European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2021:T227818.20210616 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 Juni 2021 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2278/18 | ||||||||
Anmeldenummer: | 13153018.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | B32B 27/08 E04D 12/00 E04B 1/62 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Feuchtevariable gerichtete Dampfbremse | ||||||||
Name des Anmelders: | Silu Verwaltung AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 1. Saint-Gobain Isover G+H AG 2. tremco illbruck Produktion GmbH 3. Biologische Insel Lothar Moll GmbH & Co. KG |
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Kammer: | 3.3.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - (nein) Neuheit - allein dem Wortlaut nach unterschiedliche Erfindungsdefinition |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Einsprechenden 1, 2 und 3 (Beschwerdeführerinnen) richten sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung die Einsprüche gegen das europäische Patent Nr. 2 759 403 zurückzuweisen.
II. Mit ihrer Beschwerdebegründungen haben die Beschwerdeführerinnen Einwände unter Artikel 100(a), (b) und (c) EPÜ vorgebracht. Unter anderem wurde die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes aufgrund der Offenbarung von D14 (DE 699 21 692 T2) beanstandet.
III. In Erwiderung auf die Beschwerdebegründungen hat die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) mit Schriftsatz vom 7. Juni 2019 das Patent in der erteilten Fassung verteidigt. Hilfsweise hat sie den am 25. Mai 2018 vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrag 1 aufrechterhalten sowie neue Hilfsanträge 2 bis 7 eingereicht.
IV. In ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK war die Kammer unter anderem der vorläufigen Meinung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem Inhalt der D14 nicht neu sei.
V. In Erwiderung auf die Kammermitteilung hat die Beschwerdegegnerin mit Schriftsatz vom 25. März 2021 den geltenden Hilfsantrag 6 durch einen neuen ersetzt.
VI. Die Beschwerdeführerin 2 hat beantragt, die Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 25. März 2021 sowie den damit eingereichten Hilfsantrag 6 nicht in das Verfahren zuzulassen. Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2021 hat auch die Beschwerdeführerin 3 beantragt, den neuen Hilfsantrag 6 nicht in das Verfahren zuzulassen.
VII. In der mündlichen Verhandlung, die am 16. Juni 2021 abgehalten wurde, waren die endgültigen Anträge der Parteien wie folgt:
Die Beschwerdeführerinnen beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerden (Hauptantrag). Hilfsweise beantragte sie das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage des Hilfsantrags 1 vom 25. Mai 2018, oder eines der Hilfsanträge 2 bis 5 vom 7. Juni 2019, des Hilfsantrags 6 vom 25. März 2021 oder des Hilfsantrags 7 vom 7. Juni 2019 aufrechtzuerhalten.
VIII. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat den folgenden Wortlaut:
"1. Dampfbremse, die mindestens zwei Schichten umfasst, wobei eine Schicht (Schicht 1) feuchtevariabel ist und der Quotient für den Wasserdampfdiffusionswiderstand von dem sd-Wert bei 25% mittlerer relativer Luftfeuchtigkeit zu dem sd-Wert bei 71.5% mittlerer relativer Luftfeuchtigkeit größer 3 ist, und die andere Schicht (Schicht 2) im wesentlichen feuchteunabhängig ist und der Quotient für den Wasserdampfdiffusions-widerstand von dem sd-Wert bei 25% mittlerer relativer Luftfeuchtigkeit zu dem sd-Wert bei 71.5% mittlerer relativer Luftfeuchtigkeit kleiner 1.5 ist, wobei sich der sd-Wert jeweils auf eine Bestimmung gemäß ISO 12572:2001 bezieht, wobei die Schicht 2 eine Dicke von 40 mym bis 350 mym aufweist und wobei das Material für die Schicht 2 ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Polyester, Thermoplastische Ether-Ester-Copolymere (TPEE), Polyolefine, Polyethylene, Polyethylen hoher Dichte (HDPE), Polypropylen (PP), Ethylenvinylacetat (EVA), Polylactide, auf Stärke basierende Polymere, Polyacrylate, Thermoplastische Polyurethane (TPU), und Kombinationen davon."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag dadurch, dass die Schicht 2 als Folie oder Film ausgebildet ist.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag dadurch, dass die Schicht 1 eine Dicke im Bereich von 10 mym bis 200 mym aufweist.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag dadurch, dass die Thermoplastische Polyurethane (TPU) als Material für die Schicht 2 gestrichen wurden.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag dadurch, dass die Schicht 2 eine Dicke von 40 mym bis 225 mym aufweist.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag dadurch, dass die Schicht 2 bei 71.5% mittlerer relativer Luftfeuchtigkeit einen sd-Wert im Bereich von 1 m bis 20 m aufweist.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 unterscheidet sich von dem gemäß Hilfsantrag 5 dadurch, dass die Schicht 2 als Folie oder Film ausgebildet ist.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 betrifft die Verwendung einer Dampfbremse zur Abdichtung von Gebäudehüllen, wobei die Dampfbremse alle Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag aufweist.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Neuheit (Artikel 100(a) und 54 EPÜ)
1.1 Anspruch 1 betrifft eine Dampfbremse die mindestens zwei Schichten umfasst und folgende Merkmalen aufweist:
a) die sogenannte Schicht 1
i) ist feuchtevariabel und
ii) weist einen Quotient für den Wasserdampfdiffusionswiderstand (im folgenden Qsd) von dem sd-Wert bestimmt gemäß ISO 12572:2001 bei 25% mittlerer relativer Luftfeuchtigkeit zu dem sd-Wert bestimmt gemäß ISO 12572:2001 bei 71.5% mittlerer relativer Luftfeuchtigkeit größer 3 auf;
b) die sogenannte Schicht 2
i) ist im wesentlichen feuchteunabhängig,
ii) weist einen Qsd kleiner 1.5 auf,
iii) ist aus einem Material, das unter anderem Polyethylen sein kann, und
iv) weist eine Dicke von 40 mym bis 350 mym auf.
1.2 D14 (Anspruch 1) offenbart eine Dampfsperre die zwei Wasser undurchlässigen Membrane enthält, wobei die erste Membran eine Mehrzahl von Durchgangsöffnungen enthält und das Material der zweiten Membran feuchtevariabel ist.
Die in den Absätzen [0013] und [0015] offenbarte bevorzugte Ausführungsform (siehe Seite 3, Zeilen 1-5 in Absatz [0013]; Seite 4, linke Spalte, Zeilen 9-13; Seite 4, Zeilen 1-11 in Absatz [0015]) enthält
- eine erste bei beliebiger Feuchtigkeitsbedingungen für Wasserdampf im wesentlichen undurchlässige Membran,
- die einen Wasserdampfdiffusionswiderstand von wenigstens 10m Luftsäuleäquivalenten aufweist,
- aus einem Polyethylenfilm besteht und
- eine Dicke von 40 bis 100 mym aufweist, und
- eine zweite feuchtevariable Membran,
- deren Wasserdampfdiffusionswiderstand sich bei ähnlichen Luftfeuchtigkeitsbedingungen als bei dem erteilten Anspruch 1 bei einem Faktor von mindestens 10 verändert (wenigstens 5 m Luftsäuleäquivalenten bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 20-50% bzw. weniger als 0,5 m, vorzugsweise etwa 0,1 m Luftsäuleäquivalenten bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 60-100%).
1.2.1 Obwohl D14 sich wörtlich auf eine Dampfsperre bezieht, hat die in der relevanten Ausführungsform der D14 offenbarte "Dampfsperre", die einen variablen Wasserdampfdiffusionswiderstand bis 100m Luftsäuleäquivalenten aufweist, eindeutig eine dampfbremsende Wirkung (siehe zum Beispiel Seite 4, linke Spalte, Zeilen 1-6 im Absatz [0016], und rechte Spalte, Zeilen 1-4, Absatz [0017]), somit ist die sogenannte "Dampfsperre" von D14 zweifelsfrei eine Dampfbremse im Sinne des geltenden beanspruchten Gegenstandes.
Im übrigen ist in dieser Hinsicht anzumerken, dass gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern eine allein dem Wortlaut nach unterschiedliche Erfindungsdefinition nicht ausreiche, um die Neuheit zu begründen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 9. Auflage 2019, I.C.5.2.1).
1.2.2 Die Beschwerdegegnerin hat außerdem ausgeführt, dass der beanspruchte Gegenstand gegenüber D14 auch neu sei, weil die Dampfbremse der D14, aufgrund ihrer vorhandenen Durchgangsöffnungen (auch Perforationen genannt), keine geschlossene luftdichte Dampfbremse darstelle. Im Gegensatz dazu sei die beanspruchte Dampfbremse geschlossen und luftdicht, wie aus der Beschreibung des Streitpatents und bereits aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 zu entnehmen sei, da die sd-Werten sich jeweils auf eine Bestimmung gemäß ISO 12572:2001 (Dokument D27) beziehen. Insbesondere sei es für den Fachmann eindeutig, dass die Standardmethode gemäß D27 nur auf homogene Stoffen anwendbar sei und damit keine verlässlichen sd-Werten für perforierte Polymerschichten bestimmt werden können.
Jedenfalls können die in D14 offenbarten sd-Werten nicht die Werten einer perforierten Schicht wie in D14 beansprucht wiedergeben, sondern beziehen sich nur auf das Material einer Schicht ohne Perforationen. Daher offenbart D14 keine Schicht mit den Qsd-Werten des Anspruchs 1.
Schließlich kann die Dampfbremse der D14, aufgrund der vorhandenen Perforationen, nicht die gleiche Wirkung wie die des Streitpatents aufweisen, somit unterscheidet sich die Offenbarung der D14 deutlich vom beanspruchten Gegenstand.
1.2.3 Die Kammer kann diesen Argumenten nicht folgen, erstens weil der erteilte Anspruch 1 nicht erfordert, dass die beanspruchte Dampfbremse geschlossen und luftdicht sein bzw. eine bestimmte Wirkung aufweisen muss. Zudem kann aus der D14 (Seite 4, linke Spalte, Absatz [0016]: Zeilen 7-8; Seite 4, rechte Spalte, Zeilen 6-11 und Absatz [0017]: Zeilen 4-8) entnommen werden, dass die dort offenbarte Dampfbremse im Sommer bei einer relativen Luftfeuchtigkeit bis 99% durch Diffusion trocknet und im Winter verhindert, unter anderem durch Diffusion, dass Dampf vom Zimmer durch die Sperre in die Wand- bzw. Dach-Struktur diffundiert, sodass eine Feuchtigkeitsansammlung in der Struktur verhindert wird. Somit hat die Dampfbremse der D14 die gleiche als im Streitpatent (Absätzen [0010] - [0011] und [0035] - [0037]) beschriebene Wirkung.
1.2.4 Die Kammer kann auch dem Argument nicht folgen, dass ein Fachmann beim Lesen des Wortlauts des Anspruchs 1 verstehen würde, dass die Dampfbremse luftdicht geschlossen sei und daher keine Perforationen aufweise bzw. dass es unlogisch wäre den vorliegenden Anspruch 1 so auszulegen als er auch die aus D14 bekannte Dampfbremse einschließen würde.
Bezüglich der in der D27 beschriebenen Standardmethode, ist dem Dokument eindeutig zu entnehmen, dass die Methode nicht nur auf homogene Stoffen, bei denen die Eigenschaften die den Durchgang des Wasserdampfs beeinflussen, im makroskopischen Bereich nicht variieren (Punkt 3.1.2), sondern auch auf nichthomogenen Stoffen angewendet werden kann (siehe Punkt 6.2.3, erster voller Absatz); zudem schließt D27 nicht aus, dass die Eigenschaften eines sogenannten homogenen Materials im mikroskopischen Bereich variieren können. Es ist daher für die Kammer eindeutig, dass der Wasserdampfwiderstand eines Materials mit mikroskopischen Durchgangsöffnungen (die auch unter dem Wortlaut des Anspruchs 1 der D14 fallen) oder mit einer gegenüber der Prüffläche untergeordneten Anzahl an Durchgangsöffnungen (siehe zum Beispiel Figur 7 der D14) mit der Standardmethode gemäß D27 durchhaus messbar ist, da in solch einem Fall der Wasserdampfwiderstand des Materials eindeutig bestimmend ist.
Diese Schlussfolgerung ist zudem vollkommen im Einklang mit der Offenbarung der D14 (Absatz [0021], erste sieben Zeilen), wonach der Einsatz eines kontinuierlichen Films mit Durchgangsöffnungen, wie in der oben dargestellten Ausführungsform, einen höheren Wasserdampfwiderstand bewirkt. Auf jeden Fall, sogar in der weiteren Ausführungsform der D14, in der die Durchgangsöffnungen makroskopische Perforationen sein können (Absatz [0022], erste sechs Zeilen), ist die Anzahl an Perforationen untergeordnet, sodass 80 bis 99% der Schicht aus einem Material besteht, das einen klaren Wasserdampfwiderstand aufweist. Daher ist auch der Wasserdampfwiderstand solch einer Schicht eindeutig messbar und sinnvoll, da trotz Durchgangsöffnungen die Schicht eindeutig den gewünschten Wasserdampfwiderstand aufweist.
Daher ist nach Ansicht der Kammer solch eine Dampfbremse mit Durchgangsöffnungen vom beanspruchten Gegenstand nicht ausgeschlossen.
1.2.5 Obwohl D14 wörtlich keine sd-Werte nennt, ist die Kammer davon überzeugt, dass die in D14 als Luftsäuleäquivalenten offenbarten Wasserdampf-diffusionswiderstandwerte den sd-Werten des Streitpatents entsprechen (siehe Streitpatent: Absätze [0003] und [0018] und D27: Punkt 8.7).
Zudem sind die in D14 offenbarten Werte ausdrücklich auf die Membranen bezogen und weisen daher den Wasserdampfwiderstandwert der jeweiligen Schicht der in D14 beanspruchten Dampfbremse, die Durchgangsöffnungen enthalten kann.
1.2.6 Auch die in D14 fehlende Angabe der Methode ISO 12572:2001 zur Bestimmung des Wasserdampfwiderstandes kann nicht die Neuheit des Anspruchs 1 begründen. In der Tat, in Abwesenheit eines spezifischen Hinweis in der Beschreibung, würde der Fachmann zweifelsfrei verstehen, dass die in D14 angegebenen Wasserdampfwiderstandswerten durch eine Standardmethode bestimmt wurden. In diesem Fall ist die angewendete europäische Standardmethode eindeutig die ISO 12572:2001 (Dokument D27), die eine abgeänderte Version der älteren DIN 52615 ist, die übrigens im Absatz [0002] der D14 im Bezug auf den Stand der Technik zitiert wird.
Der technische Experte der Beschwerdegegnerin hat außerdem in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass nach seinem Wissen nur zwei bekannten Methode für die Messung des Wasserdampfwiderstandes existierten, nämlich die Methode gemäß D27, die im erteilten Anspruch 1 explizit genannt wird, und eine weitere nicht näher spezifizierte Methode. Obwohl es durchaus möglich sei, dass die durch unterschiedlichen Methode bestimmten sd-Werte nicht identisch ausfallen, konnte er jedoch nicht behaupten, dass diese Werte so stark abweichen würden, dass die in der D14 offenbarten sd-Werten und die dadurch berechneten Qsd-Werten (siehe infra) außerhalb der Grenzen des erteilten Anspruchs 1 fallen würden.
Da die in D14 wiedergegebenen Wasserdampfwiderstands-werte eindeutig den gemäß erteilten Anspruch 1 erforderten und gemäß ISO 12572:2001 bestimmten sd-Werten entsprechen, hat die Kammer bezüglich diesen Punkt auch keinen Zweifel.
1.2.7 Aus der D14 (Seite 3, Absatz [0013]: Zeilen 1-10; Seite 4, linke Spalte, Zeilen 9-13; Seite 4, Absatz [0015]: Zeilen 1-11) ist übrigens zu entnehmen, dass die erste Membran, entsprechend der Schicht 2 des erteilten Anspruchs 1, feuchteunabhängig ist (Merkmal (b)i des erteilten Anspruchs 1) bzw. aus Polyethylenfilm besteht (Merkmal (b)iii) und eine Dicke von 40 bis 100 mym aufweist (Merkmal (b)iv). Obwohl D14 keine Qsd-Werten explizit offenbart, ist dieser Quotient für eine feuchteunabhängige Schicht aus dem gleichen Material wie im Streitpatent, wie in D14 offenbart, zwingend kleiner als 1.5 (Merkmal (b)ii).
Zudem ist die zweite Membran der D14 der Schicht 1 des Streitpatents entsprechend feuchtevariabel (Merkmal (a)i) und weist in Abhängigkeit der Feuchtigkeit stark variierende Wasserdampfwiderstandwerte deren Quotient zwingend einem Qsd-Wert größer 3 entspricht (Merkmal (a)ii).
1.2.8 Somit offenbart D14 eindeutig und unmittelbar eine Dampfbremse mit allen Merkmalen des Anspruchs 1. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist daher nicht neu gegenüber D14.
2. Hilfsantrag 1 - Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
2.1 Anspruch 1 gemäß diesem Antrag unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag indem die Schicht 2 als Folie oder Film ausgebildet ist.
2.2 Nach Meinung der Beschwerdegegnerin, ist die beanspruchte Schicht 2, gemäß der im Streitpatent (Absatz [0027]) für Film oder Folien enthaltenen Definition, als geschlossene luftdichte Schicht zu verstehen. Die Anwesenheit von Durchgangsöffnungen wie in der ersten Membran von D14 sei daher ausgeschlossen.
2.3 Die Kammer kann sich diesem Argument nicht anschließen, weil gemäß der Rechtsprechung (siehe u.a. T 197/10, Punkt 2.3 der Gründe), wenn die Patentansprüche so deutlich und eindeutig abgefasst sind, dass der Fachmann sie problemlos verstehen kann, besteht keine Veranlassung die Beschreibung zur Interpretation der Patentansprüche heranzuziehen. Bei einer Diskrepanz zwischen den Patentansprüchen und der Beschreibung ist daher der eindeutige Anspruchswortlaut so auszulegen, wie ihn der Fachmann ohne Zuhilfenahme der Beschreibung verstehen würde.
2.3.1 Im vorliegenden Fall ist der Begriff "Film" für den Fachmann geläufig und vollkommen verständlich, sodass kein Bedarf besteht, diesen Begriff einschränkend angesichts der Beschreibung auszulegen.
Daher ist der Wortlaut des Anspruchs 1 nicht auf eine geschlossene luftdichte Schicht 2 beschränkt und fasst somit auch einen Film mit Durchgangsöffnungen wie in D14 (Punkt 1.2 oben) offenbart um.
2.4 Daher ist der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 aus den gleichen Gründen wie der Hauptantrag nicht neu.
3. Hilfsanträge 2 bis 4 - Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
3.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag indem die Schicht 1 eine Dicke im Bereich von 10 mym bis 200 mym aufweist.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag indem die Thermoplastische Polyurethane (TPU) nicht mehr als Material für die Schicht 2 gelistet wird.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag indem die Schicht 2 eine Dicke von 40 mym bis 225 mym aufweist.
3.1.1 Da D14 im Absatz [0015] eine Schicht 1 mit einer Dicke von 10 bis 100 mym und im Absatz [0013] eine Schicht 2 aus einem Polyethylenfilm mit einer Schichtdicke von 40 bis 100 mym offenbart, sind diese Ansprüche eindeutig auch nicht neu.
4. Hilfsanträge 5 und 6 - Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
4.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag indem die Schicht 2 bei 71.5% mittlerer relativer Luftfeuchtigkeit einen
sd-Wert im Bereich von 1 m bis 20 m aufweist.
Da D14 (Punkt 1.2 oben) eine feuchteunabhängige Schicht 2 mit einem sd-Wert von 10 m offenbart, ist auch dieser Anspruch nicht neu.
4.2 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 ist eine Kombination der Hilfsanträge 1 und 5 und mangelt daher aus den gleichen Gründen an Neuheit.
5. Hilfsantrag 7 - Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
5.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 betrifft die Verwendung einer Dampfbremse zur Abdichtung von Gebäudehüllen, wobei die Dampfbremse alle Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag aufweist.
5.2 Es ist unstrittig, dass D14 (Absätze [0014], [0016]-[0017]) bereits die Verwendung der oben dargestellten Dampfbremse (Punkt 1.2 oben) zur Abdichtung von Gebäudehüllen offenbart, sodass auch dieser Anspruch 1 gegenüber D14 nicht mehr neu ist.
6. Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass keinen der Anträge den Erfordernissen des EPÜ entspricht.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.