T 1903/17 () of 9.2.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T190317.20220209
Datum der Entscheidung: 09 Februar 2022
Aktenzeichen: T 1903/17
Anmeldenummer: 07112291.5
IPC-Klasse: B66B 13/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Türantrieb für eine automatische Tür
Name des Anmelders: Siemens Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: GEZE GmbH
Otis Elevator Company
Inventio AG
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 83 (2007)
European Patent Convention Art 111(1) (2007)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4) (2007)
RPBA2020 Art 013(2) (2020)
Schlagwörter: Ausreichende Offenbarung - Ausführbarkeit (ja)
Beschwerdeentscheidung - Zurückverweisung an die erste Instanz (ja)
Verspätetes Vorbringen - Verfahrensmissbrauch (nein)
Spätes Vorbringen - zugelassen (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1018/05
T 0891/07
T 0299/09
T 2301/12
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent mit der Nummer 1 902 995 zu widerrufen.

II. Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass das Patent die im abhängigen Anspruch 3 des Hauptantrags definierte Erfindung nicht so deutlich offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Dasselbe gelte auch für Anspruch 2 der Hilfsanträge 1 und 2. Einen während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag 1a ließ die Einspruchsabteilung nicht in das Verfahren zu.

III. In ihrer Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang gemäß Hauptantrag (datiert mit 12. Mai 2017), hilfsweise im Umfang des Hilfsantrags 1a (datiert mit 13. Juni 2017, wie von der Einspruchsabteilung nicht ins Verfahren zugelassen) aufrechtzuerhalten.

Darüber hinaus beantragte sie

- im Rahmen einer Zwischenentscheidung festzustellen, dass der Hauptantrag vom 12. Mai 2017 die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt,

- die Angelegenheit zur Behandlung der Fragen der Patentierbarkeit des Hauptantrags an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen,

- Hilfsantrag 1a in das Verfahren zuzulassen und im Rahmen einer Zwischenentscheidung festzustellen, dass der Hilfsantrag 1a die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt, sowie

- die Angelegenheit zur Behandlung der Fragen der Patentierbarkeit des Hilfsantrags 1a an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

Hinsichtlich der im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 12. Mai 2017 eingereichten und mit der Beschwerdebegründung erneut vorgelegten Hilfsanträge 1 und 2 stellte die Beschwerdeführerin keinen expliziten Antrag, argumentierte jedoch, dass der darin beanspruchte Gegenstand ebenfalls neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

IV. Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 1 und 3) beantragten die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent vollständig zu widerrufen, hilfsweise die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, sowie den Hilfsantrag 1a nicht in das Verfahren zuzulassen.

V. Die Parteien wurden zu einer mündlichen Verhandlung vor der Kammer geladen. In einer Mitteilung zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung wurden die Parteien über die vorläufige Meinung der Kammer informiert. Die Kammer legte darin inter alia dar,

- dass der Anspruch 3 gemäß Hauptantrag nicht auf Türantriebe für Personenaufzüge beschränkt sein dürfte, sodass sich daraus keine Anforderungen an eine bestimmte Öffnungs- und Schließgeschwindigkeit ableiten lassen dürfte,

- dass sich die Parteien darin einig zu sein schienen, dass es möglich wäre auch Personenaufzugstüren mit Motoren anzutreiben, deren Länge samt Antriebsritzel 47 mm betrage,

- dass zu diskutieren sein werde, ob zur Erfüllung der Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ der gesamte beanspruchte, nach unten offene Längenbereich ausführbar sein müsse.

Unter Verweis auf die Entscheidungen T 2301/12 und T 1018/05 erläuterte die Kammer, dass sie keinen Grund sehe von der Rechtsprechung abzuweichen, die eine Ausführbarkeit nicht in Bereichen fordere, die klar außerhalb der praktischen Anwendbarkeit lägen.

Hinsichtlich des von der Einspruchsabteilung nicht in das Verfahren zugelassenen Hilfsantrags 1a äußerte die Kammer ihre Auffassung, dass ein bloßes Streichen von allen betroffenen abhängigen Ansprüchen auch in einem späten Verfahrensstadium möglich sein müsse, wenn sich dadurch der Gegenstand der zur Diskussion stehenden Fragen in der mündlichen Verhandlung nicht ändere (siehe auch die Begründung hierfür in Punkt 4.2 der Mitteilung der Kammer).

VI. Mit Schreiben vom 29. November 2021 reichte die Beschwerdeführerin alle in den bisherigen Verfahren vorgelegten Anträge (Hauptantrag, Hilfsantrag 1a, sowie Hilfsanträge 1 und 2) erneut ein. Darüber hinaus legte sie einen weiteren Hilfsantrag 3 vor.

VII. Mit dem Einverständnis aller Parteien fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer am 9. Februar 2022 als Videokonferenz statt, während der die Beschwerde­führerin die Hilfsanträge 1a sowie 3 zurücknahm.

VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage des Haupt­antrags, hilfsweise auf der Grundlage eines der Hilfs­anträge 1 und 2 aufrecht zu erhalten, allesamt eingereicht mit Schreiben vom 29. November 2021. Zudem beantragte sie, die Angelegenheit an die Einspruchs­abteilung zurückzuverweisen, sofern einer der Anträge die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllen sollte.

Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 1 und 3) beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

IX. Folgender von den Parteien zitierter Stand der Technik ist für die vorliegende Entscheidung relevant (in der Nummerierung wie sie von der Einspruchsabteilung in der Entscheidung verwendet wurde):

E35|Verkaufsprospekt "Papst Variodrive"; Papst Motoren GmbH (Januar 1994)|

E37|EP 0 709 337 A2 |

X. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"1. Türantrieb für eine automatische Tür (1), insbesondere für eine automatische Schiebe- und/ oder Aufzugstür, mit mindestens einem Türblatt (2, 3),

umfassend einen Motor (10) zum Erzeugen einer Antriebskraft und eine(n) in Öffnungs- und Schließrichtung (7) der Tür (1) geführten Riemen oder Kette (16) zur Übertragung der Antriebskraft auf das Türblatt (2, 3),

wobei der Motor (10) derart angebracht ist, dass seine Welle (11) senkrecht zur Öffnungs- und Schließrichtung (7) der Tür (1) und/ oder horizontal ausgerichtet ist,

wobei der Türantrieb einen Winkelgeber (20) zur Erzeugung eines zum Drehwinkel (phi) des Motors (10) proportionalen Winkelsignals (22) aufweist,

wobei der Winkelgeber (20) koaxial zur Motorwelle (11) angeordnet ist,

wobei ein Antriebsritzel oder Riemenrad (12) zum Antrieb des Riemens bzw. der Kette (16) auf der Welle (11) des Motors (10) angebracht ist,

wobei das Antriebsritzel oder Riemenrad (12) an einem freistehenden Ende der Welle (11) befestigt ist, wobei der Motor (10) elektronisch kommutiert und/oder bürstenlos ausgeführt ist,

wobei das Winkelsignal (22) des Winkelgebers (20) zur Ansteuerung einer Kommutierungsschaltung (32) zur elektronischen Kommutierung des Motors (10) verwendet ist und

wobei der Riemen bzw. die Kette (16) getriebelos und/ oder vorgelegelos von dem Motor (10) angetrieben ist."

XI. Der abhängige Anspruch 3 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"3. Türantrieb nach einem der Ansprüche 1 oder 2,

wobei der Motor (10) samt Antriebsritzel bzw. Riemenrad (12) in Wellenrichtung eine Ausdehnung (L1) von weniger als 100 mm, vorzugsweise von weniger als 80 mm, aufweist."

XII. Der abhängige Anspruch 4 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"4. Türantrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 3,

wobei die Länge des Motors (10) ohne Lager, Antriebsritzel und eventueller elektronischer Komponenten kleiner als 60 mm, vorzugsweise kleiner als 36 mm, ist."

XIII. Im abhängigen Anspruch 9 wird ein Steuergerät (24) eingeführt. Der abhängige Anspruch 10 des Hauptantrags bezieht sich darauf und hat folgenden Wortlaut:

"10. Türantrieb nach Anspruch 9,

wobei das Steuergerät (24) derart hergerichtet ist, dass der Motor (10) - zumindest im Normalbetrieb - mit einer Drehzahl von weniger 600 U/min, vorzugsweise mit einer Drehzahl von weniger als 500 U/min, betrieben wird."

XIV. Der abhängige Anspruch 13 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"13. Türantrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 12,

wobei der Winkelgeber (20) in axialer Richtung eine Ausdehnung (L2) von maximal 40 mm, vorzugsweise von maximal 20 mm, aufweist."

XV. Der abhängige Anspruch 14 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"14. Türantrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 13,

wobei die Gesamtlänge (L) von Motor (10), Antriebsritzel bzw. Riemenrad (12) und Winkelgeber (20) in Wellenrichtung geringer als 110 mm, vorzugsweise geringer als 98 mm, ist."

XVI. Der Hilfsantrag 1a entspricht dem Hauptantrag, wobei die Ansprüche 3, 4, 5, 13 und 14 gestrichen sind.

XVII. Die für die vorliegende Entscheidung wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Die hinsichtlich des Hauptantrags vorgetragenen Argumente seien von der Kammer zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin habe kein "Forum Shopping" betrieben. Alle Punkte hätten im Verfahren vor der ersten Instanz entschieden werden können. Bei einer Zulassung des Hilfsantrags 1a in das Verfahren wären alle Einwände hinsichtlich der mangelnden Ausführbarkeit ausgeräumt gewesen und es hätten alle weiteren Einwände diskutiert werden können.

Die Erfindung, wie sie in Anspruch 3 des Hauptantrags definiert ist, sei so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Der beanspruchte Gegenstand sei nicht auf Personenaufzugstüren beschränkt. Die Erfindung müsse nicht in jeder Kombination ausführbar sein, insbesondere nicht in jenen, die der Fachmann klar als außerhalb der praktischen Anwendbarkeit erkennen könne.

Die Angelegenheit sei nicht zur Prüfung der Ausführbarkeit anderer Ansprüche des Hauptantrags an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen. Vielmehr solle die Kammer vollumfänglich über Artikel 83 EPÜ entscheiden.

Auch die weiteren, von den Beschwerdegegnerinnen gerügten Ansprüche 4, 13 und 14 seien so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann den darin definierten Gegenstand ausführen könne.

XVIII. Die für die vorliegende Entscheidung wesentlichen Argumente der Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 1 und 3) können wie folgt zusammengefasst werden:

Die Argumente der Beschwerdeführerin bezüglich Artikel 83 EPÜ für den Hauptantrag seien nicht in das Verfahren zuzulassen. Durch das Nicht-Vorbringen stichhaltiger Argumente im Verfahren vor der ersten Instanz habe die Beschwerdeführerin "Forum Shopping" betrieben und die Einspruchsabteilung daran gehindert, eine Entscheidung über die wesentlichen Punkte zu treffen.

Die Erfindung, wie sie in Anspruch 3 des Hauptantrags definiert ist, sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Das Streitpatent sei auf Antriebe für Personenaufzugstüren gerichtet, für welche besondere Anforderungen gälten. Es gebe keine Motoren, die kürzer als 47 mm seien und diese Anforderungen erfüllten. Dies habe die Beschwerdeführerin auch eingestanden. Auch wenn der Fachmann klar außerhalb der praktischen Anwendbarkeit liegende Teile eines beanspruchten Bereichs ausschließe, bleibe dennoch beispielsweise ein Bereich zwischen 20 und 40 mm Länge, der weder klar vom Fachmann ausgeschlossen werde noch ausführbar sei.

Die Angelegenheit sei an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, damit diese die übrigen Ansprüche auf die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ prüfen könne.

Auch der Gegenstand der Ansprüche 4, 10, 13 und 14 sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne.

Entscheidungsgründe

1. "Forum Shopping" - Zulässigkeit der Argumente zum Hauptantrag

Die Kammer erkennt kein Verhalten der Beschwerde­führerin, das die Einspruchsabteilung daran gehindert hätte, eine Entscheidung über alle von den Einsprechenden vorgebrachten Einwände zu treffen.

1.1 Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 3) hat argumentiert, dass die Beschwerdeführerin "Forum Shopping" betrieben hätte. Sie habe erst im Beschwerdeverfahren ernsthafte Argumente gegen die in der Einspruchsschrift der Einsprechenden 3 vorgebrachten Einwände der mangelnden Ausführbarkeit vorgebracht. Durch den Verzicht darauf, bereits im Verfahren vor der Einspruchsabteilung stichhaltige Argumente vorzubringen, sowie durch den Vortrag, dass sie sich auch zukünftige Entwicklungen schützen lassen wolle (siehe Protokoll zur mündlichen Verhandlung, Punkt II), habe sie die Einspruchsabteilung dazu gezwungen, die erstmals im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Argumente nicht zu behandeln und eine negative Entscheidung über die Ausführbarkeit zu treffen.

Diese Argumentation überzeugt die Kammer nicht.

1.2 Tatsächlich wurde der Einwand der mangelnden Ausführbarkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 6 (entspricht Anspruch 3 des Hauptantrags) bereits im Einspruchsschriftsatz der Einsprechenden 3 vorgebracht. In ihrem Antwortschreiben reagierte die Patentinhaberin (nun Beschwerdeführerin) darauf nicht, was auch von der Einspruchsabteilung in der verfahrensleitenden Mitteilung im Anhang zur Ladung zur mündlichen Verhandlung festgestellt wurde (siehe Punkt 3, "Ausführbarkeit"). Wörtlich heißt es dort weiter: "Die Diskussion wird auf die mündliche Verhandlung verschoben." Dies stellt keine Aufforderung zu einer wie auch immer gearteten Reaktion durch die Parteien dar. Darüber hinaus konnte die Beschwerdeführerin davon ausgehen, dass sie in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit erhalten werde, zu diesem Thema Stellung zu nehmen. Auch wenn es generell nicht ausreichend ist, auf Einwände nicht zu reagieren und statt dessen die mündliche Verhandlung abzuwarten, erachtet die Kammer unter diesen konkreten Umständen eine unmittelbare Antwort der Patentinhaberin auf die verfahrensleitende Mitteilung der Einspruchsabteilung als nicht angezeigt.

1.3 Gemäß dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung (siehe Punkt II) argumentierte die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung, "dass es Motoren mit derart kleinen Baumaßen gebe, welche die erforderliche Leistung erbringen könnten". Dieses Argument, zusammen mit der Aussage, dass man sich auch Patentschutz für zukünftige Weiterentwicklungen schützen wollte, hat die Einspruchsabteilung offensichtlich nicht von der Ausführbarkeit des Gegenstands des Anspruchs 3 überzeugt.

1.4 Im Beschwerdeverfahren verwies die Beschwerdeführerin dann darauf, dass die Einsprechende 3 selbst in ihrer Argumentation der mangelnden Ausführbarkeit zeige, dass Motoren zwischen 47 und 100 mm für Türantriebe existierten (siehe Beschwerdebegründung, Seite 3, drittletzter Absatz; unter Verweis auf den Einspruchsschriftsatz der Einsprechenden 3, Seite 6, dritter Absatz, wo wiederum auf die Dokumente E35 und E37 Bezug genommen wird, dort als D11 bzw. D14 bezeichnet). Die Existenz dieser Motoren wurde von den Parteien auch nicht bestritten. In der Beschwerdebegründung verwies die Beschwerdeführerin ebenfalls auf die T 891/07, Rz. 7.7, zweiter Absatz, den sie wörtlich zitierte (siehe Seite 3, viertletzter Absatz). Sie argumentierte sinngemäß, dass Artikel 83 EPÜ nicht erfordere, dass in einer Patentschrift alle Details beschrieben seien, um jede denkbare Konstruktion auszuführen, die von den Ansprüchen abgedeckt werde.

Diese Verweise betrachtet die Kammer als geeignete Reaktion auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung, insbesondere auf die einschränkende Auslegung des Anspruchs 1 ("Der Antrieb einer Aufzugstür muss in der Lage sein, sowohl die Kabinentür als auch die Stockwerkstür gleichzeitig zu bewegen, was einem substantiellen Gewicht entspricht. Die Türen müssen ebenfalls rasch beschleunigt werden...", siehe Entscheidungsgründe II, 2, dritter Absatz). Der Vortrag der Beschwerdeführerin baut auf dem bereits in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgetragenen Argument auf, dass es geeignete Motoren gebe. Einen Verweis auf die Rechtsprechung und auf die bereits von den Einsprechenden selbst vorgebrachten Argumente kann kaum als neuer Vortrag gesehen werden, sondern nur als eine Weiterentwicklung der (wenn auch sehr kurzen) vorherigen Argumente.

1.5 Die Kammer erkennt in dem Verhalten der Beschwerde­führerin auch keinen Vorsatz, das Verfahren vor die Beschwerdekammer zu bringen und die Einspruchs­abteilung daran zu hindern, vorher über alle relevanten Fragen zu entscheiden. Hinsichtlich der Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ und Anspruch 3 hat die Einspruchs­abteilung in der mündlichen Verhandlung entschieden, dass diese nicht erfüllt seien. Daraufhin reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hilfsantrag 1a ein, indem alle von der Einsprechenden 3 im Rahmen des Artikels 83 EPÜ angegriffenen abhängigen Ansprüche gestrichen waren. Dieser Antrag wurde von der Einspruchsabteilung jedoch nicht in das Verfahren zugelassen. Dennoch wäre die Einspruchsabteilung nicht daran gehindert gewesen (schon gar nicht durch die Beschwerdeführerin), über die weiteren Angriffe (mangelnde Neuheit und erfinderische Tätigkeit) zu entscheiden. Es war vielmehr die Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung, den Hilfsantrag 1a nicht in das Verfahren zuzulassen, die dazu geführt hat, dass der Fall vor der Kammer landet, bevor eine Entscheidung über andere, wenn nicht alle, von den Einsprechenden aufgeworfenen Punkte getroffen werden konnte.

1.6 Diese Argumente zur Ausführbarkeit des Hauptantrags befinden sich daher im Beschwerdeverfahren und sind als Teil des gesamten Vorbringens der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen (Artikel 12(4) VOBK 2007).

2. Hauptantrag Anspruch 3 - Artikel 83 EPÜ

Die Erfindung wie sie in Anspruch 3 des Hauptantrags definiert ist, ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Artikel 83 EPÜ). Die Ansprüche sind nicht auf Türantriebe für Personenaufzüge beschränkt. Es ist auch nicht erforderlich, dass jegliche theoretisch vom Anspruch umfasste Kombination der beanspruchten Parameter ausführbar ist. Insbesondere sind jene Parameterkombinationen als nicht vom Anspruch umfasst zu betrachten, die der Fachmann als klar außerhalb des Bereichs der praktischen Anwendbarkeit liegend betrachten würde. Dazu zählen insbesondere besonders kleine Antriebe in Kombination mit besonders großen, schweren Türen, die noch dazu besonders schnell bewegt werden sollen. Insbesondere ist anzumerken, dass Anspruch 1 keine derartigen Anforderungen für den Antrieb enthält.

2.1 Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 3) hat argumentiert, dass die gesamte Beschreibung des Streitpatents von Personenaufzügen handle, dass das einzige Ausführungsbeispiel, insbesondere die Figur 1 einen Personenaufzug zeige, und dass demgemäß auch die Ansprüche als auf Türantriebe für Personenaufzüge zu lesen seien. Bei Personenaufzügen gälten aber besondere Anforderungen. So müssten die Türen schnell bewegt werden können, was einen ausreichend starken Antrieb voraussetze. Andererseits müssten die Türen eine gewisse Größe haben, damit Personen hindurchtreten könnten. Darüber hinaus seien Bestimmungen hinsichtlich des Verhinderns eines Durchbrechens in den Aufzugsschacht einzuhalten, was eine massive Tür erfordere, womit auch eine hohe Masse derselben einhergehe.

Diese Argumente überzeugen die Kammer jedoch nicht. Zwar sind die angeführten Zwänge und Einschränkungen auf dem Gebiet der Personenaufzüge schlüssig und glaubhaft, jedoch sind die Ansprüche nicht auf diese Anwendung eingeschränkt. Es kann nicht in den Anspruch ein einschränkendes Merkmal (hier: die Eignung für Personenaufzugstüren) hineingelesen werden, das dem expliziten Wortlaut des Anspruchs nicht zu entnehmen ist (siehe bspw. T 299/09, Rz. 3.3).

Im vorliegenden Fall ist der Wortlaut der Ansprüche 1 und 3 eindeutig und daher die Beschreibung nicht zur Auslegung heranzuziehen. Die Ansprüche sind somit nach ihrem Wortsinn und gemäß der breitestmöglichen, technisch sinnvollen Auslegung zu verstehen. Der beanspruchte Türantrieb muss daher für eine automatische Tür nicht näher definierter Art und Größe geeignet sein, "insbesondere für eine automatische Schiebe- und/oder Aufzugstür". Dabei kann es sich um alle denkbaren Arten von Aufzügen (sogar sehr kleine) handeln.

Zusätzlich merkt die Kammer an, dass selbst im Lichte der Beschreibung keine auf Personenaufzüge einschränkende Auslegung der Ansprüche angezeigt wäre. An keiner Stelle der Beschreibung findet sich eine Erwähnung eines Personenaufzugs. Auch wenn anzuerkennen ist, dass die schematische Darstellung in Figur 1 von einem Fachmann wohl als Zugang zu einem Personenaufzug interpretiert würde, erwähnt selbst die Beschreibung eben dieses Ausführungsbeispiels Personenaufzüge nicht. In Absatz [0039] heißt es wörtlich: "Figur 1 zeigt eine Tür 1 eines Aufzugs...". Selbst die detaillierte Beschreibung bleibt daher in ihrer Wortwahl so breit, dass beispielsweise Lastenaufzüge darunter fallen können. Somit könnte selbst die Heranziehung der Figur 1 keine einschränkende Auslegung des in den Ansprüchen definierten Gegenstands rechtfertigen.

2.2 Anspruch 3 definiert, dass "der Motor samt Antriebsritzel bzw. Riemenrad in Wellenrichtung eine Ausdehnung von weniger als 100 mm, vorzugsweise von weniger als 80 mm, aufweist." Es handelt sich also um einen einseitig (nämlich nach unten) offenen Bereich des Parameters "Länge". Dies ist nicht mit einem Bereich "von 0 bis 100 mm" gleichzusetzen, weil eben eine untere Grenze gerade nicht genannt wird. Dennoch wird der Längenbereich in der praktischen Anwendung nach unten hin begrenzt sein, da der Motor und seine Bestandteile eine gewisse Mindestlänge aufweisen müssen, um unabhängig von weiteren Anforderungen überhaupt funktionieren zu können. Werte, die unterhalb dieser Grenze des Möglichen liegen, würde der Fachmann von vornherein ausschließen, da sie klar außerhalb der praktischen Anwendbarkeit liegen (siehe in diesem Sinne auch T 2301/12, Rz. 8.10, unter Verweis auf T 1018/05, Rz. 2.3, beide auch in der Mitteilung der Kammer, Punkt 2, zitiert). Dazu zählen insbesondere Werte nahe dem Wert Null. Dies wurde von den Parteien zuletzt auch nicht bestritten.

2.3 Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 3) äußerte sogar in diesem Zusammenhang während der mündlichen Verhandlung, dass der Fachmann den Bereich von 0 bis 20 mm als nicht vom Anspruch umfasst betrachten würde. Sie anerkannte mit Bezug auf E35 auch, dass es Motoren gebe, die eine Ausdehnung im beanspruchten Sinne von ungefähr 47 mm aufweisen. Sie argumentierte allerdings, dass E35 nicht zum allgemeinen Fachwissen gehöre, und dass der Bereich zwischen 20 und 40 mm weder vom Fachmann als klar vom Anspruch nicht umfasst angesehen werde noch ausführbar sei.

Die Kammer teilt diese Auffassung nicht. Selbst unter der Annahme, dass E35 nicht zum Fachwissen gehört, hat die Kammer keine Zweifel, dass der Fachmann zumindest Kenntnisse über die Dimensionierung auch von kleinen Elektromotoren verfügt. Die Beschwerdegegnerinnen haben selbst Beispiele aus anderen technischen Bereichen angegeben. Es ist im Hinblick auf die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ auch nicht nötig, dass jeder Teilbereich der vom Anspruch abgedeckten Motorlängen mit jeder unter den Anspruch fallenden Tür funktioniert. Der Fachmann schließt nicht nur unmöglich kleine Längen von vornherein aus, sondern auch unmögliche Kombinationen von für sich genommen möglichen einzelnen Parametern. Der Fachmann versteht daher, dass im vorliegenden Fall Motoren mit einer Länge im unteren Teil des beanspruchten Bereichs (also beispielsweise die genannten 20 bis 40 mm) nicht mit großen, schweren Türen, die noch dazu schnell bewegt werden sollen (also beispielsweise Personenaufzugs­türen), kombiniert werden können.

2.4 Das weitere Argument der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 3), dass entweder geeignete Motoren zum Anmeldezeitpunkt hätten verfügbar sein müssen, oder dass die Patentschrift darüber Auskunft geben müsste, wie ein Motor realisiert werden könne, der schwere Personenaufzugstüren trotz der beanspruchten geringen Länge bewegen könne, überzeugt daher ebenfalls nicht. Die Patentschrift muss nicht beschreiben, was der Fachmann von vorn herein ausschließt, wie dies bei der Kombination aus besonders geringer Länge und besonders schwerer Tür der Fall ist.

2.5 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass das Patent die Erfindung, wie sie in Anspruch 3 definiert ist, so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Hinsichtlich Anspruch 3 sind die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ somit erfüllt.

3. Hauptantrag Ansprüche 4, 13 und 14 - Artikel 83 EPÜ

Die Kammer verweist die Angelegenheit nicht schon deshalb an die Einspruchsabteilung zurück, um die übrigen von der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 3) angegriffenen Ansprüche des Hauptantrags auf die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ zu prüfen und wurde statt dessen in diesem Rahmen selbst tätig. Sie kommt dabei zum Schluss, dass der in den Ansprüchen 4, 13 und 14 definierte Gegenstand so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann ihn ausführen kann.

3.1 Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 3) hat beantragt, die Angelegenheit zur weiteren Prüfung aller Punkte, die von den Einsprechenden vorgebracht, aber von der Einspruchsabteilung noch nicht behandelt worden sind, an diese zurückzuverweisen. Sie hat argumentiert, dass die Angriffe gegen die weiteren abhängigen Ansprüche 4, 13 und 14 in der Beschwerdeerwiderung durch Verweis auf den Einspruchsschriftsatz wieder aufgegriffen worden seien. Die Beschwerdeführerin habe auf diese Einwände jedoch weder im Verfahren vor der Einspruchsabteilung noch im Beschwerdeverfahren reagiert.

Dies stellt (wie im Folgenden dargelegt) unter den vorliegenden Umständen jedoch keine besonderen Gründe im Sinne des Artikels 11 VOBK 2020 dar, die die Kammer zu einer Zurückverweisung veranlassen würden. Die Kammer macht daher von ihrer Befugnis gemäß Artikel 111(1) EPÜ Gebrauch, im Rahmen der Prüfung der Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ hinsichtlich aller Ansprüche des Hauptantrags selbst tätig zu werden (wie auch von der Beschwerdeführerin beantragt).

3.2 Der Einwand der mangelnden Ausführbarkeit des in den abhängigen Ansprüchen 4, 13 und 14 definierten Gegenstands ist nicht ausreichend substantiiert. Zwar würde im vorliegenden Fall, wo die Einsprechende 3 nicht selbst Beschwerdeführerin ist und diese Punkte in der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt wurden, ein Verweis auf den Vortrag vor der Einspruchsabteilung als ausreichend angesehen (siehe die Bezugnahme in der Beschwerde­erwiderung, Seite 3, vierter Absatz auf den Einspruchsschriftsatz vom 20. August 2014, Seite 7). Der Vortrag an dieser Stelle des Einspruchs­schriftsatzes ist jedoch unvollständig. Nach einer Wiedergabe des Wortlauts der abhängigen Ansprüche 4, 13 und 14 heißt es dort lediglich: "Die in Abschnitt 1.1 gemachten Ausführungen bezüglich des Anspruchs 6 [Anmerkung: entspricht dem Anspruch 3 des Hauptantrags] gelten in analoger Weise..." Es wird darüber hinaus bemängelt, dass die kennzeichnenden Merkmale dieser Ansprüche "lediglich aufgabenhaft formuliert" seien und "keine technische Lehre zum Handeln" aufwiesen. Dieser Stelle ist jedoch nicht zu entnehmen, warum die Ansprüche 4, 13 und 14 nach Meinung der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 3) die behaupteten Mängel aufweisen, noch wird irgendein Bezug zwischen den einzelnen Merkmalen und den Behauptungen hergestellt. Es würde daher den anderen Parteien, der Einspruchsabteilung und nunmehr der Kammer obliegen, selbst zu ergründen, welche hinsichtlich Anspruch 3 gemachten Ausführungen für diese Ansprüche analog gelten sollen, welche Aufgabe in ihnen formuliert wird und wofür genau eine technische Lehre fehlt.

Die gemachten Einwände sind daher unvollständig. Die Kammer erachtet es daher in diesem Fall nicht als Fehlverhalten der Beschwerdeführerin, dass diese auf den Verweis der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 3) auf den unzureichend substantiierten Vortrag nicht reagiert hat. Es ist damit auch nicht angezeigt, die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, um unzureichend substantiierte Einwände zu behandeln.

3.3 Die Einwände sind darüber hinaus, soweit sie nachvollziehbar sind, auch in der Substanz nicht überzeugend:

Hinsichtlich Anspruch 4 kommt die Kammer zu demselben Schluss wie für den Anspruch 3, nämlich dass Motoren, die kleiner als 60 mm, vorzugsweise kleiner als 36 mm, sind, dem Fachmann verfügbar waren. Wiederum ist es im Sinne einer ausreichenden Offenbarung nicht nötig, dass die kürzestmöglichen Motoren innerhalb des beanspruchten Bereichs mit großen und schweren Türen kombiniert werden können.

Im Hinblick auf die Ansprüche 13 und 14 liegen keine Argumente vor, ob und falls ja, worin der Fachmann Schwierigkeiten haben könnte, geeignete Winkelgeber mit Abmessungen innerhalb des beanspruchten Bereichs auszuwählen. Wiederum gilt jedoch das oben Gesagte, dass der Fachmann von vorn herein als unmöglich erkennbare Kombinationen, insbesondere mit besonders kleinen Motoren und Winkelgebern und besonders großen, schweren Türen als vom Anspruch nicht umfasst ausschließen würde.

3.4 Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung keine neuen Einwände in Bezug auf Artikel 83 EPÜ hinsichtlich der Ansprüche 4, 13 und 14 zugelassen. Dies würde ein geändertes Beschwerdevorbringen der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 3) darstellen. Eine solche Änderung würde unter den Bedingungen des Artikels 13(2) VOBK 2020 zu behandeln sein. Es müssten also stichhaltige Gründe für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände vorliegen.

Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) haben während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer argumentiert, dass zum Einen keine Veranlassung dazu bestand, über andere Ansprüche als den Anspruch 3 vorzutragen, da nur dieser in der Beschwerdebegründung erwähnt werde, und zum Anderen die Beschwerdeführerin die mangelnde Ausführbarkeit der weiteren angegriffenen Ansprüche nicht bestritten hat. Dadurch lägen außergewöhnliche Umstände vor, und neue Argumente müssten berücksichtigt werden, auch wenn diese eine Änderung des Beschwerdevorbringens darstellten. Diese Argumentation ist jedoch nicht überzeugend.

Wie unmittelbar erkennbar ist, richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin deshalb gegen die Entscheidung hinsichtlich der Ausführbarkeit des Gegenstands des Anspruchs 3, weil dies der einzige Punkt war, über den die Einspruchsabteilung entschieden hat. Es gab daher für die Beschwerdeführerin keine Veranlassung, in der Beschwerdebegründung Ausführungen zu anderen Ansprüchen vorzubringen. Wie oben ausgeführt war der im Einspruchsverfahren vorgetragene Einwand zu den Ansprüchen 4, 13 und 14 nicht ausreichend substantiiert, sodass auch der Verweis darauf in der Beschwerdeerwiderung keinen Anlass darstellte, inhaltlich darauf einzugehen. Die Beschwerdeführerin hat daher den Einwand der mangelnden Ausführbarkeit der weiteren Ansprüche 4, 13 und 14 zwar nicht bestritten, ihr Schweigen kann im vorliegenden Fall jedoch allein schon deshalb nicht als Zustimmung ausgelegt werden, da eine Reaktion nicht angezeigt war.

Die Kammer ließ daher während der mündlichen Verhandlung kein neues Vorbringen hinsichtlich Artikel 83 EPÜ und die abhängigen Ansprüche 4, 13 und 14 zu (Artikel 13 (2) VOBK 2020).

4. Hauptantrag Anspruch 10 - Artikel 83 EPÜ

Im schriftlichen Verfahren (siehe Beschwerdeerwiderung, Seite 7, letzter Absatz) hat die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 3) sinngemäß argumentiert, dass auch der Hilfsantrag 1a nicht eindeutig nur Ansprüche beinhalte, die ausreichend offenbart seien. Sie nahm dabei Bezug auf den erteilten Anspruch 14 (entspricht Anspruch 7 des Hilfsantrags 1a, sowie Anspruch 10 des Hauptantrags). Es sei zweifelhaft, ob Motoren, die sich so langsam wie in diesem Anspruch definiert drehen, so kompakt gebaut werden könnten, wie es die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe sei.

Dieses Argument wurde von der Beschwerdegegnerin (E3) erstmals in der Beschwerdeerwiderung und nur in Bezug auf den Hilfsantrag 1a vorgebracht. Dasselbe auf die Motorgröße gerichtete kennzeichnende Merkmal ist jedoch auch in Anspruch 10 des Hauptantrags beansprucht. Es wurde in der Mitteilung der Kammer (siehe Punkt 4.3) abgehandelt. Es war die vorläufige Meinung der Kammer, dass dieser Gegenstand ausführbar sein dürfte. Wörtlich heißt es in der Mitteilung: "Anders als bei Abmessungen des Motors, die nicht beliebig klein gewählt werden können, dürfte die Drehzahl im Betrieb auch sehr kleine Werte annehmen können."

Die Parteien haben dieser Auffassung der Kammer nicht widersprochen. Die Kammer sieht daher keinen Grund davon abzugehen oder diesen Punkt auch hinsichtlich des Hauptantrags von Amts wegen in das Verfahren einzuführen.

5. Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt.

6. Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung

Nach Artikel 111(1) EPÜ wird die Beschwerdekammer entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder sie verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück. Gemäß Artikel 11 VOBK 2020 verweist die Kammer nur dann zur weiteren Entscheidung an die Vorinstanz zurück, wenn besondere Gründe dafür sprechen. Im vorliegenden Fall hat die Einspruchsabteilung noch keine Entscheidung über die übrigen vorgebrachten Einspruchsgründe getroffen. Insbesondere wurden die Neuheit und erfinderische Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung nicht abgehandelt. Diese Umstände erachtet die Kammer als besondere Gründe, die eine Zurückverweisung zur weiteren Entscheidung angezeigt erscheinen lassen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

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