European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2021:T139316.20210413 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 April 2021 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1393/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 12167396.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16L 43/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Übergangsstück | ||||||||
Name des Anmelders: | Özpolat, Ilgaz | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Naber Holding GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein) Spät eingereichte Hilfsanträge - nicht substantiiert Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 525 128 (im Folgenden als "das Patent" bezeichnet) zurückzuweisen.
II. Im Einspruchsverfahren hatte die Einsprechende Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit), Artikel 100 b) EPÜ und Artikel 100 c) EPÜ als Einspruchsgründe geltend gemacht.
III. Am 13. April 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer ohne den Beschwerdegegner (Patentinhaber) statt, dessen Vertreter die Kammer mit Schreiben vom 11. März 2021 davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass er bei der Verhandlung nicht anwesend sein werde.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Der Beschwerdegegner beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) oder, hilfsweise, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche eines der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 6.
V. Diese Entscheidung nimmt Bezug auf folgende druckschriftliche Beweismittel:
DE 10 2009 035 558 A1 (D5) und EP 1 473 504 A1 (D10).
VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt (die von der Einspruchsabteilung verwendete Merkmalsgliederung ist in eckigen Klammern eingefügt):
"Übergangsstück für eine Umlenkung strömender Gase aus einer Einströmrichtung in eine Ausströmrichtung mit [M1] einem Eintrittsrohr (2) mit einem Eintrittsquerschnitt (14), [M2] wobei das Eintrittsrohr (2) einen als Diffusor (4) ausgestalteten Abschnitt aufweist, in dem sich der Eintrittsquerschnitt (14) in Strömungsrichtung vergrößert, [M3] einem Austrittsrohr (3) mit einem Austrittsquerschnitt und [M4] einem Rohrübergang (6), der das Eintrittsrohr (2) und das Austrittsrohr (3) so miteinander verbindet, dass das Eintrittsrohr (2) und das Austrittsrohr (3) einen Umlenkwinkel einschließen, [M5] wobei der Rohrübergang (6) einen sich zumindest abschnittsweise über den Eintrittsquerschnitt (14) des Eintrittsrohrs (2) erstreckenden konkav gekrümmten Innenwandabschnitt (11) aufweist und [M6] wobei der Rohrübergang (6) einen sich an den konkav gekrümmten Innenwandabschnitt (11) anschließenden konvex gekrümmten Innenwandabschnitt (16) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass [M7] der Rohrübergang (6) einen sich an den konvex gekrümmten Innenwandabschnitt (16) anschließenden zweiten konkav gekrümmten Innenwandabschnitt (18) aufweist."
VII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Druckschrift D10 bilde einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Vor dem Hintergrund, dass die Figuren 1A bis 2 der Druckschrift D10 unterschiedliche Seitenansichten desselben Rohrbogens zeigten, werde der Fachmann im Zweifel der vergrößerten Ansicht gemäß Figur 2 den tatsächlichen Verlauf der Außenwand des Rohrbogens entnehmen. Die Darstellung gemäß Figur 2 zeige im Bereich des Bezugszeichens 14 eindeutig eine als Diffusor wirkende Querschnittserweiterung. Das Merkmal M2 enthalte kein eindeutiges Erfordernis dahingehend, dass der Diffusor gerade derart ausgebildet sein solle, dass er eine Querschnittserweiterung in allen oder in zumindest mehreren bestimmten Umlenkstückebenen aufweise. Auch wenn das Eintrittsrohr in anderen Schnittebenen unter Umständen keine Querschnittserweiterung aufweise, sei es daher ausreichend, dass die Seitenansicht gemäß Figur 2 eine Querschnittserweiterung darstelle. Somit offenbare die Druckschrift D10 auch das Merkmal M2.
Wenn man aber davon ausgehe, dass das Merkmal M2 der Druckschrift D10 nicht zu entnehmen sei, werde der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags bereits durch das allgemeine Wissen des Fachmanns nahegelegt. Das Unterscheidungsmerkmal M2 weise die technische Funktionalität auf, eine Verlangsamung des Volumenstroms im Eintrittsrohr zu bewirken, bevor der Volumenstrom im Umlenkbereich eine Richtungsänderung erfahre. Folglich werde die Ausbildung von Verwirbelungen verringert, die zu Druckverlusten und zu Geräuschentwicklung führten. Die objektive technische Aufgabe bestehe daher darin, dass das Übergangsstück einen möglichst geringen Druckverlust und eine möglichst geringe Geräuschentwicklung aufweisen solle. In der angefochtenen Entscheidung habe die Einspruchsabteilung selbst eingeräumt, dass die Verwendung eines Diffusors eine von mehreren bekannten Möglichkeiten gewesen wäre, um den Druckabfall im Rohrbogen zu minimieren. Bereits aus diesem Grund hätte der Fachmann eine Veranlassung zur Verwendung eines Diffusors gehabt. Eine Anpassung anderer Merkmale der aus der Druckschrift D10 bekannten Vorrichtung sei damit nicht zwingend verbunden.
Auch gegenüber einer Kombination der Druckschriften D10 und D5 beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Im einleitenden Satz der Beschreibung der Druckschrift D5 werde im Wesentlichen derselbe Gegenstand beschrieben wie jener von Anspruch 1. Außerdem offenbare die Druckschrift D5 wortidentisch dieselbe Aufgabe, die auch dem Gegenstand von Anspruch 1 im Hinblick auf die Druckschrift D10 zugrunde liege. Der Fachmann würde deshalb die Druckschrift D5 in Betracht ziehen und aus der Offenbarung in Absatz [0008], wonach Diffusoren generell dafür bekannt seien, eine Geschwindigkeitsverminderung bei gleichzeitigem Druckanstieg der Strömung herbeizuführen, die Anregung entnehmen, einen Abschnitt des Eintrittsrohrs als Diffusor auszugestalten. Der zweite Lösungsaspekt gemäß der Druckschrift D5, das Abström-Rohrteil unter Bildung einer ebenen Prallfläche abzuwandeln, sei nirgendwo im Dokument im engen funktionellen Zusammenhang mit dem Diffusor offenbart.
Deshalb sei der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht erfinderisch.
Die Hilfsanträge 1 bis 6 seien nicht substantiiert und daher nicht im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen.
VIII. Der Beschwerdegegner hat im schriftlichen Verfahren im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Aus der Druckschrift D10 fehle es an einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung des Merkmals M2. In Ermangelung einer genauen Beschreibung lasse sich über den Verlauf der Innenwand in dem als "first tubular portion" bezeichneten Abschnitt 14 nur spekulieren, zumal die Figuren 1A bis 1C, im Gegensatz zu Figur 2, wohl eher eine Verringerung des Eintrittsquerschnitts offenbarten. Außerdem lasse die Figur 1B völlig offen, welches Element mit dem Bezugszeichen 12 und welches mit dem Bezugszeichen 14 bezeichnet sei.
Darüber hinaus seien auch die Merkmale M6 und M7 nicht in der Druckschrift D10 offenbart. Eine Abfolge aus einem konkaven, einem konvexen und einem weiteren konkaven, sich an den konvex gekrümmten Innenwandabschnitt anschließenden Innenwandabschnitt lasse sich nicht in den Figuren der Druckschrift D10 identifizieren. Zwar weise der Rohrübergang einen mit dem Bezugszeichen 22 bezeichneten konkav gekrümmten Abschnitt auf, der sich zumindest abschnittsweise über den Eintrittsquerschnitt erstrecke. Allerdings lasse die Offenbarung des Dokuments D10 offen, ob es sich bei den Enden oder Übergängen des Abschnitts 22 um konvex gekrümmte Innenwandabschnitte oder einfach um singuläre Übergänge handele. Außerdem seien die konkaven Innenwandabschnitte, die sich zusätzlich zu dem Abschnitt 22 in dem Dokument D10 identifizieren ließen, nicht im Bereich des Rohrübergangs gelegen, sondern dem Eintrittsrohr bzw. dem Austrittsrohr zuzuordnen.
Sowohl in der Seitenansicht nach Figur 2 als auch in der Draufsicht nach Figur 1A der Druckschrift D10 sei erkennbar, dass das Eintrittsrohr in Strömungsrichtung eine Verjüngung erfahre, d.h. eine Düse aufweise. Vor diesem Hintergrund könne es nicht als für den Fachmann naheliegend angesehen werden, am Anfang des Eintrittsrohrs noch einen Diffusor vorzusehen, dessen Wirkung dann durch die in Figur 2 offenbarte Düse wieder zunichtegemacht werde.
Die Druckschrift D5 könne nicht der Dokumentation des Fachwissens dienen. Zudem gehe die Lehre der Druckschrift D5 in eine ganz andere Richtung als die des Patents, nämlich dass sich die Reduzierung der Druckverluste in einem Umlenkstück durch eine ebene Prallfläche erzielen lasse. Damit lehre die Druckschrift D5 unmittelbar vom Gegenstand des Anspruchs 1 weg, sodass eine Kombination der Offenbarungen der Druckschriften D10 und D5 den Fachmann nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen würde. Darüber hinaus offenbare die Druckschrift D5 im Vergleich zur Druckschrift D10 eine ganz andere Form des Rohrübergangs.
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand in Abwesenheit des Beschwerdegegners statt, der nach ordnungsgemäßer Ladung angekündigt hatte, nicht daran teilzunehmen. Nach Regel 115 (2) EPÜ konnte das Verfahren ohne ihn fortgesetzt werden. Außerdem ist die Kammer nach Artikel 15 (3) der revidierte Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020), der gemäß Artikel 25 (1) VOBK 2020 in Verbindung mit Artikel 24 (1) VOBK 2020 hier Anwendung findet, nicht verpflichtet, einen Verfahrenschritt einschließlich ihrer Entscheidung aufzuschieben, nur weil ein ordnungsgemäß geladener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend ist; dieser kann dann so behandelt werden, als stütze er sich lediglich auf sein schriftliches Vorbringen.
2. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
2.1 Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass die Druckschrift D10 ein Übergangsstück für eine Umlenkung strömender Gase aus einer Einströmrichtung in eine Ausströmrichtung mit den Merkmalen M1, M3, M4 und M5 offenbart. Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass diese Druckschrift einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bildet. Dem hat der Beschwerdegegner nicht widersprochen.
2.2 Strittig ist hingegen, ob das Eintrittsrohr des aus der Druckschrift D10 bekannten Übergangsstücks einen als Diffusor ausgestalteten Abschnitt aufweist, in dem sich der Eintrittsquerschnitt in Strömungsrichtung vergrößert (Merkmal M2), und ob der Rohrübergang des bekannten Übergangsstücks einen sich an einen konkav gekrümmten Innenwandabschnitt anschließenden konvex gekrümmten Innenwandabschnitt und einen sich an den konvex gekrümmten Innenwandabschnitt anschließenden zweiten konkav gekrümmten Innenwandabschnitt aufweist (Merkmale M6 und M7).
Die Kammer ist der Auffassung, dass die vom Beschwerdegegner bezüglich der Offenbarung der Merkmale M6 und M7 geäußerten Zweifel aufgrund der in der unten abgebildeten Figur 2 der Druckschrift D10 dargestellten Einzelheiten nicht greifen. Anhand einiger unterbrochenen Linien geringerer Linienstärke suggeriert die Figur den Verlauf der Innenwand des Übergangsstücks in einer vertikalen Schnittebene. Demnach erstreckt sich im Bereich der Bezugslinie 22 ein konkav gekrümmter Innenwandabschnitt zumindest abschnittsweise über den mit dem Bezugszeichen 12 versehenen Eintrittsquerschnitt. Außerdem schließen sich jeweils an beiden Enden des teilkugelförmigen Innenwandabschnitts konvex-konkav gekrümmte
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Innenwandabschnitte an. Die Sichtweise des Beschwerdegegners, dass es sich bei den Übergängen zwischen den konkaven Innenwandabschnitten um singuläre Knickpunkte handeln könne, hält die Kammer aufgrund der Beschreibung in Absatz [0007] der Druckschrift D10, wonach sich die Krümmung im Wendepunkt 24 von konkav zu konvex ändert ("The inflexion 24 is a line where the curvature of a portion of the inner surface changes from concave to convex"), nicht für stichhaltig. Auch das weitere Argument des Beschwerdegegners, dass sich die jeweils an die konvex gekrümmten Innenwandabschnitte anschließenden zweiten konkav gekrümmten Innenwandabschnitte nicht dem Rohrübergang, sondern dem Eintrittsrohr bzw. dem Austrittsrohr zuzuordnen seien, kann die Kammer bereits aus dem Grund nicht überzeugen, dass der Wortlaut von Anspruch 1 keinen konkreten Übergangspunkt zwischen dem Eintritts- oder dem Austrittsrohr und dem Rohrübergang festlegt.
Nach Auffassung der Kammer geht das Merkmal M2 jedoch nicht eindeutig aus der Druckschrift D10 hervor. In der Beschreibung der Druckschrift D10 ist bezüglich eines Diffusors nichts erwähnt, so dass nur die Figuren Aufschluss über den Verlauf des Eintrittsquerschnitts geben könnten. Der Beschwerdeführerin ist zwar insofern Recht zu geben, als die unterbrochenen Linien in Figur 2 vermuten lassen, dass sich der Innendurchmesser des Eintrittsrohrs im Übergangsbereich zwischen dem Abschnitt 12 und dem Abschnitt 14 in der vertikalen Schnittebene vergrößert. Daraus lässt sich jedoch nicht ohne weiteres ableiten, wie der Eintrittsquerschnitt in Strömungsrichtung verläuft. Auch die unten abgebildeten Figuren 1A und 1C der Druckschrift D10, die eine Draufsicht bzw. eine Rückansicht des vorveröffentlichten Übergangsstücks zeigen, erlauben keinen Rückschluss über den Verlauf der strömungsbegrenzenden Innenwand des Übergangsstücks in den drei Dimensionen.
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Nach Einschätzung der Kammer ergibt sich deshalb aus der Druckschrift D10 kein schlüssiges Gesamtbild hinsichtlich der Änderung des Eintrittsquerschnitts in Strömungsrichtung. Damit unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der Offenbarung der Druckschrift D10 durch das Merkmal M2.
2.3 Die Beschwerdeführerin hat überzeugend dargelegt, dass die technische Wirkung des im Hinblick auf die Druckschrift D10 einzigen Unterscheidungsmerkmals M2 darin besteht, die Ausbildung von Verwirbelungen im Umlenkbereich, welche zu Druckverlusten und Geräuschentwicklung führen, zu verringern. Die Kammer sieht keinen Grund hiervon abzuweichen, zumal die Absätze [0006], [0008] und [0010] des Patents im Kontext des in Absatz [0008] erwähnten Diffusors auf diese Wirkung hinweisen. Die zu lösende objektive technische Aufgabe kann somit darin gesehen werden, die Druckverluste und die Geräuschentwicklung zu verringern.
2.4 Der auf der Lehre der Druckschrift D5 gegründete Vortrag der Beschwerdeführerin zum Naheliegen des beanspruchten Gegenstands hat die Kammer überzeugt.
Die Druckschrift D5 betrifft ein Übergangsstück für die Umlenkung strömender Gase von einer Zuströmrichtung um etwa 90° in eine Abströmrichtung (s. Absatz [0001]). Sie stellt sich die Aufgabe, die aus den Verwirbelungen in Toträumen entstandenen Druckverluste und die Geräuschentwicklung bei einem stumpf auf ein Rundrohr aufgesetzten Rechteckrohr zu verringern (s. Absätze [0005] und [0006]). Im Lichte der zugrunde liegenden objektiven technischen Aufgabe hat der Fachmann nach Auffassung der Kammer daher ausreichend Beweggründe, sich in der Erwartung einer Verbesserung bzw. eines Vorteils der Lehre der Druckschrift D5 zuzuwenden.
Um die Druckverluste und die Geräuschentwicklung zu verringern, schlägt die Druckschrift D5 in den Absätzen [0007] und [0008] vor, einerseits anschließend am Zuström-Rohrteil einen Diffusor anzuordnen, und andererseits das aus dem Zuström-Rohrteil strömende Gas gegen eine schräg angestellte ebene und vorzugsweise gekrümmte Abflachung umzulenken. Außerdem enthält Absatz [0008] der Druckschrift D5 den Anhaltspunkt, dass Diffusoren "[g]enerell ... als Stücke eines Strömungskanals bekannt [sind], dessen Strömungsquerschnitt sich allmählich in Strömungsrichtung so erweitert, dass die vom engen zum weiten Querschnitt erfolgende Strömung eine Geschwindigkeitsverminderung bei gleichzeitigem Druckanstieg erfährt", und dass deren Einbau günstige Einflüsse "auf die Reibungsverluste der Gasteilchen an den Rohrwänden" hat. Im Lichte dieser Offenbarung bedarf es für den Fachmann keiner erfinderischen Tätigkeit, das aus der Druckschrift D10 bekannte Übergangsstück mit einem Diffusor zu versehen, zumal aus dem suggerierten Verlauf der Innenwand in Figur 2 der Druckschrift D10 bereits hervorzugehen scheint, dass sich der Innendurchmesser des Eintrittsrohrs im Übergangsbereich zwischen den Abschnitten 12 und 14 wenigstens in einer vertikalen Schnittebene vergrößert.
Der Beschwerdegegner hat dazu ausgeführt, dass die Lehre der Druckschrift D5 in eine andere Richtung als die des Patents gehe, indem die Reduzierung der Druckverluste durch eine ebene Prallfläche verwirklicht werde. Die Kammer ist indessen überzeugt, dass der mögliche Beitrag dieser Maßnahme zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe im vorliegenden Fall nicht entscheidend ist. Der Hauptzweck der Strömungsumlenkung gegen die schräg angestellte Abflachung liegt darin, die Toträume eines stumpf am Eintrittsrohr anschließenden Austrittsrohrs zu verhindern. Genau das wurde in der Druckschrift D10 jedoch bereits durch die teilkugelförmige Krümmung des Rohrübergangs verwirklicht. Deshalb hätte der Fachmann auch keine Veranlassung, neben der Aufnahme eines Diffusors auch die Abflachung des Rohrübergangs als Lösung zu übernehmen.
2.5 Aufgrund dieser Erwägungen kommt die Kammer zum Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von der Druckschrift D10 in Kombination mit der Lehre der Druckschrift D5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).
3. Zulassung der Hilfsanträge
3.1 Gemäß den Übergangsbestimmungen nach Artikel 25 (2) VOBK 2020 ist für die Frage der Berücksichtigung der mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Hilfsanträge 1 bis 6 der Artikel 12 (4) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern in der Fassung von 2007 (VOBK 2007) anzuwenden. Dieser nimmt Bezug auf Artikel 12 (2) VOBK 2007, der festlegt, dass die Beschwerdebegründung und die Erwiderung den vollständigen Sachvortrag der Beteiligten enthalten müssen. Sie müssen deutlich und knapp angeben, aus welchen Gründen beantragt wird, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, abzuändern oder zu bestätigen, und sollen ausdrücklich und spezifisch alle Tatsachen, Argumente und Beweismittel anführen. Zweck dieser Bestimmung ist es, ein faires Verfahren für alle Beteiligten sicherzustellen und es der Kammer zu ermöglichen, ihre Arbeit auf der Basis eines vollständigen Vorbringens beider Seiten zu beginnen. Wenn Hilfsanträge vorgelegt werden, erfordert dies in der Regel auch eine Begründung, inwiefern bestehende Einwände hierdurch ausgeräumt werden (s. T 217/10, Punkt 5.2 der Entscheidungsbegründung; T 1890/09, Punkt 4.2 der Entscheidungsbegründung).
Nach Artikel 12 (4) VOBK 2007 berücksichtigt die Kammer das gesamte Vorbringen der Beteiligten nach Artikel 12 (1) VOBK 2007, wenn und soweit es sich auf die Beschwerdesache bezieht und die Erfordernisse des Artikels 12 (2) VOBK 2007 erfüllt sind. Daraus folgt, dass ein Vorbringen, das die Erfordernisse des Artikels 12 (2) VOBK 2007 nicht erfüllt, auch nicht zwingend zu berücksichtigen ist (s. T 217/10, Punkt 5.3 der Entscheidungsbegründung).
3.2 Mit der Beschwerdeerwiderung hat der Beschwerdegegner Hilfsanträge 1 bis 6 eingereicht "für den Fall, dass der [sic] Hauptantrag ... nicht stattgegeben werden kann" (s. Seite 17 der Beschwerdeerwiderung). Die Beschwerdeerwiderung enthält allerdings keine Angaben über die Patentfähigkeit dieser Hilfsanträge, bzw. in welcher Weise damit den in der Beschwerdebegründung erhobenen Einwänden zum Hauptantrag begegnet werden soll. Insbesondere hat der Beschwerdegegner nicht angegeben, inwiefern die Änderungen den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Druckschrift D10 in Kombination mit der Lehre der Druckschrift D5 ausräumen könnten. Es wurde lediglich vorgebracht, aus welchen der erteilten Ansprüche die jeweiligen Ansprüche der Hilfsanträge gebildet worden seien.
Auch nach Erlass der für den Beschwerdegegner negativen Mitteilung der Kammer zum Hauptantrag und des darin enthaltenen Hinweises, dass keine Argumente zu der Patentfähigkeit der in den Hilfsanträgen beanspruchten Gegenstände vorlägen, hat der Beschwerdegegner es verabsäumt vorzutragen, inwiefern die Änderungen in den Hilfsanträgen dazu dienten, die von der Gegenseite erhobenen Einwände auszuräumen, und das obwohl er damit rechnen musste, dass im Falle einer Ablehnung des Hauptantrags in der mündlichen Verhandlung eine Diskussion über die Zulassung und ggf. die Gewährbarkeit dieser Hilfsanträge folgen würde. Stattdessen informierte der Vertreter des Beschwerdegegners die Kammer mit Schreiben vom 11. März 2021, dass er bei der Verhandlung nicht anwesend sein werde.
3.3 Sogar wenn die mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge den bereits im Einspruchsverfahren vorgelegten Anträgen entsprechen und die Änderungen im Wesentlichen den abhängigen Ansprüchen des Hauptantrags entnommen worden sind, befreit dies den Beschwerdegegner nicht von seiner in Artikel 12 (2) VOBK 2007 verankerten Verpflichtung, bei der Verteidigung seines Patents zu den von ihm gestellten Hilfsanträgen substantiiert vorzutragen, zumal im vorliegenden Fall in keinerlei Weise direkt ersichtlich war, wie die von der Beschwerdeführerin bezüglich des Hauptantrags erhobenen Einwände durch die Änderungen in den Hilfsanträgen hätten ausgeräumt werden können.
3.4 Folglich waren die Erfordernisse des Artikels 12 (2) VOBK 2007 für die Hilfsanträge 1 bis 6 nicht erfüllt, weshalb diese nach Artikel 12 (4) VOBK 2007 im Beschwerdeverfahren unberücksichtigt geblieben sind.
4. Da kein gewährbarer Antrag des Beschwerdegegners vorliegt, ist das Patent zu widerrufen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angegriffene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.