European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T266916.20200122 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 22 Januar 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2669/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10000378.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | F04B 23/00 F04D 13/16 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Pumpeinrichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | HUSQVARNA AB | ||||||||
Name des Einsprechenden: | AL-KO Kober SE | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hilfsantrag (ja) Spät eingereichte Hilfsanträge - Antrag eindeutig gewährbar (ja) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja) Ausreichende Offenbarung - Hilfsantrag (ja) Änderungen - Offenbarung durch Zeichnung |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 7. November 2016, den Einspruch zurückzuweisen (Artikel 101 (2) EPÜ), weil
- der Gegenstand der Ansprüche 1 und 7 nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (Artikel 100 c) EPÜ);
- der Gegenstand des Anspruchs 1 so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann ihn ausführen könne (Artikel 100 b) EPÜ);
- der Gegenstand des Anspruchs 1 neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ).
Dabei berücksichtigte die Einspruchabteilung insbesondere folgende Dokumente:
E1.1: Kopie eines Katalogs 2004/2005
der AL-Ko Garden + Hobby
E1.2: Kopie einer Explosionszeichnung HWI 1001 INOX
der AL-KO Garten + Hobby
E2: DE 43 04 150 C1
E3: DE 299 09 020 U1.
II. Die Beschwerde der Einsprechenden ging am 12. Dezember 2016 ein.Die Beschwerdegebühr wurde am 13. Februar 2016 eingezahlt. Die Beschwerdebegründung folgte am 21. Februar 2017.
III. Zur Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung teilte die Kammer in einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2007 ihre vorläufige Meinung mit.
Die mündliche Verhandlung fand am 22. Januar 2020 in Anwesenheit aller Beteiligter statt.
IV. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und damit die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt oder hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form gemäß einem der Hilfsanträge 1 - 4, eingereicht mit ihrem Schreiben vom 19. Dezember 2019 oder gemäß einem der Hilfsanträge 5 - 16, eingereicht als Hilfsanträge 1 - 12 mit Schreiben vom 5. Juli 2017.
V. Die unabhängigen Ansprüche der für das Beschwerdeverfahren relevanten Anträge haben folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung von der Kammer hervorgehoben):
Hauptantrag (erteilte und im Einspruchsverfahren aufrechterhaltene Fassung)
"1. Pumpeinrichtung (1) mit einem Antriebsmotor (2) und einer damit gekoppelten Fluidpumpe (3), die ein Pumpengehäuse (42) mit zumindest jeweils einem saugseitigen Zulaufkanal (5) und einem druckseitigen Ablaufkanal (4) aufweist, und mit einem Druckbehälter (7), der kommunizierend mit dem Ablaufkanal (4) der Fluidpumpe (3) verbunden ist,
wobei wenigstens zwei Funktionsbaugruppen vorgesehen sind, in denen der Antriebsmotor (2) mit der Fluidpumpe (3) einerseits und der Druckbehälter (7) andererseits integriert sind,
und wobei die Funktionsbaugruppen räumlich kompakt zueinander angeordnet und miteinander verbunden sind,
dadurch gekennzeichnet,
dass die den Druckbehälter (7) umfassende Funktionsbaugruppe einen Rahmen (26, 27) aufweist, der den Druckbehälter formschlüssig umgibt,
wobei der Rahmen (26, 27) zumindest eine Standfläche (28) zum Stand des Druckbehälters auf dem Untergrund aufweist, sowie mit einer Montagefläche (29) zur Verbindung mit der die Fluidpumpe (3) umfassenden Funktionsbaugruppe versehen ist[deleted: , aufweist,]
[deleted: und] dass der Rahmen (26, 27) als Kunststoffspritzgussteil ausgeführt ist,
und dass sich die Montagefläche (29) frei zugänglich an der Außenseite des Rahmens (26,27) befindet."
"7. Funktionsbaugruppe, umfassend einen Druckbehälter, für eine Pumpeinrichtung nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Funktionsbaugruppe einen Rahmen (26, 27) aufweist, der den Druckbehälter formschlüssig umgibt,
wobei der Rahmen (26, 27) zumindest eine Standfläche (28) zum Stand des Druckbehälters auf dem Untergrund aufweist, sowie mit einer Montagefläche (29) zur Verbindung mit der die Fluidpumpe (3) umfassenden Funktionsbaugruppe versehen ist, dass der Rahmen (26, 27) als Kunststoffspritzgussteil ausgeführt ist,
und dass sich die Montagefläche (29) frei zugänglich an der Außenseite des Rahmens (26,27) befindet."
Hilfsantrag 1 wie Hauptantrag mit folgenden Änderungen
"1. .... formschlüssig umgibt,
dass der Rahmen aus einem Rahmenoberteil (26) und einem Rahmenunterteil (27) besteht,
wobei der Rahmen (26, 27) zumindest eine Standfläche (28) zum Stand des Druckbehälters auf dem Untergrund aufweist, sowie mit einer oben auf dem Rahmenoberteil (26) befindlichen, annähernd rechteckigen Montagefläche (29) zur Verbindung mit der die Fluidpumpe (3) ... "
Hilfsantrag 2 wie Hauptantrag mit folgenden Änderungen
"1. ... frei zugänglich an der Außenseite des Rahmens (26,27) befindet und
dass die Montagefläche an einem Rahmenoberteil (26) als Schnittstelle für einen Lagerschild (3) vorgesehen ist, und eine reproduzierbare Positionierung des Lagerschilds (30) durch Bereitstellung von formschlüssig wirkenden Positioniergeometrien ermöglicht."
"7. ... frei zugänglich an der Außenseite des Rahmens (26,27) befindet und
dass die Montagefläche an einem Rahmenoberteil (26) als Schnittstelle für einen Lagerschild (3) vorgesehen ist, und eine reproduzierbare Positionierung des Lagerschilds (30) durch Bereitstellung von formschlüssig wirkenden Positioniergeometrien ermöglicht."
VI. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende trägt im wesentlichen folgendes vor:
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 7 gemäß Hauptantrag ist unzulässig erweitert (Artikel 100c) EPÜ);
der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist nicht ausführbar, nicht neu und beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit im Lichte der E2, der E3 sowie allgemeinen Fachwissens (Artikel 100b), 100a) EPÜ).
Die Hilfsanträge 1 und 2 sind wegen Verspätung nicht zum Verfahren zuzulassen. Im übrigen leiden ihre Ansprüche unter den gleichen Mängeln wie die des Hauptantrags.
Die Beschwerdegegnerin-Pateninhaberin trägt im wesentlichen folgendes vor:
Die Ansprüche 1 und 7 des Hauptantrags seien nicht unzulässig geändert worden. Die Hilfsanträge 1 und 2 seien als angemessene Reaktion auf die vorläufige Meinung der Kammer zuzulassen. Die Ansprüche 1 und 7 des Hilfsantrags 2 erfüllten die Erfordernisse des EPÜ hinsichtlich Ausführbarkeit, Zulässigkeit von Änderungen, Neuheit und erfinderischer Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Gegenstand des Patents und der Erfindung
2.1 Das Patent befasst sich mit Hauswasserversorgung bzw. einem sog. "Hauswasserwerk". Ein solches weist zwei Funktionsbaugruppen auf, einen Druckbehälter und eine Motor-Fluidpumpen-Einheit oben auf dem Druckbehälter.
Der Stand der Technik kennt Modulbausysteme, die verschiedenartige, untereinander kombinierbare Funktionsbaugruppen umfassen (E3, Seite 3, dritter Absatz, Fig. 1). Um ihre Kombinierbarkeit sicherzustellen, weisen die Funktionsbaugruppen vereinheitlichte, jeweils aufeinander abgestimmte Montageflächen auf. Die Montagefläche der Druckbehälter-Funktionsbaugruppe befindet sich dabei oben auf dem Druckbehälter, der unten auf zwei Standfüßen steht.
2.2 Nach der Erfindung sollen insbesondere Montagefläche und Standfüße in einen im Kunststoffspritzguss gefertigten Rahmen integriert sein, der den Druckbehälter formschlüssig umgibt.
3. Hauptantrag - unzulässige Erweiterung
3.1 Unstreitig entstammen die im Erteilungsverfahren dem Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale "dass sich die Montagefläche (29) frei zugänglich an der Außenseite des Rahmens (26,27) befindet" weder den Ansprüchen, noch der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen, sondern sind allein Fig. 3 entnommen.
3.2 Im Gegensatz zur Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin kann die Kammer diese Merkmale der Montagefläche nicht eindeutig und unmittelbar isoliert in Fig. 3 erkennen, auch nicht in Zusammenschau mit der Gesamtoffenbarung.
Die Verbindung der beiden Funktionsbaugruppen wird in der Anmeldung zwar als wichtiger Aspekt der Erfindung dargestellt, siehe Offenlegungsschrift Absätze [0003], [0004]. Dabei stehen aber spezifische Merkmale zur Erzielung einer passgenauen und reproduzierbaren Verbindung im Fokus, wie Steckverbindungen für Fluidleitungen und formschlüssige Positioniergeometrien (Absätze [0005] - [0008], [0020], [0029]), die zum Teil ebenfalls in Fig. 3 mit den Bezugszeichen 9 bzw. 53 gezeigt sind. Eine Anordnung an der Außenseite wird hingegen in diesem Zusammenhang nicht erwähnt.
3.3 In der ursprünglichen Offenbarung findet sich auch ansonsten keine Grundlage dafür, die in Frage stehenden Merkmale aus der komplexen Darstellung der Fig. 3 herauszugreifen und ihnen durch Aufnahme in den kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 in Alleinstellung erfindungswesentliche Bedeutung zu verleihen.
3.4 Daher geht der Gegenstand des Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, Artikel 100c) EPÜ.
4. Hilfsanträge 1 und 2 - Zulassung
4.1 Die Hilfsanträge 1 und 2 sind nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung eingereicht worden. Ihre Zulassung unterliegt somit dem Ermessen der Kammer nach Maßgabe des Artikels 13(3) VOBK 2007. Nach ständiger Rechtsprechung hängt die Zulassung solch verspäteter Anträge unter anderem von ihrer offensichtlichen Gewährbarkeit ab, siehe hierzu RdBK, 9.Auflage 2019, V.A.4.5.1 a). D.h., es muss sofort offensichtlich sein, dass die vorgenommenen Änderungen einen erhobenen Einwand beseitigen, ohne zu neuen Einwänden Anlass zu geben.
4.2 In Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 sind die Merkmale Rahmenober- und -unterteil des ursprünglichen Anspruchs 4 aufgenommen worden sowie weitere Merkmale der Montagefläche ("oben auf Rahmenoberseite", "im wesentlichen rechteckig").
4.2.1 Zwar stellt diese Änderung eine Reaktion auf den Einwand der unzulässigen Erweiterung dar, kann diesen Einwand jedoch nicht in offensichtlicher Weise ausräumen. Denn die weiteren Merkmale der Montagefläche beruhen wie die oben unter Punkt 3. behandelten Merkmale "frei zugänglich an der Außenseite des Rahmens" ausschließlich auf Fig. 3 und sind willkürlich aus dem dargestellten Ausführungsbeispiel isoliert worden. Der ursprünglichen Offenbarung ist nicht zu entnehmen, dass "im wesentlichen rechteckig" ein Merkmal der Montagefläche ist, das von Bedeutung für die Erfindung ist.
4.2.2 Daher hat die Kammer Hilfsantrag 1 in Ausübung ihres Ermessens nicht zum Verfahren zugelassen, Artikel 13(3) VOBK 2007.
4.3 In den Ansprüchen 1 und 7 des Hilfsantrags 2 ist die Montagefläche jedoch um Merkmale der reproduzierbaren Positionierung ergänzt worden, die sowohl auf die Beschreibung des in Fig. 3 dargestellten Ausführungsbeispiel zurückgehen (Offenlegungsschrift Spalte 13, Zeilen 14-19), als auch andernorts als für die Erfindung wichtige Eigenschaften der Montagefläche offenbart sind (Absätze [0020], [0029], siehe auch Punkte 3.2, 6.2.2).
4.3.1 Die Kammer ist daher der Meinung, dass mit Hilfsantrag 2 der gegen den Hauptantrag erhobene Einwand unzulässiger Erweiterung ausgeräumt wird, ohne dass die Änderungen zu neuen Einwänden führen. Dem Argument der Beschwerdeführerin-Einsprechenden, dass zur Behebung des Einwands unzulässiger Erweiterung sämtliche in Fig. 3 der Offenlegungsschrift erkennbare und/oder in Zusammenhang mit Fig. 3 beschriebene Merkmale in Anspruch 1 aufgenommen werden müssten, kann sie in dieser Allgemeinheit nicht folgen. Insbesondere ist weder dargelegt worden, noch für die Kammer erkennbar, welcher enge funktionelle oder bauliche Zusammenhang zwischen den aufgenommenen Merkmalen und anderen, nicht aufgenommenen Merkmalen besteht.
4.3.2 Folglich hat die Kammer Hilfsantrag 2 zum Verfahren zugelassen, Artikel 13(3) VOBK 2007.
5. Hilfsantrag 2 - unzulässige Erweiterung
5.1 Wie oben im Rahmen der Zulassung unter Punkt 4.3 ausgeführt, ist die Kammer der Auffassung, dass der Einwand einer unzulässigen Erweiterung durch die zusätzlich in Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale ausgeräumt wird.
5.2 Auch vermag die Kammer im (bereits im Anspruch 1 des Hauptantrags enthaltenen) Merkmal, dass sich die Montagefläche frei zugänglich an der Außenseite des Rahmens befindet, keinen neuen Sachverhalt zu erkennen.
Bereits der ursprüngliche Anspruch 1 definiert die Montagefläche als vorgesehen zum Zwecke der Verbindung des zur Druckbehälter-Funktionsbaugruppe gehörenden Rahmens mit der Fluidpumpen-Funktionsbaugruppe. Daraus scheint sich eindeutig zu ergeben, dass nach Herstellung dieser Verbindung, also nach Montage, die zu diesem Zweck vorgesehene Montagefläche nicht mehr frei zugänglich ist, weil von der Fluidpumpen-Funktionsbaugruppe "belegt". Die Kammer stimmt mit der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin darin überein(Punkt 1.3 der Einspruchsentscheidung und Seite 9 der Beschwerdeerwiderung), dass für den Leser, der den Anspruchswortlaut mit der Bereitschaft liest, diesen auf technisch sinnvolle Weise zu verstehen, "frei zugänglich" nur den Zustand vor der Verbindung der Funktionsbaugruppen charakterisieren kann (siehe hierzu auch Punkt 6 zur Ausführbarkeit).
5.3 Der im Erteilungsverfahren hinzugefügte Anspruch 7 ist auf eine Druckbehälter-Funktionsbaugruppe gerichtet, die geeignet für eine Pumpeinrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 ist, mithin geeignet zur Verbindung mit einer Fluidpumpen-Funktionsbaugruppe zur Bildung einer Pumpeinrichtung nach Anspruch 1. Die weiteren Merkmale der Druckbehälter-Funktionsbaugruppe des Anspruchs 7 entsprechen denen des kennzeichnenden Teils von Anspruch 1.
5.3.1 Die Kammer kann im Gegensatz zur Beschwerdeführerin-Einsprechenden keine unzulässige Erweiterung in der Hinzufügung des Anspruchs 7 erkennen.
Denn grundsätzlich darf ein weiterer Anspruch im Erteilungsverfahren hinzugefügt werden, sofern sein Gegenstand eindeutig und unmittelbar aus der ursprünglichen Offenbarung hervorgeht. Zwar sind in dieser, wie die Beschwerdeführerin-Einsprechende argumentiert, beide Funktionsbaugruppen, die jeweils Antriebsmotor mit Fluidpumpe und Druckbehälter zugeordnet sind (Absatz [0004]), meist im Zusammenhang oder zumindest in Bezug zueinander dargestellt, siehe insbesondere Fig. 1 und 2 der Offenlegungsschrift. Unter dem Begriff "Funktionsbaugruppe" versteht die Kammer aber eine Zusammenstellung von funktionell zusammenhängenden Komponenten in einer Einheit, die im Patent den Zusammenbau der Pumpeneinrichtung vereinfachen soll, siehe z.B. die Absätze [0003] und [0005]. Somit ist diese Einheit wohl als gesondertes vorgefertigtes oder vormontiertes Bauteil zu verstehen. In Fig. 3 ist dementsprechend auch eine vorgefertigte Druckbehälter-Funktionsbaugruppe vor ihrer Verbindung mit einer Fluidpumpen-Funktionsbaugruppe zur Bildung einer Pumpeinrichtung gezeigt.
Ferner ist die Erfindung im ursprünglichen Anspruch 1 allein durch Merkmale der Druckbehälter-Funktionsbaugruppe gekennzeichnet.
5.3.2 Somit ergibt sich aus der ursprünglichen Offenbarung eindeutig und unmittelbar, dass die Erfindung nicht nur das Endprodukt Pumpeinrichtung betrifft, sondern insbesondere auch dessen vorgefertigtes Bauteil Druckbehälter-Funktionsbaugruppe.
5.4 Aus alledem schließt die Kammer, dass die Änderungen in den Ansprüchen 1 und 7 des Hilfsantrags 2 die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllen.
6. Hilfsantrag 2 - mangelnde Ausführbarkeit
6.1 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin-Einsprechenden ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 aufgrund des Merkmals der Montagefläche "frei zugänglich an der Außenseite des Rahmens" für den Fachmann nicht ausführbar.
6.1.1 Gegenstand des Anspruchs 1 sei zum einen eine komplette Pumpeinrichtung mit miteinander verbundenen Funktionsbaugruppen, nicht etwa ein Set aus zwei Funktionsbaugruppen. Folglich sei die Pumpeinrichtung in dem in den Fig. 1 und 2 der Patentschrift dargestellten Zustand beansprucht, in dem die Montagefläche der Druckbehälter-Funktionsbaugruppe offensichtlich nicht frei zugänglich sei.
6.1.2 Zum anderen sei in Anspruch 1 die freie Zugänglichkeit der Montagefläche aber als absolutes Merkmal ohne explizite Einschränkung auf einen Zustand "vor Montage" beansprucht. Mithin müsse bei der beanspruchten Pumpeinrichtung die freie Zugänglichkeit der Montagefläche bedingungslos und in jedem Zustand, insbesondere auch nach Montage gewährleistet sein. Die Patentschrift enthielte jedoch weder ein konkretes Beispiel dafür, wie eine solche Pumpeinrichtung auszuführen sei, noch sei dies für einen Fachmann ausgehend von der Offenbarung der Patentschrift ohne weiteres erkennbar.
6.2 Nach Ansicht der Kammer steht das Merkmal der freien Zugänglichkeit an der Außenseite des Rahmens zunächst einmal für sich selbst: Weitere Bedingungen oder Einschränkungen sind in Anspruch 1 nicht explizit erwähnt. Insbesondere vermag die Kammer in diesem keine zusätzliche Einschränkung dahingehend erkennen, dass die freie Zugänglichkeit "sowohl vor, als auch nach Montage" oder "insbesondere nach Montage" bestehen muss.
6.2.1 Gegenstand des Anspruchs 1 ist zwar eine Pumpeinrichtung, bei der laut Oberbegriff beide Funktionsbaugruppen "miteinander verbunden sind". Im kennzeichnenden Teil wird aber lediglich die Druckbehälter-Funktionsbaugruppe näher definiert, u.a. durch eine Montagefläche, die "zur Verbindung" mit der Fluidpumpen-Funktionsbaugruppe vorgesehen ist. Da die Montagefläche selbst also nicht eindeutig im verbundenen Zustand definiert ist, trifft dies auch nicht eindeutig auf ihre freie Zugänglichkeit zu.
6.2.2 Der Fachmann entnimmt auch der Patentschrift kein eindeutiges Erfordernis einer freien Zugänglichkeit "im montierten Zustand". Im Gegenteil wird in Absatz [0019] des allgemeinen Teils die reproduzierbare Positionierung beider Funktionsbaugruppen durch Ineinandergreifen formschlüssig korrespondierender Elemente ihrer jeweiligen Montageflächen als wesentlicher Aspekt ihrer Verbindung dargestellt, durch den erfindungsgemäße Vorteile erzielt werden können. Mittels Formschluss miteinander verbundene Montageflächen können aber nur vor Herstellung dieser Verbindung frei zugänglich sein, nicht danach.
Des weiteren besteht keinerlei Grund zur Annahme, dass das einzige Ausführungsbeispiel der Erfindung nicht (mehr) unter den (geänderten) Anspruch 1 fallen soll. Bei dem Ausführungsbeispiel, das formschlüssig in Führungshülsen 53 greifende Positionierzapfen 31 aufweist, ist offensichtlich die freie Zugänglichkeit der Montagefläche lediglich vor Verbindung der beiden Funktionsbaugruppen gegeben (Absatz [0028], Fig. 1-3, 8). Folglich kann "frei zugänglich" in Anspruch 1 nicht implizit durch "auch im montierten Zustand" eingeschränkt sein, wenn Anspruch 1 mit der Bereitschaft, ihn in technisch sinnvoller Weise zu verstehen, in Einklang und nicht in offensichtlichem Widerspruch zur Gesamtoffenbarung des Patents gelesen wird.
6.2.3 Vielmehr versteht der Fachmann des Teilmerkmal "frei zugänglich" in Anspruch 1 als erläuternde Wirkungsangabe des Teilmerkmals "an der Außenseite des Rahmens" im Sinne von "frei zugänglich, da an der Außenseite des Rahmens" oder "an der Außenseite des Rahmens und deshalb frei zugänglich". Mit anderen Worten wird die unabdingbare und selbstverständliche freie Zugänglichkeit einer Montagefläche während der Montage im vorliegenden Fall durch die Anordnung der Montagefläche an der Außenseite des Rahmens sichergestellt.
6.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist in dieser fachmännischen Lesart des Anspruchs ohne weiteres ausführbar im Sinne von Artikel 83 EPÜ, indem an der Außenseite des Rahmens der Druckbehälter-Funktionsbaugruppe eine Montagefläche derart vorgesehen wird, dass sie zum Zwecke der Montage der Fluidpumpen-Funktionsbaugruppe frei zugänglich ist.
7. Hilfsantrag 2 - Neuheit
7.1 E2 offenbart unstreitig eine Pumpeinrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 mit einer einen Druckbehälter 2 umfassenden Druckbehälter-Funktionsbaugruppe und einer eine Motorpumpeneinheit 3 umfassenden Fluidpumpen-Funktionsbaugruppe (Spalte 2, 34-59, Fig. 1, 2). Es besteht auch Einigkeit, dass das Verkleidungsgehäuse 8 am Standfuß 9 eine Standfläche zum Stand des Druckbehälters 2 auf dem Untergrund aufweist sowie mit einer Montagefläche zur Verbindung mit der die Fluidpumpe 13 umfassenden Funktionsbaugruppe versehen ist.
7.2 Ferner weist gemäß Fig. 3, 4 der E2 das Oberteil 8a des Verkleidungsgehäuses einen nach oben offenen Bereich zur formschlüssigen Aufnahme des Gehäuses 14 auf, der eine frei zugängliche Montagefläche an der Außenseite des Verkleidungsgehäuses im Sinne des Streitpatents darstellt.
7.3 Die Pumpeinrichtung der E2 weist jedoch keinen Rahmen auf, der den Druckbehälter 2 formschlüssig umgibt.
7.3.1 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende sieht den Begriff "Rahmen" als weit gefasst und lediglich funktionell dadurch eingeschränkt, dass ein Rahmen ein Objekt umfangsmäßig umgibt. Da E2 das Verkleidungsgehäuse 8 mit ebendiesen Worten funktional definiert (Spalte 2, Zeile 47), stelle es einen Rahmen im Sinne des Anspruchs 1 dar. Aus den Figuren der E2 sei ferner ersichtlich, dass das Verkleidungsgehäuse 8 der Form des Druckbehälters 2 folgt, und demnach diesen formschlüssig umgibt.
7.3.2 Nach Ansicht der Kammer unterscheidet ein Rahmen sich dadurch von dem Verkleidungsgehäuse 8 der E2, dass er den Blick auf das von ihm umgebene oder "eingerahmte" Objekt frei lässt. Das kugelförmige Verkleidungsgehäuse 8 (Spalte 2, Zeile 46) soll hingegen den Druckbehälter 2 einschließlich aller vorspringender Bereiche sowie weiterer Bauteile wie Rohr 30, Magnetschalter 22 vollständig verdecken (Spalte 4, Zeilen 45-50, Fig. 5), mithin eben nicht "einrahmen".
Der Begriff "formschlüssig" bezeichnet eine Verbindung zweier Bauteile mittels ineinander greifender, formkomplementär ausgebildeter Bereiche, durch die eine relative Bewegung der beiden Bauteile in zumindest einer Richtung so gut wie verhindert wird. Auf welche Weise Druckbehälter 2 und Verkleidungsgehäuse 8 miteinander verbunden sind, ist der E2 nicht in offensichtlicher Weise zu entnehmen. Somit offenbart die E2 nicht eindeutig und unmittelbar, dass das Verkleidungsgehäuse 8 den Druckbehälter 2 formschlüssig umgibt.
7.4 Ebenso wenig enthält die E2 eine implizite Offenbarung eines Kunststoffspritzgussteils.
Kunststoffspritzguss mag durchaus ein gängiges und sich zur Herstellung des Verkleidungsgehäuses 8 anbietendes Verfahren sein, wie die Beschwerdeführerin-Einsprechende vorbringt. Eine eindeutige und unmittelbare Offenbarung von Kunststoffspritzguss in E2 würde aber erfordern, dass kein anderes Fertigungsverfahren vernünftigerweise in Betracht käme, wie z.B. Spritzpressen. Dies scheint nicht der Fall zu sein und wird auch nicht von der Beschwerdeführerin-Einsprechenden behauptet.
7.5 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist demnach neu im Sinne von Artikel 54(1), (2) gegenüber der Offenbarung der E2.
7.6 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat sich nur in der mündlichen Verhandlung zur Neuheit des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 geäußert und diese lediglich im Hinblick auf die Offenbarung der E2 verneint.
Auf das angeblich vorbenutzte, in E1.1 und E1.2 gezeigte Hauswasserwerk HWI 1001 INOX wurde nicht mehr Bezug genommen.
Der Vollständigkeit halber weist die Kammer darauf hin, dass sie den Inhalt der E1.1 und E1.2 nach wie vor für nicht relevanter hält als den der E3, wie bereits in Punkt 2 der Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2007 ausgeführt und begründet. Danach zeigen sowohl die E1.1, E1.2, als auch die E3 jeweils zwei Standfüße (460175 in E1.2) und hiervon separate Montageplatten (460174 in E1.2; Teil von 8 in Fig. 1 der E3), die die Kammer jedoch nicht als Rahmen im Sinne von Anspruch 1 und 7 versteht.
7.7 Somit ist der Gegenstand des Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 neu und erfüllt die Erfordernisse des Artikels 52(1) i.V.m. Artikel 54 EPÜ.
8. Hilfsantrag 2 - Erfinderische Tätigkeit
8.1 Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 7 beruht ausgehend von der Offenbarung der E2 in Kombination mit allgemeinem Fachwissen oder mit E3 auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
8.2 Zwar ist eine Ausbildung des Verkleidungsgehäuses 8 als Kunststoffspritzgussteil eine für den Fachmann naheliegende Fertigungsoption, was auch die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin nicht in Abrede stellt.
Es ist jedoch keinerlei Motivation für den Fachmann ersichtlich, sich von dem Bestreben der E2, einen formschön verkleideten Druckspeicher und damit eine gut aussehende Pumpeinrichtung bereitzustellen (Spalte 1, Zeilen 54-59), abzukehren und das Verkleidungsgehäuse 8 durch einen Rahmen zu ersetzen.
8.3 Für die Beschwerdeführerin-Einsprechende liegt eben dies ausgehend von E2 nahe, denn der Zeitgeschmack und damit das Verständnis von "formschön" unterliege dem Wandel. Zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents, 12 Jahre nach dem Anmeldetag der E2, wären bereits andere Designs bevorzugt gewesen, insbesondere leichtere Rahmenkonstruktionen. Zu einer solchen gelange der Fachmann auch, wenn er die Aufgabe lösen wollte, eine leichtere Bauweise für die Pumpeinrichtung der E2 zu entwickeln. Wenn er dazu in offensichtlicher Weise Material wegließe, also das Verkleidungsgehäuse nicht mehr durchgehend, sondern mit Öffnungen gestalte, erhalte er zum einen unmittelbar einen Rahmen. Zum anderen führe das Bestreben, Material einzusparen, zwangsläufig zum Weglassen von Halterungen für den Druckspeicher und damit zu einer formschlüssigen Ausgestaltung dieses Rahmens.
Im übrigen könne er die beanspruchte Lösung dieser Aufgabe auch aus der E3 in folgender Weise ableiten: Die Verkleidung der E2 müsse nicht einstückig ausgebildet sein, sondern könne sich auch aus mehreren Elementen zusammensetzen, die den Druckspeicher jeweils formschlüssig einrahmten.
8.4 Eine bloße ästhetische Formgebung als Lösung einer entsprechenden nicht-technischen Aufgabe könnte nach Ansicht der Kammer keine erfinderische Tätigkeit begründen, wohl aber die Bereitstellung einer leichteren, materialsparenden Halterung für den Druckbehälter der E2, die weiterhin eine einfache Montage der Komponenten der Pumpeinrichtung der E2 ermöglicht.
Zur Lösung dieser Aufgabe scheint es jedoch nicht offensichtlich zu sein, das Verkleidungsgehäuse durch einen formschlüssigen Rahmen zu ersetzen. Gewichtseinsparungen könnten z.B. durch optimierte Materialwahl erreicht werden. Selbst wenn Öffnungen im Verkleidungsgehäuse vorgesehen würden, könnten diese so dimensioniert und angeordnet werden, dass dabei der Grundgedanke der E2 - ein die technischen Bauteile verdeckendes Gehäuse - immer noch verwirklicht ist. Die Beibehaltung einer einfachen Montage der Fluidpumpen-Funktionsbaugruppe führt eher weg von dem Gedanken, an der grundsätzlichen Form des Verkleidungsgehäuse 8 mit seinem oben offenen Bereich zur formschlüssigen Aufnahme des unteren Teils des Gehäuses 14 etwas zu verändern.
Deshalb würde der Fachmann die Pumpeinrichtung nach E2 auch nicht mit der der E3 kombinieren: Die quer liegende Fluidpumpen-Funktionsbaugruppe 2 der E3 (Seite 3, dritter Absatz, Fig. 1) erfordert eine völlig andere Befestigungsanordnung als die aufrecht stehende Fluidpumpen-Funktionsbaugruppe 3 der E2 (Fig. 3). Schließlich könnte eine solche Kombination auch nicht unmittelbar zum Gegenstand der Ansprüche 1 und 7 führen.: Weder die E2 (siehe Punkt 7.3.2), noch die E3 (siehe Punkt 7.6) offenbaren einen den Druckbehälter formschlüssig umgebenden Rahmen.
8.5 Somit beruht der Gegenstand des Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 auf einer erfinderischen Tätigkeit und erfüllt die Erfordernisse des Artikels 52(1) i.V.m. Artikel 56 EPÜ.
9. Hilfsantrag 2 - angepasste Unterlagen
Die während der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin angepasste Beschreibung entspricht den Erfordernissen des EPÜ.
Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat keine Einwände gegen die geänderten Beschreibungsseiten erhobenen.
10. Ergebnis
Der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin ist nicht gewährbar.
Ihr Hilfsantrag 1 ist nicht zum Verfahren zugelassen worden.
Dagegen erfüllt das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, unter Berücksichtigung der nach ihrem Hilfsantrag 2 vorgenommenen Änderungen die Erfordernisse des EPÜ, so dass es nach Artikel 101(3)(a) EPÜ in dieser geänderten Fassung aufrechterhalten werden kann.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Europäische Patent Nr. 2211057 in geänderter Form wie folgt aufrechtzuerhalten:
Ansprüche:
Ansprüche 1 - 12 des Hilfsantrags 2 wie eingereicht mit Schreiben vom 19. Dezember 2019;
Beschreibung:
Seiten 2, 4 und 5 wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,
Seiten 3 und 6 - 8 der Patentschrift;
Zeichnungen:
Figuren 1 - 8 der Patentschrift.