European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T115218.20190515 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Mai 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1152/18 | ||||||||
Anmeldenummer: | 12002863.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01D 29/11 B01D 29/90 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Filter | ||||||||
Name des Anmelders: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | HYDAC FILTERTECHNIK GMBH | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Einspruchsgründe - mangelnde Patentierbarkeit (nein) Neuheit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Europäische Patent Nr. EP-B- 2 524 724 zurückzuweisen.
II. In ihrer Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass weder
E1: DE 10 2006 036 943 A1 noch
E3: GB 2 354 724 A
dem Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents neuheitsschädlich entgegenstünden. Dieser sei auch nicht nahegelegt ausgehend von
D1: BE 507078 bzw.
D1a: FR 107 18 48
als nächstliegendem Stand der Technik.
Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung wurde noch folgendes für die vorliegende Entscheidung relevantes Dokument zitiert:
D3: US 1 822 006 A1.
III. Mit der Beschwerdeerwiderung reichte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) sechs Hilfsanträge ein.
IV. Die Beschwerdeführerin reichte noch folgende Dokumente ein:
E7: "Lexikon Motorentechnik"; 1. Auflage April 2004,
Friedrich Vieweg & Sohn Verlag, Titelblatt, bibl.
Information und S. 1067
E8: "Grundwissen des Ingenieurs", 14. Auflage 2007,
Carl Hanser Verlag München, Titelblatt, bibl.
Information und S. 624 bis 631.
V. Der einzige unabhängige Anspruch 1 in seiner erteilten Fassung (Hauptantrag der Beschwerdegegnerin) hat folgenden Wortlaut:
"1. Filter, insbesondere ein Hydraulikfilter, zum Abscheiden von Partikeln aus einem Mittel, insbesondere aus einem Fluid oder einem Druckmittel, mit einem Filtergehäuse (2), in dem ein etwa zylindrisches Filterelement (4) angeordnet ist, wobei ein Ringraum (20) von einer Außenmantelfläche (16) des Filterelements (4) und einer Innenmantelfläche (12) des Filtergehäuses (2) begrenzt ist, wobei ein Zulaufkanal (8) in den Ringraum (20) mündet und sich ein Ablaufkanal (10) von einem Innenbereich (14) des Filterelements (4) aus erstreckt, wobei der Zulaufkanal (8) etwa in einer Umfangsrichtung des Ringraums (20) in diesen mündet, dadurch gekennzeichnet, dass der Zulaufkanal (8) im Querschnitt senkrecht zur Filterlängsachse einen sich zum Ringraum (20) hin verjüngenden Endabschnitt (42) aufweist, und wobei der Endabschnitt (42) des Zulaufkanals (8) im Längsschnitt parallel zur Filterlängsachse verbreitert ist, wobei der verbreitete Endabschnitt (56) des Zulaufkanals derart ausgestaltet ist, dass das zu filternde Mittel zum Ausbilden einer zyklonartigen Strömung des Mittels in eine axiale Richtung des Filterelements (4) gelenkt ist, wobei der Zulauf- und Ablaufkanal (8, 10) einstückig mit dem Filtergehäuse (2) ausgebildet sind."
Ansprüche 2 bis 6 beziehen sich auf bevorzugte Ausführungsformen.
VI. Die Beschwerdeführerin trug im Wesentlichen wie folgt vor:
E1 sei neuheitsschädlich für den Gegenstand von Anspruch 1, insbesondere weil sich in Fig. 1 von E1 der Zulaufkanal entlang der konischen Erweiterung des Drallraums verjünge. Ebenso sei E3 neuheitsschädlich, da das dort gezeigte Tauchrohr im weitesten Sinne als Filterelement anzusehen sei. Auch dem Patent sei zu entnehmen, dass der Begriff der Filtration sich auch auf Trennvorgänge mittels Zyklon erstrecke, wobei als Filterelement jegliches an einer Abscheidung mittels Zyklon beteiligte Element zu verstehen sei. Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht erfinderisch ausgehend von D1/D1a in Kombination mit D3 oder dem durch E7 und E8 belegten allgemeinen Fachwissen oder ausgehend von D3. Auch sei das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit nicht erfüllt im Hinblick auf auf E1 und E3. Insbesondere habe es im Lichte von D1/D1a alleine oder vor dem allgemeinen Fachwissen nahegelegen, den Zulauf 14 von D1 mittels Gusstechnik einstückig mit dem Gehäuse auszubilden.
VII. Die Beschwerdegegnerin trug im Wesentlichen wie folgt vor:
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei neu und erfordere auch eine erfinderische Tätigkeit. Insbesondere sei nicht gezeigt worden, wie der Zulauf in D1/D1a mittels Gusstechnik einstückig mit dem Filtergehäuse ausgebildet werden könne.
VIII. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Ansprüche eines der sechs mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Neuheit
1.1 E1
1.1.1 Die Beschwerdeführerin trägt vor, das Merkmal des im Querschnitt senkrecht zur Filterlängsachse einen sich zum Ringraum hin verjüngenden Endabschnitt aufweisenden Zulaufkanals sei in E1 offenbart. Insbesondere ergebe sich aus Fig. 1 von E1, dass sich der Zulaufkanal entlang der konischen Erweiterung des Drallraums verjünge, womit das genannte Merkmal in E1 verwirklicht sei. Nichts anderes sei auch den Figuren des Streitpatents zu entnehmen, wo die Verjüngung durch das schraffierte Dreieck in Fig. 2 illustriert sei.
1.1.2 Dabei ist jedoch zu beachten, dass laut Anspruch 1 eine Verjüngung "zum Ringraum hin" vorliegen muss. Dies bedeutet, dass der Zulaufkanal stromaufwärts der Schnittfläche zwischen Ringraumwand und Zulaufkanal die in Streit stehende Verjüngung aufweisen muss. Diese Auslegung steht auch nicht im Widerspruch zu den Figuren des Streitpatents. So liegt ein Teil (vgl. Bezugszeichen 64) des in Fig. 2 gezeigten Dreiecks außerhalb des Ringraums. Mit anderen Worten liegt hier eine Verjüngung des Zulaufkanals vor, noch bevor das Fluid in den Ringraum einströmt bzw. liegt eine Verjüngung bereits stromaufwärts der Schnittfläche zwischen Ringraumwand und Zulaufkanal vor. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Verjüngung in E1 kann allenfalls als "entlang des Ringraums" verstanden werden, was jedoch nicht unter die oben erläuterte Bedeutung des Merkmals "zum Ringraum hin" subsumiert werden kann, da die Verjüngung nicht stromaufwärts der Schnittfläche zwischen Ringraumwand und Zulaufkanal vorliegt.
1.1.3 Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher neu gegenüber E1.
1.2 E3
1.2.1 Die Beschwerdeführerin trägt vor, E3 offenbare ein Filterelement im Sinne von Anspruch 1. Dabei stellt sie insbesondere auf die in Fig. 1 von E3 mit der Bezugsziffer 76 versehenen Leitbleche ab. Laut Dudendefinition sei ein Filter eine Vorrichtung, mit deren Hilfe feste Stoffe von flüssigen oder gasförmigen Stoffen getrennt würden.
1.2.2 E3 betrifft unstreitig eine Vorrichtung zum Abtrennen von flüssigen Teilchen aus Gasen (siehe Zusammenfassung und Seite 2, Zeilen 3 bis 6), womit E3 nicht unter die von der Beschwerdeführerin genannte Definition einer Fest/Flüssig- bzw. Fest/Gasförmig-Trennung fällt, auch wenn neben der Abtrennung von Tröpfchen ggf. in der Vorrichtung nach E3 auch geringe Mengen an Feststoffen abgetrennt werden. Darüber hinaus ist das Merkmal "Filterelement" nach dem Verständnis des Fachmanns dahin auszulegen, eine Filtration dadurch zu gewährleisten, dass das zu filtrierende Fluid durch eine Wandung strömt, wodurch Partikel abhängig von ihrer Größe abgeschieden werden.
1.2.3 Es ist dabei auch nicht ersichtlich, wie dies die Beschwerdeführerin vorträgt, dass das Patent als Filter auch Vorrichtungen definiere, in denen Partikel ausschließlich durch Zentrifugalkraft bzw. durch Schwerkraft abgeschieden würden. Zwar wird im patentgemäßen Filter eine zyklonartige Strömung erzeugt. Diese dient jedoch nicht der Abscheidung von Partikeln, sondern hat eine bessere Verteilung der Partikel auf der Oberfläche des Filterelements zum Zweck (siehe Absatz [0012]). Die Filtration findet dann am Filterelement statt (siehe Absatz [0029]). Somit ergibt sich auch aus dem Patent nicht, dass als "Filterelement" lediglich ein Bauteil zu verstehen ist, das an der Abscheidung in einem Zyklon beteiligt ist.
1.2.4 Demgegenüber strömt in E3 das gereinigte Fluid entlang der Leitbleche 76 ungehindert in das Tauchrohr ("outlet pipe") 26 bzw. in das in Fig. 7 gezeigte Tauchrohr 102. Das Fluid strömt somit nicht durch die Wandung des Tauchrohrs und an dieser werden somit auch nicht die Partikel abhängig von der Teilchengröße abgeschieden. Das Tauchrohr 26 bzw. 102 ist daher nicht als Filterelement im Sinne von Anspruch 1 anzusehen.
1.2.5 Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher auch neu gegenüber E3.
1.3 Der Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit nach Artikel 100(a) i.V.m. 54(1),(2) EPÜ steht folglich der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.
2. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
2.1 Die Erfindung betrifft einen Filter zum Abscheiden von Partikeln aus einem Mittel.
2.2 Es steht außer Streit, dass D1 bzw. D1a als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden kann.
D3 kommt hingegen weniger als nächstliegender Stand der Technik in Frage, da es, entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin, für den Fachmann keine Veranlassung gibt, auf den helixförmigen Leitstreifen ("baffle strip 40") in D3 zu verzichten, was jedoch auch gemäß dem Vortrag der Beschwerdeführerin eine Voraussetzung dafür wäre, dass der Fachmann eine Veranlassung hätte, den Zulauf in D3 mit den Merkmalen des vorliegenden Anspruchs 1 auszustatten.
Die Beschwerdeführerin macht auch einen Mangel an erfinderischer Tätigkeit "im Hinblick auf E1 und E3" geltend. Vor dem Hintergrund der Ausführungen hinsichtlich dieser Dokumente und der diesbezüglichen Unterscheidungsmerkmale (siehe Punkt 1 oben) sieht die Kammer weder E1 noch E3 als nächstliegendem Stand der Technik an.
Daher wird von D1 als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen. Im Folgenden wird auf D1 Bezug genommen. Entsprechendes gilt für D1a.
2.3 Während es unter den Parteien unstreitig ist, dass wenigstens das Merkmal, wonach der Ablaufkanal in D1 einstückig mit dem Filtergehäuse ausgebildet ist, nicht in D1 offenbart ist, sieht die Beschwerdeführerin auch das Merkmal, wonach der Zulaufkanal einstückig mit dem Filtergehäuse ausgebildet ist, als in D1 offenbart an.
Zwar ist der Teil des Filters von D1, in dem der Zulaufkanal angeordnet ist, einstückig mit dem Filtergehäuse ausgebildet (siehe insbesondere Fig. 2). Allerdings ist der Zulaufkanal 14 selbst, das heißt der Teil, der mit dem zu filtrierenden Fluid in Kontakt kommt, nicht einstückig mit dem Filtergehäuse ausgebildet. Dies ist daran erkennbar, dass der Zulaufkanal 14 in Fig. 1 und Fig. 2 eine andere Schraffur als das Filtergehäuse hat.
Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich daher vom Filter nach D1 wenigstens dadurch, dass der Zulauf- und Ablaufkanal einstückig mit dem Filtergehäuse ausgebildet sind.
2.4 Aufgabe gemäß Patent ist es, einen Filter zu schaffen, "der vorrichtungstechnisch einfach und kompakt aufgebaut ist" (Absatz [0005]).
2.5 Gemäß Anspruch 1 wird vorgeschlagen, diese Aufgabe durch einen Filter zu lösen, der dadurch gekennzeichnet ist, dass Zulauf- und Ablaufkanal einstückig mit dem Filtergehäuse ausgebildet sind.
2.6 Was den Erfolg der Lösung betrifft, so macht die Beschwerdeführerin geltend, die genannte Aufgabe sei in den ursprünglich eingereichten Unterlagen im Hinblick auf andere Merkmale offenbart gewesen.
2.6.1 Da die genannte Aufgabe unstreitig in den ursprünglich eingereichten Unterlagen angegeben ist, kann diese jedenfalls der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu Grunde gelegt werden. Die Beschwerdeführerin stellt dabei im Übrigen nicht in Abrede, dass die Aufgabe gelöst ist.
2.6.2 Es gibt auch keinen Grund, daran zu zweifeln, dass der vorgeschlagene Filter die gestellte Aufgabe löst. Die Aufgabe ist daher als durch die vorgeschlagene Lösung gelöst anzusehen und braucht nicht umformuliert zu werden.
2.7 Was das Naheliegen betrifft, so verweist die Beschwerdeführerin auf D1, D3 und das mittels E7 und E8 geltend gemachte Fachwissen.
2.7.1 D1 offenbart zwar auf Seite 3, Zeilen 38ff, dass die unterschiedlichen Teile des dort offenbarten Filters durch Gusstechniken hergestellt werden können. Aus dieser Lehre ergibt sich jedoch insbesondere nicht, dass der in Fig. 1 und 2 von D2 als separates Bauteil dargestellte Zulaufkanal mit dem Filtergehäuse einstückig, ggf. durch Gießen, hergestellt werden kann. Allenfalls ergibt sich aus der genannten Passage, dass der Zulaufkanal separat durch Gießen hergestellt werden kann, bevor er in das Filtergehäuse eingesetzt wird.
2.7.2 Auch legt D3 nicht nahe, den Zulaufkanal in D1 einstückig mit dem Filtergehäuse auszubilden, da in D3 (vgl. Fig. 1) der Zulauf direkt in den Ringraum mündet und dort keine wie in D1 verwendete "trompetenartige" und damit komplexere Ausgestaltung offenbart ist.
2.7.3 Was E7 und E8 betrifft, so geht aus diesen hervor, dass es vor dem Prioritätstag des Streitpatents allgemeines Fachwissen war, möglichst viele Funktionen in komplexe Gussgehäuse zu integrieren und damit ein einteiliges Gehäuse zu erhalten (E7, Seite 1067 und Bild Z64), wobei sich durch Fein- und Druckgießen "Teile kompliziertester Form" herstellen lassen (E8, Seite 630, Mitte, und Seite 631, Mitte).
Der Nachweis dieses Fachwissens genügt jedoch nicht, um das Naheliegen der vorgeschlagenen Lösung darzulegen. Auch wenn die Beschwerdeführerin argumentiert, der Fachmann hätte im Falle von D1 mit verlorenen Kernen gearbeitet, so hat sie nicht dargelegt, wie der Zulauf 14 konkret mittels z.B. Feinguss bzw. Druckguss-verfahren herzustellen wäre. Darüber hinaus ist ein solches Herstellungsverfahren durchaus aufwendig und erst ab der Herstellung von hohen Stückzahlen rentabel, wie dies die Beschwerdeführerin selbst einräumt. Vor die Aufgabe gestellt, den Filter nach D1 so weiter zu bilden, dass er "vorrichtungstechnisch einfach und kompakt aufgebaut ist", hätte der Fachmann daher nicht auf die von der Beschwerdeführerin zitierten - eher aufwendigen - Gussverfahren zurückgegriffen. Es lag daher zumindest nicht nahe, den Zulauf 14 von D1 einstückig mit dem Filtergehäuse herzustellen.
2.8 Der Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 100(a) i.V.m. 56 EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.