European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T250016.20200116 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 Januar 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2500/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05003510.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | F01P 5/12 F16D 35/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Kühlmittelpumpe für ein Kraftfahrzeug, mit regelbarem Antrieb | ||||||||
Name des Anmelders: | MAHLE Behr GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | BorgWarner, Inc. | ||||||||
Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausreichende Offenbarung - Hauptantrag (nein) Ausreichende Offenbarung - Hilfsanträge 1 bis 9 (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, das europäische Patent mit der Nummer 1 566 526 zu widerrufen. In dieser Entscheidung hat die Einspruchsabteilung inter alia festgestellt, dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne (Artikel 100 b) EPÜ, Artikel 83 EPÜ).
II. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents in der erteilten Fassung (Hauptantrag), hilfsweise die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit, weiter hilfsweise die Aufrechterhaltung des Streitpatents in geänderter Fassung auf Grundlage der Ansprüche der Hilfsanträge 1 bis 9, eingereicht mit der Beschwerdebegründung.
III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Die Parteien wurden zu einer mündlichen Verhandlung geladen. In einer Mitteilung zur Vorbereitung der Verhandlung wurden die Parteien über die vorläufige Meinung der Kammer informiert. Die Kammer legte darin inter alia dar, dass sie Artikel 100 b) EPÜ als der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehend ansehe und dass die Hilfsanträge die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ nicht erfüllen dürften.
V. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 16. Januar 2020 statt.
VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt (mit der Merkmalsgliederung aus der Entscheidung der Einspruchsabteilung):
O. "Kühlmittelpumpe für ein Kraftfahrzeug,
O.1 mit einem regelbaren Antrieb, umfassend
O.1.1 eine drehbar gelagerte Welle (6),
O.1.2 einen auf der Welle drehfest gelagerten Abtriebskörper (12),
O.1.3 einen auf der Welle drehbar gelagerten, ein Kupplungsgehäuse bildenden Antriebskörper (1), und
O.1.4 einen, zwischen dem Antriebskörper (1) und dem Abtriebskörper (12) im Kupplungsgehäuse angeordneten, ein viskoses Fluid aufnehmenden, Kupplungsbereich (14),
O.2 wobei wenigstens ein erster und wenigstens ein zweiter Strömungspfad vorgesehen sind, welche einen Fluidvorratsraum (13) mit dem Kupplungsbereich (14) verbinden,
O.3 wobei zwei steuerbare, mit wenigstens einem Aktuator (11) in ihrer Position veränderbare Einrichtungen (4, 5) vorgesehen sind, die als Ventile gebildet sind, welche je eine Durchgangsöffnung eines Strömungspfads verändern, und welche gegensätzlich oder gegensinnig einen Strömungspfad öffnen bzw. schließen,
O.4 wobei die Einrichtungen (4, 5) wenigstens einen axial beweglichen Anker (3) aufweisen und mit einem elektromagnetisch induzierten Magnetfeld des Aktuators (11) gesteuert werden, dadurch, dass auf den Anker (3) eine magnetische Stellkraft wirkt,
O.5 wobei der Aktuator (11) außerhalb des rotierenden Kupplungsgehäuses angeordnet ist und stationär verankerte Magnetspulen aufweist,
O.6 wobei die Ventile wenigstens eine als Rückstellfeder, insbesondere als doppelringförmige Rückstellfeder, ausgestattete Rückstelleinrichtung (16) aufweisen,
dadurch gekennzeichnet, dass
K. das Lager (17) des Antriebskörpers (1) im Bereich über dem Lager (18) der Welle (6) angeordnet ist."
VII. Die Ansprüche der Hilfsanträge 1 bis 9 beinhalten weitere Einschränkungen. Sie weisen allesamt die Merkmale O.1.3 und K auf.
VIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Erfindung sei in dem Patent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Das Merkmal O.1.3 sei breit auszulegen, sodass alle Ausführungsbeispiele darunter fielen. Damit sei unter diesem Merkmal nicht nur eine direkte Lagerung des Antriebskörpers auf der Welle zu verstehen, sondern auch eine indirekte Lagerung auf der Welle über das Gehäuse. Allgemein werde unter "gelagert" verstanden, dass Kräfte übertragen würden. Dies sei in allen Ausführungsbeispielen der Fall, zumindest hinsichtlich der bei Torsions- und Taumelschwingungen auftretenden Kräfte. Da in der Beschreibung alle Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß bezeichnet sind und das Merkmal O.1.3 bereits in der ursprünglichen Anmeldung in Anspruch 1 aufgeführt war, sei es so breit auszulegen, dass der Antriebskörper auch nur in dem Bereich um die Welle herum angeordnet sein könne. Bei einer zu engen Auslegung des Begriffs "auf der Welle gelagert" wären alle Ausführungsbeispiele außer jenem gemäß Figur 4 von Anbeginn nicht als erfindungsgemäß anzusehen, was nicht dem vom Anmelder gewollten Verständnis entspreche. Darüber hinaus dürfe der Umstand, dass die Prüfungsabteilung in Absatz [0053] der erteilten Patentschrift einen Satz eingefügt hat, der Beschwerdeführerin nicht zum Nachteil gereichen. Dieser Satz dürfe nicht dazu herangezogen werden, die Ansprüche enger auszulegen als es dem von der Anmelderin Gewollten entspreche. Der Satz sei durch die Prüfungsabteilung nur deshalb geändert worden, um zum Ausdruck zu bringen, dass das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 nicht mehr in den Schutzumfang falle, weil die Lager darin axial versetzt angeordnet seien und damit Merkmal K nicht verwirklicht sei. Weiterhin sei auch das Merkmal K so breit auszulegen, dass alle Ausführungsbeispiele darunter fielen.
IX. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Erfindung sei in dem Patent nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Der Begriff "drehbar auf der Welle gelagert" gemäß Merkmal O.1.3 habe eine klare und eindeutige Bedeutung für den Fachmann, sodass kein Anlass bestehe, die Beschreibung zur Auslegung heranzuziehen. Kein Ausführungsbeispiel zeige die Kombination der Merkmale O.1.3 und K. Die beiden Merkmale würden sich gegenseitig ausschließen. Die Beispiele der Figuren 1, 2, 3 und 5 zeigten keine, auch keine indirekte oder mittelbare, Lagerung des Antriebskörpers auf der Welle. Der von der Prüfungsabteilung eingefügte Satz in Absatz [0053] der Beschreibung des erteilten Patents besage, dass die Lagerung auf der Welle nicht Teil der Erfindung sei, was im Widerspruch zu Merkmal O.1.3 des Anspruchs 1 stehe. Nur das erteilte Patent und nicht die ursprünglich eingereichte Anmeldung sei für die Beurteilung des Einwands unter Artikel 100 b) EPÜ maßgeblich. Wenn sie dennoch herangezogen werde, müsse dann berücksichtigt werden, was in der ursprünglich eingereichten Fassung an dieser Stelle definiert und von der Prüfungsabteilung gestrichen worden sei, nämlich dass im Falle der Figur 4 die Welle der Wasserpumpe für die Lagerung des erfindungsgemäßen Antriebs verwendet werde. Auch wenn die Änderung von der Prüfungsabteilung vorgeschlagen worden sei, habe die Beschwerdeführerin dem geänderten Text zugestimmt.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
1.1 Bedeutung des Merkmals O.1.3
Der Begriff "auf der Welle drehbar gelagert" hat im Bereich des Maschinenbaus eine dem Fachmann geläufige, allgemein anerkannte technische Bedeutung, nämlich dass die Welle Abstützkräfte des mittels des Lagers gelagerten Bauteils aufnimmt. Diese unterscheidet sich von jener des Begriffs "auf der Welle oder um die Welle herum angeordnet", da dies lediglich die Positionierung des Bauteils beschreibt. Der in Merkmal O.1.3 verwendete Begriff ist daher von vorn herein nicht auslegebedürftig und ein Heranziehen der Beschreibung zur Auslegung dieses Begriffs nicht angezeigt. Dies steht auch im Einklang mit der Rechtssprechung der Beschwerdekammern (siehe z.B. die von der Beschwerdegegnerin zitierte Entscheidung T 197/10, Rz. 2.3 sowie Leitsatz).
1.1.1 Wie auch von der Beschwerdeführerin anerkannt, werden bei der Lagerung eines Bauteils auf einer Welle Kräfte von dem gelagerten Bauteil auf die Welle übertragen und somit von der Welle aufgenommen. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass bei jedweder Übertragung von Kräften von einem Bauteil auf eine Welle dieses Bauteil stets "auf der Welle gelagert" wäre. Bei einer Lagerung geht es nämlich um die zielgerichtete Übertragung von Kräften und nicht um das Vorliegen unvermeidlicher Krafteinflüsse. Dass bei einer Kraftübertragung von einem ersten auf ein zweites Bauteil immer eine Lagerung des ersten auf dem zweiten Bauteil vorliegt, ist daher ein nicht zulässiger Umkehrschluss.
1.1.2 In den Ausführungsbeispielen gemäß Figuren 1, 2, 3 und 5 ist der Antriebskörper 1 über ein Lager 17 drehbar auf dem Pumpengehäuse 10 gelagert, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurde und auch im Einklang mit Absatz [0051] des erteilten Patents steht. Das Argument der Beschwerdeführerin, dass aufgrund von Taumel- oder Torsionsschwingungen auch in diesen Ausführungsbeispielen Kräfte über das Gehäuse auf die Welle übertragen würden und diese Ausführungsbeispiele deshalb (neben der direkten Lagerung auf dem Pumpengehäuse) auch eine mittelbare Lagerung des Antriebskörpers auf der Welle zeigten, überzeugt die Kammer nicht. Zwar dürfte tatsächlich nicht auszuschließen sein, dass in den zuletzt genannten Ausführungsbeispielen Kräfte von dem Antriebskörper auf die Welle übertragen werden. Aus den oben genannten Überlegungen ist das Vorhandensein einer Kraftübertragung allein jedoch kein hinreichender Grund von einer "Lagerung", weder "direkt" noch "indirekt" bzw. "mittelbar", auszugehen.
1.1.3 Die Kammer erkennt im Patent daher lediglich in dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 eine Lagerung des Antriebskörpers auf der Welle.
1.2 Auslegung des Merkmals O.1.3 im Hinblick auf die Beschreibung
Obwohl die Kammer keinen Anlass zu einer Auslegung des Merkmals O.1.3 sieht, weil der Begriff "lagern" im Stand der Technik die oben beschriebene übliche Bedeutung hat, hat sie dennoch die diesbezüglichen Argumente der Beschwerdeführerin berücksichtigt.
1.2.1 Im Rahmen des Einspruchsgrundes nach Artikel 100 b) EPÜ ist es maßgeblich, ob das Patent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Somit ist der Frage nachzugehen, was der Fachmann aus dem erteilten Patent entnehmen kann, unabhängig davon, was die ursprünglichen Anmeldeunterlagen beinhalteten.
Absatz [0054] der Patentschrift bezieht sich auf die Ausführungsform gemäß Figur 4. Der zweite Satz dieses Absatzes wurde im Erteilungsverfahren auf Vorschlag der Prüfungsabteilung eingefügt und lautet: "Die Lagerung des Antriebs auf die [sic] Welle der Wasserpumpe ist nicht Teil der Erfindung." Dies steht offensichtlich im Widerspruch zu Merkmal O.1.3, was von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten wurde.
Das Argument der Beschwerdeführerin, dass dieser von der Prüfungsabteilung eingefügte Satz der Patentinhaberin nicht zum Nachteil gereichen dürfe, überzeugt die Kammer nicht. Die Frage, ob der Anspruch und insbesondere das Merkmal O.1.3 nach Einfügung dieses Satzes anders zu interpretieren sei als zuvor, kann jedoch dahingestellt bleiben, da auch die ursprünglich eingereichte Beschreibung die Sichtweise der Beschwerdeführerin nicht stützen kann.
1.2.2 Insbesondere überzeugt die Kammer das Argument der Beschwerdeführerin nicht, wonach diejenigen Merkmale, die bereits im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 enthalten waren, so zu interpretieren seien, dass alle Ausführungsbeispiele darunterfallen, weil dies dem "Gewollten" des Anmelders entspreche.
Zwar ist an mehreren Stellen der Anmeldung, insbesondere in der Figurenbeschreibung des Absatzes [0030] der Veröffentlichungsschrift, zu lesen, dass jede der Figuren eine Darstellung eines "erfindungsgemäßen" Antriebs zeigen soll. Die Kammer folgt jedoch der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht, dass damit der Wille des Anmelders erkennbar wäre, dass alle gezeigten Ausführungsformen das Merkmal O.1.3 aufwiesen und somit eine Lagerung auf der Welle zeigten.
1.2.3 Andere Stellen der ursprünglichen Beschreibung stehen nämlich in Gegensatz zu dieser Sichtweise. Insbesondere unterscheidet der Beschreibungstext klar zwischen einer bloßen Anordnung von Bauteilen einerseits und deren Lagerung andererseits.
Im allgemeinen Teil der Beschreibung wird in Absatz [0006] definiert, dass der Antrieb "eine drehbar gelagerte Welle auf[weist], auf welcher wenigstens ein drehfest gelagerter Abtriebskörper und wenigstens ein drehbar gelagerter Antriebskörper angeordnet sind" (Unterstreichung durch die Kammer).
Im Absatz [0052] wird beschrieben, dass in den Figuren 1 und 2 "das Kupplungsgehäuse über Lager [...] abgestützt [ist], welche direkt auf dem Pumpengehäuse angeordnet sind." Wohlgemerkt ist nicht das Kupplungsgehäuse (und damit der Antriebskörper) am Pumpengehäuse angeordnet, sondern es sind die Lager. In diesem Ausführungsbeispiel ist daher eine Lagerung des als Kupplungsgehäuse ausgebildeten Antriebskörpers direkt auf dem Pumpengehäuse beschrieben. Explizit ist darin auch angeführt, dass die Pumpenwelle dadurch weitgehend frei von Abstützkräften ist. Wie oben dargelegt bedeuten Abstützkräfte nicht automatisch eine Lagerung, jedoch nimmt umgekehrt ein Bauteil, auf dem ein anderes gelagert ist, stets Abstützkräfte von diesem auf. Die explizite Erwähnung, dass die Pumpenwelle in diesem Fall weitgehend frei von Abstützkräften ist, lässt daher keinen anderen Schluss zu, als dass der Anmelder davon ausgegangen ist, dass in den Figuren 1 und 2 das Kupplungsgehäuse (und damit der Antriebskörper), nicht auf der Pumpenwelle, sondern ausschließlich am Pumpengehäuse gelagert ist.
Diesem und dem in Absatz [0053] beschriebenen Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3 gegenübergestellt besagt der ursprüngliche (und damit noch nicht von der Prüfungsabteilung geänderte) Absatz [0055] der Anmeldung mit Bezug auf Figur 4, dass "in einem solchen Fall die Welle der Wasserpumpe für die Lagerung des Antriebs[körpers] verwendet [wird]".
1.2.4 Beide Aussagen in der Veröffentlichungsschrift der ursprünglichen Anmeldungen (d.h. Absatz [0052] hinsichtlich der Figuren 1 und 2, und Absatz [0055] hinsichtlich Figur 4) bestätigen somit das Verständnis, dass die Figuren 1 und 2 eine Lagerung des Antriebskörpers auf einem Gehäuseteil zeigen, wohingegen Figur 4 eine Lagerung desselben auf der Welle darstellt.
Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass eine Differenzierung zwischen den beiden Ausführungen "auf der Welle gelagert" gegenüber "auf einem Gehäuseteil gelagert" vom Anmelder beabsichtigt war. Dass beide Ausführungen unter den Begriff "auf der Welle gelagert" fallen sollen, entspricht daher auch bei Berücksichtigung der Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht dem, was als vom Anmelder "gewollt" erkennbar ist. Somit ist in der Patentschrift lediglich in dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 der Antriebskörper auf der Welle gelagert und das Merkmal O.1.3 verwirklicht.
1.3 Auslegung des Merkmals K
1.3.1 Anspruch 1 definiert in Merkmal K, dass "das Lager des Antriebskörpers im Bereich über dem Lager der Welle angeordnet ist." Die Bedeutung des Worts "über" ist in dieser Formulierung aus dem Wortsinn heraus allein nicht eindeutig, sodass in diesem Fall, anders als hinsichtlich des Merkmals O.1.3, eine sinnvolle Auslegung nur im Gesamtzusammenhang der Ansprüche und der Beschreibung gelingen kann.
In der Beschreibung der Patentschrift wird zwischen der Anordnung der Lager in den Ausführungsbeispielen gemäß Figuren 1, 2 und 4 einerseits und Figuren 3 und 5 andererseits unterschieden. Absatz [0034] nimmt im dritten Satz Bezug auf Figur 1 und besagt, dass "das Lager 17 [...] versetzt zu dem Pumpenwellenlager 25 angeordnet ist." Absatz [0052] bezieht sich auf Figur 3 und definiert, dass darin "die Lager [...] übereinandergesetzt angeordnet sind" (Unterstreichung jeweils durch die Kammer).
Vor dem Hintergrund dieses Gesamtzusammenhangs versteht die Kammer das Wort "über" daher im Sinne der in Figuren 3 und 5 gezeigten Anordnung, in welcher das Lager des Antriebskörpers das Lager der Welle radial umgreift.
1.3.2 Das Argument der Beschwerdeführerin, dass es wie schon hinsichtlich des Merkmals O.1.3 auch hinsichtlich des Merkmals K gewollt war, dass alle Ausführungsformen unter den Wortlaut fallen sollen, überzeugt die Kammer aus mehreren Gründen nicht. Zum Einen wurde das Merkmal K in leicht abgewandelter Formulierung aus Anspruch 15 aufgenommen und war daher nicht von Anbeginn als "erfindungsgemäß" dargestellt. Zum Anderen stützt die Beschreibung die Sichtweise, dass das Patent zwischen "versetzt" und "übereinander" angeordnet unterscheidet. Dass beide Varianten unter die Definition gemäß Merkmal K fallen sollen, lässt sich weder aus dem ursprünglichen Text der Anmeldung noch aus dem Patent ableiten.
1.3.3 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass in der Patentschrift lediglich in den Ausführungsbeispielen gemäß Figuren 3 und 5 das Lager des Antriebskörpers im Bereich über dem Lager der Welle angeordnet und damit das Merkmal K verwirklicht ist.
1.4 Artikel 100 b) EPÜ
1.4.1 Der Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung entgegen.
Das Patent offenbart nicht, wie die in Anspruch 1 definierte Kühlmittelpumpe ausgeführt werden kann. Insbesondere enthält es keine Angaben, wie gleichzeitig der Antriebskörper auf der Welle drehbar gelagert (Merkmal O.1.3) und das Lager des Antriebskörpers im Bereich über dem Lager der Welle angeordnet (Merkmal K) sein kann.
1.4.2 Die Beschwerdeführerin hat zu keinem Zeitpunkt bestritten, dass bei einer wie oben in den Punkten 1.1 und 1.2 begründeten, engen Auslegung des Merkmals O.1.3 die Erfindung in Kombination mit dem Merkmal K nicht ausführbar ist. Auch dem entsprechenden Hinweis der Kammer in ihrer Mitteilung (siehe Punkt 2.1.5) ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten.
1.4.3 Die Kammer hat folglich keinen Grund, von ihrer in der Mitteilung geäußerten Meinung abzuweichen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist daher nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen kann.
2. Hilfsanträge
Artikel 83 EPÜ
In allen Hilfsanträgen enthält der Anspruch 1 die Kombination der Merkmale O.1.3 und K. Der Gegenstand sämtlicher Hilfsanträge ist daher aus den oben dargelegten Gründen nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann ihn ausführen kann. Die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ sind daher nicht erfüllt. Die Beschwerdeführerin hat auch diesbezüglich keine Gegenargumente vorgebracht.
3. Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
Da die Beschwerdeführerin den Antrag auf Zurückverweisung nur für den Fall gestellt hat, dass die Kammer die angefochtene Entscheidung aufhebt, war über diesen Antrag nicht zu entscheiden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.