T 1754/16 () of 6.12.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T175416.20191206
Datum der Entscheidung: 06 Dezember 2019
Aktenzeichen: T 1754/16
Anmeldenummer: 10001643.5
IPC-Klasse: F04B 43/00
F04B 49/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Dosierpumpenaggregat sowie Verfahren zur Steuerung eines Dosierpumpenaggregates
Name des Anmelders: Grundfos Management A/S
Name des Einsprechenden: ProMinent GmbH
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (nein)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsantrag (nein)
Patentansprüche - Stützung durch die Beschreibung (ja)
Änderungen - Zwischenverallgemeinerung
Spät eingereichte Hilfsanträge - Antrag eindeutig gewährbar (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Lösung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 23. Mai 2016, den Einspruch zurückzuweisen.

Die Einspruchabteilung erkannte auf Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 sowie auf erfinderische Tätigkeit.

Dabei berücksichtigte sie insbesondere die Dokumente

D1: DE 10 2005 039 772 A1

D2: DE 27 59 056 A1.

II. Die Beschwerde wurde am 21. Juli 2016 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr eingelegt. Eine Beschwerdebegründung folgte am 12. September 2016.

III. In einem Bescheid vom 27. Mai 2019 gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung bei gleichzeitiger Ladung zur mündlichen Verhandlung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 6. Dezember 2019 in Anwesenheit aller am Beschwerdeverfahren beteiligten Parteien statt.

IV. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende beantragt die Aufhebung der Entscheidung und den vollständigen Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 6, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung vom 30. November 2016, oder des Hilfsantrages 1a, eingereicht mit Schreiben vom 6. November 2019.

V. Anspruch 1 hat in den für diese Entscheidung relevanten Anträgen der Beschwerdegegnerin-Pateninhaberin jeweils den folgenden Wortlaut.

Hauptantrag (wie erteilt)

"Dosierpumpenaggregat mit einem Dosierraum (16), einem an diesen angrenzend angeordneten, durch einen Verdrängerantrieb (6) bewegbaren Verdrängerkörper (14) sowie eine Steuereinrichtung (26) zur Ansteuerung des Verdrängerantriebs (6),

dadurch gekennzeichnet, dass

die Steuereinrichtung (26) derart ausgebildet ist, dass sie zumindest für bestimmte von der Dosierpumpe zu erzeugende Soll-Förderströme den Verdrängerantrieb (6) derart ansteuert, dass ein Druckhub des Verdrängerkörpers (14) mit einer ersten erhöhten Hubgeschwindigkeit (n1) begonnen und anschließend mit einer zweiten geringeren Hubgeschwindigkeit (n2) fortgesetzt wird."

Hilfsantrag 1 wie Hauptantrag mit folgenden Änderungen:

"[... fortgesetzt wird],

wobei die erhöhte Hubgeschwindigkeit (n1) zu Beginn des Druckhubes einen Impuls mit einem erhöhten Druck bewirkt."

Hilfsantrag 1a wie Hauptantrag mit folgenden Änderungen:

"[... fortgesetzt wird],

wobei die erhöhte Hubgeschwindigkeit (n1) zu Beginn des Druckhubes einen schnellen Druckanstieg mit einem erhöhten Druck bewirkt, welcher ein dichtes, zuverlässiges Schließen eines saugseitigen Rückschlagventils (22) bewirkt."

Hilfsantrag 2 wie Hauptantrag mit folgenden Änderungen:

"[... die Steuereinrichtung (26) derart ausgebildet ist, dass sie] [deleted: zumindest ]für [deleted: bestimmte von der Dosierpumpe zu erzeugende Soll-]Förderströme unterhalb eines vorbestimmten Grenzwertes [den Verdrängerantrieb (6) derart ansteuert, dass ...]"

Hilfsantrag 3 wie Hauptantrag mit folgenden Änderungen:

"[... fortgesetzt wird],

dass die erste erhöhte Hubgeschwindigkeit (n1) schneller als für einen Soll-Förderstrom erforderlich eingestellt wird und

dass die zweite geringere Hubgeschwindigkeit (n2) langsamer als für einen Soll-Förderstrom erforderlich eingestellt wird."

Hilfsantrag 4 wie Hauptantrag mit folgenden Änderungen:

"[... fortgesetzt wird],

wobei die erste erhöhte Hubgeschwindigkeit (n1) schneller als für einen Soll-Förderstrom erforderlich eingestellt wird,

dass die zweite geringere Hubgeschwindigkeit (n2) langsamer als für einen Soll-Förderstrom erforderlich eingestellt wird, und

dass die erste (n1) und die zweite (n2) Hubgeschwindigkeit sowie die Dauer des Teilhubs mit der ersten Hubgeschwindigkeit (n1) von der Steuereinrichtung (26) derart eingestellt werden, dass über den gesamten Druckhub (32) ein durchschnittlicher Förderstrom erreicht wird, welcher einem Soll-Förderstrom entspricht."

VI. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende trägt im wesentlichen folgendes vor:

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei aus D1 und D2 bekannt.

Die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 vorgenommenen Änderungen seien nicht klar und nicht ursprünglich offenbart.

Die Hilfsanträge 2 bis 4 seien nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen, da sie nicht konvergierend zu den jeweils höherrangigen Hilfsanträgen seien.

Die in Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 bis 4 aufgenommenen Merkmale seien darüber hinaus selbstverständlich bzw. willkürlich.

Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin trägt im wesentlichen folgendes vor:

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei neu gegenüber der Offenbarung der D1 und D2. Es sei aus dem Stand der Technik weder bekannt, noch nahegelegt, eine erhöhte Hubgeschwindigkeit eines Verdrängerkörpers einer Dosierpumpe zu Beginn des Dosierhubs einzustellen und anschließend durch eine niedrigere Hubgeschwindigkeit wieder auszugleichen. Dies ermögliche ein rasches und zuverlässiges Schließen des Rückschlagventils am Einlass des Dosierraums und trage dadurch zur Erhöhung der Dosiergenauigkeit bei.

In den unabhängigen Ansprüchen der Hilfsanträge 1, 1a uns 2 bis 4 werde dies nochmals verdeutlicht und detaillierter beansprucht.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 sei für den Fachmann klar und enthalte alle wesentlichen Merkmale der Offenbarungsgrundlage auf Seite 5, Zeilen 2 - 4 der Offenlegungsschrift.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig

2. Gegenstand des Patents und der Erfindung

2.1 Das Patent befasst sich mit einer Dosierpumpe mit reziprok bewegtem, eine Dosierkammer begrenzenden Verdrängerkörper, wie einer Membran. Durch einen Saughub des Verdrängerkörpers wird Flüssigkeit in die Dosierkammer befördert und anschließend durch einen entgegengesetzten Druckhub des Verdrängerkörpers wieder aus der Dosierkammer herausbefördert. Die Hubgeschwindigkeit des Verdrängerkörpers beim Druckhub muss über eine Ansteuerung des Verdrängerantriebs so eingestellt und geregelt werden, dass innerhalb einer bestimmten Zeit eine bestimmte Flüssigkeitsmenge abgegeben oder "dosiert" wird. Aufgrund von Reibungs- und Trägheitsseffekten des Verdrängerkörpers und von Rückschlagventilen in Ein- und Auslass der Dosierkammer sowie aufgrund von Verformungen elastischer Dichtungen setzt eine tatsächliche Dosierung erst nach Beginn der Ansteuerung des Verdrängerantriebs ein. Dies führt zur Ungenauigkeit der Dosierung, wenn eine auf der Annahme einer idealen gleichmäßigen Förderung über die gesamte Zeit basierende, einheitliche Hubgeschwindigkeit eingestellt und geregelt wird.

2.2 Die Erfindung will dem dadurch entgegenwirken, das der Verdängerkörper zu Beginn des Druckhubs mit einer über der einheitlichen Hubgeschwindigkeit liegenden Sollgeschwindigkeit angesteuert wird, was den Verdrängerkörper schneller in Gang setzt und durch einen rascheren Druckanstieg die Rückschlagventile schneller triggert. Zum Ausgleich kann danach eine geringere als die einheitliche Hubgeschwindigkeit eingestellt werden, so dass sich im Endeffekt unter Berücksichtigung der Dauer der jeweiligen Ansteuerungen präzise die gewünschte Dosierung ergibt.

3. Hauptantrag - Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs ist ist nicht neu im Sinne von Artikel 54(1), (2) EPÜ gegenüber der Offenbarung der D1 und der D2.

3.1 D1 (Absatz [0064], Fig. 1; Absätze [0072] - [0075], Fig. 3) und D2 (Seite 23, erster Absatz, Fig. 1; Seite 24, zweiter Absatz - Seite 26, zweiter Absatz, Fig. 6) offenbaren ein Dosierpumpenaggregat (10) nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 mit einem Dosierraum (16; 14), einem an diesen angrenzend angeordneten, durch einen Verdrängerantrieb (2, 17; 20) bewegbaren Verdrängerkörper (13, 30; 12, 16) sowie eine Steuereinrichtung (38, 40; 76) zur Ansteuerung des Verdrängerantriebs.

3.2 Der Wortlaut des Anspruchs 1 erfordert nun, dass die Steuereinrichtung (derart ausgebildet ist, dass sie) den Verdrängerantrieb derart ansteuert, dass ein Druckhub des Verdrängerkörpers mit einem bestimmten Geschwindigkeitsprofil abläuft.

3.2.1 Die Kammer versteht die Begriffe Druckhub und Saughub als reziproke Bewegungen eines Verdrängerkörpers in einem Dosierraum zwischen einem ersten Tot- oder Umkehrpunkt, in dem der Verdrängerkörper ein maximales Volumen in dem Dosierraum begrenzt, und einem zweiten Tot- oder Umkehrpunkt, in dem der Verdrängerkörper ein minimales Volumen in dem Dosierraum begrenzt.

Dies entspricht der Definition von Druckhub und Saughub in Absatz [0009] der Patentschrift und dem in Fig. 2 der Patenschrift gezeigten Ausführungsbeispiel: Dort ist die gesamte Hublänge des Druckhubs dargestellt von 0% bei Punkt 30 (erster Totpunkt), an dem der Druckhub beginnt, bis 100% bei Punkt 32 (zweiter Totpunkt), an dem der Druckhub endet, siehe Absatz [0025] der Patentschrift. In Absatz [0027] wird die gesamte Hublänge bzw. der Gesamthub mit dem Bezugszeichen 32 bezeichnet.

3.2.2 Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin liest hingegen Anspruch 1 eingeschränkter.

Zum einen versteht sie, dass die Steuereinrichtung derart ausgebildet ist, dass sie den Verdrängerkörper "bewusst" mit einer vorgegebenen ersten erhöhten Hubgeschwindigkeit ansteuert, also nicht nur eine erhöhte Hubgeschwindigkeit - wie auch immer - bewirkt.

Zum anderen bezeichnet "Druckhub" ihrer Ansicht nach nur die Bewegungsphase des Verdrängerkörpers, in der er tatsächlich nach Öffnung des Auslassventils Medium aus dem Dosierraum fördert. Der gesamte Hubweg des Verdrängerkörpers sei demnach länger als der in Fig. 2 der Patentschrift gezeigte Druckhub bzw. setze bereits vor Punkt 30 ein, da der Verdrängerkörper erst eine Aufpumpphase durchlaufe, in der er sich zwar (vom ersten Totpunkt weg) bewege, diese Bewegung aber keine Verringerung des Dosierraum-Volumens verursache, keinen Druck aufbaue und vor allem kein Medium aus dem Dosierraum fördere oder "dosiere". Eine Förderung während der Aufpumpphase erfolge nicht, da das Auslassventil noch vom vorhergehenden Saughub geschlossen sei. Das Dosierraum-Volumen werde nicht verkleinert und der Druck innerhalb des Dosierraums nicht erhöht, da das zu fördernde Medium inkompressibel sei, zunächst alle dehnbaren Begrenzungen des Dosierrums nachgäben und noch Leckagen durch das noch nicht vollständig geschlossene Einlassventil erfolgten.

Der Druckhub des Anspruchs 1 sei folglich gleichzusetzen mit "Dosierhub". Dass gleich zu Beginn eines solchen anspruchsgemäßen Druckhubs Medium dosiert oder gefördert werde, gehe eindeutig aus den Absätzen [0009], [0012], [0016] und [0017] der Patentschrift hervor.

3.2.3 Die Kammer kann in Anspruch 1 auch im Lichte der Gesamtoffenbarung keine derartigen Einschränkungen erkennen.

Dass "bewusst" eine bestimmte Hubgeschwindigkeit von der Steuereinrichtung angesteuert wird, nämlich über Drehzahl- oder Geschwindigkeitsvorgaben für den Verdrängerantrieb, stellt lediglich eine bevorzugte, im abhängigen Anspruch 3 definierte Option für die Steuereinrichtung nach Anspruch 1 dar. Auch lässt sich aus den abhängigen Ansprüchen 5 bis 7 ableiten, dass die Steuereinrichtung nur bevorzugt eine bestimmte Hubgeschwindigkeit einstellt, also durch Ansteuerung vorgibt.

Folglich kann Anspruch 1 nicht implizit eine diesbezügliche Einschränkung der Steuereinrichtung enthalten.

Auch scheint es sich nicht aus dem Patent zu ergeben, dass ein Druckhub nur dann vorliegt, wenn Medium gefördert wird, also erst nach der sog. Aufpumpphase.

Gerade weil das Auslassventil in dieser Phase noch geschlossen ist, muss durch die Bewegung des Verdrängerkörpers vom ersten Totpunkt weg Druck aufgebaut werden, um es zu öffnen. Denn die Ventile sind, wie die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin ausführt, in ihrer Schließstellung üblicherweise schwerkraftbeaufschlagt. Gerade wenn sich ein annähernd inkompressibles Medium in der Dosierkammer befindet, muss zudem das Volumen der Dosierkammer verkleinert werden, um mit dem Medium das Einlassventil vollständig zuzudrücken und das Auslassventil gegen die Schwerkraft aufzudrücken. Den Gesamthubweg des Verdrängerkörpers als "Druckhub" zu verstehen, steht demnach in Einklang mit den Abläufen in der Dosierkammer: Von Beginn des Hubs, also der Bewegung des Verdrängerkörpers, an wird Druck aufgebaut, auch bereits in der Aufpumpphase.

Auch die von der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin zitierten Passagen der Patentschrift scheinen dieses Verständnis von Druckhub zu bestätigen bzw. nicht im Widerspruch dazu zu stehen:

Absatz [0009] besagt, dass sich bei einem Druckhub das Volumen des Dosierraums verkleinert.

Absatz [0012] spricht von "zu förderndem Medium", also Medium in der Dosierkammer, auf das zu Beginn des Druckhubs ein schneller Druckanstieg ausgeübt wird, der "ein schnelles Schließen des Rückschlagventils [hier: Einlassventil] veranlasst", Absatz [0016] von einem schnellen anfänglichen "Druckanstieg auf das zu fördernde Medium", "welcher zu einem zuverlässigen Schließen der Ventile, insbesondere des Ventils im Saugkanal führt". Ein solch schneller Druckanstieg kann wohl nur während der Aufpumpphase erfolgen, wenn das Auslassventil noch geschlossen ist, und die schnelle Bewegung des Verdrängerkörpers deshalb eben nicht unmittelbar in einem hohen Förderstrom resultiert.

Dem Absatz [0017] kann die Kammer ebenfalls nicht entnehmen, dass mit Druckhub nur eine Hubbewegung des Verdrängerkörpers nach einer Aufpumpphase gemeint sein kann, in der notwendigerweise Medium gefördert werden muss: Ein durchschnittlicher Soll-Förderstrom über einen gesamten Druckhub kann ohne weiteres auch dann erreicht werden werden, wenn der gesamte Druckhub Phasen, wie eine Aufpumpphase, ohne jeglichen Förderstrom umfasst.

3.3 Die Fig. 14 bis 16 und 18 der D1 zeigen Ist-Verläufe eines Druckhubs des Verdrängerkörpers (Position über Zeit, siehe Absatz [0080]), die das Ergebnis einer Ansteuerung seines Verdrängerantriebs gemäß einer vorgegebenen Steuerkurve sind (z.B. 38 in Fig. 4, siehe Absätze [0073] - [0075]). Demnach muss die Steuereinrichtung der D1 derart ausgebildet sein, dass sie den Verdrängerantrieb derart ansteuert, dass sein Druckhub zeitlich so verläuft, wie in Fig. 14 - 16 und 18 dargestellt.

Zu erkennen ist, dass der Druckhub ca. 40 ms nach erster Ansteuerung fast schlagartig, also mit einer ersten erhöhten Hubgeschwindigkeit, beginnt, anschließend die Regelung eingreift und die Hubgeschwindigkeit deutlich auf eine zweite geringere Hubgeschwindigkeit senkt, bevor diese sich schließlich nach ca. 50 ms auf eine von der Steuereinrichtung vorgegebene Soll-Hubgeschwindigkeit eingependelt hat.

Somit offenbart D1 auch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1.

3.3.1 Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin kommt aufgrund ihrer Anspruchsinterpretation (siehe oben Punkt 2.2.2) zu dem Ergebnis, dass weder die in D1 gezeigten Ist-Verläufe die beanspruchte "beabsichtigte" Ansteuercharakteristik darstellen, noch die Anfangsbewegung des Verdrängerkörpers bei 40ms zum Druckhub zu rechnen ist.

Die Lehre der D1, siehe Absätze [0030] und [0081], sei geradezu gegensätzlich zur erfindungsgemäßen und sehe vor, zu Beginn des Druckhubs die Hubgeschwindigkeit niedrig zu halten, um Drucksspitzen explizit zu vermeiden.

Diese Unterschiede begründeten die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 gegenüber der Offenbarung der D1.

3.3.2 Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin erkennt jedoch an, dass bei Zugrundelegung der abweichenden, von der Kammer vorgenommenen Auslegung des Begriffs "Druckhub" (siehe oben Punkte 2.2.1, 2.2.3) dieser mit dem plötzlichen Losbrechen des Verdrängerkörpers beginnt.

Die Kammer stimmt zu, dass dieses plötzliche Losbrechen des Verdrängerkörpers nicht beabsichtigt, sondern möglicherweise Folge von anfänglichen Trägheits- und Reibungseffekten ist. Nichtsdestotrotz ist Anspruch 1 so breit gefasst, dass er auch solche "unbeabsichtigten" faktischen Ergebnisse einer Ansteuerung umfasst (siehe oben Punkt 2.2.3).

Dass danach erst die in D1 angestrebte geringere Anlaufgeschwindigkeit des Verdrängerkörpers erreicht wird, führt ja gerade zur neuheitsschädlichen Vorwegnahme des Gegenstands von Anspruch 1 durch D1.

3.4 Unstreitig offenbart D2 eine Ansteuerung des Verdrängerantriebs derart, dass sich der Verdrängerkörper während einer Aufpumpphase (Seiten 16/17 überbrückender Satz) mit einer ersten erhöhten Hubgeschwindigkeit und anschließend, sobald der Druck zum Öffnen des Auslassventils erreicht ist, mit "Normalgeschwindigkeit" bewegt, also mit einer zweiten geringeren Hubgeschwindigkeit (Seite 19, Ende des ersten Absatzes, Seite 29, Seite 30, Mitte).

Da die Kammer im Gegensatz zur Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin die Aufpumpphase als Teil des Druckhubs ansieht (siehe oben Punkt 2.2), erachtet sie demnach auch die Merkmale des kennzeichnenden Teils von Anspruch 1 als in D2 offenbart.

4. Hilfsantrag 1 - Klarheit und unzulässige Erweiterung

4.1 Der dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügte Ausdruck "Impuls mit einem erhöhten Druck" ist nicht klar im Sinne von Artikel 84 EPÜ.

4.1.1 Zwar mögen die Begriffe "Druckimpuls", "Druckspitze", "schneller Druckanstieg" und "erhöhter Druck" dem Fachmann im Zusammenhang mit Dosierpumpen durchaus geläufig sein, wie die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin argumentiert.

4.1.2 Anspruch 1 enthält aber eben nicht einen dieser Fachbegriffe, sondern definiert einen Impuls, der einen erhöhten Druck aufweist. Was unter diesem von den Fachbegriffen abweichenden Ausdruck genau zu verstehen sein soll, erschließt sich dem Fachmann nicht unmittelbar.

4.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 geht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Artikel 123(2) EPÜ).

4.2.1 Die dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale gehen auf Absatz [0023] der Offenlegungsschrift zurück, in dem es heißt:

"Die erhöhte Hubgeschwindigkeit aufgrund der erhöhten Drehzahl n1 bewirkt zu Beginn des Hubes einen Impuls bzw. schnellen Druckanstieg auf das Fluid im Dosierraum 16. d.h. einen erhöhten Druck, welcher ein dichtes, zuverlässiges Schließen des saugseitigen Rückschlagventils 22 bewirkt."

Die Merkmale hinsichtlich des Schließens des Rückschlagventils sind jedoch nicht in Anspruch 1 übernommen worden.

4.2.2 Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin sieht in diesen Merkmalen lediglich das inhärente Ergebnis des Druckanstiegs, auf das die Steuereinrichtung keinen Einfluss hat. Da sie nicht zum von der Steuereinrichtung bewirkten Verfahrensablauf gehörten, führe ihre Abwesenheit in Anspruch 1 nicht zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung.

4.2.3 Nach Ansicht der Kammer ist die Schnelligkeit des Druckanstiegs bzw. die Höhe des Drucks in obiger Passage über die dadurch zu erzielende Wirkung "zuverlässiges dichtes Schließen des saugseitigen Rückschlagventils" definiert und eingeschränkt. Das Fehlen dieser funktionalen Definition und Einschränkung des relativen Begriffs "erhöht" in Anspruch 1 stellt deshalb eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar.

5. Hilfsanträge 1a und 2 bis 6 - Zulassung

5.1 Hilfsantrag 1a ist nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung eingereicht worden. Seine Zulassung unterliegt somit dem Ermessen der Kammer nach Maßgabe des Artikels 13(3) VOBK 2007. Nach ständiger Rechtsprechung hängt die Zulassung solch verspäteter Anträge unter anderem von ihrer offensichtlichen Gewährbarkeit ab, siehe hierzu RdBK, 9.Auflage 2019, V.A.4.5.1 a).

5.1.1 Die zusätzlich in Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale sind unabdingbare Voraussetzungen der in D2 beschriebenen Aufpumpphase und scheinen deshalb bereits in D2 offenbart. Die erhöhte Hubgeschwindigkeit während der Aufpumpphase bewirkt dort einen schnellen Druckanstieg mit einem erhöhten Druck, da das Auslassventil noch geschlossen ist. Dieser Druck wirkt gleichermaßen auf Einlass- und Auslassventil und muss damit auch ein dichtes, zuverlässiges Schließen des Einlassventils bewirken. Andernfalls könnte die Dosierpumpe der D2 nicht ihre Grundfunktion "Dosieren" erfüllen. Das Streitpatent mag danach streben, dies schneller als im Stand der Technik zu erreichen - ein solches schnelleres Schließen des Einlassventils geht aber aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 nicht hervor, der auch die "Normalfunktion" der Dosierpumpe nach D2 umfasst.

5.1.2 Da somit der Gegenstand seines Anspruchs 1 als nicht neu erscheint, ist Hilfsantrag 1a nicht offensichtlich gewährbar. Daher entschied die Kammer, diesen Antrag in Ausübung ihres Ermessens nicht zuzulassen.

5.2 Die Hilfsanträge 2 bis 4 wurden von der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt. Sie wurden mit der fristgerechten Erwiderung auf die Beschwerdebegründung eingereicht und substantiiert.

Das von der Beschwerdeführerin-Einsprechenden angewandte Konvergenz-Kriterium ist im vorliegenden Fall nicht maßgeblich. Die Kammer sah daher keinen stichhaltigen Grund, unter Anwendung von Artikel 12(4) VOBK 2007 diese Anträge nicht zum Verfahren zuzulassen.

6. Hilfsantrag 2 - Erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

6.1 Zwar mag keines der Dokumente D1 und D2 einen vorbestimmten Grenzwert offenbaren. Anspruch 1 ist aber so allgemein formuliert, dass keine technische Aufgabe erkennbar ist, die durch das Vorsehen dieses vorbestimmten Grenzwerts gelöst wird.

6.1.1 Zunächst ist fraglich, ob Anspruch 1 tatsächlich die von der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin geltend gemachte Einschränkung umfasst, dass die Steuereinrichtung nur oder ausschließlich unterhalb eines vorbestimmten Grenzwerts den Verdrängerantrieb derart ansteuert, dass der anspruchsgemäße Geschwindigkeitsverlauf erzielt wird. Weder ist dies explizit beansprucht,noch durch die entsprechende Beschreibungspassage in Absatz [0024] der Patentschrift gestützt. Danach ist die spezielle Antriebscharakteristik für geringe Förderströme unterhalb eines bestimmten Grenzwerts bevorzugt, kann aber auch für andere Förderströme zum Einsatz kommen.

6.1.2 Selbst wenn der Fachmann "unterhalb" in Anspruch 1 eindeutig als "nur unterhalb" verstünde, ist die Höhe des Grenzwerts in Anspruch 1 völlig unbestimmt und nicht einmal auf die relativen Begriffe "gering" des oben erwähnten Absatzes [0024] oder "sehr gering" des von der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin angezogenen Absatzes [0006] beschränkt. Selbst der maximal mögliche Förderstrom einer Förderpumpe wie in D1 oder D2 kann ein "vorbestimmter Grenzwert" im Sinne des Anspruchs 1 sein. Weil die Höhe des Grenzwerts nicht eingeschränkt ist, geht auch die Argumentation der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin hinsichtlich der vor allem bei niedrigen Förderströmen erzielten Vorteile der beanspruchten Ansteuerung (siehe Absatz [0006] der Patentschrift)ins Leere.

Somit erscheint die zusätzliche Berücksichtigung eines beliebigen vorbestimmten Grenzwerts bei den Dosierpumpen der D1 und D2 als willkürliche Maßnahme, die keine erfinderische Tätigkeit begründen kann.

7. Hilfsantrag 3 - Erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

7.1 Im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 werden zum einen die relativen Begriffe "erhöhte" und "geringere Hubgeschwindigkeit" durch Bezug auf einen Soll-Förderstrom konkretisiert. Ein Soll-Förderstrom ergibt sich aus den Zielvorgaben für eine Dosierpumpe hinsichtlich der zu fördernden Menge an Medium innerhalb einer zur Verfügung stehenden Zeit. Die Erzielung eines solchermaßen vorgegeben Soll-Förderstroms "erfordert" eine durchschnittliche Hubgeschwindigkeit über die jeweils gesamte Hublänge.

Zum anderen werden die Hubgeschwindigkeiten - anders als bei den vorangehenden Anträgen - nicht nur im Ergebnis erreicht, sondern bewusst von der Steuereinrichtung vorgegeben bzw. "eingestellt".

7.2 Als nächster Stand der Technik kommt die Dosierpumpe der D2 in Betracht, bei der die Steuereinrichtung eine erste erhöhte Hubgeschwindigkeit einstellt, die schneller als die für einen Soll-Förderstrom erforderliche "Normalgeschwindigkeit" ist (Seite 19 unten).

7.2.1 Gemäß D1 wird umgekehrt zu Beginn des Druckhubs erst eine niedrigere, dann eine höhere Hubgeschwindigkeit angestrebt (Absätze [0080], [0081], Fig. 14 - 18). Mit der höher eingestellten Hubgeschwindigkeit wird der Druckhub aber eben nicht begonnen, wie in Anspruch 1 gefordert. Deshalb ist die anschließende erneute Absenkung der Hubgeschwindigkeit gegen Ende des Druckhubes (siehe Fig. 14), die die Beschwerdeführerin-Einsprechende als zweite geringer eingestellte Hubgeschwindigkeit ansieht, nicht relevant für das Dosierpumpenaggregat nach Anspruch 1.

7.2.2 Dieses unterscheidet sich dadurch von der Dosierpumpe der D2, dass die zweite geringere Hubgeschwindigkeit langsamer als für einen Soll-Förderstrom erforderlich eingestellt wird.

7.3 Da keine objektive technische Aufgabe erkennbar ist, die durch die technische Wirkung des unterschiedlichen Merkmals gelöst wird, beruht dieses auf einer willkürlichen Festsetzung und kann keine erfinderische Tätigkeit begründen.

7.3.1 Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin definiert als technische Aufgabe, die Dosiergenauigkeit der Dosierpumpe nach D2 zu verbessern, indem ein überhöhter Förderstrom zu Anfang des Druckhubs mit einem später "künstlich" erniedrigten Förderstrom kompensiert wird, und so die gesamte Dosiermenge nicht verfälscht.

Zumindest werde durch die Dosierpumpe nach Anspruch 1 die Möglichkeit einer solchen Kompensation bereitgestellt.

7.3.2 Nach Ansicht der Kammer führte eine Anwendung des unterschiedlichen Merkmals in D2 aber nicht zu einer verbesserten, sondern einer verschlechterten Dosiergenauigkeit.

Denn nach D2 soll nur genau so lange eine erhöhte Hubgeschwindigkeit eingestellt werden, wie kein Medium gefördert wird. Sobald der zum Öffnen des Auslassventils erforderliche Druck und damit das definierte Ende der Aufpumpphase erreicht ist, wird auf Normalgeschwindigkeit abgesenkt, das Medium also von Beginn seiner Förderung bzw. Dosierung an mit einem Soll-Förderstrom dosiert (Seiten 19, 30). Eine anspruchsgemäße Absenkung auf eine Hubgeschwindigkeit unter Normalgeschwindigkeit, also langsamer als für den Soll-Förderstrom erforderlich, würde in D2 zwangsläufig zu einer Unterdosierung führen.

8. Hilfsantrag 4 - Erfinderische Tätigkeit

Für diesen Hilfsantrag wird von der Beschwerdeführerin-Einsprechenden nur die erfinderische Tätigkeit verneint.

8.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der Dosierpumpe nach D2 zusätzlich durch folgende Maßnahmen: Die erste und zweite Hubgeschwindigkeit und die Dauer des ersten Teilhubes werden derart eingestellt, dass über den gesamten Druckhub ein durchschnittlicher Soll Förderstrom erreicht wird. Dadurch kann auch bei anfänglich erhöhter Hubgeschwindigkeit genau dosiert werden, ohne dass auf die komplexe und möglicherweise fehleranfällige Einstellung der Hubgeschwindigkeiten in Abhängigkeit des exakten Endes der Aufpumpphase bzw. Beginns der Dosierphase nach D2 zurückgegriffen werden muss. Denn eine anfängliche Überdosierung durch einen Teilhub mit erhöhter Hubgeschwindigkeit über die Aufpumpphase hinaus kann in Kauf genommen und anschließend wieder zuverlässig kompensiert werden.

Als zu lösende Aufgabe kann demnach die Bereitstellung einer zuverlässig und genau arbeitenden Steuereinrichtung für die Dosierpumpe nach D2 angesehen werden.

8.2 Das Konzept, eine anfängliche Über- und somit Fehldosierung billigend in Kauf zu nehmen, also einen möglichen zufälligen Fehler durch einen einkalkulierten zu ersetzen, um letztendlich durch dessen Kompensation die Dosierung insgesamt genauer und zuverlässiger zu gestalten, ist weder aus dem bekannten Stand der Technik, noch unter Berücksichtigung von Fachwissen nahegelegt.

D2 strebt im Gegenteil danach, eine mögliche Fehldosierung durch punktgenaues Umschalten auf Normalgeschwindigkeit zum Ende der Aufpumpphase von vorneherein auszuschließen.

8.2.1 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hält die spätere Kompensation einer anfänglichen überhöhten Hubgeschwindigkeit durch eine anschließende zu niedrige Hubgeschwindigkeit für eine selbstverständliche fachliche Maßnahme, um über den gesamten Druckhub die angestrebte, dem Soll-Förderstrom entsprechende Soll-Hubgeschwindigkeit zu erreichen. Dies müsse immer so geschehen, um letztendlich die dem Soll-Förderstrom entsprechende Dosiermenge zu erhalten.

8.2.2 Nach Ansicht der Kammer stellt die Herabsetzung der Hubgeschwindigkeit unter die für einen Soll-Förderstrom erforderliche jedoch nicht einen selbstverständlichen Inhalt oder eine Ergänzung der Lehre der D2 dar, sondern eine Abkehr hiervon. Denn D2 lehrt explizit, nach einer erhöhten Hubgeschwindigkeit auf "Normalgeschwindigkeit" oder Soll-Hubgeschwindigkeit zurückzukehren, weil die anfänglich erhöhte Hubgeschwindigkeit keinerlei Einfluss auf die Dosierung haben soll. Folglich entspricht die Normalgeschwindigkeit der D2 auch nicht der durchschnittlichen Sollgeschwindigkeit über den gesamtem Druckhub, sondern nur über den Dosierhub nach der Aufpumpphase. Da Aufpump- und Dosierphase völlig unabhängig voneinander betrachtet und geregelt werden, besteht keinerlei Notwendigkeit der Kompensation einer nach D2 nicht eintretenden anfänglichen Überdosierung.

8.2.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

9. Anpassung der Beschreibung

Die von der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung überreichten, an den Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 4 angepassten Beschreibungsseiten genügen den Erfordernissen des EPÜ, insbesondere Artikel 83, 84 und Regel 42(1)c).

9.1 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende bemängelt, die unverändert übernommenen Absätze [0019] und [0028] der Patentschrift erweiterten die Lehre des Anspruchs 1 bzw. stünden in Widerspruch zu dieser.

Anspruch 1 erlaube nämlich nur genau zwei eingestellte Hubgeschwindigkeiten während eines Druckhubs, also weder die in den Absätzen [0019] und [0028] beschriebenen Übergangsstufen zwischen diesen, noch die nachfolgenden weiteren Hubgeschwindigkeiten des Absatzes [0028].

9.2 Nach Ansicht der Kammer enthält Anspruch 1 keine Einschränkungen auf genau zwei Hubgeschwindigkeiten, lediglich auf eine erste, erhöhte zu Beginn des Druckhubs und eine zweite, daran anschließende und niedrigere.

9.2.1 Da ein Patentanspruch nicht sämtliche Merkmale seines Gegenstands abschließend definiert, ist das Vorhandensein einer darauf folgenden dritten, vierten usw. Hubgeschwindigkeit bis zum Ende des Druckhubs nicht vom Wortlaut des Anspruchs 1 ausgeschlossen. Insoweit entsteht keine Unstimmigkeit zwischen Beschreibung und Anspruch, die zu mangelnder Klarheit des Anspruchs führen würde.

Auch ist die beanspruchte Steuerung auch mit mehr als zwei Hubgeschwindigkeiten widerspruchsfrei ausführbar. Zumindest müssen die in Anspruch 1 erwähnten Stellgrößen erste Hubgeschwindigkeit, zweite Hubgeschwindigkeit und Länge des ersten Teilhubs derart eingestellt werden, dass auch unter Berücksichtigung der weiteren Hubgeschwindigkeiten und Teilhübe der Soll-Förderstrom erzielt wird, was durchaus möglich ist. Zusätzlich können aber auch die Höhe der weiteren Hubgeschwindigkeiten und die Länge der weiteren Teilhübe entsprechend angepasst werden, wie in Absatz [0028] ausgeführt ist.

9.2.2 Aufgrund des Ausdrucks "anschließend" in Anspruch 1 können die in den Absätzen [0019] und [0028] erwähnten Hubgeschwindigkeits-Zwischenstufen lediglich beim Übergang von der ersten zur zweiten Hubgeschwindigkeit auftreten, also nur kurzfristig. Dies entspricht dem in diesen Absätzen verwendeten Begriff "Änderung" bzw. "ändert". Somit ist Anspruch 1 auch von den Absätzen [0019] und [0028] der Beschreibung gestützt.

Wenn die Hubgeschwindigkeits-Zwischenstufen nur übergangsweise, also kurzfristig auftreten, können sie vermutlich bei der beanspruchten Anpassung der Stellgrößen zur Erzielung des Soll-Förderstroms vernachlässigt werden. Sie können aber auch, falls erforderlich, berücksichtigt werden, wie oben unter Punkt 7.2.1 für die weiteren Hubgeschwindigkeiten beschrieben. In jedem Fall stellt auch die in den Absätzen [0019] und [0028] beschriebene Änderung der Hubgeschwindigkeiten kein Hindernis für die Ausführung des Gegenstands von Anspruch 1 dar.

10. Ergebnis

Der Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 3 der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin sind nicht gewährbar.

Ihr Hilfsantrag 1a ist nicht zum Verfahren zugelassen worden.

Dagegen erfüllt das Patent unter Berücksichtigung der nach ihrem Hilfsantrag 4 vorgenommenen Änderungen die Erfordernisse des EPÜ, so dass es nach Artikel 101(3)(a) EPÜ in dieser geänderten Fassung aufrechterhalten werden kann.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Vorinstanz mit der Maßgabe zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche:

1 - 6 des am 30. November 2016 eingereichten Hilfsantrages 4;

Beschreibung:

Seiten 2 - 5, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer:

Seite 6 der Patentschrift.

Zeichnungen:

Figuren 1 und 2 der Patentschrift.

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