European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T247518.20221027 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 27 October 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2475/18 | ||||||||
Anmeldenummer: | 09710102.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61M 5/20 A61M 5/24 A61M 5/50 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERABREICHUNGSVORRICHTUNG MIT BLOCKIERBAREM BETÄTIGUNGSELEMENT | ||||||||
Name des Anmelders: | Tecpharma Licensing AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SHL Group AB | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein) Änderungen - Erweiterung des Patentanspruchs (nein) Änderungen - Festlegung des Schutzbereichs für Artikel 123(3) EPÜ gemäß Artikel 69 EPÜ Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hauptantrag (ja) Zurückverweisung - (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2252350 gemäß Artikel 101(3)(b) EPÜ zu widerrufen.
II. In ihrer Entscheidung ist die Einspruchsabteilung u.a. zu der Auffassung gelangt, dass der Hauptantrag sowie keiner der im Einspruchsverfahren eingereichten Hilfsanträge die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt.
Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt.
III. Am 27. Oktober 2022 fand eine als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts statt.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in beschränktem Umfang auf der Grundlage des Hauptantrags oder eines der Hilfsanträge 1 bis 8, eingereicht jeweils mit der Beschwerdebegründung.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Der Hauptantrag im Beschwerdeverfahren entspricht dem, der auch der angefochtenen Entscheidung zugrunde lag. Anspruch 1 lautet wie folgt (die Merkmalsnummerierung wurde von der Kammer hinzugefügt):
Vorrichtung zur Verabreichung eines fluiden Produkts umfassend:
(1.1) ein Gehäuse (1) zur Aufnahme einer Verabreichungseinrichtung,
(1.2) ein Betätigungselement (6) zum Betätigen der Verabreichungseinrichtung,
(1.3) eine Aufnahmevorrichtung (2) zur Aufnahme des fluiden Produkts,
(1.4) eine Blockiereinrichtung (5, 23) zum Blockieren des Betätigungselements (6), wobei
(1.5) die Aufnahmevorrichtung (2) relativ zum Gehäuse (1) drehbar gelagert ist,
(1.6) wobei durch Drehung der Aufnahmevorrichtung (2) relativ zum Gehäuse (1) die Blockiereinrichtung (5, 23) von einer Blockierposition in eine Freigabeposition bewegbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
(1.7) eine Rasteinrichtung vorgesehen ist, welche
(1.8) die Aufnahmevorrichtung in der Freigabeposition der Blockiereinrichtung relativ zum Gehäuse verrastet,
(1.9) sodass die Aufnahmevorrichtung nur in eine Drehrichtung drehbar ist,
(1.10) um die Blockiereinrichtung (5, 23) von der Blockierposition in die Freigabeposition zu bewegen,
(1.11) und in der Freigabeposition nicht in die Gegenrichtung zurückgedreht werden kann.
V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) - soweit es für die Entscheidung wesentlich war - lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Artikel 123(2) EPÜ
Die Einspruchsabteilung habe Merkmal 1.9 missverstanden. Es gehe nicht darum, dass die Aufnahmevorrichtung an sich nur in eine Drehrichtung drehbar sei. Merkmal 1.9 dürfe nicht isoliert gesehen werden, sondern sei mit Merkmal 1.10 so zu verstehen, dass nur eine Drehrichtung der beiden möglichen Drehrichtungen der Aufnahmevorrichtung die Wirkung hervorrufe, dass die Blockiereinrichtung von der Blockierposition in die Freigabeposition bewegt werde. Dies sei der ursprünglichen Anmeldung (WO 2009/100550) auf der Seite 4, Absatz 2, der Seite 11, letzter Absatz, und der Seite 12, Zeilen 5, 6, eindeutig entnehmbar. Anspruch 1 verstoße daher nicht gegen Artikel 123(2) EPÜ.
Artikel 123(3) EPÜ
Artikel 123(3) EPÜ beziehe sich auf die Erweiterung des "Schutzbereichs". Gemäß Artikel 69(1) EPÜ bestimme sich der Schutzbereich durch die Patentansprüche, wobei die Beschreibung und Zeichnungen zur Auslegung heranzuziehen seien. Daraus folge, dass selbst wenn das EPA zur Beurteilung der Neuheit oder der erfinderischen Tätigkeit üblicherweise die Ansprüche nicht unter Hinzunahme der Beschreibung auslege, sich für die Beurteilung von Artikel 123(3) EPÜ ein Sonderfall ergebe.
Unter Hinzunahme der ursprünglichen (oder auch der erteilten) Fassung der Beschreibung verstehe der Fachmann, dass die Aufnahmevorrichtung zwar prinzipiell in beide Richtungen drehbar sei, jedoch nur die Drehung in eine Drehrichtung bewirke, dass die Blockiereinrichtung in die Freigabeposition bewegt werde (z.B. Seite 12, Zeilen 5 und 6 der WO2009/100550 A1). Die Rasteinrichtung hingegen bewirke ein Blockieren der Drehbarkeit der Aufnahmevorrichtung in beide Richtungen.
Weder die Auslegung des Merkmals 1.9 im Hauptantrag, dass die Aufnahmeeinrichtung an sich in nur eine Richtung drehbar sei, noch die Auslegung des Merkmals 1.9 in der erteilten Fassung, dass die nur eine Drehrichtung ein notwendiges Ergebnis des Verrastens sei, fänden sich in der Beschreibung. Beide Auslegungen seien eine Fehlinterpretation und stünden im Widerspruch zur Beschreibung.
Daraus folge, dass der Schutzbereich des erteilten Anspruchs 1 (Merkmale 1.1 bis 1.6, 1.8 und 1.9) eine Aufnahmeeinrichtung umfasse, die - bei Zusammenschau der Merkmale 1.6 und 1.9 - in nur eine ihrer beiden Drehrichtungen die Blockiereinrichtung von der Blockierposition in die Freigabeposition bewege. Nichts anderes sei in Anspruch 1 des Hauptantrags in Merkmal 1.9 und 1.10 definiert. Der Schutzbereich sei folglich nicht erweitert.
Artikel 84 EPÜ
Dem Anspruchswortlaut sei klar zu entnehmen, dass sich die nur eine Drehrichtung auf das Bewegen der Blockiereinrichtung in die Freigabeposition beziehe. Merkmal 1.11 hingegen, dass die Aufnahmevorrichtung in der Freigabeposition nicht in die Gegenrichtung zurückgedreht werden könne, sei klar als Ergebnis des Verrastens definiert, wie dies auch auf Seite 6, letzter Absatz, der WO2009/100550 A1 bzw. im Absatz [0022] des Streitpatents beschrieben sei.
VI. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) - soweit es für die Entscheidung wesentlich war - lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Artikel 123(2) EPÜ
Nach gängiger Rechtsprechung seien bei einem mehrdeutigen Anspruch alle technisch sinnvollen Auslegungen zu berücksichtigen. Durch die Mehrdeutigkeit in Anspruch 1 des Hauptantrags ergebe sich eine Auslegung, die keine Basis in der ursprünglichen Offenbarung finde.
Der Einspruchsabteilung sei zuzustimmen, dass gemäß einer Auslegung des Merkmals 1.9 im Hauptantrag die Aufnahmevorrichtung prinzipiell immer nur in eine Richtung drehbar sei. Hierfür gebe es in der Beschreibung jedoch keine Grundlage. Stattdessen müsse die Aufnahmevorrichtung gemäß dem die Seiten 6 und 7 überbrückenden Absatz, wonach die Rasteinrichtung ein Zurückdrehen der Aufnahmevorrichtung verhindere, logischerweise anfänglich in beide Richtungen drehbar sein. Anderenfalls wäre die Rasteinrichtung nutzlos.
Artikel 123(3) EPÜ
Nach gängiger Rechtsprechung gebe es keinen Anlass, bei einem deutlich und eindeutig abgefassten Patentanspruch die Beschreibung zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. Der erteilte Anspruchswortlaut, insbesondere der kennzeichnende Teil, sei klar und müsse daher ohne Berücksichtigung der Beschreibung ausgelegt werden.
Der erteilte Wortlaut, umfassend die Merkmale 1.1 bis 1.6, 1.8 und 1.9, fordere eindeutig, dass die Aufnahmevorrichtung verraste und danach noch in die eine Drehrichtung weiter drehbar sei. Das Merkmal 1.9, beginnend mit "sodass" stehe in eindeutig konsekutiver Beziehung zu Merkmal 1.8. Diese Beziehung sei im Hauptantrag nicht mehr vorhanden. Anspruch 1 des Hauptantrags umfasse zusätzlich auch Ausführungsformen, bei denen nach dem Verrasten überhaupt keine Drehung der Aufnahmevorrichtung mehr möglich sei, wodurch sich der Schutzbereich erweitere.
Artikel 84 EPÜ
Die im Hauptantrag aus der Beschreibung hinzugefügten Merkmale 1.10 und 1.11 unterstellten, dass die Aufnahmevorrichtung prinzipiell nur in eine Drehrichtung drehbar sei. Dies sei technisch jedoch nicht korrekt. Durch das Wort "sodass" sei die Beziehung zwischen der Rasteinrichtung und der Drehrichtung unklar. Insbesondere sei unklar, wie eine ohnehin nur in eine Drehrichtung drehbare Aufnahmeeinrichtung durch die Rasteinrichtung am Drehen in die Gegenrichtung gehindert werden solle.
Entscheidungsgründe
1. Artikel 123(2) EPÜ - Merkmale 1.9, 1.10
1.1 Die in Anspruch 1 des Hauptantrags vorgenommenen Änderungen erfüllen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Zur Beurteilung der Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ wird sich im Folgenden auf die A1-Veröffentlichung WO 2009/100550 der Streitschrift bezogen.
1.2 Umstritten sind die Merkmale 1.9 und 1.10. Die Argumentation der Beschwerdegegnerin (Einsprechende), dass der Anspruchswortlaut eine Aufnahmevorrichtung definiere, die prinzipiell nur in eine Drehrichtung drehbar sei, ist nicht überzeugend.
1.3 Für den Hauptantrag ergibt sich aus der Grammatik des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1, dass eine Rastvorrichtung vorgesehen ist (1.7), welche die Aufnahmevorrichtung [...] verrastet (1.8), sodass die Aufnahmevorrichtung
- nur in eine Drehrichtung drehbar ist (1.9), um die Blockiereinrichtung [...] in die Freigabeposition zu bewegen, (1.10) und
- in der Freigabeposition [der Blockiereinrichtung] nicht in die Gegenrichtung zurückgedreht werden kann (1.11).
1.4 Der Wortlaut der Merkmale 1.7 bis 1.11 ist daher, wie von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) vorgetragen, derart zu verstehen, dass die Rasteinrichtung in nur eine der beiden Drehrichtungen die Aufnahmevorrichtung verrastet, und zwar in der, in der es auch zur Freigabe der Blockiereinrichtung kommt. Zusätzlich verhindert die Rasteinrichtung ein Zurückdrehen. Dies entspricht der ursprünglichen Offenbarung Seite 6, letzter Absatz, Seite 12, Zeilen 3 bis 6, und Seite 13, vorletzter Absatz, bis Seite 14, Zeile 2.
1.5 Durch die Kombination des Merkmals 1.9 mit 1.10 steht die "nur eine Drehrichtung" eindeutig im Kontext zum Freigeben der Blockiereinrichtung. Eine Drehbarkeit der Aufnahmeeinrichtung in die andere Richtung, in der es nicht zur Freigabe der Blockiereinrichtung kommt, wird durch den Wortlaut nicht ausgeschlossen.
1.6 Der Anspruchswortlaut geht somit nicht über den Inhalt der ursprünglichen Offenbarung hinaus.
2. Artikel 123(3) EPÜ
2.1 Der Hauptantrag erfüllt die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ.
2.2 Laut Einspruchsabteilung und Beschwerdegegnerin (Einsprechende) fordere der erteilte Wortlaut, dass die Aufnahmevorrichtung verraste und danach zwar nicht mehr zurückgedreht werden könne, jedoch noch in die andere Drehrichtung weiter drehbar sei (Merkmale 1.8 und 1.9).
Anspruch 1 des Hauptantrags umfasse jedoch zusätzlich auch Ausführungsformen, bei denen nach dem Verrasten überhaupt keine Drehung der Aufnahmevorrichtung mehr möglich sei.
2.3 Dem stimmt die Kammer nicht zu. Gemäß G2/88 ist bei der Prüfung des Artikels 123(3) EPÜ als erstes der Schutzbereich des Patents nach Artikel 69(1) EPÜ vor der Änderung zu ermitteln. Entsprechend wird in der gängigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer des EPA (siehe die gleichnamige Zusammenfassung, 9. Auflage, II.A.6.2) betont, dass Artikel 69(1) EPÜ den Schutzbereich des Patents betreffe, der im Hinblick auf Artikel 123(3) EPÜ von Bedeutung sei. Daraus folgt wiederum, dass - entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) - die Beschreibung und die Figuren zur Auslegung der erteilten Patentansprüche heranzuziehen sind.
Da es bei der Prüfung des Artikels 123(3) EPÜ folglich um die Auslegung des Schutzbereichs geht und nicht, wie in der von der Beschwerdegegnerin genannten T 0030/17, um die Bestimmung des beanspruchten Gegenstands, entsteht entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin kein Widerspruch zu anderen Entscheidungen der Beschwerdekammern.
2.4 Hinsichtlich des Verständnisses der ursprünglichen Beschreibung (z.B. Seite 12, Zeilen 5 und 6) sind sich die Parteien einig, dass in der Beschreibung eine Aufnahmevorrichtung offenbart ist, die anfänglich in beide Drehrichtungen drehbar ist. Weiterhin wird nicht bestritten, dass gemäß der Beschreibung das Drehen der Aufnahmevorrichtung in eine der Drehrichtungen bewirkt, dass die Blockiereinrichtung von der Blockierposition in die Freigabeposition bewegt wird. Das Drehen der Aufnahmevorrichtung in die andere Drehrichtung bewirkt dies eben nicht.
2.5 Unter Hinzunahme der Beschreibung ergibt sich für den Schutzbereich des erteilten Anspruchs 1, dass Merkmal 1.9 nicht nur in Verbindung mit Merkmal 1.8, sondern auch - wie von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) vorgetragen - in Verbindung mit Merkmal 1.6 gelesen werden kann. Damit umfasst der erteilte Anspruch 1 durchaus den in der Beschreibung offenbarten Sachverhalt, dass sich die nur eine Drehrichtung auf das Bewegen der Blockiereinrichtung in die Freigabeposition bezieht.
2.6 Die Beschreibung beschränkt die erteilten Merkmale 1.8 und 1.9 nicht auf die von der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) vorgetragene Auslegung, dass die nur eine Drehrichtung notwendigerweise eine Folge des Verrastens ist. Stattdessen lässt die Beschreibung offen, ob das Verrasten jegliche spätere Drehbewegung blockiert oder ein Weiterdrehen in die eine Richtung zulässt. Die Rasteinrichtung wird nur auf Seite 6 (letzter Absatz) und Seite 13 (letzter Absatz) beschrieben. Darin wird lediglich gefordert, dass ein Zurückdrehen blockiert wird.
2.7 Wird nun Merkmal 1.9 in Verbindung mit Merkmal 1.6 gelesen, lässt daher auch der erteilte Anspruch im Lichte der Beschreibung - genau wie auch der Anspruchswortlaut des Hauptantrags - offen, ob die Aufnahmevorrichtung nach dem Verrasten (Merkmal 1.8) in die eine Drehrichtung weitergedreht werden kann oder nicht.
2.8 Folglich waren beide Ausführungsformen, die nun unter den Wortlaut des Anspruchs 1 des Hauptantrags fallen, d.h. eine Aufnahmevorrichtung, die nach dem Verrasten in die eine Drehrichtung noch drehbar ist oder eine Aufnahmevorrichtung, die nach dem Verrasten vollständig blockiert ist, bereits vom Schutzbereich des erteilten Anspruchs umfasst.
3. Artikel 84 EPÜ
3.1 Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt die Anforderungen des Artikels 84 EPÜ. Aus der Analyse des Satzbaus und der Verbindung der Merkmale 1.7 bis 1.11 ergibt sich für den Fachmann eine klare Lehre (siehe obige Punkte 1.3 und 1.5).
3.2 Dem Argument der Beschwerdegegnerin (Einsprechende), dass die Merkmale 1.10 und 1.11 unterstellten, die Aufnahmevorrichtung sei prinzipiell nur in eine Drehrichtung drehbar, ist nicht zu folgen.
Merkmal 1.10 steht unmittelbar in Zusammenhang mit Merkmal 1.9, wodurch die "nur ein Drehrichtung" klar in Verbindung mit dem Bewegen der Blockiereinrichtung in die Freigabeposition steht.
Merkmal 1.11 hingegen steht unmittelbar in Zusammenhang mit der Rasteinrichtung, die ein Zurückdrehen verhindert.
3.3 Die anfängliche Drehbarkeit der Aufnahmevorrichtung wird durch den Anspruchswortlaut nicht eingeschränkt und ist somit prinzipiell in beide Richtungen gegeben.
4. Artikel 11 VOBK 2020
4.1 Gemäß Artikel 11 VOBK 2020 kann die Kammer an das Organ zurückverweisen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wenn besondere Gründe dafür sprechen.
4.2 Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hatte im Einspruchsverfahren neben dem Einwand bezüglich. Artikel 123 EPÜ und Artikel 84 EPÜ auch Einwände unter Artikel 54 EPÜ und Artikel 56 EPÜ erhoben.
Im vorliegenden Fall hat sich die Einspruchsabteilung nur mit den Änderungen in Anspruch 1 des Hauptantrags befasst, nicht aber mit der Frage der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit. Im Hinblick auf das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens, die angefochtene Entscheidung gerichtlich zu überprüfen, ist die Kammer der Auffassung, dass hier ein besonderer Grund für eine Zurückverweisung vorliegt.
4.3 Die Zurückverweisung wurde von den Beteiligten nicht beanstandet.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.