T 1685/16 () of 5.3.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T168516.20190305
Datum der Entscheidung: 05 März 2019
Aktenzeichen: T 1685/16
Anmeldenummer: 09014085.6
IPC-Klasse: F24F 13/26
F24F 13/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Drallauslass zur Belüftung von Räumen
Name des Anmelders: TROX GmbH
Name des Einsprechenden: Wildeboer Bauteile GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag und Hilfsantrag 1a (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 1b (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Entscheidung vom 10. Mai 2016 hat die Einspruchsabteilung das Europäische Patent

Nr. 2322866 widerrufen.

In ihrer Entscheidung kam die Einspruchsabteilung unter anderem zum Ergebnis:

- dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 gegenüber D4 nicht neu sei, und

- dass die nach der Einspruchsfrist nachgereichte Entgegenhaltung D11 mit Hinweis auf Artikel 114 (2) EPÜ in das Verfahren nicht zugelassen und somit nicht berücksichtigt werde.

Dabei betreffen D4 und D11 folgende Dokumente:

D4: Auszug aus der Beschwerdeakte des

Bundespatentgerichts mit Aktenzeichen 12W(pat)26/07; im Wesentlichen besteht der Auszug aus den Figuren 1 bis 6 der mit Schriftstück vom 18. Juni 2008 der Beschwerdeführerin vorgebrachten Anlage 1

D11: Produktbroschüre der Trox GmbH

"Dralldurchlässe mit verstellbaren Luftleitelementen Serie TDV-SilentAIR", 2/7.1/D/6, 13 Seiten, Druckdatum "6/2007" auf Seite 13

II. Gegen die vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Patentinhaberin am 11. Juli 2016 Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet und die Beschwerdebegründung ist am 9. September 2016 eingegangen.

III. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang (Hauptantrag) oder hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1a, 1b, 2a, 2b, 3a, 3b, 4a, 4b und 5a, 5b.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1a und 1b [mit hinzugefügter Merkmalsauflistung] lautet:

a) Hauptantrag:

M1 "Drallauslass zur Belüftung von Räumen, mit einem Gehäuse, das einen Zuluftstutzen und einen eine Auslassöffnung bildenden, insbesondere viereckigen, Frontdurchlass (1) aufweist,

M2 wobei in dem Frontdurchlass (1) mehrere Durchlassöffnungen (5) vorgesehen sind und der Frontdurchlass (1) anströmseitig zu jeder Durchlassöffnung (5) ein der jeweiligen Durchlassöffnung zugeordnetes als Drallschaufel ausgebildetes Luftleitelement (6) umfasst

M3 wobei jedes Luftleitelement (6) in Strömungsrichtung (7) gesehen gekrümmt ausgebildet ist,

dadurch gekennzeichnet,

M4 dass die Luftleitelemente (6) in ihrer Längserstreckung gesehen also vom äußeren Randbereich des Frontdurchlasses zur Mitte hin und umgekehrt gekrümmt ausgebildet sind und

M5 dass der Anstellwinkel alpha eines jeden Luftleitelementes (6) entlang der Längserstreckung des Luftleitelementes unterschiedlich groß ist und von dem der Mitte des Frontdurchlasses abgewandten Ende zum der Mitte des Frontdurchlasses zugewandten Ende des Luftleitelementes (6), vorzugsweise kontinuierlich, zunimmt,

M6 wobei der Anstellwinkel alpha zwischen der generellen Ebene E des Frontdurchlasses (1) einerseits und einer Geraden G andererseits liegt und wobei die Gerade G zwischen der anströmseitigen Kante (8) und der abströmseitigen Kante (9) des Luftleitelementes (6) verläuft."

b) Hilfsantrag 1a:

[die Änderungen gegenüber dem Hauptantrag sind unterstrichen]

"Drallauslass ... [nach den Merkmalen M1 bis M3 des Oberbegriffs des erteilten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag],

dadurch gekennzeichnet,

M4 dass die Luftleitelemente (6) in ihrer Längserstreckung gesehen also vom äußeren Randbereich des Frontdurchlasses zur Mitte hin und umgekehrt gekrümmt ausgebildet sind,

Ma so dass der Frontdurchlass (1) damit in der Draufsicht ein Erscheinungsbild nach Art eines Strudels oder einer Spirale erhält, und

M5 dass der Anstellwinkel alpha eines jeden Luftleitelementes (6) entlang der Längserstreckung des Luftleitelementes unterschiedlich groß ist und von dem der Mitte des Frontdurchlasses abgewandten Ende zum der Mitte des Frontdurchlasses zugewandten Ende des Luftleitelementes (6), vorzugsweise kontinuierlich, zunimmt,

M6 wobei der Anstellwinkel alpha zwischen der generellen Ebene E des Frontdurchlasses (1) einerseits und einer Geraden G andererseits liegt und wobei die Gerade G zwischen der anströmseitigen Kante (8) und der abströmseitigen Kante (9) des Luftleitelementes (6) verläuft."

c) Hilfsantrag 1b:

[die Änderungen gegenüber dem Hauptantrag sind unterstrichen]

"Drallauslass ... [nach den Merkmalen M1 bis M3 des Oberbegriffs des erteilten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag],

dadurch gekennzeichnet,

M4 dass die Luftleitelemente (6) in ihrer Längserstreckung gesehen also vom äußeren Randbereich des Frontdurchlasses zur Mitte hin und umgekehrt gekrümmt ausgebildet sind,

Ma so dass der Frontdurchlass (1) damit in der Draufsicht ein Erscheinungsbild nach Art eines Strudels oder einer Spirale erhält und

Mb sich die Geschwindigkeitskomponenten, die regelmäßig senkrecht zum Luftleitelement ausgerichtet sind, auffächern, und

M5 dass der Anstellwinkel alpha eines jeden Luftleitelementes (6) entlang der Längserstreckung des Luftleitelementes (6) unterschiedlich groß ist und von dem der Mitte des Frontdurchlasses abgewandten Ende zum der Mitte des Frontdurchlasses zugewandten Ende des Luftleitelementes (6), vorzugsweise kontinuierlich, zunimmt,

M6 wobei der Anstellwinkel alpha zwischen der generellen Ebene E des Frontdurchlasses einerseits und einer Geraden G andererseits liegt und wobei die Gerade G zwischen der anströmseitigen Kante (8) und der abströmseitigen Kante (9) des Luftleitelementes (6) verläuft."

d) Weitere Hilfsanträge 2a bis 5b:

siehe Anhang der Beschwerdeschrift vom 11. Juli 2016.

V. Die Beschwerdeführerin stützt sich im Wesentlichen auf folgende Argumente:

a) bezüglich des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1a

Der beanspruchte Drallauslass unterscheide sich von dem in D4 offenbarten Stand der Technik durch das Merkmal M4 und sei daher neu. Das die Krümmung in Längserstreckung der Luftleitelemente definierende Merkmal M4 sei anhand der Gesamtoffenbarung des Streitpatents (insbesondere Absätze [0006], [0008] und [0021]) derart auszulegen, dass der Durchlass durch diese Krümmung ein Erscheinungsbild nach Art eines Strudels bzw. einer Spirale in der Draufsicht (Figur 1) erhalte. Ein derartiges Erscheinungsbild werde von den in D4 dargestellten im Wesentlichen geraden Luftleitelementen des Drallauslasses nicht verwirklicht.

Das bei der Analyse des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag bereits mitzulesende Merkmal (M4a) eines strudel- bzw. spiralförmigen Erscheinungsbilds sei im Anspruch 1 des Hilfsantrags 1a nun explizit definiert, so dass das Merkmal M4 entsprechend beschränkt worden sei.

b) bezüglich des Hilfsantrags 1b

Der Hilfsantrag 1b sei zuzulassen, weil die im Anspruch 1 vorgenommene Änderung durch Aufnahme des Merkmals Mb eine legitime Reaktion auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung auf Seite 7, Zeilen 1 und 2.

Außerdem definiere das Merkmal Mb ein weiteres, konstruktives Merkmal des Drallauslasses, indem es bestimme, wie die Krümmung der Luftleitelemente gemäß den Merkmalen M3 und M4 vorzunehmen sei. Laut Merkmal Mb seien die Luftleitelemente derart zu krümmen, dass die Luftgeschwindigkeitskomponenten, die regelmäßig senkrecht zum Luftleitelement bzw. zur dessen Auslasskante ausgerichtet seien, sich auffächerten, d.h. auseinander divergierten.

Die Luftgeschwindigkeitskomponenten, die durch die Krümmung der Auslasskante des in D4 dargestellten Luftleitelements bestimmt werden, seien dagegen konvergierend ausgerichtet.

Zudem beruhe die beanspruchte Vorrichtung auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Dokument D11, das von der Einspruchsabteilung mit Hinweis auf Artikel 114 (2) EPÜ in Verbindung mit Regel 116 (1) EPÜ in das Verfahren nicht zugelassen wurde, sei auch im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen.

Zudem führe eine Zusammenschau von D4 und D11 nicht zur beanspruchten Vorrichtung, da das Merkmal Mb an sich weder aus D4 noch aus D11 bekannt sei. Das Dokument D11 befasse sich auf die Besonderheit von Klips-Lammellen, welche auf verschiedener Weise in den Drallauslasskörper einsetzbar seien, wobei die an den Kanten der Lammellen austretenden Luftströmen entweder konvergierend oder parallel verliefen, aber niemals sich auffächern könnten.

VI. Die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefasst werden:

a) zum Hauptantrag / Hilfsantrag 1a

Der Fachmann erkenne in der Darstellung gemäß Figur 2 von D4, dass die Luftleitelemente in ihrer Längserstreckung ebenfalls gekrümmt, wenn auch nur leicht gekrümmt, seien. Somit erfülle D4 auch das Merkmal M4, so dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags die Erfordernisse des Artikels 54 (1) EPÜ nicht erfülle.

Das im Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal Ma gemäß Hilfsantrag 1a könne der Definition des beanspruchten Gegenstands nichts Neues hinzufügen.

b) Zum Hilfsantrag 1b

Der erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegte Hilfsantrag 1b sei nicht zuzulassen. Das aus der Beschreibung entnommene, im Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal Mb sei nicht recherchiert worden, so dass der Hilfsantrag 1b die Regel 43 EPÜ verletze.

D11 offenbare sämtliche Merkmale des Anspruchs 1, mit der Ausnahme des Merkmals M5, woraus sich die Aufgabe ergäbe, den Strömungswiderstand zu senken.

Der Fachmann finde in D4 die aus dem Merkmal M5 bestehende Lösung, die er ohne erfinderisches Zutun einfach anwenden würde, um die Gestalt der aus D11 bekannten Luftleitelemente entsprechend zu ändern.

Der beanspruchte Gegenstand sei auch ausgehend von D4 und bei Heranziehen von D11 in naheliegender Weise herleitbar. Das gegenüber D4 unterscheidende Merkmal Mb sei in D11, insbesondere durch die Darstellung auf Seite 3, mit dem Titel "Stellungen der Luftleitelemente", "Außendrall", ausgehend von welcher der Fachmann ohne Weiteres die Information gewinne, dass die Geschwindigkeitskomponenten divergierend seien bzw. sich auffächerten.

VII. Die Kammer hat am Ende der am 5. März 2019 stattgefundenen mündlichen Verhandlung ihre Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Mangelnde Neuheit

D4 betrifft (siehe insbesondere die Figuren) ebenso wie das Streitpatent einen Drallauslass zur Belüftung von Räumen und offenbart sämtliche Merkmale M1, M2 und M3 des Oberbegriffs des Anspruchs 1 sowie die Merkmale M5 und M6 des Kennzeichens. Dies wurde von den Beteiligten nicht in Abrede gestellt.

Die Entscheidung über die Neuheit reduziert sich daher auf die Frage, ob D4 auch das Merkmal M4 offenbart.

Die Kammer ist der Auffassung, dass das Merkmal M4 keine klare, eindeutige Unterscheidung gegenüber dem in D4 dargestellten Drallauslass definiert.

Die in Figur 1 von D4 dargestellte Draufsicht lässt erkennen, dass die Luftleitelemente in ihrer Längserstreckung gesehen gekrümmt ausgebildet sind; das gleiche entnimmt der fachkundige Leser den Darstellung des Drallauslasses in Figuren 2 bis 5.

Es ist an dieser Stelle zu bemerken, dass die Luftleitelemente in D4 nicht ausschließlich durch einen Stanzprozess hergestellt werden, sondern dass die ausgestanzten Elemente nachfolgend verdreht werden.

Ein reines Ausstanzen führt normalerweise zu radialen, in Erstreckungsrichtung gerade verlaufendenkenden Luftleitelementen. Durch eine anschließendes Verdrehen, wie sie bei den Luftleitelementen gemäß D4 durchgeführt wurde, wird deren Auslasskante jedoch zwangsläufig mitverdreht und daher auch gekrümmt.

Der beanspruchte Gegenstand erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 54(1) EPÜ.

3. Hilfsantrag 1a - Mangelnde Neuheit

Das Hinzufügen im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1a eines bestimmten Erscheinungsbildes (Merkmal Ma), nämlich "nach Art eines Strudels oder einer Spirale", kann die Neuheit gegenüber D4 nicht herstellen.

Das beanspruchte Erscheinungsbild ergibt auch nach dem Streitpatent selbst keinen Strudel und keine Spirale im üblichen Sinne. In Figur 1 des Streitpatents wird keine Kurve, die um einen Punkt oder eine Achse verläuft, wie es bei Spiralen und Strudeln zu erwachten ist, sondern höchstens ein kurzes Segment einer abstrakten Spirale bzw. eines abstrakten Strudels dargestellt.

Nichts anderes ergibt die Abbildung des Drallauslasses gemäß Figuren 1 bis 5 von D4. Die dort gezeigten Luftleitelemente bzw. -kanten aufgrund ihrer Krümmung bilden in Draufsicht ebenfalls Abschnitte in der Art von einer Spirale oder eines Strudels.

Daher gelangt die Kammer zum Ergebnis, dass das Merkmal Ma keine Unterscheidung gegenüber D4 definiert, und dass somit auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1a die Erfordernisse des Artikels 54(1) EPÜ nicht erfüllt.

4. Zulässigkeit des Hilfsantrags 1b und des Dokuments D11

4.1 Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht, dass der Hilfsantrag 1b nicht zuzulassen sei, weil der Anspruch 1 durch ein aus der Beschreibung hergeleitetes und somit nicht recherchiertes Merkmal Mb ("und sich die Geschwindigkeitskomponenten, ...., auffächern") ergänzt wurde. Dies sei umso ausschlaggebend, weil das Merkmal Mb ein weiter beschränkendes, konstruktives Merkmal darstelle, indem es die Art bzw. die Ausrichtung der Krümmung definiere.

4.2 Zuerst sind nach Ansicht der Kammer folgende Umstände hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit zu betrachten:

- der Einwand der Beschwerdegegnerin betreffend die Zulässigkeit des Hilfsantrags 1b wurde in direkter Verbindung mit dem nach der Einspruchsfrist vorgelegten und von der Einspruchsabteilung nicht zugelassenen Dokument D11 vorgebracht , da die Beschwerdegegnerin nun vorträgt, dass das Dokument D11 von höchster Relevanz sei und folge dessen zuzulassen ist, sollte der Hilfsantrag 1b mit dem Merkmal Mb zugelassen werden (vgl. Erwiderung zur Beschwerdebegründung vom 5. Januar 2017, Seite 4);

- die Beschwerdegegnerin hat während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer den schriftlich vorgetragenen Einwand mangelnder Klarheit des Merkmals Mb nicht weiter verfolgt und ihren Einwand nur noch auf das Nicht-Recherchieren gestützt.

4.3 Die Frage, ob das Merkmal Mb im Kontext der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen mit zu recherchieren war, beantwortet die Kammer positiv.

Auf Seite 3, Zeilen 4 bis 20 der Anmeldung wird das Auffächern der Geschwindigkeitskomponente explizit in Verbindung mit der Zielvorgabe des Erfindungsgegenstands, dem erzeugten Drall ein flacheres Strahlbild zu verleihen und gleichzeitig eine höhere Induktion zu bewirken. Diese Wirkungen sind in direktem Zusammenhang mit der auf Seite 1, Zeilen 22 bis 24 definierten Aufgabe zu lesen.

Nach Ansicht der Kammer gehört das Merkmal Mb mit zum Kern des Erfindungsgedanken, wie in der Anmeldung beschrieben, und wurde demnach mitrecherchiert.

4.3.1 Die Kammer ist weiterhin der Ansicht, dass das Dokument D11 aufgrund folgender Überlegungen in das Verfahren zuzulassen sei.

Durch die Aufnahme des Merkmals Mb in den Anspruch 1 des Hilfsantrags 1b ist eine neue Sachlage im Beschwerdeverfahren entstanden.Die Frage der Zulassung des Hilfsantrags 1b steht insofern in direktem Zusammenhang mit der Zulassung des Dokuments D11, dass der in D11 dargestellte Sachverhalt zur Frage der erfinderischen Tätigkeit, insbesondere im Hinblick auf die Frage der Ausrichtung der Luftgeschwindigkeitskomponenten, sich von besonderer Bedeutung erweisen würde.

Die Kammer hat auch keine Bedenken, dass D11 vorveröffentlicht ist und einen Stand der Technik im Sinne von Artikel 54(2) EPÜ darstellt. Das Datum der Vorveröffentlichung entspricht dem im Copyright-Vermerk auf der letzten Seite von D11 angegebenen Datum "6/2007".

4.3.2 Nach Ausüben ihres Ermessens nach Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 12(4) VOBK ist die Kammer zur Entscheidung gelangt, sowohl den Hilfsantrag 1b als auch das Dokument D11 in das Verfahren zuzulassen.

5. Hilfsantrag 1b - Erfinderische Tätigkeit

5.1 Unterscheidung gegenüber D4

Der beanspruchte Drallauslass unterscheidet sich von D4 lediglich durch das Merkmal Mb.

Die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin sind beide der Ansicht, dass das Merkmal Mb ein konstruktives Merkmal darstellt, indem es dem Fachmann die Anweisung vermittelt, die Krümmung der Luftleitelemente derart herzustellen, dass die Geschwindigkeitskomponenten, die regelmäßig senkrecht zum Luftleitelement ausgerichtet sind, im Ergebnis sich auffächern bzw. weder parallel noch konvergierend verlaufen, sondern insgesamt divergieren.

5.2 Unterscheidung gegenüber D11

5.2.1 Das Dokument D11 betrifft Dralldurchlässe mit verstellbaren Luftleitelemente in der Gestalt von Klipps-Lamellen. Die Klipps-Lamellen können unterschiedlich in die Durchlassöffnungen des Drallkörpers eingesetzt werden. Im Ergebnis können unterschiedliche Stellungen erreicht werden, nämlich einen Außendrall oder einen Innendrall, wie auf Seite 3 von D11 dargestellt.

5.2.2 Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die Merkmale M1 bis M4, Ma und M6 des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1b aus D11 bekannt sind, und dass das Merkmal M5 in D11 nicht offenbart ist.

5.2.3 Strittig ist die Frage, ob D11 eine implizite Lehre enthält, bzw. ob der Fachmann in D11 mitliest, dass bei der Stellung "Außendrall" die Geschwindigkeitskomponenten an den gekrümmten Außenkanten der Klipps-Lamellen zwangsläufig divergierend sind bzw. sich auffächern.

Die Beschwerdegegnerin konnte diesbezüglich keinen eindeutigen Nachweis vorbringen, dass die Krümmung der Auslasskanten der Klipps-Lamellen in der Außendrall-Stellung derart gestaltet ist, dass die resultierenden Geschwindigkeitskomponenten nicht konvergieren, ähnlich wie bei den gekrümmten Luftleitelementen aus D4, bzw. nicht parallel ausgerichtet sind.

Die Kammer stellt also fest, dass eine explizite Offenbarung des Merkmals Mb dem Dokument D11 nicht zu entnehmen ist und das Merkmal Mb sich aus dem Gesamtinhalt der D11 auch nicht in impliziter Weise ergibt.

5.2.4 Der Vollständigkeit halber weist die Kammer noch darauf hin, dass kein Nachweis dafür vorliegt bzw. von den Beteiligten vorgebracht wurde, dass die Lamellen, wie in den Skizzen/Photos auf Seite 8 und 9 des Schreibens der Beschwerdeführerin mit Datum vom 4. Februar 2019 gezeigt, den in D11 rein schematisch dargestellten Klipps-Lamellen entsprächen. Diese Skizzen/Photos sind nicht in den Offenbarungsumfang von D11 mit zu integrieren und werden von der Kammer folglich außer Betracht gelassen.

5.2.5 Im Ergebnis unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1b also nicht nur durch das Merkmal M5, sondern auch noch zusätzlich durch das Merkmal Mb.

5.3 Kombination D4 mit D11

Die Kammer schließt sich der Auffassung der Beschwerdeführerin an, dass eine Zusammenschau von der Entgegenhaltungen D4 und D11, unabhängig davon welche den Ausgangspunkt im Rahmen des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes darstellt, nicht zum beanspruchten Gegenstand führen kann.

Es fehlt dem Fachmann jenen Anlass, die Krümmung der Luftleitelemente des durch eine Kombination von D4 und D11 definierten Drallauslasses derart zu erzeugen, dass sich die Geschwindigkeitskomponenten, die regelmäßig senkrecht zum Luftleitelement ausgerichtet sind, auffächern. Das Merkmal Mb hat die Wirkung, dass der so erzeugte Drall ein flacheres Strahlbild erhält (siehe Absatz [8] des Streitpatents), sodass die objektive Aufgabe darin besteht, das Strahlbild des Dralls zu verbessern..

5.4 Da dieses Merkmal (Mb) weder aus D4 noch aus D11 bekannt ist, gelangt die Kammer zum Ergebnis, dass der Drallauslass des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1b nicht in naheliegender Weise herleitbar ist und daher den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt.

6. Da der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1b die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, erübrigt sich eine Entscheidung über die nachrangigen Hilfsanträge 2a bis 5b.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung ist aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 1b;

- Beschreibung und Figuren 1 bis 4 wie erteilt.

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