T 0647/18 () of 13.4.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T064718.20220413
Datum der Entscheidung: 13 April 2022
Aktenzeichen: T 0647/18
Anmeldenummer: 09006862.8
IPC-Klasse: E06B 1/52
E06B 7/23
E05D 15/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Tor
Name des Anmelders: Hörmann KG Brockhagen
Name des Einsprechenden: KRISPOL Sp. zo.o
Assa Abloy Entrance Systems AB
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 82
European Patent Convention Art 84
Schlagwörter: Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit (nein)
Hilfsantrag - Einheitlichkeit (nicht zu prüfen) - Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Patentinhaberin und die Einsprechende 2 legten Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit der das Patent in der Fassung des damaligen Hilfsantrags 1 aufrechterhalten wurde.

II. Am 13. April 2022 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

III. Die Beschwerdeführerin 1 (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Hauptantrags in der am 16. November 2021 eingereichten Fassung oder auf der Basis des Hilfsantrags in der am 28. Juli 2021 eingereichten Fassung. Weiter beantragte sie die Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführerin 2. Sie stellte klar, dass ihr Hilfsantrag mit ihrem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde identisch sei.

IV. Die Beschwerdeführerin 2 (Einsprechende 2) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Weiter beantragte sie die Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführerin 1.

V. Die weitere Verfahrensbeteiligte (Einsprechende 1) stellte keinen Antrag.

VI. Die folgenden Dokumente werden in der vorliegenden Entscheidung verwendet:

E1: "FlexiForce Info Magazine" GB, #54, November 2007

E2: EP 1 571 281 A2

E3: DE 198 38 205 A1

E10: EP 2 426 309 A1

E12: Skizzen zur Veranschaulichung der Einbausituation und Verformung der Dichtung der E1

VII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet (mit hinzugefügten Merkmalsbezeichnungen durch die Kammer):

"(M1) Tor mit

(M2) einem zwischen einer Schließstellung, in der es eine durch eine Laibung (4) begrenzte Wandöffnung (6) verschließt, und einer die Wandöffnung (6) freigebenden Öffnungsstellung bewegbaren Torblatt (10) und

(M3) mindestens einem in der Schließstellung des Torblatts (10) einen Übergang zwischen dem Torblatt (10) und der die Laibung (4) aufweisenden Wand (2) bildenden Übergangselement (30),

(M4) bei dem eine [sic!] das Übergangselement (30) insbes. auf seiner dem mit dem Schließelement zu verschließenden Raum abgewandten äußeren Begrenzungsfläche zumindest teilweise von einer aus einem zur thermischen Isolierung ausgelegten Material gebildeten Isolierstoffanordnung (250, 350, 450, 550) abgedeckt ist,

(M5) mindestens ein Übergangselement (30) durch einen seitlichen Zargenholm (20) mit

(M5.1) einem zumindest mittelbar an einer die Laibung (4) aufweisenden Wand (2) anlegbaren Anlageabschnitt (22),

(M5.2) einem sich quer, insbes. etwa senkrecht, zu dem Anlageabschnitt (22) erstreckenden Befestigungsabschnitt (26) mit einer daran angebrachten Führungsschiene (28) zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstellung und der Öffnungsstellung

(M5.3) und dem sich ausgehend von dem dem Befestigungsabschnitt (26) abgewandten Rand des Anlageabschnitts (22) in der Schließstellung in Richtung auf das Torblatt (10) erstreckenden, vorzugsweise einstückig mit dem Anlageabschnitt (22) ausgeführten Übergangselement (30) gebildet ist,

(M6) die Isolierstoffanordnung (250, 350, 450, 550) einen zwischen dem Anlageabschnitt (22) und der Wand (2) angeordneten Dämmabschnitt (360) aufweist,

(M7) der Dämmabschnitt sich ausgehend von dem Übergangselement (30) über im wesentlichen die gesamte Breite des Anlageabschnitts (22) bis zum Befestigungsabschnitt (26) des Zargenholms erstreckt

(M8) und die Isolierstoffanordnung (250, 350, 450, 550) einen sich etwa parallel zum Übergangselement (30) erstreckenden Abdeckstreifen (352, 452, 552, 652) aufweist,

dadurch gekennzeichnet, daß

(M9) die Isolierstoffanordnung (250, 350, 450, 550) mindestens eine sich in der Schließstellung ausgehend von einer dem Übergangselement (30) abgewandten Außenseite des Abdeckstreifens (352, 452, 552, 652) in Richtung auf das Torblatt (10) erstreckende und an einer Außenseite davon anliegende Dichtungsanordnung zur Abdichtung eines Übergangs zwischen der Torblattaußenseite und dem Übergangselement (30) aufweist, wobei

(M11) die Dichtungsanordnung mindestens eine sich in Längsrichtung des Abdeckstreifens (352, 452, 552, 652) erstreckende Dichtlippe (356, 456, 556, 656) aus einem nachgiebigen, insbes. elastisch verformbaren, Material aufweist, und wobei

(M12) mindestens eine Dichtlippe (356, 456) der Dichtungsanordnung einstückig mit dem Abdeckstreifen (352, 452) ausgeführt ist und/oder

(M13) mindestens eine sich ausgehend von einer dem Übergangselement abgewandten Außenseite des Abdeckstreifens in der Schließstellung in Richtung auf das Torblatt erstreckende Dichtlippe der Dichtungsanordnung lösbar an dem Abdeckstreifen befestigt ist."

VIII. Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch folgenden kennzeichnenden Teil (Änderungen hervorgehoben):

"(M9) die Isolierstoffanordnung (250, 350, 450, 550) mindestens eine sich in der Schließstellung ausgehend von einer dem Übergangselement (30) abgewandten Außenseite des Abdeckstreifens (352, 452, 552, 652) in Richtung auf das Torblatt (10) erstreckende und an einer Außenseite davon anliegende Dichtungsanordnung zur Abdichtung eines Übergangs zwischen der Torblattaußenseite und dem Übergangselement (30) aufweist, wobei

(M10) mindestens ein zusätzliches Dichtungselement (34) im Bereich eines dem Anlageabschnitt (22) abgewandten Randes des Übergangselements (30) an dem Übergangselement (30) befestigt ist, und

(M11) die Dichtungsanordnung mindestens eine sich in Längsrichtung des Abdeckstreifens (352, 452, 552, 652) erstreckende Dichtlippe (356, 456, 556, 656) aus einem nachgiebigen, insbes. elastisch verformbaren[deleted: ,] Material aufweist, und wobei

(M12) mindestens eine Dichtlippe (356, 456) der Dichtungsanordnung einstückig mit dem Abdeckstreifen (352, 452) ausgeführt ist und/oder

(M13) mindestens eine sich ausgehend von einer dem Übergangselement abgewandten Außenseite des Abdeckstreifens in der Schließstellung in Richtung auf das Torblatt erstreckende Dichtlippe der Dichtungsanordnung lösbar an dem Abdeckstreifen befestigt ist."

IX. Der unabhängige Anspruch 2 des Hilfsantrags

unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch folgende hervorgehobene Änderungen:

"(M5.2') einem sich quer, insbes. etwa senkrecht, zu dem Anlageabschnitt (22) erstreckenden [deleted: Befestigungsabschnitt (26) mit einer daran angebrachten Führungsschiene (28) ]und zur Befestigung einer zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstellung und der Öffnungsstellung dienenden Führungsschiene (28) dienenden Befestigungsabschnitt (26)"

und im kennzeichnenden Teil des Anspruchs:

"(M9) die Isolierstoffanordnung (250, 350, 450, 550) mindestens eine sich in der Schließstellung ausgehend von einer dem Übergangselement (30) abgewandten Außenseite des Abdeckstreifens (352, 452, 552, 652) in Richtung auf das Torblatt (10) erstreckende und an einer Außenseite davon anliegende Dichtungsanordnung zur Abdichtung eines Übergangs zwischen der Torblattaußenseite und dem Übergangselement (30) aufweist, [deleted: wobei]

(M11) die Dichtungsanordnung mindestens eine sich in Längsrichtung des Abdeckstreifens (352, 452, 552, 652) erstreckende Dichtlippe (356, 456, 556, 656) aus einem nachgiebigen, insbes. elastisch verformbaren[deleted: ,] Material aufweist[deleted: ,] und wobei

[deleted: (][deleted: M12][deleted: ) mindestens eine Dichtlippe (356, 456) der Dichtungsanordnung einstückig mit dem Abdeckstreifen (352, 452) ausgeführt ist und/oder]

(M13') mindestens eine [deleted: sich ausgehend von einer dem Übergangselement abgewandten Außenseite des Abdeckstreifens in der Schließstellung in Richtung auf das Torblatt erstreckende ]Dichtlippe (356, 456, 556, 656) der Dichtungsanordnung lösbar an dem Abdeckstreifen (352, 452, 552, 652) befestigt ist und sich ausgehend von einer dem Übergangselement abgewandten Außenseite des Abdeckstreifens in der Schließstellung in Richtung auf das Torblatt erstreckt."

X. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin 1 lassen sich wie folgt zusammenfassen.

Hauptantrag

Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3 in Verbindung mit E1

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich von dem Tor gemäß der E3 durch das Merkmal M7, wonach der Dämmabschnitt sich ausgehend von dem Übergangselement (30) über im wesentlichen die gesamte Breite des Anlageabschnitts (22) bis zum Befestigungsabschnitt (26) des Zargenholms erstreckt. Dieses löse gemäß Absatz [0014] des Patents die Aufgabe der Reduzierung der Geräuschentwicklung. Die zu lösende Aufgabe müsse ohne Bezug auf Lösungshinweise wie die "mechanische Entkopplung" oder "reduzierte Geräuschübertragung auf die Wand" formuliert werden.

Die E1 offenbare zwar eine Dichtung, die das Merkmal M7 erfülle, gebe aber keinen Hinweis auf eine dadurch erreichbare Geräuschreduzierung.

Vielmehr werde der Fachmann durch die E3 und die gestellte Aufgabe von der Verwendung der Dichtung der E1 weggeführt. Gemäß E3 sei es nämlich notwendig, enge Toleranzen zwischen Torblatt und Dichtung einzuhalten, um die Geräuschentwicklung durch "Flattern des Torblatts" zu verhindern (Spalte 1, Zeilen 34-46). Bei der Dichtung der E1 sei das Tor jedoch schwimmend an der Wand gelagert, was der Einhaltung enger Toleranzen zuwiderlaufe, wie in den Skizzen E12 veranschaulicht.

Folglich beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Hilfsantrag

Einheitlichkeit der Erfindung

Die Einheitlichkeit der Erfindung sei gemäß G 1/91 im Einspruchsverfahren nicht zu prüfen.

Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E1

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich von E1 zumindest durch ein weiteres Dichtungselement, das direkt am Übergangselement des Zargenholm befestigt sei (Merkmal M10). Dies löse die Aufgabe der verbesserten Abdichtung.

Selbst wenn es für den Fachmann naheliegend gewesen sein sollte, zur Lösung der Aufgabe eine zweite Dichtebene in Betracht zu ziehen, wäre er dabei nicht zu Merkmal M10 gelangt, weil dieses eine unmittelbare Befestigung des zusätzlichen Dichtungselements am Übergangselement des Zargenholms verlange. Dies sei nicht mit der Dichtung der E1 vereinbar, die das Übergangselement zur sicheren Befestigung hintergreife und vollständig abdecke. Folglich beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Anspruch 2 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E1

Der Gegenstand von Anspruch 2 des Hilfsantrags unterscheide sich von E1 durch das Merkmal M13', wonach mindestens eine Dichtlippe der Dichtungsanordnung lösbar am Abdeckstreifen befestigt ist. Dies ermögliche den Austausch der nahtlos an die Wärmedämmung anschließenden Dichtlippe und löse daher die Aufgabe, eine dauerhaft zuverlässige Abdichtung des Tors zu gewährleisten. Die Aufgabe dürfe hingegen nicht den Lösungsansatz der Austauschbarkeit beinhalten.

E2 und E10 offenbarten zwar lösbar in einer Nut des Zargenholms befestigte Dichtungen. Eine unmittelbar am Abdeckstreifen lösbar befestigte Dichtung sei im Stand der Technik jedoch ohne Vorbild.

Daher beruhe der Gegenstand von Anspruch 2 ausgehend von E1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E2

Da die Dichtung der E2 am Zargenholm befestigt sei und sich nicht ausgehend vom Abdeckstreifen zum Torblatt erstrecke, unterscheide sich der Gegenstand von Anspruch 1 vom Tor der E2 durch das Merkmal M9 (Dichtungsanordnung ausgehend vom Abdeckstreifen bis zum Torblatt) sowie durch die Merkmale M11 und M12 oder M13, wonach die Dichtungsanordnung mindestens eine Dichtlippe und mindestens eine einstückig und/oder eine lösbar am Abdeckstreifen befestigte Dichtlippe aufweise.

Die Befestigungsart der Dichtung der E2 oder E10, bei denen die Dichtung in einer Nut des Zargenholms geführt sei, sei nicht mit der Befestigung der Dichtung der E1 oder E2 vereinbar, bei denen ein Kunststoffprofil den Übergangabschnitt des Zargenholms umschließe und abdecke. Auch gebe es im Stand der Technik kein Vorbild für eine lösbar am Abdeckstreifen befestigte Dichtung. Daher sei es weder durch das Fachwissen allein noch durch E1, E3 oder E10 nahegelegt gewesen, zu einer zusätzlichen Dichtlippe mit einem der Merkmale M12 oder M13 zu gelangen.

XI. Die Beschwerdeführerin 2 argumentierte im Wesentlichen wie folgt.

Hauptantrag

Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3 in Verbindung mit E1

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich vom Tor der E3 nur durch das Merkmal M7. Dieses löse gemäß den Absätzen [0014] und [0015] des Patents die objektive technische Aufgabe einer verbesserten mechanischen Entkopplung bzw. reduzierten Geräuschübertragung zwischen Tor und Wand.

Die Dichtung der E1 (Seite 34) erfülle das Merkmal M7. Der Fachmann hätte erkannt, dass diese Dichtung die Aufgabenstellung löse, da sie den direkten Kontakt zwischen Zarge und Wand unterbreche. Daher wäre er auf naheliegende Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangt.

Hilfsantrag

Einheitlichkeit der Erfindung

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags verwirklichten unterschiedliche erfinderische Ideen. Der Hilfsantrag erfülle daher nicht das Erfordernis der Einheitlichkeit von Artikel 82 EPÜ, was auch zu einem Einwand unter Artikel 84 EPÜ führe.

Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E1

Das Unterscheidungsmerkmal M10 (zusätzliches Dichtungselement) löse die Aufgabe der verbesserten Abdichtung. Diese Aufgabe würde der Fachmann bereits aufgrund des allgemeinen Fachwissens mit einer zweiten Dichtebene lösen.

Dies könne er nach dem Vorbild der E1 mit einer zweiten einstückig mit dem Abdeckstreifen ausgebildeten Dichtlippe bewerkstelligen. Ein solches "zusätzliches Dichtungselement" sei über das Kunststoffprofil der Dichtung der E1 mittelbar am Übergangselement befestigt und erfülle daher das Merkmal M10.

Er könne eine zweite Dichtebene aber auch, wie es aus E2 (Figur 2a) und E10 (Figuren 4 und 5) bekannt sei, als separates, direkt am Übergangselement befestigtes zusätzliches Dichtungselement gemäß Merkmal M10 realisieren.

Auf beide Arten wäre der Fachmann daher auf naheliegende Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags gelangt.

Anspruch 2 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E1

Der Gegenstand von Anspruch 2 des Hilfsantrags unterscheide sich unstreitig durch eine lösbar am Abdeckstreifen befestigte Dichtlippe gemäß Merkmal M13'. Dieses Merkmal löse die Aufgabe, die Dichtlippe bei Verschleiß oder zur gestalterischen Anpassung austauschen zu können.

Zur Lösung dieser Aufgabe sei es schon aufgrund des allgemeinen Fachwissens naheliegend gewesen, die Dichtlippe der E1 lösbar auszugestalten. Auch E2 (Figur 2a) und E10 (Figuren 4 und 5) offenbarten lösbare Dichtlippen, die über den Zargenholm mittelbar am Abdeckstreifen befestigt seien. Daher wäre der Fachmann auf naheliegende Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangt.

Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E2

Die lösbar am Zargenholm befestigte Dichtung der E2 (Figur 2a) weise zwei Kontaktbereiche mit dem Torblatt, also zwei Dichtlippen, auf. Die innen liegende erfülle das Merkmal M10.

Da die Dichtung den Bereich zwischen Abdeckstreifen und Torblatt ausfülle, erstrecke sich die äußere ausgehend vom Abdeckstreifen in Richtung Torblatt und erfülle daher die Merkmale M9 und M11. Das Anbringen einer zusätzlichen Dichtlippe gemäß den Merkmalen M9 und M11 sei aber als fachübliche Maßnahme zur Verbesserung der Abdichtung auch naheliegend gewesen.

Die zusätzliche Dichtungsanordnung gemäß Merkmal M12 einstückig mit dem Abdeckstreifen auszuführen, löse die Aufgabe, den Fertigungsaufwand gering zu halten und sei durch E1 oder E3 nahegelegt. Die Alternative der lösbaren Befestigung von Merkmal M13 erfülle die Aufgabe der einfachen Austauschbarkeit und sei bereits durch das Fachwissen, durch E2 selbst oder E10 nahegelegt. Daher beruhe keine der Alternativen M12 oder M13 von Anspruch 1 ausgehend von E2 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag

Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3 in Verbindung mit E1

1.1 E3 offenbart unstreitig ein Tor mit den Merkmalen M1 bis M6 und M8 bis M12 von Anspruch 1. Die Dichtungseinrichung 9 (Figur 2a; Spalte 5, Zeilen 4-8) stellt dabei eine "Isolierstoffanordnung" dar, die einen zwischen dem Zargenholm 8 und der Wand 20 angeordneten "Dämmabschnitt" und einen die Zargenstirnseite abdeckenden "Abdeckstreifen" aufweist, an dem eine in Schließstellung am Torblatt anliegende Dichtlippe einstückig angeformt ist.

1.2 Unterscheidungsmerkmale

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich von dem Tor der E3 unstreitig durch das Merkmal M7, da sich der "Dämmabschnitt" der Dichtungseinrichtung 9 nicht über im Wesentlichen die gesamte Breite des "Anlageabschnitts" des Zargenholms erstreckt.

1.3 Aufgabenstellung

1.3.1 Absatz [0014] des Patents gibt als Wirkung oder Aufgabe des "Dämmabschnitts" an, dass "während der Torblattbewegung über die Führungsschiene und den Zargenholm auf die Wand übertragbaren Schwingungen" und damit auch eine "entsprechende" Geräuschentwicklung gedämpft wird. Dies wird auch als "mechanische Entkopplung" bezeichnet. Diese Wirkung wird erst vollständig erreicht, wenn sich der Dämmabschnitt, wie in Absatz [0015] beschrieben und in Merkmal M7 formuliert, "über im wesentlichen die gesamte Breite des Anlageabschnitts [...] erstreckt", so dass der Kontakt zwischen Zarge und Wand unterbrochen wird. Das Unterscheidungsmerkmal M7 trägt folglich zur Lösung der Aufgabe der verbesserten mechanischen Entkopplung bzw. reduzierten Geräuschübertragung zwischen Tor und Wand bei.

1.3.2 Die Beschwerdeführerin 1 argumentierte, die Aufgabe sei stattdessen in einer reduzierten Geräuschentwicklung zu sehen. Die Begriffe "mechanische Entkopplung" und "Geräuschübertragung auf die Wand" dürften in der Aufgabenstellung nicht auftauchen, da sie Hinweise auf die Lösung darstellten. Denn Merkmal M7 löse die Aufgabe der reduzierten Geräuschentwicklung gerade dadurch, dass die Geräuschübertragung durch eine mechanische Entkopplung gedämpft werde.

1.3.3 Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die objektive technische Aufgabe so spezifisch wie möglich zu fassen, ohne jedoch Teile der Lösung oder Lösungsansätze zu enthalten (Rechtsprechung, 9. Auflage, 2019, I.D.4.3.1).

Die Lösung gemäß Merkmal M7 besteht darin, dass "der Dämmabschnitt sich ausgehend von dem Übergangselement über im wesentlichen die gesamte Breite des Anlageabschnitts bis zum Befestigungsabschnitt des Zargenholms erstreckt". Dass dadurch eine mechanische Entkopplung erreicht wird, die die Geräuschübertragung dämpft, ist nicht, wie von der Beschwerdeführerin 1 vorgetragen, Bestandteil der Lösung, sondern eine davon bereits abstrahierte Beschreibung der Wirkung des Unterscheidungsmerkmals. Die Aufgabe der "verbesserten mechanischen Entkopplung oder reduzierten Geräuschübertragung zwischen Tor und Wand" gibt keinen Hinweis auf die Art und Weise (mittels Anordnung eines Dämmabschnitts) oder den Ort (die gesamte Breite des Zargenholms) der Lösung. Inwiefern die Aufgabe sonst einen Lösungsansatz beinhalten soll, wurde nicht vorgetragen.

Die von der Beschwerdeführerin 1 vorgeschlagene Aufgabe bezieht sich auf die Reduzierung einer nicht näher bestimmten Geräuschentwicklung. Sie ist daher weniger spezifisch als die dem Streitpatent entnommene Aufgabe, der darum der Vorzug zu geben ist.

1.3.4 Folglich ist die von der Beschwerdeführerin 2 vorgetragene Aufgabe der verbesserten mechanischen Entkopplung und reduzierten Geräuschübertragung zwischen Tor und Wand die zutreffende objektive technische Aufgabe für das Unterscheidungsmerkmal M7.

1.4 Naheliegen

1.4.1 E1 offenbart auf Seite 34 eine Dichtung mit der Bezeichnung 1085RB5090/1085RW5090. Diese erfüllt, wie den Abbildungen zu entnehmen ist, das Merkmal M7. Zudem weist sie, wie die Dichtung der E3, ebenfalls die Merkmale M6 und M8 bis M12 auf.

1.4.2 In E1 sind zwar keine Vorzüge der Dichtung hinsichtlich der mechanischen Entkopplung oder Schallübertragung genannt. Der Fachmann hätte jedoch aus seinem allgemeinen Fachwissen heraus erkannt, dass die Dichtung der E1, weil sie über die gesamte Breite des Anlageabschnitts den direkten Kontakt zwischen Zargenholm und Wand unterbricht, eine bessere mechanische Entkopplung und reduzierte Geräuschübertragung vom Tor auf die Wand bewirkt und daher die objektive technische Aufgabe löst.

1.4.3 Die Beschwerdeführerin 1 wandte ein, der Fachmann hätte die Verwendung einer Dichtung gemäß der E1 in E3 dennoch nicht in Betracht gezogen, da die mechanische Entkopplung durch die Dichtung der E1 gleichzeitig zu einer weniger druckstabilen, schwimmenden Lagerung der Zarge an der Wand geführt hätte. Unter Belastung wäre es daher zu Verformungen von Dichtung und/oder Zarge, und damit zu Lageveränderungen zwischen Dichtung und Torblatt gekommen, wie in E12 veranschaulicht. Dies hätte jedoch der nach E3 angeblich erforderlichen Einhaltung enger Toleranzen widersprochen und hätte den Fachmann daher von der Verwendung der Dichtung der E1 abgebracht.

In der Tat ist gemäß E3 ein fester, gleichmäßiger Anpressdruck zwischen Torblatt und Dichtung erforderlich, um ein Flattern des Torblatts, z.B. durch Winddruck, zu verhindern (Spalte 1, Zeilen 34-46). Die in diesem Zusammenhang erwähnte Notwendigkeit zum Einhalten enger Toleranzen bezieht sich allerdings auf Probleme bekannter Sektionaltore, nicht auf die Erfindung der E3. Selbst wenn die durch die Dichtung der E1 vermittelte weniger starre Fixierung der Zarge an der Wand tatsächlich zu den vorgetragenen Verformungen geführt hätte und daher einen Einfluss auf den Abstand und Anpressdruck zwischen Dichtung und Torblatt in der Schließstellung gehabt hätte, so sieht die Erfindung der E3 gerade Justagemöglichkeiten vor, um den Abstand anzupassen und den erforderlichen Anpressdruck zu gewährleisten (Spalte 2, Zeilen 8-24).

Daher hatte der Fachmann kein Grund, von der Verwendung der Dichtung der E1 abzusehen und die direkte Befestigung der Zarge an der Wand aufrechtzuerhalten.

1.4.4 Daher hätte der Fachmann zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe eine Dichtung gemäß der E1 in dem Tor der E3 eingesetzt. So wäre er auf naheliegende Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags gelangt.

1.5 Folglich beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ.

2. Hilfsantrag

2.1 Einheitlichkeit der Erfindung

Die Einheitlichkeit der Erfindung (Artikel 82 EPÜ) gehört gemäß G 1/91 nicht zu den Erfordernissen, denen das Patent nach Artikel 102 (3) EPÜ genügen muss. Nach dieser Entscheidung (Punkt 5.2 der Entscheidungsgründe) ist das Erfordernis der Einheitlichkeit auch ausdrücklich unabhängig von denjenigen von Artikel 84 EPÜ zu sehen. Daher sind die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags im Hinblick auf eine möglicherweise mangelnde Einheitlichkeit weder unter Artikel 82 noch unter Artikel 84 EPÜ zu beanstanden.

2.2 Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E1

2.2.1 E1 offenbart auf Seite 34 eine Dichtung ("seal") mit der Bezeichnung 1085RB5090, 1085RW5090. Sie ist zusammen mit einem Zargenholm abgebildet, der als Winkelprofil ("vertical angle") ausgebildet ist, und wird zwischen der Wand ("wall") und dem Zargenholm eines Tors ("door") angebracht. Die Dichtung besteht aus einem Kunststoffprofil, das eine Isolierstoffanordnung mit Dämmabschnitt und Abdeckstreifen darstellt, und umfasst eine einstückig mit dem Abdeckstreifen ausgebildete Dichtlippe (Merkmale M9, M11 und M12).

2.2.2 Unterscheidungsmerkmale

Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von dem Tor der E1 zumindest durch ein "zusätzliches Dichtungselement" gemäß Merkmal M10.

2.2.3 Aufgabenstellung

Die Parteien waren sich einig, dass das zusätzliche, am Übergangselement befestigte Dichtungselement von Merkmal M10 die Aufgabe der verbesserten Abdichtung des Tores löst.

2.2.4 Naheliegen

Wie von der Beschwerdeführerin 2 vorgetragen hätte der Fachmann zur Verbesserung der Abdichtung eines Tors bereits aufgrund seines Fachwissens eine zweite Dichtebene vorgeschlagen.

Ausgehend von dem Kunststoffprofil der E1 mit einstückig angeformter Dichtlippe war es für den Fachmann naheliegend, eine zweite Dichtebene ebenfalls in Form einer einstückig mit dem Kunststoffprofil ausgebildeten Dichtlippe zu realisieren. Am Abdeckstreifen der E1 ist jedenfalls ausreichend Platz für eine zweite Dichtlippe vorhanden.

Wie von der Beschwerdeführerin 2 vorgetragen, und im Einklang mit dem Streitpatent (vgl. Figur 3, Absatz [0030]), kann eine der Dichtlippen des resultierenden Gesamtprofils als die "Dichtungsanordnung" gemäß Merkmal M9 und die andere als ein (ebenfalls einstückig mit der Isolierstoffanordnung ausgeführte) "zusätzliches Dichtungselement" aufgefasst werden.

Es stimmt zwar, dass das resultierende Gesamtprofil mit Doppeldichtung durch Hintergreifen der Umbördelung des Zargenholms auch "im Bereich eines dem Anlageabschnitt abgewandten Randes des Übergangselements an dem Übergangselement befestigt" ist. Merkmal M10 bezieht sich aber auf das "zusätzliche Dichtungselement", nicht auf das Gesamtprofil. Die zweite Dichtlippe selbst ist nicht unmittelbar am Übergangselement befestigt, sondern nur mittelbar über die Isolierstoffanordnung bzw. den Abdeckstreifen.

Daher würde die für den Fachmann naheliegende Anordnung das Merkmal M10 nicht erfüllen.

Wie von der Beschwerdeführerin 2 vorgetragen, legt das Merkmal M10 zwar die Art der Befestigung am Übergangselement nicht genau fest. Es wäre jedoch nicht sachgerecht, eine indirekte, mittelbare Befestigung über die Isolierstoffanordnung mit einzuschließen. Da in einem montierten Tor fast alle Komponenten mittelbar miteinander verbunden sind, wäre sonst die Dichtlippe beispielsweise auch (mittelbar) an der Wand oder am Torblatt befestigt. Eine solche Auslegung widerspräche aber dem üblichen Verständnis des Wortlauts von Merkmal M10. Dieses ist folglich so zu verstehen, dass (abgesehen von eventuellen Hilfsmitteln wie Schrauben oder Klebstoff) eine direkte oder unmittelbare Befestigung des "zusätzlichen Dichtungselements" selbst am Übergangselement verlangt ist.

Durch die naheliegende Ergänzung des Dichtungsprofils der E1 mit einer zweiten einstückig angeformten Dichtlippe wäre der Fachmann somit nicht zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangt.

Zwar läge es auch im Bereich des Fachüblichen, eine zweite Dichtebene mit einer separaten Dichtlippe zu realisieren, die direkt am Zargenholm befestigt wird. Entsprechende Beispiele sind aus E10 (Figuren 4 und 5) und E2 (Figur 2a; Absatz [0010]) bekannt. Diese Lösungsmöglichkeit lässt sich jedoch nicht einfach mit der Dichtung der E1 vereinbaren, da diese das Übergangselement hintergreift und daher den gesamten "Bereich eines dem Anlageabschnitt abgewandten Randes des Übergangselements" abdeckt. Es verbleibt somit kein Platz für die Befestigung eines separaten, zusätzlichen Dichtungselements am Übergangselement. Das Hintergreifen der Dichtung der E1 dient einer sicheren Befestigung des über die Dichtlippe zusätzlich mechanisch beanspruchten Abdeckstreifens. Der Fachmann würde diese Befestigung daher nicht aufgeben. Wie die beiden Befestigungsvarianten ansonsten miteinander vereinbart werden könnten, ist aus dem Stand der Technik nicht bekannt und daher nicht naheliegend.

Somit beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags ausgehend von E1 in Verbindung mit dem Fachwissen oder E2 oder E10 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne der Artikel 52(1) und 56 EPÜ.

2.3 Anspruch 2 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E1

2.3.1 Unterscheidungsmerkmale

Der Gegenstand von Anspruch 2 des Hilfsantrags unterscheidet sich von einer Anordnung mit der Dichtung der E1 unstreitig durch Merkmal M13', wonach mindestens eine Dichtlippe der Dichtungsanordnung lösbar an dem Abdeckstreifen befestigt ist.

2.3.2 Aufgabenstellung

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin 2 löse das Unterscheidungsmerkmal die Aufgabe, die Dichtlippe - beispielsweise bei Verschleiß oder zur gestalterischen Anpassung - einfach und unabhängig von der Isolierstoffanordnung austauschen zu können.

2.3.3 Naheliegen

E1 offenbart zwar eine am Abdeckstreifen angeformte Dichtlippe, gibt aber keinen Hinweis darauf, dass bzw. wie diese austauschbar ausgestaltet werden könnte.

E2 (Figur 2a; Absatz [0010]) und E10 (Figuren 4 und 5) offenbaren lösbare Dichtungen, die jedoch direkt an einem Abschnitt des Zargenholms befestigt sind. Die Beschwerdeführerin 2 argumentierte, die Dichtungen der E2 oder E10 seien mittelbar über den Zargenholm auch am Abdeckstreifen befestigt. Eine solche indirekte, mittelbare Befestigung fällt aber nicht unter den Wortlaut "lösbar an dem Abdeckstreifen befestigt" von Merkmal M13' (vgl. Punkt 2.2.4). Zudem wäre, wie ebenfalls unter Punkt 2.2.4 dargelegt, diese Art der Befestigung am Übergangselement nicht mit dem Profil der E1 vereinbar, das zur sicheren Befestigung das Übergangselement des Zargenholms umgreift und vollständig abdeckt.

Auch für eine Übertragung der Befestigungsmittel der Dichtungen der E2 oder E10 vom Zargenholm auf den dünnen Kunststoff-Abdeckstreifen der Dichtung der E1 gibt es keine Anregung.

Selbst wenn es im Hinblick auf das allgemeine Fachwissen naheliegend gewesen sein mag, Dichtungen möglichst lösbar auszugestalten, wäre der Fachmann daher aus den genannten Gründen nicht dazu gelangt, dies gerade am Abdeckstreifen vorzunehmen.

Daher war es nicht naheliegend, eine Dichtlippe der Isolierstoffanordnung gemäß Merkmal M13' lösbar am Abdeckstreifen zu befestigen.

2.3.4 Der Gegenstand von Anspruch 2 des Hilfsantrags beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne der

Artikel 52(1) und 56 EPÜ.

2.4 Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E2

2.4.1 Unterscheidungsmerkmale

E2 offenbart unstreitig ein Tor mit den Merkmalen M1 bis M8 (Figur 2a). Die Isolierstoffanordnung (Wärmedämmung 12) umfasst zur Wand hin einen Dämmabschnitt und an der Zargenaußenseite einen Abdeckstreifen. Das Tor der E2 weist auch eine an der Zargenaußenseite befestigte Dichtungslippe 11 auf (Absatz [0010]), die in der Schließstellung des Torblatts an dessen Paneelen anliegt. E2 offenbart daher unstreitig ein Dichtungselement gemäß Merkmal M10.

Wie in Figur 2a zu erkennen, weist die Dichtung zwei Kontaktbereiche mit dem Torblatt auf. Die Beschwerdeführerin 2 trug vor, der außen liegende (in der Figur 2a untere) Bereich der Dichtung könne als Dichtungsanordnung der Isolierstoffanordnung gemäß Merkmal M9 aufgefasst werden. Der Figur 2a und der Beschreibung der E2 ist jedoch nicht eindeutig zu entnehmen, ob die Dichtung mit der Wärmedämmung 12 in Kontakt steht. Es lässt sich daher nicht zweifelsfrei ableiten, dass die außen liegende Dichtlippe sich, wie von Merkmal M9 verlangt, "ausgehend von einer dem Übergangselement abgewandten Außenseite des Abdeckstreifens" der Wärmedämmung 12 in Richtung auf das Torblatt erstreckt. Daher offenbart E2 nicht das Merkmal M9. Da die Merkmale M11 bis M13 sich auf die Dichtungsanordnung von Merkmal M9 beziehen, sind sie ebenfalls nicht offenbart.

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich folglich von der Anordnung der E2 durch die Merkmale M9 und M11 sowie zusätzlich durch eines der alternativen Merkmale M12 oder M13.

2.4.2 Aufgabenstellung

Die Unterscheidungsmerkmale M9 und M11 stellen eine weitere Dichtebene bereit und lösen daher unstreitig die Aufgabe, die Abdichtung des Tors zu verbessern. Die einstückige Ausführung mit dem Anlageabschnitt gemäß Merkmal M12 löst die zusätzliche Aufgabe, dabei den Fertigungsaufwand möglichst gering zu halten. Für die lösbare Befestigung am Abdeckstreifen gemäß Merkmal M13 sah die Beschwerdeführerin 2 die Aufgabe in einer einfachen Austauschbarkeit.

2.4.3 Naheliegen

Für den Fachmann war es naheliegend, zur Verbesserung der Abdichtung des Tors der E2 eine weitere Dichtebene vorzusehen.

Die Beschwerdeführerin 2 argumentierte, der Fachmann habe bereits aus der E2 selbst die Anregung bezogen, diese zusätzliche Dichtebene an der äußeren Oberfläche des Abdeckstreifens anzuordnen, da nur dort ausreichend Platz zur Verfügung gestanden habe. Im Hinblick auf die zusätzliche Anforderung des geringen Fertigungsaufwands hätten E1 oder E3 eine einstückige Ausführung mit dem Abdeckstreifen nahegelegt. Auch die Alternative der lösbaren Ausgestaltung zum Zweck der einfachen Austauschbarkeit sei fachüblich und zudem aus E2 sowie E10 bekannt. Daher wäre der Fachmann ausgehend vom Tor der E2 auf naheliegende Weise zu beiden Alternativen von Anspruch 1 gelangt.

Diese Argumentation ist jedoch aus den folgenden Gründen nicht überzeugend.

a) Bezüglich der Alternative von Merkmal M12

E2 offenbart bereits eine Dichtung mit zwei Dichtebenen. Soll die Abdichtung mit möglichst geringem Aufwand weiter verbessert werden, wäre es naheliegend gewesen, die bestehende Dichtung der E2 mit einer weiteren Dichtebene auszustatten. Dies hätte aber nicht zu einer mit dem Abdeckstreifen einstückigen Dichtlippe geführt. Die von der Beschwerdeführerin 2 argumentierte einstückige Ausführung aufgrund des allgemeinen Fachwissens liegt daher allenfalls im Bereich dessen, was der Fachmann "hätte tun können" ("könnte"), aber nicht unbedingt "getan hätte" ("würde").

Im Hinblick auf E1 oder E3 ist nicht erkennbar, inwiefern eine einstückig mit der Wärmedämmung der E2 ausgeführte zusätzliche Dichtlippe überhaupt fertigungstechnische Vorteile gegenüber einer Weiterbildung der bestehenden Dichtung der E2 mit einer weiteren Dichtebene haben sollte. Die Befestigung der Dichtungsvarianten der E2 (in einer Nut am Übergangselement) und der E1 oder E3 (welche das Übergangselement vollständig abdecken) ist zudem, wie bereits unter Punkt 2.2.4 festgestellt, nicht ohne Weiteres miteinander vereinbar. Folglich war die Kombination der Dichtlippe der E2 mit einer zusätzlichen am Abdeckstreifen angeformten Dichtlippe (Merkmal M12) gemäß E1 oder E3 nicht naheliegend.

b) Bezüglich der Alternative von Merkmal M13

E2 und E10 offenbaren austauschbare Dichtlippen, die lösbar am Zargenholm befestigt sind. Damit sind sie zwar mittelbar auch mit dem jeweiligen Abdeckstreifen verbunden, dies fällt aber, wie bereits unter Punkt 2.3.3 festgestellt, nicht unter den Wortlaut von Merkmal M13. Daher erfüllen weder die Dichtung der E2 noch eine weitere Dichtebene derselben Dichtung noch eine zusätzliche Dichtung nach dem Vorbild der E2 oder E10 das Merkmal M13. Für die lösbare Befestigung einer Dichtung an einer Isolierstoffanordnung gibt es im vorgelegten Stand der Technik kein Vorbild und keine Anregung. Daher ist auch die Übertragung der in E2 oder E10 offenbarten lösbaren Befestigungsart auf die Wärmedämmung der E2 nicht naheliegend. Der Fachmann wäre deshalb ausgehend von E2 nicht auf naheliegende Weise zu einer lösbar am Abdeckstreifen befestigten zusätzlichen Dichtlippe gemäß Merkmal M13 gelangt.

2.4.4 Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 1 auch ausgehend von E2 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen, E1, E3 oder E10 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne der Artikel 52(1) und 56 EPÜ.

2.5 Folglich steht keiner der von der Beschwerdeführerin 2 aufgeworfenen Gründe der Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung des Hilfsantrags entgegen.

Da der Hilfsantrag identisch mit der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung ist, entspricht er dem Antrag der Beschwerdeführerin 1 auf Zurückweisung der gegnerischen Beschwerde.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

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