T 0492/17 () of 2.7.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T049217.20200702
Datum der Entscheidung: 02 Juli 2020
Aktenzeichen: T 0492/17
Anmeldenummer: 09783537.5
IPC-Klasse: A01N25/02
A01N25/30
A01N43/56
A01N43/80
A01P13/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: ZUSAMMENSETZUNG ZUR VERBESSERUNG DER WIRKSAMKEIT VON HERBIZIDEN
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: Syngenta Crop Protection AG
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56 (2007)
European Patent Convention Art 123(2) (2007)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit
Änderungen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Entscheidung betrifft die ordnungsgemäß eingelegte Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung (angefochtene Entscheidung) über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 346 321 (Streitpatent).

II. In ihrer Einspruchsschrift hatte die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) den Widerruf des Streitpatents im gesamten Umfang basierend auf dem Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) beantragt.

III. Die angefochtene Entscheidung basiert auf dem erteilten Streitpatent (Hauptantrag) und dem in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Anspruchssatz des 1. Hilfsantrags. Die Einspruchsabteilung entschied insbesondere, dass der Gegenstand des für die vorliegende Entscheidung relevanten 1. Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D2 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit D5 und D8 beruht.

IV. Die folgenden Dokumente aus dem Verfahren vor der Einspruchsabteilung sind für die vorliegende Entscheidung relevant:

D2 US 4,834,908

D5 US 5,084,087

D8 Datenblatt "Edenor Ti 05"

V. Mit ihrer Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin weitere Dokumente zum Nachweis eines technischen Effekts ein. Da dieser Effekt in der Folge anerkannt wird, sind sie für die vorliegende Entscheidung nicht relevant.

VI. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens erging eine Mitteilung der Kammer nach Artikel 15(1) VOBK 2020 mit einer vorläufigen Stellungnahme zu bestimmten entscheidungserheblichen Punkten. Antragsgemäß wurden die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung geladen, an deren Ende der Vorsitzende den Tenor der vorliegenden Entscheidung verkündete.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents in geänderter Fassung basierend auf den Anspruchsätzen des Hauptantrags, hilfsweise des 1. bis 7. Hilfsantrags, Haupt- und 1. bis 3. sowie 5. bis 7. Hilfsantrag jeweils wie eingereicht mit ihrer Beschwerdebegründung, 4. Hilfsantrag wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VIII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden.

Die Zusammensetzung COC-3 aus D2 sei der nächstliegende Stand der Technik. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags und des 1. bis 4. Hilfsantrags würde sich zumindest hinsichtlich des Carbonsäurebestandteils der Esterkomponente (a) von dieser Zusammensetzung unterscheiden. Dies habe den technischen Effekt, dass die anspruchsgemäße Zusammensetzung eine höhere Stabilität bei niedriger Temperatur aufweise. Die objektive technische Aufgabe müsse folglich darin gesehen werden, die Zusammensetzung COC-3 dahingehend zu verbessern, dass sie eine höhere Stabilität bei niedriger Temperatur habe. D2 habe dieses Problem schon durch den Zusatz von Isooctanol gelöst. Der Fachmann habe daher keine Veranlassung gehabt, über diese in D2 vorgeschlagene Lösung hinaus nach Möglichkeiten zu suchen, die Stabilität bei niedriger Temperatur zu verbessern. Auch eine Kombination mit D5 könne den beanspruchten Gegenstand nicht nahelegen. Die in D5 beschriebenen Zusammensetzungen seien gänzlich verschieden von denen der D2. Ein Fachmann habe daher nicht erwarten können, dass die in D5 nur in einem sehr speziellen Zusammenhang offenbarte Lehre auch auf die Zusammensetzungen der D2 anwendbar sei. Hinzu komme, dass auch die Zusammensetzungen der D2 sehr komplex seien. Schließlich sei auch die Begründung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung falsch. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags sei daher erfinderisch.

In Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags sei die Menge des anionischen Tensids (b) ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal in Bezug auf die Zusammensetzung COC-3. In bevorzugten Ausführungsformen würden die Zusammensetzungen der D2 weniger anionisches Tensid enthalten als die Zusammensetzung von Anspruch 1. Schließlich seien auch in D5 die Mengen an anionischem Tensid deutlich geringer als in der Zusammensetzung von Anspruch 1. Der Gegenstand von Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die in Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags vorgenommene Einschränkung bezüglich der Struktur des anionischen Tensids trage nicht zur Abgrenzung von D2 bei, wohl aber von D5. Dadurch werde noch einmal deutlich, dass Anspruch 1 auf gänzlich andere Zusammensetzungen abstelle als D5. Der Gegenstand von Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags sei daher erfinderisch.

Weder D2 noch D5 würden Estergemische offenbaren, bei denen wenigstens 10 Gew.-% der C18-Carbonsäuren zweifach ungesättigt seien. Der Gegenstand von Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags beruhe demnach auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der beanspruchte Gegenstand des 4. Hilfsantrags sei unmittelbar und eindeutig in der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung offenbart. Dass die Zusammensetzung nun aus den Komponenten (a) bis (e) bestehe, könne daraus abgeleitet werden, dass die ursprünglich eingereichte Anmeldung in dem die Zusammensetzung von Anspruch 1 betreffenden Teil keine weiteren möglichen Komponenten erwähne und dass die Komponente (e) "ad 100 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponenten (a), (b), (c), (d) und (e)" enthalten sei. Die Zusammensetzung des einzigen erfindungsgemäßen Beispiels liefere einen zusätzlichen Hinweis darauf. Der Gegenstand von Anspruch 1 und der von ihm abhängigen Ansprüche 2 bis 9 sei auch erfinderisch, da der Fachmann entgegen der Lehre der D2 Isooctanol aus der Zusammensetzung COC-3 streichen müsste, um zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen.

IX. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden.

Die Zusammensetzung COC-3 aus D2 sei der nächstliegende Stand der Technik für Anspruch 1 des Hauptantrags und des 1. bis 4. Hilfsantrags. Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheide sich von dieser Zusammensetzung nur hinsichtlich der Esterkomponente (a). D5 offenbare den Einsatz eines 8:2 Gemisches aus Methyloleat und Methylpalmitat zur Erhöhung der Stabilität bei niedriger Temperatur. Ferner könnten diesem Gemisch laut D5 beispielsweise noch C1-C4-Alkylester von Stearin-, Linol- und Lionolensäure zugesetzt werden. Diese Lehre sei in D5 in allgemeiner Form offenbart und insbesondere ohne jeglichen Bezug zu den weiteren Inhaltsstoffen der Zusammensetzungen der D5. Für den Fachmann habe daher kein Grund bestanden anzunehmen, dass die Anwendung der Lehre der D5 auf die Zusammensetzung COC-3 nicht zu einer Erhöhung ihrer Stabilität bei niedriger Temperatur führe sollte.

Die Variation der Mengen des anionischen Tensids (b) (1. Hilfsantrag) bzw. der doppelt ungesättigten C18-Carbonsäure in der Esterkomponente (a) (3. Hilfsantrag) bedürfe keiner erfinderischen Tätigkeit. Die Änderung in Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags führe nicht zu einem zusätzlichen Unterscheidungsmerkmal im Vergleich zur Zusammensetzung COC-3. Dass die Zusammensetzung von Anspruch 1 des 4. Hilfsantrags aus den Komponenten (a) bis (e) bestehe, könne keine erfinderische Tätigkeit begründen.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

1. Der vorliegende Hauptantrag entspricht dem der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden 1. Hilfsantrag.

2. Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut (die Aufteilung des Wortlauts der Komponente (a) in die Untermerkmale (a-i) bis (a-iv) wurde zwecks einfacherer Bezugnahme von der Kammer hinzugefügt):

"Zusammensetzung, enthaltend

(a) 20 bis 60 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der

Komponenten (a), (b), (c), (d) und (e), wenigstens eines C1-C4-Alkylesters wenigstens einer aliphatischen C14-C22-Carbonsäure,

(a-i) wobei die wenigstens eine Carbonsäure zu wenigstens 70 Gew.-% aus aliphatischen Carbonsäuren mit 18 Kohlenstoffatomen besteht,

(a-ii) wobei die aliphatischen Carbonsäuren mit 18 Kohlenstoffatomen der Komponente (a) ausgewählt sind unter gesättigten C18-Carbonsäuren, einfach ungesättigten C18-Carbonsäuren, zweifach ungesättigten C18-Carbonsäuren, dreifach ungesättigten C18-Carbonsäuren und Gemischen davon,

(a-iii) wobei es sich bei den aliphatischen Carbonsäuren mit 18 Kohlenstoffatomen der Komponente (a) um ein Gemisch aus wenigstens einer gesättigten C18-Carbonsäure, wenigstens einer einfach ungesättigten C18-Carbonsäure, wenigstens einer zweifach ungesättigten C18-Carbonsäure und wenigstens einer dreifach ungesättigten C18-Carbonsäure handelt,

(a-iv) wobei das Gemisch der C18-Carbonsäuren die wenigstens eine einfach ungesättigte C18-Carbonsäure in einer Menge von wenigstens 60 Gew.-% bezogen auf das Gesamtgewicht des Gemischs enthält;

(b) 10 bis 40 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponenten (a), (b), (c), (d) und (e), wenigstens eines anionischen Tensids, das ausgewählt ist unter den Veresterungsprodukten von monohydroxyfunktionellen Alkylpolyethern mit anorganischen mehrprotonigen Säuren;

(c) 2 bis 15 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponenten (a), (b), (c), (d) und (e), wenigstens einer aliphatischen C14-C22-Carbonsäure;

(d) 0 bis 0,5 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponenten (a), (b), (c), (d) und (e), gegebenenfalls wenigstens eines Entschäumers; und

(e) wenigstens ein aromatisches Lösungsmittel ad 100 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponenten (a), (b), (c), (d) und (e)."

Laut Streitpatent (Absätze [0053] und [0063]) handelt es sich bei der Zusammensetzung von Anspruch 1 um eine Booster-Zusammensetzung. Eine solche Zusammensetzung verbessert bei ihrer Anwendung zusammen mit einem Herbizid dessen Wirkung. Insbesondere enthält diese Zusammensetzung als Komponente (a) einen C1-C4-Alkylester einer aliphatischen C14-C22-Carbonsäure. Der auf die Carbonsäure zurückzuführende Teil dieser Esterkomponente wird durch die Merkmale (a-i) bis (a-iv) näher bestimmt.

3. Auch D2 (Spalte 1, Zeilen 6 bis 12) betrifft Zusammensetzungen, welche die Wirkung von Herbiziden verbessern. Zwischen den Parteien herrschte Einigkeit darüber, dass die in D2 beschriebene Zusammensetzung des "crop oil concentrate 3" (D2: Spalte 5, Zeilen 17 bis 36), in der Folge abgekürzt als "COC-3", den nächstliegenden Stand der Technik für den Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags darstellt. Die Kammer sah keine Veranlassung, von dieser einhelligen Auffassung abzuweichen.

4. Die Zusammensetzung COC-3 besteht aus den folgenden Komponenten (A) bis (E):

(A) 30.0 Gew.-% "C-65 ® methylester", ein ca. 1:1

Gemisch aus Methyloleat und Methylpalmitat

(B) 15.0 Gew.-% "Klearfac ® AA270", ein von einem

nichtionischen Polyether mit einer

Molekularmasse von ca. 800 Da abgeleitetes

Phosphatester-Tensid

(C) 5.0 Gew.-% Ölsäure

(D) 35.0 Gew.-% "Aromatic ® 150 solvent", ein

aromatisches Lösungsmittelgemisch

(E) 15.0 Gew.-% Isooctanol.

Bei dem in der Komponente (A) enthaltenen Methyloleat und bei Methylpalmitat handelt es sich um Methylester (d. h. C1-Alkylester) zweier Fettsäuren, d. h. aliphatischer Carbonsäuren, nämlich der Ölsäure (C18) bzw. Palmitinsäure (C16). Das in der Zusammensetzung COC-3 als Komponente (A) enthaltene ca. 1:1 Gemisch dieser beiden Ester entspricht somit der Komponente (a) in Anspruch 1.

Da diese beiden Ester in einem ungefähren Verhältnis von 1:1 vorliegen, beträgt der Anteil von Ölsäure ungefähr 50 Gew.-%, bezogen auf die Summe beider Fettsäuren und ist damit geringer als die in Anspruch 1 geforderte Mindestmenge von 70 Gew.-% für die aliphatischen Carbonsäuren mit 18 Kohlenstoffatomen, vgl. Merkmal (a-i) in Anspruch 1. Ölsäure ist eine einfach ungesättigte C18-Carbonsäure, vgl. Merkmal (a-ii) in Anspruch 1. Im Unterschied zu Merkmal (a-iii) in Anspruch 1 sind in der Zusammensetzung COC-3 keine gesättigte, keine zweifach ungesättigte und auch keine dreifach ungesättigte C18-Carbonsäure(n) enthalten. Da Ölsäure die einzige C18-Carbonsäure in diesem Gemisch ist, beträgt deren Menge bezogen auf das Gemisch der C18-Carbonsäuren 100 Gew.-%, vgl. Merkmal (a-iv) in Anspruch 1.

Zwischen den Parteien war unstrittig,

- dass es sich bei dem Phosphatester-Tensid (B) der Zusammensetzung COC-3 um ein anionisches Tensid gemäß (b) in Anspruch 1 handelt,

- dass die in der Zusammensetzung COC-3 in freier, d. h. unveresterter, Form enthaltene Ölsäure (C) der Komponente (c) in Anspruch 1 entspricht,

- dass die Zusammensetzung COC-3 keine Komponente enthält, welche dem optionalen Entschäumer (d) in Anspruch 1 entspricht, und

- dass das in der Zusammensetzung COC-3 enthaltene aromatische Lösungsmittelgemisch (D) der Komponente (e) in Anspruch 1 entspricht.

Des Weiteren fordert Anspruch 1, dass die Komponenten (a) bis (e) in einer bestimmten Menge "bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponenten (a), (b), (c), (d) und (e)" enthalten sind. Zum Vergleich der Zusammensetzung COC-3 mit Anspruch 1 hinsichtlich dieser Gehaltsangabe müssen daher die Mengen derjenigen Komponenten der Zusammensetzung COC-3, welche den Komponenten (a) bis (e) in Anspruch 1 entsprechen, noch auf ihr Gesamtgewicht bezogen umgerechnet werden.

Wie oben erläutert

- entsprechen die Komponenten (A), (B), (C) und (D) der Zusammensetzung COC-3 den Komponenten (a), (b), (c) und (e) in Anspruch 1,

- ist in der Zusammensetzung COC-3 keine Komponente (d) gemäß Anspruch 1 enthalten.

Mithin muss also noch jeweils die Menge der Komponenten (A), (B), (C) und (D) auf ihr Gesamtgewicht (85 Gew.-%) bezogen werden. Die Zusammensetzung COC-3 enthält somit, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponenten (A), (B), (C) und (D),

- 35,3 Gew.-% der Komponente (A)

- 17,7 Gew.-% der Komponente (B)

- 5,9 Gew.-% der Komponente (C)

- 41,2 Gew.-% der Komponente (D).

Somit erfüllt also die Zusammensetzung COC-3 jede der bei den Komponenten (a) bis (e) in Anspruch 1 angegebenen Mengenvorgaben.

Zusammengefasst unterscheidet sich also die Zusammensetzung von Anspruch 1 nur hinsichtlich der Merkmale (a-i) und (a-iii) von der Zusammensetzung COC-3, nämlich dadurch, dass die Carbonsäure des C1-C4-Alkylesters der aliphatischen C14-C22-Carbonsäure

- zu wenigstens 70 Gew.-% aus aliphatischen Carbonsäuren mit 18 Kohlenstoffatomen besteht (Merkmal (a-i)),

- des Weiteren noch wenigstens eine gesättigte C18-Carbonsäure, wenigstens eine zweifach ungesättigte C18-Carbonsäure und wenigstens eine dreifach ungesättigte C18-Carbonsäure umfasst (Merkmal (a-iii)).

Die obige Analyse wurde von der Kammer zu Beginn der mündlichen Verhandlung ausgeführt und von keiner der Parteien bestritten.

5. Laut der Beschwerdeführerin seien die obigen zwei Unterscheidungsmerkmale mit dem technischen Effekt verbunden, dass die anspruchsgemäße Zusammensetzung bei niedrigen Temperaturen vollständig flüssig bleibe und dass keine Präzipitatbildung zu beobachten sei, dass sie also eine erhöhte Stabilität bei niedriger Temperatur aufweise. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.

Die Beschwerdeführerin argumentierte ferner, dass das Problem der Stabilität bei niedriger Temperatur im nächstliegenden Stand der Technik D2 durch den Zusatz von Isooctanol schon gelöst worden sei. Diesem Argument folgend ist die objektive technische Aufgabe darin zu sehen, eine weitere Zusammensetzung mit verbesserter Stabilität bei niedriger Temperatur bereitzustellen.

6. Da die Zusammensetzung COC-3 der D2 bereits eine verbesserte Stabilität bei niedriger Temperatur aufweise, habe der Fachmann gemäß der Beschwerdeführerin keine Veranlassung gehabt, über die in D2 vorgeschlagene Lösung hinaus nach Möglichkeiten zu suchen, die Stabilität bei niedriger Temperatur zu verbessern. Dieses Argument überzeugt nicht, da es einzig den nächstliegenden, nicht aber den übrigen, Stand der Technik berücksichtigt. So ist es beispielsweise sehr wohl denkbar, dass eine Erfindung, welche eine alternative Lösung eines im nächstliegenden Stand der Technik schon gelösten Problems darstellt, unter Hinzuziehung von weiterem Stand der Technik dennoch als naheliegend zu bewerten ist.

7. Ein solcher weiterer Stand der Technik ist vorliegend D5. Auch D5 (Spalte 1, Zeilen 9 bis 15) betrifft Zusammensetzungen, die die Wirksamkeit von Herbiziden verbessern. D5 liegt somit auf dem gleichen technischen Gebiet wie D2.

7.1 Ein wesentlicher Bestandteil der Zusammensetzungen der D5 sind Ester, welche aus Fettsäuren und niederen Alkoholen gebildet sind (Anspruch 1: "lower alkanol [ester] of a fatty acid"). Bezüglich dieser Komponente führt D5 aus (Spalte 4, Zeile 57 bis Spalte 5, Zeile 6; Hervorhebungen hinzugefügt):

"In order to improve the low temperature stability, it is desirable that a goodly portion of the lower alkanol ester comprise methyloleate or another alkanol ester with a low freezing point and/or high low temperature solubility in other system components. Unfortunately, the use of methyloleate along [sic] renders the formulation less bioactive then when the preferred mixtures of methyloleate and methylpalmitate are used. Thus the most preferred embodiment utilizes a mixture containing approximately 60 weight percent methyl oleate and approximately 40 weight percent of a commercially available mixture containing approximately 50 percent each of methyloleate and methylpalmitate."

Somit erfährt der Fachmann aus D5 zum einen, dass der Einsatz von niederen Alkohol-Fettsäureestern zu Stabilitätsproblemen bei niedriger Temperatur führt, wenn diese einen zu hohen Schmelzpunkt und/oder eine zu geringe Löslichkeit bei niedriger Temperatur aufweisen. Zum anderen bietet ihm D5 gleichfalls eine Lösung für dieses Problem an. Diese besteht im Einsatz einer Mischung aus 60 Gew.-% Methyloleat und 40 Gew.-% eines ca. 1:1 Gemisches aus Methyloleat und Methylpalmitat als niederen Alkohol-Fettsäureester. Eine solche Mischung enthält 80 Gew.-% Methyloleat und 20 Gew.-% Methylpalmitat. Konfrontiert mit der objektiven technischen Aufgabe, eine weitere Zusammensetzung mit verbesserter Stabilität bei niedriger Temperatur bereitzustellen, hätte der Fachmann also das in dieser enthaltene ca. 1:1-Gemisch von Methyloleat und Methylpalmitat durch das in D5 beschriebene 8:2-Gemisch dieser beiden Ester ersetzt. Ein solches 8:2 Gemisch aus Methyloleat und Methylpalmitat erfüllt, wie auch ihr 1:1 Gemisch, die Merkmale (a-ii) und (a-iv) von Anspruch 1. Darüber hinaus erfüllt das 8:2 Gemisch auch das Merkmal (a-i) von Anspruch 1.

Ferner offenbart D5 (Spalte 4, Zeilen 38 bis 49), dass beispielsweise auch C1-C4-Alkylester von Stearinsäure (eine gesättigte C18-Carbonsäure), Linolsäure (eine zweifach ungesättigte C18-Carbonsäure) und Linolensäure (eine dreifach ungesättigte C18-Carbonsäure) als niederer Alkohol-Fettsäureester oder als dessen Bestandteile eingesetzt werden können. Diese Verbindungen hätte der Fachmann daher der 8:2 Mischung von Methyloleat und Methylpalmitat zugesetzt. Durch den Zusatz eines C1-C4-Alkylesters von Stearinsäure, Linolsäure und Linolensäure würde somit auch das Merkmal (a-iii) in Anspruch 1 verwirklicht. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass von der Beschwerdeführerin kein Effekt geltend gemacht wurde, der dem Zusatz dieser niederen Alkohol-Fettsäureester zugrunde liegen würde. Somit stellt deren Zusatz lediglich ein Hinzufügen beliebiger weiterer Komponenten dar, der, wie oben gezeigt, durch D5 selbst nahegelegt wird.

7.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Zusammensetzungen der D2 grundlegend von denen der D5 verschieden seien. Insbesondere würden die Zusammensetzungen der D5

- wesentlich mehr niederen Alkohol-Fettsäureester,

- wesentlich weniger anionisches Tensid, und

- überhaupt keine aliphatische C14-C22-Carbonsäure

enthalten. Darüber hinaus seien auch die in D2 beschriebenen Zusammensetzungen sehr komplex. Daher könne "[e]in Fachmann [...] nicht erwarten, dass der Ersatz des Fettsäurealkylesters in der Formulierung COC-3 der D2 [durch das in der D5 beschriebene 8:2 Gemisch aus Methyloleat und Methylpalmitat] ebenfalls zu einer verbesserten Niedrigtemperaturstabilität führt" (Schriftsatz vom 30. April 2020, Seite 3, Absatz 3; Einfügung in eckigen Klammern durch die Kammer). Dies ist nicht überzeugend. Die technische Lehre der D5 (vgl. Auszug oben) führt die bei den Zusammensetzungen der D5 beobachtete geringe Stabilität bei niedriger Temperatur eindeutig auf den in ihnen enthaltenen niederen Alkohol-Fettsäureester zurück. In Anbetracht dieser allgemeinen Lehre sind, abgesehen von den einander entsprechenden Esterkomponenten in D2 und D5, für den Fachmann die Art und Menge der weiteren Komponenten der in diesen Dokumenten beschriebenen Zusammensetzungen nicht relevant. Konfrontiert mit der obigen objektiven technischen Aufgabe hätte der Fachmann daher die den niederen Alkohol-Fettsäureester betreffende Lehre der D5 auf die Zusammensetzungen der D2 angewendet. Selbst wenn, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, die Zusammensetzungen der D5 im Vergleich zu denen der D2 einen höheren Gehalt entsprechender Ester aufweisen sollten, so könnte dies höchstens bedeuten, dass die Stabilität der Zusammensetzungen der D5 bei niedriger Temperatur (noch) geringer ist als die der D2. Eine vorgeschlagene Maßnahme zur Lösung eines Problems, nämlich der Einsatz eines 8:2 Gemisches aus Methyloleat und Methylpalmitat zur Erhöhung der Stabilität bei niedriger Temperatur (D5), hätte den Fachmann jedoch nicht davon abgehalten, eben diese Maßnahme auch auf Zusammensetzungen anzuwenden, welche von diesem Problem auch aber nur in geringerem Ausmaß betroffen sind, nämlich auf die Zusammensetzungen der D2, die im Vergleich zu denen der D5 vielleicht eine erhöhte aber immer noch nicht zufriedenstellende Stabilität bei niedriger Temperatur aufweisen.

7.3 Die Einspruchsabteilung befand den Gegenstand von Anspruch 1 für nicht erfinderisch, weil der Fachmann das in D5 offenbarte 8:2 Gemisch aus Methyloleat und Methylpalmitat als gleichwertig angesehen hätte zu dem in D8 offenbarten Produktgemisch Edenor Ti 05, welches neben Methyloleat auch Methylstearat, Methyllinolat und Methyllinolenat enthält. Er hätte somit ersteres gegen letzteres ausgetauscht. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die von der Einspruchsabteilung gegebene Begründung für diese Gleichwertigkeit jedoch falsch sei (Beschwerdebegründung, Punkt 1. auf Seite 4 f.).

Wie oben ausgeführt, folgt in naheliegender Weise schon aus der D5 alleine, dass dem darin als bevorzugt beschriebenen 8:2 Gemisch aus Methyloleat und Methylpalmitat C1-C4-Alkylester von Stearin-, Linol- und Linolensäure zugesetzt werden können. Die Frage und damit auch das darauf basierende Argument der Beschwerdeführerin, ob der Fachmann das in D5 offenbarte 8:2 Gemisch als gleichwertig zu dem Produktgemisch der D8 eingestuft hätte, ist daher für die obige Argumentation und damit die vorliegende Entscheidung nicht von Relevanz.

7.4 Zusammengefasst beruht der Gegenstand von Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Hauptantrag ist demnach nicht gewährbar.

1. Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

8. Von den Parteien wurde nach wie vor die Zusammensetzung COC-3 der D2 als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Die Kammer sieht keinen Grund, von dieser Auffassung abzuweichen.

9. Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags lediglich dadurch, dass die den Komponenten (a), (b) und (c) zugeordneten Mengenbereiche wie folgt weiter beschränkt sind:

"Zusammensetzung, enthaltend

(a) [deleted: 20] 35 bis [deleted: 60] 40 Gew.-% [...]

(b) [deleted: 10] 20 bis [deleted: 40] 25 Gew.-% [...]

(c) [deleted: 2] 3 bis [deleted: 15] 7 Gew.-% [...]."

10. Wie oben ausgeführt, entsprechen die Komponenten (A) und (C) der Zusammensetzung COC-3 den Komponenten (a) bzw. (c) in Anspruch 1. Bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponenten (A), (B), (C) und (D) sind die Komponenten (A) und (C) in einer Menge von 35,3 bzw. 5,9 Gew.-% enthalten, siehe oben. Diese Werte sind somit nach wie vor anspruchsgemäß.

Die Komponente (B) hingegen, welche der Komponente (b) in Anspruch 1 entspricht, ist mit 17,7 Gew.-% bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponenten (A), (B), (C) und (D), in einer nicht mehr anspruchsgemäßen Menge enthalten. Neben den oben schon formulierten Unterscheidungsmerkmalen zwischen Anspruch 1 des Hauptantrags und der Zusammensetzung COC-3 stellt somit nur die Menge der Komponente (b) in Anspruch 1 ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal dar.

11. Bezüglich dieses zusätzlichen Unterscheidungsmerkmals wurde von der Beschwerdeführerin kein technischer Effekt geltend gemacht. Der Kammer ist ein solcher auch nicht ersichtlich.

Die objektive technische Aufgabe kann somit weiterhin darin gesehen werden, eine weitere Zusammensetzung mit verbesserter Stabilität bei niedriger Temperatur bereitzustellen.

12. Die Lösung dieser objektiven technischen Aufgabe durch den Gegenstand von Anspruch 1 ist aus den folgenden Gründen naheliegend.

Wie oben ausgeführt enthält die Zusammensetzung COC-3 die der Komponente (b) in Anspruch 1 entsprechende Komponente (B) in einer Menge von 17,7 Gew.-%. Diese Menge ist nur geringfügig kleiner als die für die Komponente (b) in Anspruch 1 angegebene Untergrenze von 20 Gew.-%. Eine solch geringfügige Variation der Menge des anionischen Tensids wird ohne einen damit verbundenen technischen Effekt nicht als erfinderisch angesehen. Insbesondere ist eine solche Variation aufgrund des Fehlens eines damit verbundenen Effekts willkürlich, und gehört eine solche willkürliche Variation des Gehaltes einer Komponente zur Routinetätigkeit des Fachmanns. Hinzu kommt, dass D2 (Spalte 4, Zeilen 12 bis 18) in ihrer allgemeinsten Lehre im Gemisch der Komponenten (A), (B), (C) und (D) Mengen an anionischem Tensid von 2 bis 20 Gew.-% vorsieht, also einen Mengenbereich, der sich mit dem für die Komponente (b) in Anspruch 1 überschneidet. Zwar ist, wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, diese Überschneidung von Mengenbereichen bei den sukzessive bevorzugteren Ausführungsformen der D2 nicht mehr gegeben (beispielsweise D2: Spalte 4, Zeilen 19 bis 22: 2 bis 10 Gew.-% anionisches Tensid), doch werden in D2 diese sukzessiven Beschränkungen nicht mit einem technischen Effekt in Verbindung gebracht, d. h. insbesondere nicht mit einem positiven Effekt auf die Stabilität der Zusammensetzungen bei niedriger Temperatur, welcher den Fachmann davon hätte abhalten können, die allgemeinste Lehre der D2 in Betracht zu ziehen. Somit ist die anspruchsgemäße Menge der Komponente (b) durch D2 selbst nahegelegt.

Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher nicht erfinderisch und der 1. Hilfsantrag nicht gewährbar.

2. Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

13. Von den Parteien wurde nach wie vor die Zusammensetzung COC-3 der D2 als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Die Kammer sieht keinen Grund, von dieser Auffassung abzuweichen.

14. Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags lediglich dadurch, dass das anionische Tensid der Komponente (b) nun strukturell enger definiert ist und "ausgewählt ist unter Phosphorsäureestern wenigstens eines monohydroxyfunktionellen Alkylpolyethers, wobei der wenigstens eine Phosphorsäureester wenigstens eines monohydroxyfunktionellen Alkylpolyethers ausgewählt ist unter Phosphorsäurehalbestern von wenigstens einem monohydroxyfunktionellen Alkylpolyether, der durch Oxyalkylierung von C10-C30-Alkanolen mit wenigstens einem C2-C4-Alkylenoxid erhältlich ist".

15. In der mündlichen Verhandlung erkannte die Beschwerdeführerin an, dass das in der Zusammensetzung COC-3 eingesetzte anionische Tensid Klearfac**(®) AA270 unter die strukturelle Definition für das anionische Tensid in Anspruch 1 fällt. Somit führt obige Beschränkung nicht zu einem zusätzlichen Unterscheidungsmerkmal im Vergleich zur Zusammensetzung COC-3. Obige Erwägungen bezüglich Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags gelten daher in gleicher Weise für Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags. Selbst wenn, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, obige Beschränkung eine weitere Abgrenzung von D5 bewirkt, ist dies für die Anwendbarkeit der obigen Erwägungen ohne Belang, da - wie oben ausgeführt - die Lehre der D5 bzgl. der niederen Alkohol-Fettsäureester allgemein ist und insbesondere als unabhängig von den anderen Komponenten der Zusammensetzungen der D5 formuliert ist.

3. Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

16. Von den Parteien wurde nach wie vor die Zusammensetzung COC-3 der D2 als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Die Kammer sieht keinen Grund, von dieser Auffassung abzuweichen.

17. Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags lediglich dadurch, dass der auf die Carbonsäure zurückzuführende Teil der Esterkomponente (a) durch das folgende Merkmal weiter beschränkt ist (durch Fettdruck hervorgehoben):

"(a-iv) wobei das Gemisch der C18-Carbonsäuren

die wenigstens eine einfach ungesättigte C18-Carbonsäure in einer Menge von wenigstens 60 Gew.-% bezogen auf das Gesamtgewicht des Gemischs,

die wenigstens eine zweifach ungesättigte C18-Carbonsäure in einer Menge von wenigstens 10 Gew.-% bezogen auf das Gesamtgewicht des Gemischs,

enthält".

Soweit also die Esterkomponente (a) aus C18-Carbonsäuren gebildet ist, muss ihr Carbonsäurebestandteil nicht nur wenigstens 60 Gew.-% einer einfach ungesättigten C18-Carbonsäure enthalten, sondern darüber hinaus auch noch wenigstens 10 Gew.-% einer zweifach ungesättigten C18-Carbonsäure, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht des Gemischs der C18-Carbonsäuren.

18. Bezüglich dieses zusätzlichen Unterscheidungsmerkmals wurde von der Beschwerdeführerin kein technischer Effekt geltend gemacht. Der Kammer ist ein solcher auch nicht ersichtlich.

Die objektive technische Aufgabe kann somit weiterhin darin gesehen werden, eine weitere Zusammensetzung mit verbesserter Stabilität bei niedriger Temperatur bereitzustellen.

19. Die Lösung dieser objektiven technischen Aufgabe durch den Gegenstand von Anspruch 1 ist aus den folgenden Gründen naheliegend.

Wie oben schon im Hinblick auf Anspruch 1 des Hauptantrags ausgeführt, wäre es für den Fachmann ausgehend von D2 naheliegend gewesen, das in der Zusammensetzung COC-3 eingesetzte ca. 1:1 Gemisch aus Methyloleat und Methylpalmitat gegen ein 8:2 Gemisch dieser beiden Ester zu ersetzen, dem noch C1-C4-Alkylester von Stearinsäure, Linolsäure und Linolensäure zugesetzt worden sind. Ohne einen damit verbundenen Effekt ist die Variation des Gehalts beispielsweise von Methyllinolat in diesem Gemisch willkürlich. Eine solche willkürliche Variation des Gehaltes einer Komponente gehört zur Routinetätigkeit des Fachmanns. Durch diese willkürliche Variation würde der Fachmann im Rahmen seiner Routinetätigkeit unweigerlich zu einer Zusammensetzung gelangen, die in den Gegenstand von Anspruch 1 fällt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht demnach nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und der 3. Hilfsantrag ist nicht gewährbar.

4. Hilfsantrag - Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

20. Anspruch 1 und die von ihm abhängigen Ansprüche 2 bis 9 betreffen eine Booster-Zusammensetzung, die also bei ihrer Anwendung zusammen mit Herbiziden die Wirkung von letzteren verbessert. Davon zu unterscheiden ist das herbizide Mittel gemäß der Ansprüche 10 bis 15. Dieses enthält neben der Booster-Zusammensetzung noch wenigstens ein Herbizid.

Anspruch 1 basiert auf einer Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 5, 6 und 7. Im Vergleich zum ursprünglich eingereichten Anspruch 7 ist in Anspruch 1 die Mengenuntergrenze der einfach ungesättigten C18-Carbonsäure nach unten verschoben (ursprünglich eingereichter Anspruch 7: wenigstens 70 Gew.%; Anspruch 1: wenigstens 60 Gew.%). Eine Basis dafür findet sich in der ursprünglich eingereichten Anmeldung auf Seite 6, Zeilen 27 bis 38. Des Weiteren sind die Mengen der Komponenten (a) bis (e) eingeschränkt, vgl. die ursprünglich eingereichte Anmeldung Seite 11, Zeilen 21 bis 32. Im Vergleich zu diesen Textstellen in der ursprünglich eingereichten Anmeldung ist die Zusammensetzung von Anspruch 1 des Weiteren dahingehend beschränkt, dass sie zwingend aus den angegebenen Komponenten (a) bis (e) besteht. Für diese Beschränkung findet sich in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen keine wortwörtliche Basis. In dem die Booster-Zusammensetzung von Anspruch 1 betreffenden Teil der ursprünglich eingereichten Beschreibung (Seite 2, Zeile 4 bis Seite 13, Zeile 38) werden jedoch lediglich die Komponenten (a) bis (e) in Anspruch 1 aufgezählt und beschrieben, nicht hingegen weitere der Booster-Zusammensetzung gegebenenfalls einzuverleibende Komponenten. Des Weiteren ist gemäß der ursprünglich eingereichten Anmeldung die Menge der Komponente (e) "ad 100 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponenten (a), (b), (c), (d) und (e)" zu wählen (Seite 11, Zeilen 21 bis 32). Der Fachmann entnimmt der ursprünglich eingereichten Anmeldung daher zumindest implizit, dass die darin beschriebene Booster-Zusammensetzung in einer bevorzugten Ausführungsform aus den angegebenen Komponenten (a) bis (e) bestehen soll. Einen zusätzlichen Hinweis eben darauf erhält der Fachmann auch aus der einzigen konkreten erfindungsgemäßen Booster-Zusammensetzung der ursprünglich eingereichten Anmeldung (Seite 30, Zeilen 36 ff.), da diese nur aus Verbindungen besteht, die den Komponenten (a) bis (e) in Anspruch 1 zugeordnet werden können.

Die Ansprüche 2 bis 9 basieren auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2, 4 und 9 bis 15.

Die auf die Booster-Zusammensetzung gerichteten Ansprüche 1 bis 9 des 4. Hilfsantrags erfüllen somit die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ.

Die Beschwerdegegnerin brachte gegen die auf das herbizide Mitte gerichteten Ansprüche 10 bis 15 und die Verwendungsansprüche 16 und 17 keine Einwände vor. Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass auch diese die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ erfüllen.

4. Hilfsantrag - Klarheit und Schutzbereich (Artikel 84 und 123 (3) EPÜ)

Die Beschwerdegegnerin hatte keine Einwände gegen die Ansprüche des 4. Hilfsantrags unter Artikel 84 und 123 (3) EPÜ. Der Kammer ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Ansprüche des 4. Hilfsantrags diese Erfordernisse des EPÜ nicht erfüllen sollten.

4. Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

21. Von den Parteien wurde nach wie vor die Zusammensetzung COC-3 der D2 als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Die Kammer sieht keinen Grund, von dieser Auffassung abzuweichen.

22. Anspruch 1 des 4. Hilfsantrags unterscheidet sich nur dadurch von Anspruch 1 des Hauptantrags, dass die Zusammensetzung aus den angegebenen Komponenten (a) bis (e) besteht.

Dies stellt in Bezug auf die Zusammensetzung COC-3 ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal dar, da diese Zusammensetzung mit der Komponente (E), Isooctanol, eine Verbindung enthält, die sich keiner der Komponenten (a) bis (e) in Anspruch 1 zuordnen lässt.

23. Bezüglich dieses zusätzlichen Unterscheidungsmerkmals wurde von der Beschwerdeführerin kein technischer Effekt geltend gemacht. Der Kammer ist ein solcher auch nicht ersichtlich.

Die objektive technische Aufgabe kann somit weiterhin darin gesehen werden, eine weitere Zusammensetzung mit verbesserter Stabilität bei niedriger Temperatur bereitzustellen. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten.

24. Der Gegenstand von Anspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Laut D2 erhöht die Komponente (D), das aromatische Lösungsmittelgemisch, die Stabilität der Zusammensetzung COC-3 bei niedriger Temperatur. Des Weiteren wird dieser Komponente (D) vorzugsweise ein darin löslicher Alkohol wie Isooctanol zugesetzt (obige Komponente (E)), um die physikalischen Eigenschaften der Komponente (D) zu erhalten oder zu verbessern (Spalte 3, Zeilen 38 bis 58; Hervorhebungen durch die Kammer hinzugefügt):

"Furthermore, at low temperatures, certain of the components of the concentrate may precipitate to some degree. Such low temperatures are often encountered in the northernly climates or in the early spring. Hence it is desirable that component (d), the hydrocarbon component, be added to decrease the viscosity of the concentrate and to help prevent component separation at low temperatures. [...] The hydrocarbon component may also contain up to about 30 percent by weight, preferrably from 10-30 percent by weight of a solvent soluble alcohol, for example isooctanol, to maintain or enchance [sic] the physical properties of the blend."

Konfrontiert mit der objektiven technischen Aufgabe gemäß Punkt 23, d. h. im Bestreben eine weitere Zusammensetzung mit verbesserter Stabilität bei niedriger Temperatur bereitzustellen, hätte der Fachmann nicht einfach eine Verbindung (Isooctanol) aus dieser Zusammensetzung gestrichen, die letzten Endes der Verbesserung der zur Erhöhung der Niedrigtemperaturstabilität zugesetzten Komponente dient. Somit wäre der Fachmann ausgehend von D2 nicht zum Anspruchsgegenstand gelangt. Von der Beschwerdegegnerin wurde auch kein weiterer Stand der Technik geltend gemacht, der ein Weglassen des in D2 offenbarten Isooctanols nahelegen würde.

Der Gegenstand von Anspruch 1 und der von ihm abhängigen Ansprüche 2 bis 9 beruht demnach auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Beschwerdegegnerin brachte keine Einwände unter Artikel 56 EPÜ hinsichtlich der weiteren Ansprüche 10 bis 17 des 4. Hilfsantrags vor. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der beanspruchte Gegenstand des 4. Hilfsantrags die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ erfüllt. Der 4. Hilfsantrag ist somit gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Ansprüchen und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche 1 bis 17 des 4. Hilfsantrags, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer.

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