European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T228116.20191217 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 Dezember 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2281/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11725362.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60H 1/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERBESSERTE KLIMAANLAGENSTEUERUNG | ||||||||
Name des Anmelders: | PREH GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Behr-Hella Thermocontrol GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2576253 aufgrund des Artikels 101 (2) EPÜ zurückgewiesen worden ist.
II. Die Einspruchsabteilung hat u.a. entschieden, dass der jeweilige Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 und 5 im Hinblick auf das Dokument
EP 1 669 226 (D1)
neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
III. Am 17. Dezember 2019 wurde mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Der Anspruch 1 wie erteilt lautet wie folgt:
Steuerungsverfahren für eine Klimaanlage (1) eines Fahrzeugs, insbesondere Kraftfahrzeugs, wobei die Klimaanlage Folgendes aufweist:
einen Ventilator (2);
eine Temperiervorrichtung (3) zur Temperierung der in den Ventilator (2) und/oder aus dem Ventilator (2) strömenden Luft;
ein Luftverteilungssystem (4) zur Verteilung des durch den Ventilator (2) bewirkten Luftmassenstromes über mehrere Luftkanäle (4a-4d) auf zugehörige Luftaustrittsöffnungen (9a-9d);
mehrere motorisch stellbare Drosselklappen (5a-5d) zur Beeinflussung des Strömungswiderstandes in den Luftkanälen (4a-4d);
und eine Steuerelektronik (6) mit einer Bedieneinheit (11),
wobei das Verfahren Folgendes umfasst:
i) Auswerten der Einstellung der Bedieneinheit(11) zur Bereitstellung von einstellungsspezifischen Luftmassenwerten für die einzelnen Luftkanäle (4a-4d) und Selektion bestimmter Luftkanäle (4a-4d) in Abhängigkeit der Einstellung;
ii) Bestimmen desjenigen Luftkanals (4a4d) mit dem größten Druckverlust bei ungedrosselter Stellung der zugehörigen motorisch stellbaren Drosselklappe (5a-5d) aus den selektierten Luftkanälen (4a-4d), wobei das Bestimmen anhand von in der Steuerelektronik hinterlegten Kennfeldern erfolgt;
iii) Ermitteln eines erforderlichen Vordrucks für den bestimmten Luftkanal (4a-4d) mit dem größten, ungedrosselten Druckverlust;
iv) Steuerung der Ventilatorleistung in Abhängigkeit des erforderlichen Vordrucks und in Abhängigkeit der Summe der Luftmassenwerte der selektierten Luftkanäle (4a-4d);
v) Bestimmen der Drosselklappenstellungen der selektierten Luftkanäle (4a-4d) anhand des einstellungsspezifischen Luftmassenwertes derart, dass sich der erforderliche Vordruck einstellt, wobei die Drosselklappenstellung des bestimmten Luftkanals die ungedrosselte Stellung ist;
vi) Stellen der Drosselklappen (5a-5d) auf die zugehörigen, zuvor bestimmten Drosselklappenstellungen.
V. Die Argumente der Beschwerdeführerin - soweit sie für die Entscheidung wesentlich waren - lauteten wie folgt:
Die D1 treffe den Gegenstand von Anspruch 1 bzw. 5 neuheitsschädlich, mindestens aber sei deren Gegenstand nahegelegt.
Strittig sei nur das Merkmal ii) des erteilten Anspruchs 1 (bzw. 5).
So offenbare D1 in Paragraph [0012], dass ein Luftkanal ausgewählt werde nach der größten Klappenstellung und diese dann auf 100 Prozent gesetzt würde, um das Geräusch und die Energie zu optimieren.
Das aber müsse der Luftkanal sein, der den höchsten Druckverlust aufweise, da sonst eine Energie- und Geräuschoptimierung nicht stattfände.
Dem Hinweis der Energie- und Geräuschoptimierung könne der Fachmann zwangsläufig entnehmen, dass er den Luftkanal betrachten müsse, der den größten Druckverlust aufweise.
VI. Die Beschwerdegegnerin begegnete diesen Argumenten wie folgt:
Der Regelansatz bei D1 sei völlig anders als im Streitpatent. So offenbare D1 zunächst keinen Unterschied im Druckverlust verschiedener Luftkanäle bei vollkommen geöffneter Drosselklappe. Die Tatsache, dass es hier einen Unterschied gibt, wird in der Regelung von D1 nicht abgebildet.
Zum anderen regele D1 gemäß Paragraph [0012] auf den Luftkanal, der die größte Klappenöffnung habe. Das sei aber der, der den geringsten Druckverlust aufweise. Dies sei genau das Gegenteil von dem, was das Streitpatent offenbare. Somit müsse der Fachmann, um von D1 zum Streitpatent zu gelangen, zunächst den jeweiligen Druckverlust verschiedener Luftkänale bei vollkommen geöffneter Drosselklappe erkennen und dann in einem weiteren Schritt denjenigen Luftkanal auswählen, der den größten Druckverlust aufweise.
Insbesondere sei nicht klar, wie der Fachmann auf den letzten Schritt kommen würde, da D1 nur den Widerstand berücksichtige, den die Drosselklappe erzeuge. Hierbei werde gemäß Paragraph [0012] der Luftkanal mit der größten Klappenöffnung gewählt. Es sei ihm folglich völlig unklar, wie er diese Information mit dem behaupteten Fachwissen, dass er den Luftkanal mit dem größten Druckverlust auswählen müsse, um die Energie- und Geräuschoptimierung zu erzielen, in Einklang bringen könne.
Entscheidungsgründe
1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu im Hinblick auf D1 und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von D1, kombiniert mit dem allgemeinen Fachwissen, Artikel 54 und 56 EPÜ.
1.1 Die Kammer folgt hierbei vollumfänglich der Argumentation der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung.
1.2 Insbesondere hebt die Kammer hervor, dass gemäß dem Streitpatent der gerätespezifische Luftwiderstand (Druckverlust) eines Luftkanals ? unabhängig von der Einstellung der dazugehörigen Drosselklappe ? berücksichtigt wird.
Eine Betrachtung eines konstruktiv bedingten Druckverlustes findet in D1 nicht statt.
Im Gegenteil, D1 stellt ausschließlich auf die Einstellung der Drosselklappen ab.
1.3 Die Einsprechende argumentiert zwar, dass der Fachmann aus D1 den Hinweis entnehmen könne, dass Luftkanäle energie- und geräuschoptimiert angesteuert werden sollen und sich daraus für den Fachmann zwangsläufig ergebe, dass er den Luftkanal mit dem größten Druckverlust bei vollständig geöffneter Drosselklappe als Regelreferenz heranzöge.
Die Kammer ist indes der Auffassung, dass diese Sichtweise auf dem Wissen der Erfindung beruht.
So muss nämlich der Fachmann zunächst erkennen, dass er den konstruktiven Widerstand der Luftkanäle (Druckverlust bei vollkommen geöffneter Drosselklappe) isoliert zu betrachten hat (er könnte ja auch den Gesamtwiderstand aus konstruktivem Widerstand und Strömungswiderstand der Drosselkappe annehmen).
In einem zweiten Schritt muss der Fachmann dann erkennen, dass es der Luftkanal mit dem größten Druckverlust ist, der als Regelreferenz herangezogen wird. Diese beiden Schritte in Kombination würde der Fachmann nicht ohne erfinderisch tätig zu werden. vollziehen können.
Weiterhin stellt die Kammer fest, dass in D1 (dort Paragraph [0012]) derjenige Luftkanal ausgewählt wird, dessen Drosselklappe am weitesten geöffnet ist. Dies ist aber der Luftkanal mit dem geringsten Widerstand bzw. dem kleinsten Druckverlust. Somit hat die Kammer starke Zweifel, dass D1 den Fachmann überhaupt in die Richtung der strittigen Erfindung lenken würde.
So stellt sich nämlich die Frage, ob es für den Fachmann vor dem Ausgangspunkt der D1, dass der Luftkanal mit der größten Klappenöffnung die Regelreferenz darstellt, nicht eher nahe läge, unter Berücksichtigung des konstruktiven Luftkanalwiderstands den Luftkanal auszuwählen, der den geringsten Gesamtwiderstand aufweist.
2. Dasselbe gilt für den unabhängigen Anspruch 5.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.