European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T210717.20190108 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 Januar 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2107/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 13701406.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 21/10 G06Q 30/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | SYSTEM UND VERFAHREN ZUM LIZENZIEREN EINER VIELZAHL VON SOFTWAREKOMPONENTEN | ||||||||
Name des Anmelders: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, datiert vom 4. Juli 2017, die Europäische Patentanmeldung Nr. 13 701 406 mangels erfinderischer Tätigkeit zurückzuweisen. Die Entscheidung nennt zehn Dokumente, darunter
D10: US 2010/043075 A1,
aber stützt sich in ihren Gründen auf keines von diesen. Nur eines wird kursorisch als Beispiel für allgemeines Fachwissen angeführt (siehe Punkt 2.1.4 der Entscheidungsgründe).
II. Die Anmeldering legte am 14. August 2017 Beschwerde ein und entrichtete die Beschwerdegebühr. Im gleichen Schreiben wurde die Beschwerde begründet. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Grundlage der Anspruchssätze zu erteilen, die Gegenstand der Zurückweisung waren (eingereicht am 8. März 2017 und 10. Mai 2017).
III. Im Zusatz zur Ladung zur mündlichen Verhandlung erläuterte die Kammer ihre vorläufige Meinung, dass keiner der vorliegenden Ansprüche eine erfinderische Tätigkeit aufweise, Artikel 56 EPÜ.
IV. In Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung, mit Schreiben vom 6. Dezember 2018, legte die Beschwerdeführerin drei neue Anspruchssätze gemäß einem Hauptantrag (Ansprüche 1-6) und zwei Hilfsanträgen (Ansprüche 1-5 bzw. 1-4) vor und beantragte die Erteilung eines europäischen Patents auf dieser Grundlage.
Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"Verfahren (100) zum Freischalten einer Vielzahl von Softwarekomponenten (2a; ...; 2n), die Teil einer modularen Softwarelösung oder eines Gesamtsoftwareproduktes sind, auf einer Datenverarbeitungsanlage (1), mit den Schritten:
Abrufen einer Vielzahl von komponentenspezifischen Identifikationskennzeichen von einer Vielzahl von Softwarekomponenten (2a; ...; 2n) durch jeweils einen Komponentenadapter (14a, 14b, ..., 14n) eines auf der Datenverarbeitungsanlage (1) installierten Lizenzverwaltungsclients (10);
Bündeln der komponentenspezifischen Identifikationskennzeichen in einer anlagenspezifischen Lizenzierungsanfrage durch ein Kennzeichenabrufmodul (11) des Lizenzverwaltungsclients (10);
Senden der anlagenspezifischen Lizenzierungsanfrage von einem Client-Kommunikationsmodul (13) des Lizenzverwaltungsclients (10) an einen dem Lizenzverwaltungsclient (10) zugeordneten Lizenzverwaltungsserver (20) über eine Datenfernübertragungsverbindung (5a);
Extrahieren der komponentenspezifischen Identifikationskennzeichen aus der anlagenspezifischen Lizenzierungsanfrage zum Erzeugen von komponentenspezifischen Lizenzierungsanfragen durch ein Extraktionsmodule (21) des Lizenzverwaltungsservers (20);
Senden der komponentenspezifischen Lizenzierungsanfragen durch den Lizenzverwaltungsserver (20) an jeweils einen einer Vielzahl von Lizenzierungsdiensten (3a; ...; 3k; 24a; 24b); und
Empfangen von komponentenspezifischen Lizenzschlüsseln von der Vielzahl von Lizenzierungsdiensten (3a; ...; 3k; 24a; 24b) zum Freischalten der Vielzahl von Softwarekomponenten (2a; ...; 2n);
Bündeln der komponentenspezifischen Lizenzschlüssel in einer anlagenspezifischen Lizenzierungsantwort durch ein Schlüsselbündelungsmodul des Lizenzverwaltungsservers (20);
Senden der anlagenspezifischen Lizenzierungsantwort von dem Lizenzverwaltungsserver (20) an den Lizenzverwaltungsclient (10) über eine Datenfernübertragungsverbindung (5a);
Extrahieren der komponentenspezifischen Lizenzschlüssel aus der anlagenspezifischen Lizenzierungsantwort durch ein Schlüsselextraktionsmodul des Lizenzverwaltungsclients (10); und
Freischalten der Vielzahl von Softwarekomponenten (2a; ...; 2n) mithilfe der komponentenspezifischen Lizenzschlüssel durch den Lizenzverwaltungsclients (10) durch Übertragen der komponentenspezifischen Lizenzschlüssel unter Nutzung der Komponentenadapter (14a, 14b, ..., 14n) an die jeweiligen Softwarekomponenten (2a; ...; 2n)."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass angegeben ist, dass die Kommunikation zwischen Lizenzverwaltungsserver und Lizenzierungsdiensten "... über weitere Datenfernübertragungsverbindungen (5b) ..." erfolgt, und durch zusätzliche Schritte, die festlegen, was in den Lizenzierungsdiensten geschieht, nämlich:
"... Empfangen der komponentenspezifischen Lizenzierungsanfragen in den Lizenzierungsdiensten (3a; ...; 3k);
Prüfen der in der jeweiligen komponentenspezifischen Identifikationskennzeichen in den Lizenzierungsdiensten (3a; ...; 3k) auf Gültigkeit;
Erzeugen von jeweils komponentenspezifischen Lizenzierungsschlüsseln durch die Lizenzierungsdienste (3a; ...; 3k), wenn die geprüften komponentenspezifischen Identifikationskennzeichen als gültig erkannt werden;
Zurückübertragung der jeweils komponentenspezifischen Lizenzierungsschlüsseln an den Lizenzverwaltungsserver (20) durch die Lizenzierungsdienste (3a; ...; 3k); ..."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch die Ergänzung der folgenden Feststellung am Ende:
"... wobei das Freischalten der Vielzahl von Softwarekomponenten (2a; ...; 2n) mithilfe der komponentenspezifischen Lizenzschlüsseln durch den Lizenzverwaltungsclient (10) erst erfolgt, wenn für jede der Softwarekomponenten (2a; ...; 2n) ein gültiger komponentenspezifischer Lizenzschlüssel in dem Lizenzverwaltungsclient (10) vorliegt."
V. Die Verhandlung fand am 8. Januar 2018 statt. An deren Ende verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
Entscheidungsgründe
Die Erfindung
1. Die Anmeldung befasst sich mit der Freischaltung von Softwareprodukten auf einem Computer. Insbesondere, wenn mehrere Softwareprodukte "installiert oder zu einer Gesamtlösung integriert" sind und freigeschaltet werden müssen (Seite 1 der ursprünglichen Anmeldung, Zeilen 8-9, 13-18 und 25-28), bestehe ein Bedarf nach einem "einfachen, sicheren und nutzerfreundlichen" Verfahren und System (Seite 1, Zeilen 35-38).
1.1 Anstatt dass jeder Client für jede installierte Softwarekomponente die zur Freischaltung notwendigen Schlüssel beim jeweils zuständigen zuständigen Lizenzierungsdienst separat beantragt, wird ein Lizenzverwaltungsserver vorgeschlagen, der ein Bündel solcher Anfragen vom Client erhält, die einzelnen Anfragen an die Lizenzierungsdienste weiterleitet, und die Antworten wieder bündelt, bevor sie an den Client rückübertragen werden (Seite 3, Zeilen 6-14; Seite 8, Absatz 3; Seite 9, Absatz 2).
1.2 Zu diesem Zweck soll der Client so ausgelegt sein, dass er die Identifikationskennzeichen aller installierten Softwarekomponenten sammeln, bündeln und als Bündel an den Lizenzierungsserver senden, sowie ein Bündel von Lizenzschlüsseln empfangen, zerlegen und an die jeweiligen Softwarekomponenten übertragen kann (Seite 7, Absatz 3 - Seite 8, Absatz 2; Seite 9, Absatz 2).
1.3 Es wird betont, dass die Freischaltung der Softwarekomponenten solange verzögert werden kann, bis alle Lizenzschlüssel vorliegen. So könnten "Teillizenzierungen und eine damit verbundenen Funktionsuntüchtigkeit des Gesamtsoftwaresystems vermieden werden" (Seite 3, Zeile 30, bis Seite 4, Zeile 3; Seite 9, Absatz 3). Details über die so zu vermeidende Art von Fehlern sind nicht offenbart.
Die strittige Entscheidung, Artikel 11 VOBK
2. Die Prüfungsabteilung ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Erfindung die schon aus dem allgemeinen Fachwissen naheliegende Automatisierung eines administrativen Geschäftsverfahrens sei (vgl. insbesondere Punkte 2.1.5 und 2.1.8, aber auch Punkt 2).
3. Die Beschwerdeführerin kritisiert die Entscheidung in mehrfacher Hinsicht.
3.1 Die Prüfungsabteilung sei eine Fundstelle für die unter Punkt 2 genannten Software-Design-Pattern oder Adapter-Pattern schuldig geblieben und der diesbezügliche Einwand daher nicht überprüfbar (Beschwerdebegründung, Seite 5, letzter Absatz). Darüber hinaus seien die als allgemein bekannt identifizierte "Software-Architekturaspekte" nicht eindeutig mit Anspruchsmerkmalen verknüpft (Seite 7, Absatz unter der Aufzählung).
3.2 Der beanspruchte Ablauf sei nicht etwa ein "geschäftliches Verwaltungsverfahren, sondern die technische Lösung für ein technisches Problem, nämlich die effiziente, komfortable und fehlerunanfällige Freischaltung von Softwarekomponenten auf einer Datenverarbeitungsanlage" (Seite 6, Absatz 2). Dass für die Implementierung der Erfindung "herkömmliche Bausteine" verwendet würden, bestreitet die Beschwerdeführerin nicht. Hingegen beruhe die Erfindung auf einer neuartigen Anordnung und Wechselwirkung bekannter Bausteine (Seite 6, Absatz 3).
3.3 Die Entscheidungsgründe seien widersprüchlich, weil Merkmale, die unter Punkt 2.1.5 als nicht-technisch bezeichnet würden, unter Punkt 2.1.8 wenigstens implizit als technisch anerkannt würden (vgl. Seite 7, vorletzter Absatz).
3.4 Als Beleg dafür, dass die Prüfungsabteilung in ihrer Bewertung geirrt habe, nimmt die Beschwerdeführerin auf die Prüfungsrichtlinien (G-II, 3.5) und verschiedene Entscheidungen der Beschwerdekammern Bezug, insbesondere auf T 664/09 und vertritt die Ansicht, dass die dieser Entscheidung zugrundeliegende Anmeldung EP1 (= EP 1 185 026 B2) der nächstkommende Stand der Technik sei (Seite 7, letzter Absatz, bis Seite 10, drittletzter Absatz).
3.5 Mit Bezug auf Hilfsantrag 2 kritisiert die Beschwerdeführerin schließlich, dass es für die Prüfungsabteilung offenbar von der Beschreibung abhänge, ob das Merkmal der simultanen Freischaltung technisch sei oder nicht (siehe Seite 22, letzter Absatz) und betont im übrigen, dass die Beschreibung auch einen Beleg für die Technizität dieses Merkmals enthalte (Seite 23, Absatz 1).
4. Die Kammer gibt der Beschwerdeführerin in manchen Punkten Recht, insbesondere weil die Entscheidungsbegründung, so ausführlich sie auch insgesamt ist, in manchen Punkten tatsächlich sehr knapp ausfällt.
4.1 So hat die Prüfungsabteilung zwar zum Ausdruck gebracht, welches administrative Geschäftverfahren die Erfindung ihrer Ansicht nach automatisiert, aber nicht ausgeführt, welche nicht-technische Bedeutung sie in diesem Zusammenhang den einzelnen Verfahrensmerkmalen zumisst (Punkt 2.1.5 der Entscheidungsgründe). Das gilt insbesondere für die genannten Akteure (Lizenzverwaltungskunden, -manager, und -dienste), das Senden und Empfangen von Lizenzierungsanfragen und -antworten, das "Übertragen" von Lizenzierungsschlüsseln "an die zu lizenzierenden Komponenten", und die Freigabe der Nutzungserlaubnis der Softwarekomponenten. Die Kammer kann nur spekulieren, dass die Prüfungsabteilung die Akteure als Personen und die Schritte als solche eines betrieblichen Arbeitsablaufs mit schriftlicher Kommunikation interpretiert hat.
4.2 Ebenso hat die Prüfungsabteilung zwar festgestellt, dass sie es für naheliegend hält, zur "Automatisierung" dieses nicht-technischen Verfahrens "allgemein bekannte[] Informationstechnik" und "Softwarearchitekturprinzipien anzuwenden" (Punkt 2.1.8 der Entscheidungsgründe), dabei aber die Verfahrensmerkmale nicht im Einzelnen diskutiert. Die Kammer nimmt an, dass die Prüfungsabteilung es als naheliegend angesehen hat, bspw. die Person des Lizenzverwaltungsmanagers als Server auszugestalten, weil sie einen zentralen betrieblichen Dienst anbietet.
5. Trotz dieser Kritik hält die Kammer die Entscheidung insgesamt im Sinne von Regel 111(2) EPÜ für ausreichend begründet und kann auch anderweitig keinen wesentlichen Verfahrensmangel im Verfahren der ersten Instanz feststellen. Solche wurden auch von der Beschwerdeführerin nicht vorgetragen. Eine unmittelbare Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung unter Artikel 11 VOBK war somit nicht angezeigt.
6. Im Übrigen kann offen bleiben, ob und in welchem Sinne das gesamte unter Punkt 2.1.5 der Entscheidungsgründe genannte Verfahren als nicht-technisch gelten muss, da jedenfalls erhebliche Teile der technischen Implementierung eines solchen Verfahrens vorbekannt waren, wie aus der Beschreibung selbst (vgl. Seite 1, Zeilen 13-38), aber auch den zahlreich zitierten Dokumenten hervorgeht. Ausgehend von diesem Stand der Technik erübrigt sich auch die Frage, ob der Ansatz der Prüfungsabteilung im Einzelnen richtig und im Einklang mit einzelnen früheren Entscheidungen der Beschwerdekammern war. Im Folgenden geht die Kammer von einem schriftlich dokumentierten Stand der Technik aus und nimmt zu den von der Beschwerdeführerin genannten Entscheidungen und der Fundstelle in den Prüfungsrichtlinien keine Stellung.
Stand der Technik
7. D10, in der ursprünglichen Anmeldung genannt (Seite 1, Zeile 30) offenbart eine zentrale Lizenzmanagementkomponente ("license management utility" LMU), den sich alle auf mehreren Rechnern installierten Softwareprodukte teilen (siehe D10, Absätze 9, 23 und 24). Soweit die LMU von mehreren Rechnern geteilt wird, impliziert D10 geeignete "Datenfernübertragungsverbindung[en]". Wenn der Benutzer ein Softwareprodukt installiert, wird der LMU im Wege einer "Lizenzierungsanfrage" ein "Identifikationskennzeichen" dieses Produkts mitgeteilt (vgl. Absätze 25, 26, 30 und 32), mithilfe dessen dann von einem einschlägigen Lizenzierungsdienst (ebenfalls natürlich über geeignete DFÜ-Verbindungen) ein Aktivierungscode abgefragt wird. Dieser wird entweder an die installierte Software übertragen oder für diese in der LMU gespeichert und verwaltet (vgl. insbesondere Absatz 33 sowie Abbildung 3). Der Benutzer nimmt dann die eigentliche "Aktivierung" der installierten Software vor (vgl. Absatz 37). Die "Lizenzierungsanfrage" ist wenigstens insofern "anlagenspezifisch", als sie die "Anlage" identifizieren muss, der ein Aktivierungscode zugestellt werden soll. Der Lizenzierungsdienst kann von Produkt zu Produkt unterschiedlich sein (Absatz 26).
8. Die Kammer hält D10 für einen geeigneten Ausgangspunkt für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit und kann nicht erkennen, warum die Analyse der erfinderischen Tätigkeit von EP1 ausgehen müsse, wie die Beschwerdeführerin behauptet (siehe Beschwerdebegründung, Seite 11, Absatz 2). Angesichts der Entscheidung der Kammer im Blick auf D10 erübrigt sich eine Diskussion von EP1 und der weiteren in der Entscheidung genannten Dokumente.
Erfinderische Tätigkeit
Hauptantrag
9. D10 offenbart nicht die einzelnen in Anspruch 1 genannten (Software-)Komponenten von Lizenzverwaltungsclient und -server ("Komponentenadapter", "Kennzeichenabrufmodul", "Kommunikationsmodul", "Extraktionsmodul", "Schlüsselbündelungsmodul", "Schlüsselextraktionsmodul" etc.). Der Anspruch definiert diese jedoch ausschließlich über die auszuführenden Operationen (bspw. ein "Kommunikationsmodul" zum "Senden"). Daher ist die Kammer der Ansicht, dass die jeweiligen Komponenten immer dann implizit aus D10 bekannt sind, wenn es die einschlägigen Operationen sind, und immer dann naheliegen, wenn es die einschlägige Operation tut. Gegenteiliges hat auch die Beschwerdeführerin nicht vorgetragen. Im Folgenden wird daher auf diese einzelnen Komponenten kein ausdrücklicher Bezug mehr genommen.
10. Die beanspruchte Erfindung unterscheidet sich von D10 in den folgenden Punkten:
a) D10 offenbart nicht, dass die "Vielzahl" freizuschaltender Softwareprodukte "Teil einer modularen Softwarelösung oder eines Gesamtsoftwareprodukts sind".
b) Die beanspruchte Erfindung ermöglicht die gemeinsame Freischaltung mehrerer Softwarekomponenten ohne weitere Benutzerinteraktion, während gemäß D10 die Freischaltung der Softwareprodukte einzeln im Zuge ihrer jeweiligen Installation durch den Benutzer erfolgt.
c) Schon aus diesem Grunde offenbart D10 auch nicht, dass mehrere Identifikationskennzeichen in eine Lizenzierungsanfrage gebündelt und als Bündel versendet und von einem Lizenzverwaltungsserver dann extrahiert und an die einschlägigen Lizenzierungsdienste weitergeleitet werden, oder dass die Lizenzierungsantworten ihrerseits wieder gebündelt und als Bündel an den Client zurückgesandt werden, der seinerseits die Antworten "extrahieren" muss, um die angestrebte Freischaltung vorzunehmen.
11. Die Beschwerdeführerin behauptet, diese Unterschiede machten die Freischaltung verschiedener (zusammengehöriger) Softwarekomponenten effizienter, komfortabler und weniger anfällig für Fehler (vgl. etwa die Beschwerdebegründung, Seite 10, letzter Absatz).
11.1 Die Kammer räumt ein, dass Merkmal b) die Freischaltung verschiedener Softwarekomponenten für den Benutzer "komfortabler" macht, der nun nicht mehr - wie gemäß der D10 - jedes einzelne Softwareprodukt manuell freischalten muss. Diese Wirkung tritt hingegen unabhängig davon ein, ob die einzelnen Softwarekomponenten miteinander zusammenhängen oder nicht (Merkmal a)) und ob die automatische Freischaltung mittels gebündelter Lizenzierungsanfragen oder -antworten erfolgt (Merkmal c)).
11.2 Die Kammer kann nicht erkennen, dass eines der genannten Merkmale eine Effizienzsteigerung bewirkt. Auch erfindungsgemäß werden schließlich die Lizenzierungsanfragen für jedes Softwareprodukt einzeln an die Lizenzierungsdienste geschickt. Demgegenüber stellt die vorgeschlagene Bündelung und Extraktion zunächst einmal einen Zusatzaufwand für Client und Server dar. Ob dieser durch die Tatsache aufgewogen wird, dass der Client weniger Lizenzierungsanfragen und -antworten an den Server sendet bzw. von diesem erhält, die im Übrigen aber umfangreicher sein müssen die Einzelanfragen und -antworten, ist nicht im Allgemeinen klar und wird in der Anmeldung nicht diskutiert.
11.3 Die Behauptung, dass die Erfindung ein System weniger fehleranfällig mache, stützt sich ausschließlich auf die Annahme, dass von einander abhängige Softwareprodukte erst - also frühestens - dann freigeschaltet werden, wenn alle Schlüssel vorliegen.
11.3.1 Dieses Merkmal ist in den unabhängigen Ansprüchen des Hilfsantrags 2 ausdrücklich genannt. Darüber stellen die unabhängigen Ansprüchen beider Hilfsanträge ausdrücklich fest, dass nicht auf jede Lizenzierungsanfrage hin notwendigerweise ein Lizenzierungsschlüssel bereitgestellt wird, sondern nur "wenn die [...] komponentenspezifischen Identifikationskennzeichen als gültig erkannt werden".
11.3.2 Somit kann Anspruch 1 des Hauptantrags (und des Hilfsantrags 1) die gleichzeitige Freischaltung der beanspruchten Softwarekomponenten alleine nicht garantieren.
11.3.3 Darüber hinaus hält es die Kammer für unzureichend, die Natur und gegenseitige Abhängigkeit von Softwarekomponenten dadurch zu charakterisieren, dass sie "Teil einer modularen Softwarelösung oder eines Gesamtsoftwareprodukts" sind. Beispielsweise erscheint es vernünftig, die einzelnen Produkte in einem Software-Paket (aufgrund ihrer Bekanntheit sei hier beispielhaft die Microsoft Office Suite genannt) als Komponenten eines "Gesamtsoftwareprodukts" anzusehen, selbst wenn grundsätzlich die einzelnen Produkte auch getrennt voneinander installiert und in unterschiedlichen Version - separat und in Verbindung miteinander - fehlerfrei verwendet werden können.
11.3.4 Außerdem wird der Wunsch, mehrere Softwareprodukte gleichzeitig zu installieren, aus unterschiedlichen Gründen bestehen, die mit dem genannten Fehlerrisiko nichts zu tun haben müssen. An einer gleichzeitigen Installation mehrere Komponenten wird etwa der Kunde Interesse haben, weil er sie gleichzeitig erworben hat, oder der Hersteller, um beim Kunden eine einheitliche Erscheinung ("Look&Feel") des Gesamtpakets sicherzustellen. Beide genannten Gründe sind keine technischen.
12. Angesichts dieser Überlegungen ist die Kammer der Meinung, dass die drei genannten Merkmale zwei Wirkungen aufweisen, nämlich:
a/b) Komfortsteigerung für den Benutzer bei der
Installation mehrere Softwareprodukte und
c) Verringerung der Anzahl der Nachrichten zwischen
dem Client und der LMU.
Ob diese Wirkungen technischer Natur sind, kann dahingestellt bleiben, da ihre Erzielung von der Kammer im folgenden ohnehin als naheliegend angesehen wird.
13. Was Wirkung a/b) betrifft, so ist die Kammer zunächst wie erläutert der Ansicht, dass ein Benutzer des aus D10 bekannten Systems aus naheliegenden - und unter Umständen nicht-technischen - Gründen mehrere Softwareprodukte gleichzeitig würde freischalten wollen und gleichzeitig als störend empfinden würde, während des Gesamtvorgangs an den Rechner gebunden zu sein, um wiederholt Eingaben vorzunehmen. Die Kammer hält es daher für naheliegend, die einzelnen Freischaltungsvorgänge so zu "bündeln", dass nach allen notwendigen Benutzereingaben die Freischaltungsprozedur vollautomatisch abläuft. Eine Bündelung der Anfragen und Antworten ist damit noch nicht impliziert.
14. Was Wirkung c) angeht, so hält es die Kammer für ein elementares Ordnungsprinzip, gleichartige und gleichzeitige Vorgänge zu bündeln. Die Kammer hält dieses Prinzip für ebenso naheliegend bei rein administrativen Abläufen wie auch beim Programmieren. Die Kammer ist auch der Meinung, dass dieses Prinzip zum allgemeinen Wissen des Fachmanns gehört und keinen schriftlichen Beleg erfordert. Diese Annahme wurde der Beschwerdeführerin gegenüber festgestellt und als solche von dieser nicht bestritten.
15. Zusammenfassend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass es für den Fachmann im Lichte seines allgemeinen Fachwissens naheliegen würde, ausgehend von D10 mehrere Freischaltungsvorgänge extern (für den Benutzer: gemeinsame Abwicklung mehrerer Vorgänge) und intern (bei der Implementierung: Bündelung gleichartiger Vorgänge) zusammenzufassen und dass daher der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht erfinderisch ist, Artikel 56 EPÜ.
Hilfsantrag 1
16. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags insbesondere durch die Schritte, die der Lizenzierungsdienst ausführt, um Lizenzschlüssel nur auf gültige Lizenzierungsanfragen hin zu erzeugen.
16.1 Die Kammer hält es aus lizenzrechtlichen Überlegungen für naheliegend, dass nicht jede Lizenzierungsanfrage Erfolg haben kann. Dass der Erfolg von der "Gültigkeit" der übertragenen "komponentenspezifischen Identifikationskennzeichen" abhängt, die im übrigen im Anspruch nicht näher definiert wird, ist nach Meinung der Kammer eine nicht-technische Festlegung des Lizenzgebers, die als solche eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann und die der Lizenzierungsdienst offenbar zu überprüfen hat.
16.2 Die Beschwerdeführerin hat zur erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 1 des Hilfsantrags angesichts der zusätzlichen Merkmalen keine weiteren Ausführungen gemacht.
16.3 Die Kammer kommt somit zu dem Ergebnis, dass es auch dem Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags an erfinderischen Tätigkeit fehlt.
Hilfsantrag 2
17. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch die Festlegung, dass eine Freischaltung der Softwarekomponenten erst dann erfolgt, wenn alle notwendigen Lizenzierungsschlüssel beim Client vorliegen.
17.1 Dieses Merkmal ist aus D10 nicht bekannt.
17.2 Allerdings ist festzustellen, dass auch die gebündelte Übertragung von Lizenzierungsanfragen und -antworten eine Freischaltung aller Softwarekomponenten nicht garantieren kann, wenn nämlich nicht für jede im Bündel übertragene Lizenzierungsanfrage ein Lizenzierungsschlüssel zurück geliefert wird, und dass daher die Wirkung des zusätzlichen Merkmals nicht der gebündelten Übertragung zugeschrieben werden kann. Somit kann das zusätzliche Merkmale auch die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit des einschlägigen Merkmales c) nicht ändern.
17.3 Wie oben ausgeführt, ist aus dem Anspruchswortlaut nicht zu erkennen, aus welchem Grund die (nur) gleichzeitige Freischaltung erfolgt oder welche Wirkung diese hat. Daher bleibt es möglich, dass der Grund ein nicht-technischer ist, etwa die Bedingung des Anbieters, dass alle Produkte eines Pakets gleichzeitig freizuschalten sind, um ein einheitliches Look&Feel herzustellen.
17.4 Eine erfinderische Tätigkeit kann aber nicht alleine damit begründet werden, dass die nicht weiter ausgeführte Umsetzung einer nicht-technischen Bedingung beansprucht ist. Somit kommt die Kammer zum Ergebnis, dass auch der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 die erforderliche erfinderische Tätigkeit nicht aufweist.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.