T 0978/17 () of 16.7.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T097817.20200716
Datum der Entscheidung: 16 Juli 2020
Aktenzeichen: T 0978/17
Anmeldenummer: 13001669.4
IPC-Klasse: A61F13/06
A61F13/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: STÜTZBANDAGE
Name des Anmelders: Otto Bock HealthCare GmbH
Name des Einsprechenden: medi GmbH & Co. KG
SPORLASTIC GmbH
Bauerfeind AG
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention R 41(2)(c) (2007)
European Patent Convention R 76(2)(a) (2007)
European Patent Convention Art 84 (2007)
European Patent Convention Art 54 (2007)
European Patent Convention Art 56 (2007)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4) (2007)
Schlagwörter: Zulässigkeit des Einspruchs - Staatsangehörigkeit der Einsprechenden
Zulässigkeit des Einspruchs - juristische Personen
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Neuheit - Hilfsantrag XVII (ja)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsanträge I bis III (nein)
Spät eingereichte Tatsachen - D85 hätte bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden können (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag XVII (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1551/10
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1958/19

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einspruchsabteilung hat mit ihrer Zwischenentscheidung festgestellt, dass das europäische Patent Nr. 2 612 631 in geänderter Fassung entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten siebzehnten Hilfsantrag den Erfordernissen des Übereinkommens genügt.

II. Gegen diese Entscheidung erhob die Einsprechende 3 Beschwerde und beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

III. Die Patentinhaberin legte ebenfalls Beschwerde ein und beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im Umfang des Hauptantrags vom 8. Dezember 2015 aufrecht zu erhalten. Hilfsweise beantragte sie mit ihrer Beschwerdebegründung, das Patent gemäß den Hilfsanträgen I, II und III aufrechtzuerhalten.

IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 2) beantragte, die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

V. Die Patentinhaberin, die Einsprechende 2 und die Einsprechende 3 haben jeweils hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

VI. Folgende Dokumente sind für diese Entscheidung relevant:

D3 DE 698 30 062 T2

D3a EP 1 011 549 B1

D85 WO 2007/048162 A2

VII. Die Parteien wurden zu einer mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer geladen. In einer Mitteilung zur Vorbereitung der Verhandlung wurden die Parteien über die vorläufige Meinung der Kammer informiert. Die Kammer legte darin inter alia dar, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht neu sei, dass der Anspruch 1 der Hilfsanträge I, II und III nicht klar sei und dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags XVII nicht das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ erfülle.

Am 16. Juli 2020 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der die Einsprechende 3 ihre Einwände unter den Artikeln 84 und 123 (2) EPÜ gegen den Hilfsantrag XVII zurücknahm.

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Einsprüche für unzulässig zu erklären, hilfsweise die Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags, weiter hilfsweise auf der Grundlage eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3 aufrecht zu erhalten, weiter hilfsweise die Beschwerde der Einsprechenden 3 zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 3) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Zudem beantragte sie, die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, sofern die erfinderische Tätigkeit des Hauptantrags oder eines der Hilfsanträge 1 bis 3 zu diskutieren wäre.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) beantragte, die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 2) beantragte im schriftlichen Verfahren, die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

VIII. Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"Stützbandage mit einem Grundkörper (2) aus einem elastischen Textilmaterial, der eine dem Körper eines Bandagennutzers zugewandte Innenseite (3) und eine dem Körper des Bandagennutzers abgewandte Außenseite (4) aufweist, mit einer auf der Innenseite (3) angeordneten rutschhemmenden Beschichtung (5), wobei die Stützbandage (1) zumindest einen Stützgurt (10) aufweist, der an der Außenseite des Grundkörpers (2) über Formschlusselemente (21) reversibel angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Grundkörper (2) eine in dem Grundkörper (2) eingearbeitete Führung (8) für den Stützgurt (10) aufweist, in der der Stützgurt (2) verschieblich gelagert ist."

In dieser Entscheidung wird die Merkmalsgliederung der angefochtenen Entscheidung (siehe Punkt 13) verwendet:

"1. Stützbandage mit einem Grundkörper (2) aus einem elastischen Textilmaterial,

1.1 der eine dem Körper eines Bandagennutzers zugewandte Innenseite (3) und

1.2 eine dem Körper des Bandagennutzers abgewandte Außenseite (4) aufweist,

1.3 mit einer auf der Innenseite (3) angeordneten rutschhemmenden Beschichtung (5),

2. wobei die Stützbandage (1) zumindest einen Stützgurt (10) aufweist,

2.1 der an der Außenseite des Grundkörpers (2) über Formschlusselemente (21)

2.2 reversibel angeordnet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

1.4 der Grundkörper (2) eine Führung für den Stützgurt (10) aufweist,

1.4.1 die in dem Grundkörper eingearbeitet ist, und

1.4.2 in der der Stützgurt (2) verschieblich gelagert ist."

Anspruch 1 des Hilfsantrags I unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass folgendes Merkmal am Ende des Anspruchs hinzugefügt wurde:

"wobei der wenigstens eine Stützgurt (10) im Wesentlichen entlang des Muskelverlaufs auf dem Grundkörper (2) orientiert befestigt ist."

Anspruch 1 des Hilfsantrags II unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass folgende Merkmale am Ende des Anspruchs hinzugefügt wurden:

"wobei durch den wenigstens einen Stützgurt (10) eine Zugkraft aufbringbar ist, so dass der wenigstens eine Stützgurt (10) als Kompressionselement auf einen Muskel wirkt."

Anspruch 1 des Hilfsantrags III besteht aus einer Kombination der Merkmalen des Anspruchs 1 des Hauptantrags mit den hinzugefügten Merkmalen der Ansprüche 1 der Hilfsanträge I und II.

Anspruch 1 des Hilfsantrags XVII unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass folgende Merkmale am Ende des Anspruchs hinzugefügt wurden:

"wobei der Stützgurt (10) einen flexiblen, unelastischen Abschnitt (12) und einen parallel zu dem unelastischen Abschnitt (12) angeordneten elastischen Abschnitt (13) aufweist und der unelastische Abschnitt (12) an dem elastischen Abschnitt (13) befestigt ist."

IX. Die Argumente der Einsprechenden können wie folgt zusammengefasst werden.

Staatsangehörigkeit der Einsprechende

Die drei Einsprechenden seien juristische Personen, die keine Staatsangehörigkeit haben. Juristische Personen müssen lediglich ihren Hauptgeschäftsitz angeben, was alle drei Einsprechenden gemacht haben.

Hauptantrag - Neuheit

D3/D3a offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1. Absatz [0021] der D3 offenbare, dass die "Elastomer- Eigenschaften" des Gelenkstrumpfs durch zusätzliche elastische Stoffschleifen nicht beeinträchtigt sind, sodass der Strumpf nicht völlig unelastisch sein könne.

Die Stützglieder 36 und 76 der D3/D3a seien selbst Kompressionselemente, die ebenfalls einen Druck auf den unterhalb des Stützgurtes liegenden Muskel ausüben. Eine aufgenähte Führung sei eine in den Grundkörper eingearbeitete Führung, wie Absatz [0048] des Patents offenbart. Somit sind die von der Patentinhaberin als neu angesehenen Merkmale 1, 2 und 1.4.1in D3/D3a doch offenbart.

Hilfsanträge I, II und III - Klarheit

Der Anspruch 1 der Hilfsanträge I, II und III erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.

Anspruch 1 des Hilfsantrags I definiere eine Befestigung des reversiblen Stützgurtes entlang des Muskelverlaufs eines Benutzers auf den Grundkörper, die kein Merkmal der Stützbandage sei, sondern nur durch die Verwendung der Stützbandage nachweisbar sei. Darüber hinaus sei es unklar für den Fachmann, was der Ausdruck "im Wesentlichen entlang des Muskelverlaufs" bedeuten soll.

Das zum Anspruch 1 des Hilfsantrags II hinzugefügte Merkmal erschöpfe sich in der Angabe eines zu erreichenden Ergebnisses, ohne die technischen Merkmale zu nennen, mit denen das Ergebnis zu erreichen sei.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III bestehe aus der Kombination der Merkmale der Ansprüche 1 aus den Hilfsanträgen I und II und sei daher auch unklar.

Hilfsantrag XVII - Neuheit

D3/D3a offenbart alle Merkmale des Anspruchs 1. Die Stützglieder 36 und 76 weisen parallel zu den elastischen Abschnitten angeordnete unelastische Abschnitte auf. Die Haken- und Schlaufenlappen der Figuren 3 und 8 seien unelastisch.

Zulassung von D85

Die D85 sei erst mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden, da keiner der von der Patentinhaberin vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Anträge das Merkmal eines unelastischen Abschnitts eines Gurtes und das Problem der Dehnungsbegrenzung des Gurtes betroffen habe. Diese Ausgestaltung der Bandage des Streitpatents sei erstmalig in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung als Hilfsantrag XVII eingereicht worden. Erst in der mündlichen Verhandlung habe sich daraus ein neues objektives technisches Problem gegenüber dem Stand der Technik ergeben.

Hilfsantrag XVII - erfinderische Tätigkeit

Falls D3/D3a das hinzugefügte Merkmal nicht offenbart, sei es für einen Fachmann naheliegend, die Stützbänder der D3/D3a wie die Zugbänder der D85 mit Dehnungszonen auszustatten, um eine Dehnungsbegrenzung zu erhalten.

Die objektive Aufgabe bestehe somit darin, das Dehnungsverhalten des Stützgurts zu ändern.

D85 offenbare auf Seite 8, Zeilen 12 bis 16, Zugbänder 1 mit Dehnungszonen 15, deren Dehnung begrenzt sei. Somit würde der Fachmann erkennen, dass D85 eine Änderung des Dehnungsverhaltens eines Zugbandes offenbare und somit eine Lösung zur objektiven Aufgabe darlege.

X. Die Argumente der Patentinhaberin können wie folgt zusammengefasst werden.

Staatsangehörigkeit der Einsprechenden

Die drei Einsprüche seien unzulässig, da die Staatsangehörigkeit der Einsprechenden in den jeweiligen Einspruchsschriften nicht angegeben worden sei, was jedoch nach Regel 76 (2) a) EPÜ erforderlich sei.

Hauptantrag - Neuheit

Der Begriff "Stützgurt" sei mehrdeutig und sollte anhand der Beschreibung ausgelegt werden. Demnach übe im Sinne des Patents (siehe Absatz [0039]) ein Stützgurt" einen Druck auf den unterhalb des Stützgurtes liegenden Muskel" aus.

D3/D3a offenbare nicht die Merkmale 1, 2 und 1.4.1 des Anspruchs 1.

D3 offenbare keinen Grundkörper aus einem elastischen Material. In D3, Absatz [0021], werde lediglich, ein flexibler Grundkörper erwähnt. Das Merkmal 1 des Anspruchs 1 sei somit in D3 nicht offenbart.

D3 offenbare nicht einen Stützgurt, der einen Druck auf den unterhalb des Stützgurtes liegenden Muskel ausübe. Der Begriff "Stützgurt" sei mehrdeutig und müsse anhand der Beschreibung des Patents ausgelegt werden. Absatz [0039] des Patents beschreibe die Funktion des Stützgurtes ("Ausübung von Druck auf den unterhalb des Stützgurtes liegenden Muskel"). Diese werde vom Fachmann implizit im Anspruch mitgelesen. Die Stützglieder 36 und 76 der D3 erfüllten diese Funktion jedoch nicht. Somit sei das Merkmal 2 des Anspruchs 1 nicht offenbart.

Die Materialschlaufen 98 der D3 seien lediglich am flexiblen Gelenkstrumpf 66 befestigt (siehe Absatz [0064] und Figur 9), bzw. aufgenäht. Eine aufgenähte Führung sei jedoch keine in den Grundkörper eingearbeitete Führung, wie Absatz [0048] des Patents erkläre. Das Merkmal 1.4.1 sei somit in D3 nicht offenbart.

Hilfsantrag I - Klarheit

Der Fachmann könne anhand der Stützbandage erkennen, welche Muskeln in Frage kommen. Somit sei der Ausdruck "entlang des Muskelverlaufs" klar.

Hilfsantrag II - Klarheit

Bezüglich des Merkmals "wobei durch den wenigstens einen Stützgurt (10) eine Zugkraft aufbringbar ist, so dass der wenigstens eine Stützgurt (10) als Kompressionselement auf einen Muskel wirkt" sei auszuführen, dass es im Hinblick auf die Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten unmöglich sei, den Stützgurt durch Gegenstandsmerkmale zu definieren, ohne den Schutzbereich über Gebühr einzuschränken.

Hilfsantrag XVII - Neuheit

Es sei nicht eindeutig und unmittelbar aus D3/D3a zu entnehmen, dass die Haken- und Schlaufenlappen der Figuren 3 und 8 unelastisch sind.

Zulassung von D85

Anspruch 1 des Hilfsantrags XVII sei lediglich eine Kombination der erteilten Ansprüche 1, 2 und 3. Somit hätte D85 bereits im Einspruchsverfahren eingereicht werden können.

Hilfsantrag XVII - erfinderische Tätigkeit

Das hinzugefügte Merkmal sei nicht aus D3/D3a bekannt und verhindere eine Überdehnung des elastischen Abschnitts.

Falls die Kammer mit dieser Wirkung nicht einverstanden sein sollte, da das Längenverhältnis zwischen elastischen und unelastischen Abschnitten im Anspruch nicht definiert ist, erziele das unterscheidende Merkmal drei verschiedene Wirkungen je nach Längenverhältnis (länger, kürzer, gleich lang) und löse somit verschiedene objektive Aufgaben (Überdehnung verhindern bzw. die Elastizität justieren).

In D3 gebe es keine Überdehnungsgefahr in Querrichtung, so dass der Fachmann keine unelastischen Abschnitte brauche. Es gebe somit für den Fachmann keine Motivation die Anordnung aus D3/D3a zu ändern.

Die Zielsetzung, Funktionsweise und Anordnung der Gurte in D85 sei so verschieden, dass der Fachmann eine Kombination mit D3/D3a nicht zu Rate ziehen würde.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Einsprüche

1.1 Wie auch von der Patentinhaberin ausgeführt, muss die Einspruchsschrift den Namen, die Anschrift, die Staatsangehörigkeit und den Staat des Wohnsitzes oder Sitzes des Einsprechenden enthalten (Regel 76 (2) a) EPÜ in Verbindung mit Regel 41 (2) c) EPÜ). Alle drei Einsprechenden haben sich bei der Einreichung der Einspruchsschriften des Formblattes 2300 bzw. der elektronischen Fassung dieses Formblattes, nämlich 2300E, bedient. In den jeweiligen Feldern dieser Formblätter, die mit dem Hinweis "Staat oder Wohnsitz des Staates" bezeichnet sind, findet sich jeweils der Eintrag "Deutschland". Zudem finden sich in den entsprechenden Adressfeldern jeweils deutsche Adressangaben, was auch nicht bestritten wurde. Nach der Auffassung der Patentinhaberin reichen diese Angaben jedoch nicht aus, da nach den vorgenannten Rechtsvorschriften auch die Staatsangehörigkeit des Einsprechenden anzugeben sei. Das Erfordernis der Angabe der Staatsangehörigkeit sei bei einer juristischen Person so zu verstehen, dass jeweils jener Staat anzugeben sei, nach dessen Recht die juristische Person gebildet worden sei.

1.2 Die Beschwerdekammer teilt die Auffassung der Patentinhaberin nicht. Wie bereits in der Mitteilung der Beschwerdekammer vom 4. Juni 2020 ausgeführt, bezeichnet die Staatsangehörigkeit nach allgemeiner rechtlicher Terminologie die Angehörigkeit einer natürlichen Person zu einem bestimmten Staat. Da juristische Personen somit definitionsgemäß keine Staatsangehörigkeit besitzen, ist das Erfordernis der Regel 76 (2) a) EPÜ in Verbindung mit Regel 41 (2) c) EPÜ so zu lesen, dass bei juristischen Personen nicht die Staatsangehörigkeit sondern der Staat anzugeben ist, in welchem sich der Sitz der juristischen Person befindet. Dies entspricht dem Erfordernis der Regel 41 (2) c) EPÜ, wonach - zusätzlich zur Angabe einer konkreten Adresse - der Staat des Sitzes der juristischen Person anzugeben ist. Am Rande ist zu bemerken, dass dies überdies der Praxis des Europäischen Patentamts entspricht, worauf auch die Einsprechende 3 in ihrem Schreiben vom 18. November 2017 hingewiesen hat, da im online-Formblatt 2300E für Einsprüche bei juristischen Personen gar kein Feld für die Angabe der Staatsangehörigkeit sondern lediglich das Feld für die Angabe des Sitzes der juristischen Person aufscheint.

1.3 Zudem ist zu bemerken, dass das Fehlen einer von Regel 76 (2) a) EPÜ in Verbindung mit Regel 41 (2) c) EPÜ geforderten Angabe, nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern nur dann zur Unzulässigkeit eines Einspruchs führt, wenn der Einsprechende innerhalb der Einspruchsfrist nicht eindeutig identifizierbar ist (vgl. T1551/10, Gründe Nr. 1.2). Im vorliegenden Fall wurden alle drei Einsprechenden in den entsprechenden Formblättern für den Einspruch namentlich, mit konkreten Adressen sowie ausdrücklicher Angabe des Sitzstaates genannt. Konkrete Umstände, die die Identifizierbarkeit der Einsprechenden in Frage stellen würden, wurden nicht vorgetragen.

1.4 Die Kammer kommt daher zu der Entscheidung, dass die Einsprüche der drei Einsprechenden zulässig sind.

2. Hauptantrag - Neuheit

2.1 Bezüglich der einzig bestrittenen Merkmale (Merkmale 1, 2 und 1.4.1) des Anspruchs 1 offenbart das Ausführungsbeispiel der Figur 9 der D3/D3a folgendes:

"Eine Stützbandage mit

1) einem Grundkörper (Gelenkstrumpf 66 in der D3 oder "undersleeve" 66 in der D3a) aus einem elastischen Textilmaterial (Absatz [0021]),

2) wobei die Stützbandage zumindest einen Stützgurt aufweist (Stützglieder 36 und 76 in der D3 oder "bracing members" in der D3a, siehe Absatz [0051] der D3 oder Absatz [0029] der D3a sowie Figur 9),

wobei

1.4) der Grundkörper eine Führung für den Stützgurt aufweist (Materialschlaufen oder "material loops" 98, siehe Absatz [0062] der D3 oder Absatz [0042] der D3a sowie Figur 9),

1.4.1) die in den Grundkörper eingearbeitet ist (Absatz [0042] der D3 oder Absatz [0064] der D3a).

2.2 Die Patentinhaberin trug vor, dass D3 keinen Grundkörper aus einem elastischen Material offenbare. D3, Absatz [0021], offenbare lediglich, dass der Grundkörper flexibel sei. Merkmal 1 des Anspruchs 1 sei somit in D3 nicht offenbart.

2.2.1 Nach dem Absatz [0021] der D3 werden die "Elastomer- Eigenschaften" des Gelenkstrumpfs nicht durch die elastischen Stoffschleifen hervorgerufen (bewirkt), sodass der Strumpf nicht völlig unelastisch sein kann. Noch deutlicher geht dies aus dem Wortlaut der englischen Fassung D3a hervor, in dem der Absatz [0021] ("does not effect the elastomeric characteristics") sich explizit bereits auf vorhandene elastomerische Eigenschaften bezieht.

2.2.2 Zudem geht auch aus der gesamten Offenbarung und insbesondere aus den Figuren hervor, dass die Gelenkstrümpfe am Beim eng anliegen müssen. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Umfänge des Wadenbereiches sowie des Knies, ist das Material des Gelenkstrumpfes somit auch implizit elastisch. Das Merkmal 1 des Anspruchs 1 ist somit in der D3/D3a offenbart.

2.3 Die Patentinhaberin argumentierte, dass D3 nicht einen Stützgurt gemäß Merkmal 2 offenbare, der einen Druck auf den unterhalb des Stützgurtes liegenden Muskel ausübe. Der Begriff "Stützgurt" sei mehrdeutig und müsse anhand der Beschreibung des Patents ausgelegt werden. Absatz [0039] des Patents beschreibe die Funktion des Stützgurtes ("Ausübung von Druck auf den unterhalb des Stützgurtes liegenden Muskel") und der Fachmann lese diese Funktion implizit im Anspruch mit. Diese Funktion werde von den Stützgliedern 36 und 76 der D3/D3a nicht erfüllt.

2.3.1 Nach Auffassung der Kammer ist der Begriff "Stützgurt" nicht mehrdeutig, sondern dieser ist breit auszulegen und auf keine spezifische Wirkung limitiert, sodass nur technisch unsinnige Auslegungen ausgeschlossen werden sollten. Absatz [0039] des Patents gibt auch keine Definition eines Stützgurtes, sondern beschreibt lediglich einer Wirkung desselben (Ausübung von Druck auf den unterhalb des Stützgurtes liegenden Muskel), die ein nicht näher definierter Stützgurt nur in seiner konkreten Verwendungen zeigen kann.

2.3.2 Um die im Absatz [0039] des Patents beschriebene Wirkung zu erzeugen, müssen die Stützgurte in einer spezifischen Art und Weise (z. B. entlang des Muskels) angeordnet sein, sodass sich die Wirkung nicht bereits aus den strukturellen Merkmalen des Stützgurts selbst ergibt, sondern aus seiner Anordnung/Verwendung in Bezug auf den Grundkörper hervorgeht. Diese Anordnung geht aus dem Wortlaut des Vorrichtungsanspruchs 1 nicht hervor, der lediglich eine nicht weiter spezifizierte Anordnung an der Außenseite des Grundkörpers definiert.

2.3.3 Darüber hinaus sind die Stützglieder 36 und 76 der D3/D3a selbst Kompressionselemente, die ebenfalls einen Druck auf den unterhalb des Stützgurtes liegenden Muskel ausüben. Die D3/D3a offenbart in den Absätzen [0049]/[0027] und [0069]/[0047], dass die Stützglieder 36 und 76, um eine Rotationseinschränkung hervorrufen zu können, um den Umfang des Beins so stark aufgewickelt werden müssen, dass sie einen Druck auf die unter dem Grundkörper liegenden Beinmuskeln ausüben. Somit ist das Merkmal 2 in D3/D3a offenbart.

2.4 Die Patentinhaberin argumentierte auch, dass die Materialschlaufen 98 der D3 lediglich am flexiblen Gelenkstrumpf 66 befestigt bzw. aufgenäht seien (siehe Absatz [0064] und Figur 9). Eine aufgenähte Führung sei jedoch keine in den Grundkörper eingearbeitete Führung, wie dies Absatz [0048] des Patents vorsehe. Das Merkmal 1.4.1 sei somit nicht in D3/D3a offenbart.

2.4.1 Die Kammer kann diesem Argument nicht beipflichten. Es geht für den Fachmann aus dem Kontext eindeutig hervor, dass im Absatz [0048] des Patents, der sich auf Figur 3 bezieht, von einer einzigen Führung 8 die Rede ist. Im zweiten Satz des Abschnitts [0048] dürfte sich das Pronomen "diese" auf die einzige Führung 8 beziehen, die vorher im Abschnitt [0048] erwähnt wird, so dass die erwähnte Führung 8 entweder einstückig ausgebildet oder aufgenäht sein kann. D3 offenbart somit auch das Merkmal 1.4.1 des Anspruchs 1.

2.5 Es wurde nicht bestritten, dass D3/D3a die anderen Merkmale des Anspruchs 1 offenbart. Die Kammer sieht auch keinen Grund dies zu bezweifeln. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist somit nicht neu gegenüber D3/D3a (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ). Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.

3. Hilfsanträge I, II und III - Klarheit

Hilfsantrag I

3.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags I unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass folgendes Merkmal am Ende des Anspruchs hinzugefügt wurde:

"wobei der wenigstens eine Stützgurt (10) im Wesentlichen entlang des Muskelverlaufs auf dem Grundkörper (2) orientiert befestigt ist."

1. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags I definiert eine vollständig orientierte Befestigung des reversiblen Stützgurtes entlang des Muskelverlaufs eines Benutzers auf den Grundkörper. Eine solche Befestigung ist nur durch die Verwendung der Stützbandage nachweisbar, sodass es für den Fachmann unklar (Artikel 84 EPÜ) ist, welche strukturellen Merkmale der Stützbandage an sich für eine solche orientierte Befestigung vorhanden sein müssen.

3.2 Darüber hinaus ist es auch unklar für den Fachmann, was der Ausdruck "im Wesentlichen entlang des Muskelverlaufs" bedeuten soll, i.e. welcher Muskel gemeint ist, wie genau die Orientierung des Stützgurts mit dem Muskelverlauf übereinstimmen muss, und ob der Stützgurt die volle Länge des Muskels abdecken muss. Selbst wenn man dem Argument der Patentinhaberin folgt, und davon ausgeht, dass der Fachmann aus der Stützbandage erkennen könnte, welche Muskeln in Frage kommen, bliebe es für den Fachmann dennoch unklar, in welchem Ausmaß die Stützbandage die Länge des Muskelverlaufs abdecken muss und in welchem Grade die Orientierung übereinstimmen muss.

3.3 Der Anspruch 1 des Hilfsantrags I erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ. Der Hilfsantrag I ist somit nicht gewährbar.

Hilfsantrag II

3.4 Anspruch 1 des Hilfsantrags II unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die folgenden Merkmale am Ende des Anspruchs hinzugefügt wurden:

"wobei durch den wenigstens einen Stützgurt (10) eine Zugkraft aufbringbar ist, so dass der wenigstens eine Stützgurt (10) als Kompressionselement auf einen Muskel wirkt."

3.5 Das hinzugefügte Merkmal erschöpft sich in der Angabe eines zu erreichenden Ergebnisses, ohne die technischen Merkmale zu nennen, mit denen das Ergebnis zu erreichen ist.

3.6 Die Patentinhaberin argumentierte, dass es im Hinblick auf die Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten unmöglich sei, den Stützgurt durch Gegenstandsmerkmale zu definieren, ohne den Schutzbereich über Gebühr einzuschränken.

Die Kammer kann diesem Argument nicht beipflichten. Die Funktion als Kompressionselement setzt keine spezifische Ausbildung des Stützgurts voraus, sondern nur eine spezifische Verwendung. Es ist für den Fachmann demnach nicht eindeutig erkennbar, wie sich ein Stützgurt durch den eine Zugkraft aufbringbar ist von einem Stützgurt, mit dem dies nicht möglich ist, strukturell unterscheiden soll.

3.7 Der Anspruch 1 des Hilfsantrags II erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ. Der Hilfsantrag II ist somit nicht gewährbar.

Hilfsantrag III

3.8 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III besteht aus der Kombination der Merkmale der Ansprüche 1 aus den Hilfsanträgen I und II, die sich gegenseitig nicht beeinflussen bzw. zusammenwirken. Diesbezüglich sind auch keine Argumente von den Parteien vorgetragen worden. Somit erfüllt der Anspruch 1 des Hilfsantrags III aus den obengenannten Gründen nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ. Der Hilfsantrag III ist daher nicht gewährbar.

4. Hilfsantrag XVII - Neuheit

4.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags XVII unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass folgende Merkmale am Ende des Anspruchs hinzugefügt wurden:

- wobei der Stützgurt (10) einen flexiblen, unelastischen Abschnitt (12) und einen parallel zu dem unelastischen Abschnitt (12) angeordneten elastischen Abschnitt (13) aufweist und der unelastische Abschnitt (12) an dem elastischen Abschnitt (13) befestigt ist.

4.2 Dieses Merkmal ist in D3/D3a nicht offenbart. Die Stützglieder 36 und 76 weisen keine parallel zu den elastischen Abschnitten angeordnete unelastische Abschnitte auf. Es ist nicht eindeutig und unmittelbar aus D3/D3a zu entnehmen, dass die Haken- und Schlaufenlappen der Figuren 3 und 8 unelastisch sind, selbst wenn die Haken mit den Schlaufen verbunden sind. Vielmehr bestehen die Stützglieder 36 und 76 aus elastischen Abschnitte, da sie "etwas Elastizität" (siehe z.B. Absätze [0049] und [0069] der D3) in der Richtung senkrecht zu den Längsachsen aufweisen. Auf die diesbezüglichen Argumente der Parteien wird nicht näher eingegangen, da der Gegenstand des Anspruchs 1 aus anderen Gründen nicht gewährbar ist.

4.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags XVII ist somit neu.

5. Zulassung von D85

5.1 Die Einsprechende 3 hat das Dokument D85 erstmals mit ihrer Beschwerdebegründung eingereicht, sodass sich die Frage stellt, ob dieses gemäß Artikel 12 (4) RPBA 2007 vom Verfahren auszuschließen sei.

5.2 In Reaktion auf die Einspruchsschrift und den Prioritätseinwand hat die Patentinhaberin im Einspruchsverfahren fünfzehn Hilfsanträge eingereicht, von denen keiner die mit dem Hilfsantrag XVII vorgenommene Änderung enthielt. Erst während der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren hat die Patentinhaberin in Reaktion auf einen Klarheitseinwand das Merkmal "parallel" zum Anspruch 1 eines weiteren Hilfsantrags hinzugefügt.

5.3 Die Einsprechende 3 konnte somit nicht damit rechnen, dass die Patentinhaberin dieses Merkmal in der mündlichen Verhandlung einführen werde. Erst in der mündlichen Verhandlung ergab sich daraus eine neue objektive technische Aufgabe gegenüber dem Stand der Technik.

5.4 Zwar besteht der Anspruch 1 des Hilfsantrags XVII lediglich aus einer Kombination der erteilten Ansprüche 1, 2 und 3, wie die Patentinhaberin ausführte, jedoch sind die Einsprechenden nicht verpflichtet, innerhalb der Einspruchsfrist alle möglichen Anspruchskombinationen mit ihren Entgegenhaltungen abzudecken. Die Patentschrift hat 13 abhängige Ansprüche, wobei nicht alle auf einen einzigen Anspruch rückbezogen sind. Es ergibt sich somit eine Vielzahl von Anspruchskombinationen, die von den Einsprechenden im Vorfeld nicht zumutbar abgedeckt werden konnten. Die erstmalige Vorlage der D85 mit der Beschwerdebegründung erscheint daher als gerechtfertigte Reaktion auf die Einreichung eines weiteren Hilfsantrags in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung.

5.5 Es gibt somit keinen Grund, D85 vom Verfahren auszuschließen (Artikel 12 (4) VOBK 2007).

6. Hilfsantrag XVII - erfinderische Tätigkeit

6.1 Wie im Punkt 4. diskutiert, offenbart D3/D3a mit dem Ausführungsbeispiel der Figur 9 alle Merkmale des Anspruchs 1 bis auf das Merkmal

- wobei der Stützgurt (10) einen flexiblen, unelastischen Abschnitt (12) und einen parallel zu dem unelastischen Abschnitt (12) angeordneten elastischen Abschnitt (13) aufweist und der unelastische Abschnitt (12) an dem elastischen Abschnitt (13) befestigt ist.

6.2 Dieses Merkmal erzielt im Vergleich zu dem aus D3/D3a bekannten Stützgurt eine Änderung des Dehnungsverhaltens. Wie aus Absatz [0016] des Patents ersichtlich ist, kann der unelastische Abschnitt die Dehnung des Stützgurts begrenzen, wenn der unelastische Abschnitt länger als der elastische Abschnitt ist. Falls der unelastische Abschnitt kleiner oder gleich groß wie der elastische Abschnitt ist, neutralisiert er den elastischen Abschnitt und ermöglicht ein reines unelastischen Verhalten dieses Abschnitts.

6.3 Dem Argument der Patentinhaberin, dass das Merkmal eine Überdehnung des elastischen Abschnitts verhindere, kann nicht gefolgt werden. Wie aus den Absätzen [0015] und [0016] ableitbar ist, muss der unelastische Abschnitt länger als der elastische Abschnitt sein, um diese spezifische Wirkung zu erzielen. Das Längenverhältnis zwischen unelastischem und elastischem Abschnitt ist im Anspruch jedoch nicht definiert.

6.4 Die Patentinhaberin argumentierte auch, dass, da dieses Langenverhältnis im Anspruch nicht definiert sei, das unterscheidende Merkmal je nach Längenverhältnis (länger, kürzer, gleich lang) drei verschiedene Wirkungen erziele und somit verschiedene objektive Aufgaben (Überdehnung verhindern bzw. die Elastizität justieren) löse.

Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt und findet, dass sich die objektive technische Aufgabe aus physikalischen, chemischen oder sonstigen Wirkungen ergeben muss, die unmittelbar und kausal mit den definierten technischen Merkmalen der beanspruchten Erfindung zusammenhängen. Wie unter Punkt 4.2 ausgeführt, offenbart D3/D3a überhaupt keinen parallel zu dem elastischen Abschnitt (12) angeordneten unelastischen Abschnitt, so dass die technische Wirkung ausschließlich auf das bloße Vorhandensein eines solchen unelastischen Abschnitts und nicht auf unterschiedliche Längen desselben zurückzuführen ist.

6.5 Darüber hinaus definiert der Anspruch kein Merkmal, das eine Durchtrennung des unelastischen Abschnitts und somit eine Justierung der Elastizität ermöglichen könnte.

6.6 Die objektive Aufgabe besteht somit darin, das Dehnungsverhalten des Stützgurts zu ändern.

6.7 Dem Argument der Patentinhaberin, wonach in Querrichtung in D3 keine Überdehnungsgefahr bestehe und somit der Fachmann keine unelastischen Abschnitte brauche, kann die Kammer nicht beipflichten.

Der Anspruch definiert keine Richtung für die Zugkraft des Stützgurts, so dass die objektive Aufgabe lediglich darin besteht, das Dehnungsverhalten des Stützgurtes im Allgemeinen zu ändern, und sich nicht auf eine spezifischere Dehnungsbegrenzung richtet. D3 sieht vor, die Elastizität des Stützgurtes anzupassen (siehe z.B. Absätze [0049] und [0069]), so dass der Fachmann eine Änderung des Dehnungsverhaltens des Stützgurtes der D3/D3a in Betracht ziehen würde.

6.8 D85 beschreibt auf Seite 8, Zeilen 10 bis 16, Zugbänder 1 mit Dehnungszonen 15, deren Dehnung begrenzt ist. Somit würde der Fachmann erkennen, dass D85 eine Möglichkeit der Änderung des Dehnverhaltens eines Zugbandes offenbart und somit eine Lösung zur objektiven Aufgabe darlegt.

6.9 D85 offenbart auf Seite 8, Zeilen 12 bis 16, einen dehnungsfreien Bandabschnitt, der dem im Anspruch 1 definierten unelastischen Abschnitt entspricht, und "parallel" zu einem elastischen Bandabschnitt angeordnet ist. Dieser dehnungsfreien Bandabschnitt gelangt erst "nach Übersteigen einer vorgegebenen Ausdehnung des elastischen Abschnitts zur Wirkung und [verhindert] eine weitere Ausdehnung". Somit ist es für den Fachmann offensichtlich, dass der dehnungsfreie Bandabschnitt (aus D85) an dem elastischen Abschnitt (13) befestigt sein muss.

6.10 Dem Argument der Patentinhaberin, wonach die Zielsetzung, Funktionsweise und Anordnung der Gurte in D85 so verschieden sei, dass der Fachmann eine Kombination mit D3/D3a nicht in Betracht ziehen würde, findet die Kammer nicht überzeugend.

D85 offenbart eine Stützvorrichtung in Form einer Thoraxbandage, die eine Erweiterung des Umfangs des Brustkorbs begrenzen soll. Diese Erweiterungsbegrenzung des Umfangs des Thoraxes funktioniert nach denselben Grundsätzen wie die Erweiterung in Querrichtung des Umfangs der Stützbandage eines Beines der D3/D3a.

Auf der Suche nach einer Lösung zur objektiven Aufgabe würde der Fachmann somit D85 zu Rate ziehen.

6.11 Die beanspruchte Stützbandage ergibt sich demnach in naheliegender Weise aus D3/D3a in Kombination mit D85. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags XVII beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ. Der Hilfsantrag XVII ist daher nicht gewährbar.

7. In Ermangelung eines Anspruchsatzes, der die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, ist das Patent daher zu widerrufen (Artikel 101 (3) b) EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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