberflächenbearbeitet wird,

M6'(1): die Vorrichtung zum Oberflächenbearbeiten einer

Bauteiloberfläche des Bauteils nach seiner

Herstellung mittels wenigstens eines

Elektronenstrahls in der Art eines

Elektronenstrahl-Lithographie-Verfahrens,

Ferner enthält Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 das Folgende (Merkmal M10) am Ende des Anspruchs:

M10: , und dabei durch Wechselwirkung des

Elektronenstrahls (22) mit der

Bauteiloberfläche emittierte Elektronen (e**(-))

erfasst werden, wonach anhand der emittierten

Elektronen (e**(-)) eine eine Topographie des

Bauteils (11) charakterisierende

Bauteilinformation ermittelt wird.

In ähnlicher Weise enthält Anspruch 2 des Hilfsantrags 1 das Folgende (Merkmal M8') am Ende des Anspruchs:

M8': , und dass die Vorrichtung (10) wenigstens eine

Detektionseinrichtung (26) zum Erfassen von

durch Wechselwirkung des Elektronenstrahls (22)

mit der Bauteiloberfläche emittierten

Elektronen (e**(-)) sowie eine mit der

Detektionseinrichtung (26) gekoppelte

Ermittlungseinrichtung (28) umfasst, mittels

welcher anhand einer die erfassten Elektronen

(e**(-)) charakterisierenden Steuerinformation der

Detektionseinrichtung (26) eine eine

Topographie des Bauteils (11)

charakterisierende Bauteilinformation

ermittelbar ist.

VIII. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen und wird im Übrigen im Detail in den Gründen diskutiert.

Verfahrensmangel/Rechtliches Gehör/Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Die Einspruchsabteilung habe während der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung in Bezug auf mangelnde Neuheit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 4 des damaligen Hauptantrags gegenüber der Offenbarung der D1 verkündet, die sie danach unerwartet und überraschungsweise geändert habe. Sie habe nämlich nach der Verkündung dieser Entscheidung die Verhandlung über die Neuheit auf Intervention der Beschwerdegegnerin fortgesetzt und sei dann betreffend die Neuheit zu dem entgegengesetzten Ergebnis gelangt. Eine einmal verkündete Entscheidung der Einspruchsabteilung könne aber nicht mehr ohne weiteres revidiert werden, sondern sei für sie bindend. Dieser Verfahrensfehler stelle schließlich auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführerin dar, weswegen die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt sei.

Hauptantrag - Ausführbarkeit

Der Fachmann wisse nicht,

- wie ein Elektronenstrahl aufzuspalten sei;

- wie mittels emittierten Elektronen bei der Verwendung von mehreren Elektronenstrahlen die Topographie des Bauteils ermittelt werden könne;

- wie die Merkmale M8 und M9 bzw. M6' und M7' des Anspruchs 1 bzw. 3 auszuführen seien. Vor der Nachbehandlung könne das Bauteil aus dem Pulverbett entnommen und erneut in eine Vakuumkammer einer Vorrichtung gestellt werden. Solche Schritte und dafür geeignete Vorrichtungen seien im Streitpatent nicht beschrieben; und

- wie ohne die von den emittierten Elektronen erhaltene Werkstoffinformation bzw. Topographie des Bauteils gemäß Anspruch 3 des von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Patents die beanspruchte Nachbehandlung auszuführen sei.

Der Hauptantrag erfülle somit nicht die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ.

Hauptantrag - Änderungen

Die Verwendung des unbestimmten Artikels ("eine" Bauteiloberfläche) gemäß Merkmal M8 bzw. M6 erweitere den Nachbehandlungsschritt des Anspruchs 1 bzw. 3 auf alle beliebige Oberflächen des Bauteils, obwohl ursprünglich lediglich offenbart sei, dass nur die oberste Oberfläche des Bauteils nachzubehandeln sei.

Die Stützung für die in Anspruch 1 bzw. 3 eingeführten Änderungen in Bezug auf Merkmale M8 und M9 bzw. M6' und M7' basiere auf einem Ausführungsbeispiel, welches andere Merkmale enthalte, wie z.B. zwei Elektronenquellen. Die Änderungen führten somit zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung, weil diese anderen Merkmale in Anspruch 1 bzw. 3 nicht übernommen worden seien.

Zudem könnten später gestrichene Passagen der ursprünglich eingereichten Beschreibung keine hinreichende Basis für die jetzt vorgenommenen Änderungen darstellen.

Hauptantrag - Klarheit

Die zweimalige Verwendung des unbestimmten Artikels ("ein") für den Elektronenstrahl in Merkmalen M8 und M9 führe zur Unklarheit.

Der in Merkmal M9 verwendete Ausdruck "gewünschte Oberflächenstruktur" sei unklar, weil er unspezifiziert sei.

Da die in der angefochtenen Entscheidung, Punkt II.3.5 weiteren erwähnten Verfahrenschritte - das Bauteil von dem anhaftenden Pulver befreien und die gewünschte Oberflächenstruktur erreichen - in Anspruch 1 fehlten, sei Anspruch 1 unklar. Die Interpretation der Einspruchsabteilung in Bezug auf diese weiteren Schritte sei durch die Beschreibung nicht gestützt.

Die o.a. Gründe gelten auch gegen Anspruch 3.

Es sei unklar, ob die Schritte bezüglich Merkmale M8 und M9 im Lichte des Merkmales M1 in Anspruch 1 enthalten seien.

Hauptantrag - Neuheit

Die Merkmale M1 bis M7 bzw. M1' bis M5' seien unstreitig aus D1 bekannt.

In Bezug auf Merkmale M8 und M9 bzw. M6' und M7' werde eine Korrektur der Oberflächenstruktur durch Anpassung der von dem Elektronstrahl zugeführten Energie in einem fünften Schritt des von D1 offenbarten Verfahrens durchgeführt. Der fünfte Schritt finde auch für das Auftragen der letzten Pulverschicht statt, so dass dadurch einer Bauteiloberfläche des Bauteils nach der Herstellung mittels eines Elektronenstrahls Energie zugeführt werde, um eine gewünschte Oberflächenstruktur zu erzeugen.

Daher sei der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 des Hauptantrags nicht neu gegenüber der Offenbarung der D1.

Hilfsantrag 1 - Neuheit

Die in Merkmal M8(1) bzw. M6'(1) des Anspruchs 1 bzw. 2 des Hilfsantrags 1 eingeführte Änderung "in der Art eines Elektronenstrahl-Lithographie-Verfahrens" beschränke die Ansprüche nicht.

Die Merkmale M10 bzw. M8' bezüglich der Erfassung von emittierten Elektronen seien in D1 implizit offenbart.

Deshalb könnten Merkmale M8(1) und M10 bzw. M6'(1) und M8' die Neuheit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 2 nicht begründen.

Hilfsantrag 1 - erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 1 sei nicht erfinderisch ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit dem Fachwissen des Fachmannes.

Die Merkmale bezüglich eines Lithographie-Verfahrens (Merkmale M8(1) und M6'(1)) und der Erfassung von emittierten Elektronen (Merkmale M10 und M8') seien üblich und dem Fachmann bekannt. Sie könnten somit keine erfinderische Tätigkeit begründen.

Antrag auf Berichtigung der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer

Die vom 19. Februar 2021 datierte Niederschrift gebe den Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der Kammer korrekt wieder. Die Beschwerdeführerin stimmte dem von der Beschwerdegegnerin eingereichten Antrag auf deren Berichtigung nicht zu.

IX. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen und wird im Übrigen im Detail in den Gründen diskutiert.

Verfahrensmangel/Rechtliches Gehör/Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Die Beschwerdeführerin habe entgegen ihrem Vorbringen während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung die Gelegenheit gehabt, sich ausführlich zu den mündlich über die Neuheit mitgeteilten, nicht bindenden vorläufigen Auffassungen der Einspruchsabteilung und den Argumenten der Beschwerdegegnerin zu äußern. Das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin sei somit nicht verletzt worden.

Hauptantrag - Ausführbarkeit

Das sequentielle sowie parallele Aufspalten eines Elektronenstrahls sei dem Fachmann bekannt.

In Bezug auf die Topographieermittlung bei wenigstens zwei Elektronenstrahlen seien die von dem Einwand betroffenen Ansprüche des Hauptantrags gestrichen worden.

Durch Herausheben des Bauteils aus dem Pulverbett seien seitliche Oberflächen des Bauteils ohne weiteres zugänglich, um die Oberflächen gemäß der Merkmale M8 und M9 bzw. M6' und M7' nachbearbeiten zu können. Dies sei für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit.

Der Hauptantrag erfülle somit die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ.

Hauptantrag - Änderungen

Es gehöre zur üblichen Praxis, den unbestimmten Artikel zu verwenden, wenn ein Merkmal zum ersten Mal in einem Anspruchssatz erwähnt werde, so dass der in Merkmal M8 bzw. M6' angegebene Ausdruck "eine Bauteiloberfläche" nicht zu einer unzulässigen Erweiterung führen könne.

Bei dem für die Änderungen zugrunde liegenden Ausführungsbeispiel der ursprünglichen Beschreibung sei von "wenigstens einen Elektronenstrahl" die Rede, d.h. zwei Elektronenquellen seien dort nicht als notwendig offenbart. Andere Passagen der ursprünglichen Beschreibung, wie Seite 5, Zeilen 22-29, stellten ebenfalls eine Basis für die Änderungen dar.

Hauptantrag - Klarheit

Die in Merkmal M9 angegebene "gewünschte Oberflächenstruktur" stelle bloß ein zu erreichendes Ziel dar, das vorgegeben sein müsse. Das Merkmal führe nicht zur Unklarheit.

Das gelte auch für Anspruch 3.

Es sei dem Anspruchswortlaut im Lichte des Merkmals M1 für den fachkundigen Leser zu entnehmen, dass alle in Anspruch 1 angegebenen Schritte zu dem beanspruchten Verfahren gehörten, d.h. auch Merkmale M8 and M9.

Hauptantrag - Neuheit

Die Merkmale M8 und M9 bzw. M6' und M7' seien in D1 nicht offenbart. Das fertige Bauteil in dem aus D1 bekannten Verfahren werde erst erhalten, nachdem der fünfte Schritt auch für die allerletzte Schicht abgeschlossen sei. Eine solche Bearbeitung der letzten Schicht werde als ein während der Herstellung des Bauteils erfolgender Schritt angesehen.

Daher sei der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 des Hauptantrags neu gegenüber der Offenbarung der D1.

Hilfsantrag 1 - Neuheit

In D1 fehle jegliche Offenbarung bezüglich der Merkmale M8(1) bzw. M6'(1) des unabhängigen Anspruchs 1 bzw. 2 des Hilfsantrags 1.

Eine Erfassung der emittierten Elektronen gemäß Merkmalen M10 bzw. M8' sei weder explizit noch implizit in D1 offenbart.

Im Lichte dieser Merkmale sei die Neuheit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 1 gegenüber der Offenbarung der D1 anzuerkennen.

Hilfsantrag 1 - erfinderische Tätigkeit

Anspruch 1 bzw. 2 unterscheide sich von der Offenbarung der D1 durch die Merkmale M8(1) und M10 bzw. M6'(1) und M8'.

Es gebe für den Fachmann anhand der D1 oder der anderen verfügbaren Dokumente keine Anregung, einen Elektronenstrahl in der Art eines Elektronenstrahl-Lithographie-Verfahrens in dem aus D1 bekannten Herstellungsverfahren zu verwenden. So ein Elektronenstrahl in der Art eines Elektronenstrahl-Lithographie-Verfahrens zusammen mit der Ermittlung der Topographie des Bauteils durch das Erfassen der emittierten Elektronen werden weder in D1 noch in den anderen verfügbaren Dokumenten offenbart.

Deshalb beruhe der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Antrag auf Berichtigung der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer

Die Beschwerdegegnerin habe während der mündlichen Verhandlung nicht erklärt, dass das Verfahren "in der Art eines Elektronenstrahl-Lithographie-Verfahrens" einem Lithographieverfahren entspreche, wie es in der Herstellung von Wafern verwendet werde (Niederschrift, Seite 3, vorletzter Absatz), sondern sie habe ausdrücklich erklärt, dass die Merkmale M8(1) und M9, eine Führung des Elektronenstrahls definierten, wie sie bei Lithographieverfahren in der Herstellung von Wafern verwendet werde.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensmangel/Rechtliches Gehör/Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Die von der Beschwerdeführerin beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt nach Regel 103 (1) a) EPÜ nicht in Betracht, da sie nicht der Billigkeit entspricht. Denn jedenfalls ist der behauptete Verfahrensfehler nicht gegeben.

Auf den Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin hat die Einspruchsabteilung zwar die ursprüngliche Niederschrift teilweise geändert. Aus den Änderungen geht es jedoch klar hervor, dass die Einspruchsabteilung nach ihren Beratungen über die Neuheit mündlich jeweils nur eine vorläufige Auffassung in Bezug auf Neuheit gegenüber der Offenbarung der D1 mitgeteilt hat, und dass sie eine bindende Entscheidung erst am Ende der mündlichen Verhandlung getroffen bzw. verkündet hat. Deshalb vermag die Kammer keinen von der Einspruchsabteilung begangenen Verfahrensfehler zu erkennen.

Ferner, wie auch von der Beschwerdegegnerin bestätigt wurde, ergibt sich aus der Niederschrift, dass die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit hatte, sich zu den mündlich über die Neuheit mitgeteilten Auffassungen der Einspruchsabteilung und zu den Argumenten der Beschwerdegegnerin zu äußern.

Die Kammer ist somit der Auffassung, dass das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin von der Einspruchsabteilung nicht verletzt wurde (Artikel 113 (1) EPÜ).

2. Hauptantrag - Ausführbarkeit

2.1 Aufspalten eines Elektronenstrahls - Merkmale M6 und M7 bzw. M4' und M5'

2.1.1 Die Beschwerdeführerin vertritt die Meinung, dass der Fachmann nicht wisse, wie ein Elektronenstrahl aufzuspalten sei.

Laut der Beschwerdeführerin umfasse Anspruch 1 bzw. 3 des Hauptantrags im Lichte des Streitpatents, Absatz 7, ein sequentielles und ein paralleles Aufspalten. Diese zwei Alternativen seien jedoch im Streitpatent nicht näher erläutert bzw. beschrieben.

Hinsichtlich des in der angefochtenen Entscheidung, Punkt II.3.3, festgestellten angeblichen Fachwissens bezüglich des sequentiellen Aufspaltens eines Elektronenstrahls seien keine Nachweise vorhanden. Die entsprechende Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung stelle somit eine bloße Behauptung dar.

Selbst wenn das sequentielle Aufspalten eines Elektronenstrahls als zum Fachwissen des Fachmanns gehörend anzusehen wäre, müsse die Erfindung über den gesamten Anspruch ausführbar sein, d.h. auch betreffend das parallele Aufspalten eines Elektronenstrahls. Diese Alternative sei jedoch nicht ausführbar, was so auch der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen sei. Anspruch 1 bzw. 3 sei somit als zu breit anzusehen und müsse daher auf das sequentielle Aufspalten beschränkt werden.

2.1.2 Dieser Meinung kann sich die Kammer nicht anschließen.

Die Kammer vermag keinen Fehler in der Einschätzung der Einspruchsabteilung zu erkennen, dass das sequentielle Aufspalten eines Elektronenstrahls zum Fachwissen des Fachmannes gehört, denn sie hat sich insoweit auf D1 bezogen und folglich entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin eine Begründung für ihre Einschätzung gegeben. Im Übrigen trägt die Beschwerdeführerin die Beweislast für die Behauptung, dass die Erfindung nicht ausführbar sei. Hierzu fehlt jeglicher Nachweis.

Ferner, wie auch von der Einspruchsabteilung erläutert, reicht es in diesem Fall aus, wenn das in Anspruch 1 bzw. 3 beschriebene Aufspalten schon durch einen einzigen Weg ausführbar ist (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, 2019, Abschnitt II.C.5.2).

Andere in der Beschreibung erwähnte Wege, die eventuell nicht ausführbar wären, wie angeblich das parallele Aufspalten, würden zwar im Widerspruch zu den Ansprüchen stehen, sie würden dann aber vom Fachmann von Anspruch 1 ausgeschlossen. In dieser Hinsicht wird angemerkt, dass die Beschwerdeführerin die Unausführbarkeit des parallelen Aufspaltens auch nicht nachgewiesen, sondern lediglich behauptet hat. Der Anspruch braucht somit nicht auf das sequentielle Aufspalten beschränkt werden.

2.2 Die Topographie des Bauteils

2.2.1 Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass der Fachmann nicht wisse, wie mittels emittierten Elektronen bei der Verwendung von mehreren Elektronenstrahlen die Topographie des Bauteils ermittelt werden könne.

2.2.2 Da die die betroffenen Merkmale enthaltenden Ansprüche 3 und 6 des von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Hauptantrags gestrichen wurden, ist der Einwand nicht mehr relevant.

2.3 Nachbehandlung der Bauteiloberfläche

2.3.1 Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass der Fachmann nicht wisse, wie die Merkmale M8 und M9 bzw. M6' und M7' der Ansprüche 1 bzw. 3 des Hauptantrags auszuführen seien.

Nach der angefochtenen Entscheidung, Punkt II.3.5, kann das Bauteil aus dem Pulverbett entnommen und vom anhaftenden Pulver befreit werden. Danach könnten alle Oberflächen des Bauteils gemäß Merkmalen M8 und M9 bzw. M6' und M7' nachbehandelt werden.

Für die Beschwerdeführerin implizieren diese von der Einspruchsabteilung erwähnten Schritte, dass das Bauteil erneut in eine Vakuumkammer einer Vorrichtung gestellt werde, die geeignet sein müsse, einen Elektronenstrahl zu erzeugen. Ob es sich dabei um die gleiche Vorrichtung wie die zur Herstellung des Bauteils oder um eine andere handele, sei nicht spezifiziert, selbst wenn das Streitpatent die Nachbehandlung im Kontext der Beschreibung der Vorrichtung zur Herstellung des Bauteils, Absatz 20, Figur 1, offenbare.

Laut der Beschwerdeführerin seien solche implizierten Schritte und dafür geeignete Vorrichtungen im Streitpatent nicht beschrieben, und sie gehörten auch nicht zum Fachwissen des Fachmannes.

Es sei ferner nicht offenbart, wie der Fachmann die beanspruchte Nachbehandlung ohne die von den emittierten Elektronen erhaltene Werkstoffinformation bzw. Topographie des Bauteils gemäß Anspruch 3 des von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Patents ausführen könne.

2.3.2 Dieser Meinung kann sich die Kammer nicht anschließen.

Die Kammer ist der Auffassung, dass die von der Beschwerdeführerin weiteren erwähnten Schritte zum Fachwissen des Fachmanns gehören.

Es ist dem Streitpatent, Absatz 20, zu entnehmen, dass die beschriebene Vorrichtung zur Herstellung des Bauteils auch für die Nachbehandlung verwendet wird bzw. verwendet werden kann.

Dort ist auch beschrieben, wie die Oberflächenstruktur des Bauteils für die Durchführung der Nachbehandlung ermittelt wird, und zwar durch Erfassen der durch Wechselwirkung des Elektronenstrahls mit der Bauteiloberfläche emittierten Elektronen und anschließender Ermittlung einer eine Topographie des Bauteils charakterisierenden Bauteilinformation. Die Nicht-Aufnahme dieser Merkmale in Anspruch 1 bzw. 3 des Hauptantrags führt nicht zu mangelnder Offenbarung.

2.4 Im Lichte der o.a. Gründe erfüllt der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ.

3. Hauptantrag - Änderungen

3.1 Merkmale M8 und M9 bzw. M6' und M7'

3.1.1 Für die Beschwerdeführerin kann Seite 13, Zeilen 8-19 der ursprünglichen Beschreibung (Absatz 20 des Streitpatents) keine Stütze für die in Anspruch 1 des Hauptantrags im Vergleich zu Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung eingeführte Änderung in Bezug auf "eine Bauteiloberfläche" (Merkmale M8 und M9 bzw. M6' und M7') darstellen.

Durch die Verwendung des unbestimmten Artikels ("eine" Bauteiloberfläche) anstatt des bestimmten Artikels ("die" Bauteiloberfläche) umfasse der Nachbehandlungsschritt des Anspruchs 1 bzw. 3 gemäß Merkmalen M8 und M9 bzw. M6' und M7', dass alle beliebigen Oberflächen nachbehandelt werden können, obwohl ursprünglich offenbart sei, dass bloß die oberste Oberfläche nachzubehandeln sei.

3.1.2 Den von der Beschwerdeführerin in Bezug auf diese Merkmale geäußerten Bedenken betreffend kann sich die Kammer nicht anschließen.

Wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, gehört es zur üblichen Praxis, den unbestimmten Artikel zu verwenden, wenn ein Merkmal zum ersten Mal in einem Anspruchssatz erwähnt wird. Dies ist gerade der Fall mit "einer Bauteiloberfläche" gemäß Merkmalen M8 und M9 bzw. M6' und M7'.

Ferner ist den ursprünglich eingereichten Unterlagen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zu entnehmen, dass die Nachbehandlung nur auf die oberste Bauteiloberfläche beschränkt ist.

3.1.3 Die Beschwerdeführerin vertritt weiter die Auffassung, dass die in Anspruch 1 bzw. 3 eingeführten Änderungen in Bezug auf Merkmale M8 und M9 bzw. M6' und M7' auf dem in Figur 1 dargestellten Ausführungsbeispiel und auf Seite 13, Zeilen 8-19 der ursprünglichen Beschreibung (Absatz 20 des Streitpatents) basiere. Da dieses Ausführungsbeispiel bzw. diese Passage andere Merkmale enthalte, wie z.B. zwei Elektronenquellen, die in Anspruch 1 bzw. 3 nicht übernommen worden seien, führten die Änderungen zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung.

Die in der angefochtenen Entscheidung, Punkt II.4.3, weitere erwähnte Passage in den ursprünglich eingereichten Unterlagen (Seite 5, Zeilen 22-29) könne keine Basis für die Änderungen darstellen, weil sie im Streitpatent nicht enthalten bzw. gestrichen worden seien.

3.1.4 Dieser Meinung kann sich die Kammer nicht anschließen.

Von der ursprünglich eingereichten Beschreibung gestrichene Passagen können eine Basis für die durchgeführten Änderungen darstellen bzw. führen nicht unweigerlich zu einem Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ, wenn die dort offenbarten Merkmale in die Ansprüche eingeführt wurden.

Ferner ist, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, auf Seite 13, Zeilen 8-19, der ursprünglich eingereichten Anmeldung von "wenigstens einen Elektronenstrahl" die Rede, d.h. zwei Elektronenquellen sind dort nicht als notwendig offenbart.

Schließlich ist es nicht ausreichend, lediglich Merkmale zu nennen, um einen überzeugenden Einwand unzulässiger Zwischenverallgemeinerung zu erheben. Vielmehr sind Argumente in Bezug darauf erforderlich, wie und warum die aus der offenbarten Merkmalskombination isolierten Merkmale in funktionellem oder strukturellem Zusammenhang mit den anderen Merkmalen des Ausführungsbeispiels stehen würden. Solche Argumente wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht.

3.2 Im Lichte der o.a. Gründe erfüllt der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

Das gleiche gilt auch für die Erfordernisse des Artikels 76 (1) EPÜ, siehe angefochtene Entscheidung, Punkte II.4.2 bis II.4.5. Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

4. Hauptantrag - Klarheit

4.1 Unbestimmter Artikel

4.1.1 Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass die Verwendung des unbestimmten Artikels ("ein") zwei Mal für den Elektronenstrahl in Merkmalen M8 und M9 zur Unklarheit führe.

4.1.2 Dieser Meinung kann sich die Kammer nicht anschließen, weil es Anspruch 1 für den Fachmann unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist, dass verschiedene Elektronenstrahlen verwenden werden können.

4.2 Die gewünschte Oberflächenstruktur

4.2.1 Für die Beschwerdeführerin ist die "gewünschte Oberflächenstruktur" des Merkmals M9 unklar, weil sie unspezifiziert sei.

4.2.2 Dieser Meinung kann sich die Kammer nicht anschließen, weil, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, die gewünschte Oberflächenstruktur lediglich den Schritt der Festlegung einer zu erreichende Zielvorgabe für die Bearbeitung darstellt, ohne dass diese hierfür im Anspruch konkret vorgegeben sein muss. Ferner sind die dafür erforderlichen Verfahrenschritte in Anspruch 1 bzw. 3 angegeben.

4.3 Weitere Schritte

4.3.1 Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass Anspruch 1 unklar ist, weil die von der Einspruchsabteilung weiteren erwähnten Verfahrenschritte (siehe Punkt 2.3.1 oben) in Anspruch 1 fehlten, so dass das Bauteil von dem anhaftenden Pulver nicht befreit werde und die gewünschte Oberflächenstruktur nicht erreicht werden könne.

Laut der Beschwerdeführerin ist auch die Interpretation der Einspruchsabteilung in Bezug auf die weiteren Schritte durch die Beschreibung nicht gestützt.

4.3.2 Dieser Meinung kann sich die Kammer nicht anschließen, weil Anspruch 1 die wesentlichen Merkmale bzw. Verfahrenschritte enthält, um das Ziel bzw. die gewünschte Oberflächenstruktur zu erreichen (siehe Punkte 2.3.2 und 4.2.2 oben).

Diese in Anspruch 1 enthaltenen Schritte sind zweifellos von der Beschreibung gestützt. In diesem Sinne wird angemerkt, dass das Fachwissen des Fachmanns nicht in der Beschreibung beschrieben werden muss, um dadurch eine Stützung durch die Beschreibung zu gewährleisten bzw. einen Anspruch auslegen zu können.

4.4 Die für Anspruch 1 oben angegebenen Gründe und entsprechenden Schlussfolgerungen in Bezug auf Klarheit gelten mutatis mutandis für Anspruch 3, wie auch von der Beschwerdeführerin in ähnlicher Weise geltend gemacht bzw. vorgetragen.

4.5 Widerspruch zwischen Merkmal M1 und Merkmalen M8 und M9

4.5.1 Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin einen weiteren Einwand mangelnder Klarheit gegen Anspruch 1 erhoben. Laut der Beschwerdeführerin sei es unklar, ob die Schritte bezüglich der Merkmale M8 und M9 in Anspruch 1 enthalten seien, weil sie nach der Herstellung des Bauteils durchgeführt seien, während Anspruch 1 sich auf das Verfahren zur Herstellung des Bauteils gemäß Merkmal M1 beschränke, d.h. lediglich auf Schritte M1 bis M7. Es entstehe somit einen Widerspruch zwischen, auf der einen Seite, Merkmalen M8 und M9 und, auf der anderen Seite, Merkmal M1.

4.5.2 Dieser Meinung kann sich die Kammer nicht anschließen.

Wie von der Beschwerdegegnerin auch während der mündlichen Verhandlung vorgebracht, ist es dem Anspruchswortlaut für den Fachleser im Lichte des Merkmals M1 zu entnehmen, dass alle in Anspruch 1 angegebenen Schritte zu dem beanspruchten Verfahren gehören, d.h. auch Merkmale M8 and M9. Der im Merkmal M8 verwendete Ausdruck "nach seiner Herstellung" bedeutet somit nicht, dass das beanspruchte Verfahren davor beendet ist. Dieser Ausdruck ist statt dessen in Verbindung mit Schritt d) gemäß Merkmal M5 zu lesen bzw. auszulegen. In diesem Zusammenhang werden die Schritte gemäß M8 und M9 erst durchgeführt, wenn Schritte a) bis c) so oft wiederholt worden sind, bis das Bauteil für die nächsten Schritte fertig gestellt ist. Der Ausdruck "nach seiner Herstellung" gemäß Merkmal M8 betrifft somit das Erhalten des Bauteils, wenn Schritt d) gemäß Merkmal M5 abgeschlossen ist.

4.6 Im Lichte der o.a. Gründe erfüllt der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.

5. Hauptantrag - Neuheit

5.1 Laut der Beschwerdeführerin ist der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 des Hauptantrags nicht neu gegenüber der Offenbarung der D1.

5.2 Die Kammer stimmt den Parteien zu, dass die Merkmale M1 bis M7 bzw. M1' bis M5' aus D1 bekannt sind.

Unter den Beteiligten ist somit nur umstritten, ob D1 die Merkmale M8 und M9 bzw. M6' und M7' hinsichtlich der Auslegung von "nach seiner Herstellung" offenbart.

5.3 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass D1 ein Verfahren zur Herstellung eines Bauteils offenbart, wobei in einem ersten Schritt 50 der Elektronenstrahl über die Oberfläche des Bauteils bewegt wird und in einem zweiten Schritt 51 die lokale Temperatur der oberen Pulverschicht erfasst wird (Tij_measured). Danach wird in einem dritten Schritt 52 ermittelt, ob Tij_measured von einer erwünschten Temperatur (Tij_desired value) abweicht und ob die Abweichung ein gewisses Limit überschreitet (Seite 32, Zeile 20 bis Seite 35, Zeile 8; Figuren 21 und 22).

Falls die Abweichung zu hoch ist, wird eine Korrektur der Oberflächenstruktur durch Anpassung der von dem Elektronenstrahl zugeführten Energie in einem fünften Schritt durchgeführt (Seite 33, Zeilen 21-24). Wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, wird dieser fünfte Schritt in Figur 22 dargestellt und entspricht dem in Figur 21 mit Bezugszeichen 54 angegebenen Schritt.

Insbesondere wird in dem fünften Schritt inter alia die lokale erfasste Temperatur der Oberfläche (Tij_cooling) von bereits miteinander verschmolzenen Bereichen mit der entsprechenden erwünschten Temperatur (Tij_cooling-desired value) verglichen. Abhängig von der dadurch errechneten Abweichung werden diese Bereiche mittels eines Elektronenstrahls wieder aufgeheizt, bevor sie sich zu stark abgekühlt haben. Der Elektronenstrahl wird dann mit einer geringeren Energieintensität und/oder mit einer höheren Bewegungsgeschwindigkeit über bereits miteinander verschmolzene Bereiche bewegt (Schritte 58, 58a; Seite 33, Zeilen 1-5; Seite 34, Zeilen 9-15; Figur 22).

Immer noch in diesem fünften Schritt wird die Oberfläche danach mit Hilfe einer Kamera ermittelt, um deren Unregelmäßigkeiten zu erfassen (Schritte 62, 62a; Seite 34, Zeile 23 bis Seite 35, Zeile 8; Figur 22). Mittels eines Elektronstrahls wird Energie zugeführt, um die erfassten Unregelmäßigkeiten der Oberfläche wieder zu schmelzen.

Die oben beschriebenen Schritte werden für alle Schichten durchgeführt (Seite 33, Zeilen 26-31).

Der fünfte Schritt findet somit auch bei dem Auftragen der letzten Pulverschicht statt, so dass dadurch einer Bauteiloberfläche des Bauteils nach der Herstellung des Bauteils mittels eines Elektronenstrahls Energie zugeführt wird, um eine gewünschte Oberflächenstruktur zu erzeugen (siehe Punkt 4.5 oben).

5.4 Laut der angefochtenen Entscheidung, Punkt II.6.4, sowie nach der Auffassung der Beschwerdegegnerin, werde das fertige Bauteil in dem aus D1 bekannten Verfahren erst erhalten, nachdem der fünfte Schritt auch für die allerletzte Schicht abgeschlossen ist. Eine solche Bearbeitung der letzten Schicht werde als ein während der Herstellung des Bauteils erfolgender Schritt angesehen.

Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass nach dem fünften Schritt (mit Bezugszeichen 54 in Figur 21; 58, 58a, 62, 62a in Figur 22) mindestens noch ein weiterer Schritt (53) zwangsläufig durchzuführen sei, und zwar eine Kontrolle, ob die Schicht komplett behandelt wurde, siehe Seite 33, Zeilen 26-31 und Figur 21. Solange dieser weitere Schritt (53) nicht abgeschlossen sei, sei das in D1 offenbarte Verfahren zur Herstellung des Bauteils nicht fertig. Der fünfte Schritt (54; 58, 58a, 62, 62a) werde somit entgegen dem Erfordernis von Merkmal M8 bzw. M6' nicht nach der Herstellung des Bauteils durchgeführt. Der fünfte Schritt entspreche Merkmal M3 (Schritt b)) des Anspruchs 1.

Dies sei auch der Beschreibung jedes einzelnen Schritts innerhalb des fünften Schrittes der D1 zu entnehmen. Bei der Ermittlung der Oberfläche mit Hilfe einer Kamera (62, 62a) werde dort erwähnt, dass das Bauteil erst noch herzustellen ist ("...body to be created...", Seite 34, Zeilen 26-27 ). Beim Wiederaufheizen von Bereichen (58, 58a) dürfe deren Temperatur nicht zu niedrig werden ("...before they have cooled too much...", Seite 34, Zeile 13). Dagegen werde das Bauteil in Anspruch 1 bzw. 3 vor der Durchführung der Schritte M8 und M9' bzw. M6' und M7' so abgekühlt, dass dessen Oberfläche fest sei.

5.5 Dieser Meinung kann sich die Kammer nicht anschließen

Entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin sieht die Kammer im beanspruchten Verfahrenanspruch 1 weder explizit noch implizit eine klare Trennung zwischen Merkmalen M1 bis M7 einerseits und Merkmalen M8 und M9 andererseits im Sinne von z.B. einer bestimmten Temperatur des Bauteils oder der Entnahme des Bauteils aus der Vorrichtung.

In der Tat ist eine eindeutige Abkühlungstemperatur, ab der das Merkmal M8 zur Ausführung kommt, in Anspruch 1 nicht angegeben. Deshalb ist die erhöhte Temperatur beim Wiederaufheizen von Bereichen in D1 (Schritt 58, 58a) in Anspruch 1 nicht ausgeschlossen. Das gleiche gilt auch für die Temperatur bei der Ermittlung der Oberfläche mit Hilfe einer Kamera, bei der die Oberfläche explizit zu schmelzen ist (Seite 35, Zeile 8, "...to melt down the surface irregularity"). Um die Unregelmäßigkeiten der Oberfläche erkennen und korrigieren zu können, ist D1 eindeutig und ummittelbar zu entnehmen, dass zuvor die Oberfläche fest sein muss.

Ferner hat die Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass gemäß Verfahrensanspruch 1 das Bauteil nicht aus dem Pulverbett entnommen und auch nicht vom anhaftenden Pulver befreit werden muss, um dessen Oberfläche gemäß Merkmalen M8 und M9 nachzubehandeln. Dies entspricht auch dem Verlauf des in D1 offenbarten Verfahrens.

Schließlich ist eine solche in D1 offenbarte Kontrolle (Schritt 53) von Anspruch 1 nicht ausgeschlossen.

Das gleiche gilt auch mutatis mutandis für Anspruch 3 des Hilfsantrags 1.

Aus alledem folgt, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 des Hauptantrags nicht neu gegenüber der Offenbarung der D1 (Artikel 54 (1) EPÜ) ist.

6. Hilfsantrag 1

6.1 Artikel 83, 84 und 123 (2) EPÜ

Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin gegen Hilfsantrag 1 keine weitere Einwände gemäß Artikel 83, 84 und 123 (2) EPÜ erhoben. Auch die Kammer hatte von Amts wegen keine Einwände.

Im Lichte der unter Punkten 2, 3 und 4 ausgeführten Diskussion erfüllt Hilfsantrag 1 die Erfordernisse der Artikel 83, 84, 76 (1) und 123 (2) EPÜ.

6.2 Neuheit

6.2.1 Die Beschwerdeführerin erhob einen Einwand mangelnder Neuheit gegen Anspruch 1 bzw. 2 des Hilfsantrags 1.

Sie vertrat die Meinung, dass die in Merkmal M8(1) bzw. M6'(1) des Anspruchs 1 bzw. 2 des Hilfsantrags 1 im Vergleich mit Anspruch 1 bzw. 3 des Hauptantrags eingeführte Änderung "in der Art eines Elektronenstrahl-Lithographie-Verfahrens" (siehe Punkt VII oben) zu keiner Beschränkung des Anspruchs führe. Mit dieser Änderung werde in den Anspruch kein Lithographie-Verfahren eingeführt, sondern es werde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der Elektronenstrahl wie bei einem Lithographie-Verfahren bewegt werde. Die Bewegung des Elektronenstrahls beim Lithographie-Verfahren entspreche jedoch einer üblichen Bewegung, wie sie auch in D1 offenbart werde.

Hinsichtlich der am Ende des Anspruchs 1 bzw. 2 zugefügten Merkmale M10 bzw. M8' bezüglich der Erfassung von emittierten Elektronen (siehe Punkt VII oben) argumentiert die Beschwerdeführerin, dass sie in D1 implizit offenbart seien. Laut der Beschwerdeführerin seien Elektronen wegen des Elektronenstrahls unweigerlich emittiert.

Deshalb könnten Merkmale M8(1) und M10 bzw. M6'(1) und M8' die Neuheit nicht begründen.

6.2.2 Dieser Meinung kann sich die Kammer nicht anschließen.

Dass Elektronen in dem in D1 offenbarten Verfahren durch Wechselwirkung des Elektronenstrahls mit der Bauteiloberfläche emittiert werden, ist ohne weiteres implizit offenbart. Die Kammer teilt jedoch die von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Auffassung, dass mindestens eine Erfassung von den emittierten Elektronen gemäß der Merkmale M10 bzw. M8' weder explizit noch implizit in D1 offenbart wird.

Aus diesen Gründen ist der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 1 neu gegenüber D1 (Artikel 54 (1) EPÜ).

6.3 Erfinderische Tätigkeit

6.3.1 Die Beschwerdeführerin erhob einen Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegen Anspruch 1 bzw. 2 des Hilfsantrags 1, und zwar ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit dem Fachwissen des Fachmannes.

Sie vertrat die Meinung, dass die von der Beschwerdegegnerin behaupteten Unterscheidungsmerkmale bezüglich eines Elektronenstrahls in der Art eines Lithographie-Verfahrens (Merkmale M8(1) und M6'(1)) und der Erfassung von emittierten Elektronen (Merkmale M10 und M8') üblich und dem Fachmann bekannt seien. Dies sei insbesondere der Fall in der Wafer-Technologie, die das beanspruchte Verfahren betreffe, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht.

Insbesondere ergebe sich aus den Ansprüchen kein kausaler Zusammenhang zwischen dem Lithographie-Verfahren (Merkmale M8(1) und M6'(1)) und der Ermittlung der Topographie (Merkmale M10 und M8'). Eine Synergie zwischen deren Effekten sei somit nicht zu erkennen.

Merkmale M8(1) und M10 bzw. M6'(1) und M8' könnten somit keine erfinderische Tätigkeit begründen.

6.3.2 Dieser Meinung kann sich die Kammer nicht anschließen.

Die Kammer stimmt den Beteiligten zu, dass das Dokument D1 als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden kann, weil es ein Verfahren zur Herstellung eines Bauteils betrifft, bei welchem das Bauteil schichtweise wie Anspruch 1 bzw. 2 des Hilfsantrags 1 aufgebaut wird, siehe Anspruch 1 (siehe auch Punkt 5.3 oben).

Im Lichte der unter Punkt 6.2.2 oben ausgeführten Diskussion über Neuheit gegenüber D1 unterscheidet sich Anspruch 1 bzw. 2 von der Offenbarung der D1 mindestens durch Merkmal M10 bzw. M8' (siehe auch Punkt VII oben).

Die Unterscheidungsmerkmale - Merkmale M10 für Anspruch 1 und M8' für Anspruch 2 - betreffen die Nachbehandlung der Oberfläche des hergestellten Bauteils während eines dafür durchgeführten Elektronenstrahls gemäß Merkmale M8(1) und M9 bzw. M6'(1) und M7'. Insbesondere teilt die Kammer die Meinung der Beschwerdegegnerin, dass sich aus den Ansprüchen ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Elektronenstrahl und der Ermittlung der Topographie ergibt. Wie auch im Streitpatent, Absatz 20, erläutert, werden die räumliche Ablenkung, Fokussierung und/oder thermische Leistung des Elektronenstrahls unter Berücksichtigung der Bauteilinformation bezüglich der Topographie optimal eingestellt, um die gewünschte Oberflächenstruktur zu erzeugen.

Durch Merkmal M10 für Anspruch 1 und Merkmal M8' für Anspruch 2 kann eine Feinbearbeitung der Oberflächen des hergestellten Bauteils durchgeführt werden, siehe Streitpatent, Absatz 20.

Die zu lösende Aufgabe kann somit darin gesehen werden, das aus D1 bekannte Verfahren zur Herstellung eines Bauteils so abzuändern, dass die Qualität der Oberfläche des hergestellten Bauteils verbessert wird.

Wie von der Beschwerdegegnerin auch während der mündlichen Verhandlung vorgetragen, gibt es für den Fachmann anhand der D1 oder der anderen verfügbaren Dokumente keine Anregung, einen Elektronenstrahl in Verbindung mit der Erfassung emittierter Elektronen, mit der eine eine Topographie des Bauteils charakterisierende Bauteilinformation ermittelt wird, in dem aus D1 bekannten Herstellungsverfahren zu verwenden. Das wird weder in D1 noch in den anderen verfügbaren Dokumenten offenbart.

Deshalb beruht der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

6.4 Beschreibung

Die Beschwerdegegnerin reichte während der mündlichen Verhandlung eine an den Anspruchsatz des Hilfsantrags 1 angepasste Beschreibung ein. Dagegen hatten die Beschwerdeführerin sowie die Kammer keine Einwände.

7. Antrag auf Berichtigung der Niederschrift der mündlichen Verhandlung

7.1 Die Beschwerdegegnerin beantragte mit dem Schreiben vom 25. Februar 2021 eine Berichtigung der Niederschrift der am 8. Februar 2021 stattgefundenen mündlichen Verhandlung in Bezug auf die Diskussion der Patentierbarkeit der Ansprüche 1 bzw. 2 des Hilfsantrags 1 (Seite 3, vorletzter Absatz).

7.2 Die Kammer hält eine Änderung der Niederschrift der mündlichen Verhandlung nicht für notwendig, weil sie sich mit dem Sachverhalt, auf den die Beschwerdegegnerin hinweist, in dieser Entscheidung auseinandergesetzt hat.

In der Tat spielen die von der Beschwerdegegnerin in Bezug genommene Passage der Niederschrift sowie ihre angeblich während der mündlichen Verhandlung entsprechende, vorgebrachte Erklärung in Bezug auf Hilfsantrag 1, dass die Merkmale M8(1) und M9, eine Führung des Elektronenstrahls definieren, wie sie bei Lithographieverfahren in der Herstellung von Wafern verwendet wird, für die Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 1 keine Rolle (siehe Punkte 6.2.2 und 6.3.2 oben).

7.3 Die von den Beschwerdegegnerin beantragte Berichtigung spiegelt einerseits offensichtlich ihre Sicht der mündlichen Verhandlung wider. Andererseits aber weist die Kammer darauf hin, dass die Beschwerdeführerin mit dem Schreiben vom 18. März 2021 vorgebracht hat, dass die Niederschrift den Verlauf der mündlichen Verhandlung korrekt wiedergebe, weswegen sie dem Antrag auf Korrektur nicht zustimme. Auch die Kammer selbst ist nach nochmaliger Überprüfung ihrer Unterlagen nicht der Überzeugung, dass die Erklärung der Beschwerdegegnerin in der Form, wie im Berichtigungsantrag widergegeben, abgegeben worden ist.

In der Praxis wird eine Zusammenfassung der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente, wie die Parteien zu den Akten nehmen lassen möchten, in der Regel nicht in der Niederschrift, sondern - zusammen mit dem schriftlichen Vorbringen - in der schriftlichen Entscheidung festgehalten, was auch im vorliegenden Fall geschehen ist.

Diese Vorgehensweise der Kammer steht im Einklang mit der Rechtsprechung, siehe T 1721/07, Punkte 15 bis 19 der Entscheidungsgründe und T 433/11, Punkte 79 bis 81 der Entscheidungsgründe, beide im ABl. EPA nicht veröffentlicht.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Beschreibung:

Seiten 2, 2a, 3 bis 5, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 8. Februar 2021,

- Ansprüche:

Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 2, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung vom 9. September 2019 (in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 8. Februar 2021 umbenannt zu Hilfsantrag 1),

- Zeichnungen:

Blätter 1/2 und 2/2 der Patentschrift.

3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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