European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T088916.20191119 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 November 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0889/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08787140.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | G07C 5/08 H04L 29/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | DIAGNOSEVERFAHREN FÜR SCHIENENFAHRZEUGE | ||||||||
Name des Anmelders: | Siemens Mobility GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Bombardier Transportation GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - alle Anträge Erfinderische Tätigkeit - (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2 181 435 B1 zu widerrufen.
II. Es wird auf das folgende Dokument verwiesen:
E1: EP 1 562 151 A2.
III. Der Einspruch wurde auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100(a) EPÜ in Verbindung mit Artikeln 54(1) und 56 EPÜ (mangelnde Neuheit und erfinderische Tätigkeit) und Artikel 100(c) in Verbindung mit Artikel 123(2) EPÜ (unzulässige Erweiterung) gestützt.
IV. In der angefochtenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sowohl des Hauptantrags (Patents in der erteilten Fassung) als auch des Hilfsantrags 1 nicht erfinderisch hinsichtlich des Dokuments E1 war. Außerdem genügte Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ nicht.
V. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer stellten die Parteien die folgenden Anträge:
- Die Beschwerdeführerin - Patentinhaberin (hiernach "Patentinhaberin") beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung (Hauptantrag) oder gemäß eines der Hilfsanträge 1 bis 3 aufrechtzuerhalten, wobei Hilfsanträge 1 und 2 in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht worden waren und Hilfsantrag 3 mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden war.
- Die Beschwerdegegnerin - Einsprechende (hiernach "Einsprechende") beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
VI. Anspruch 1 des Hauptantrags (Patents wie erteilt) lautet wie folgt (Hervorhebung im Original):
Diagnoseverfahren für Schienenfahrzeuge, bei dem für eine Anzahl zu überwachender Steuergeräte (S1, S2, S3, Sn) mit Hilfe eines jeweils zugeordneten speziellen Diagnose-Softwareprogramms Diagnosevorgänge ausgeführt werden, dadurch gekennzeichnet, dass
die Diagnose-Softwareprogramme auf dem jeweils zugehörigen Steuergerät (S1, ..., Sn) ausgeführt werden und als Netz-Applikation ausgelegt sind,
Diagnosevorgänge über einen zentralen Personalcomputer (P) mittels Netzbrowser ausgeführt werden, wobei der Personalcomputer (P) mit den Diagnose-Softwareprogrammen der Steuergeräte (S1, S2, S3, S4n) über Kommunikationsverbindungen Diagnosedaten austauscht und
das Schienenfahrzeug als Netz-Seite auf dem Personalcomputer (P) wiedergegeben wird, die Verknüpfungen zu den Diagnose-Softwareprogrammen bereitstellt.
VII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 hat folgenden Wortlaut (zusätzliches Merkmal im Vergleich zum Anspruch 1 des Hauptantrags unterstrichen durch die Kammer):
Diagnoseverfahren für Schienenfahrzeuge, bei dem für eine Anzahl zu überwachender Steuergeräte (S1, S2, S3, Sn) mit Hilfe eines jeweils zugeordneten speziellen Diagnose-Softwareprogramms Diagnosevorgänge ausgeführt werden, dadurch gekennzeichnet, dass
- die Steuergeräte (S1, S2, S3, Sn) bestimmten Funktionen eines Schienenfahrzeugs zugeordnet sind, welche zumindest eine Antriebssteuerung, Bremssteuerung und Türsteuerung sind,
- die Diagnose-Softwareprogramme auf dem jeweils zugehörigen Steuergerät (S1, ..., Sn) ausgeführt werden und als Netz-Applikation ausgelegt sind,
- Diagnosevorgänge über einen zentralen Personalcomputer (P) mittels Netzbrowser ausgeführt werden, wobei der Personalcomputer (P) mit den Diagnose-Softwareprogrammen der Steuergeräte (S1, S2, S3, S4n) über Kommunikationsverbindungen Diagnosedaten austauscht und
- das Schienenfahrzeug als Netz-Seite auf dem Personalcomputer (P) wiedergegeben wird, die Verknüpfungen zu den Diagnose-Softwareprogrammen bereitstellt.
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 lautet wie folgt (zusätzliches Merkmal im Vergleich zum Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterstrichen durch die Kammer):
Diagnoseverfahren für Schienenfahrzeuge, bei dem für eine Anzahl zu überwachender Steuergeräte (S1, S2, S3, Sn) mit Hilfe eines jeweils zugeordneten speziellen Diagnose-Softwareprogramms Diagnosevorgänge ausgeführt werden, dadurch gekennzeichnet, dass
- die Steuergeräte (S1, S2, S3, Sn) bestimmten Funktionen eines Schienenfahrzeugs zugeordnet sind, welche zumindest eine Antriebssteuerung, Bremssteuerung und Türsteuerung sind,
- von jedem Typ Steuergeräte (S1, S2, S3, Sn) mehrere Stücke existieren,
- die Diagnose-Softwareprogramme auf dem jeweils zugehörigen Steuergerät (S1, ..., Sn) ausgeführt werden und als Netz-Applikation ausgelegt sind,
- Diagnosevorgänge über einen zentralen Personalcomputer (P) mittels Netzbrowser ausgeführt werden, wobei der Personalcomputer (P) mit den Diagnose-Softwareprogrammen der Steuergeräte (S1, S2, S3, S4n) über Kommunikationsverbindungen Diagnosedaten austauscht und
- das Schienenfahrzeug als Netz-Seite auf dem Personalcomputer (P) wiedergegeben wird, die Verknüpfungen zu den Diagnose-Softwareprogrammen bereitstellt.
IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 lautet wie Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 mit den folgenden Änderungen:
- Der Begriff "Steuergeräte (S1, S2, S3, Sn)" wurde mit dem Begriff "Steuerung" im folgenden Merkmal ersetzt:
"von jedem Typ [deleted: Steuergeräte (S1, S2, S3, Sn)] Steuerung mehrere Stücke existieren"; und
- Das Wort "mittels" wurde mit dem Wort "mit" im folgenden Merkmal ersetzt:
"Diagnosevorgänge über einen zentralen Personalcomputer (P) [deleted: mittels] mit Netzbrowser ausgeführt werden," (Streichung bzw. Hervorhebung durch die Kammer).
X. Die Argumente der Parteien lassen sich wie folgt zusammenzufassen:
Die Patentinhaberin war der Meinung, dass E1 dem Fachmann keinen Hinweis gebe, das Verfahren in einem System mit mehreren Steuergeräten in Schienenfahrzeugen in näherliegender Weise auszuführen.
Nach Ansicht der Einsprechenden sei es für den Fachmann naheliegend gewesen, das Verfahren von E1 in Schienenfahrzeugen und nach Bedarf mit mehreren Steuergeräten auszuführen.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag (das Patent wie erteilt)
1.1 In der angefochtenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents hinsichtlich E1 nicht erfinderisch war (siehe Punkte 18 bis 29 der Entscheidung).
Nach Ansicht der Einspruchsabteilung unterschied sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von E1 dadurch, dass
i) das Diagnoseverfahren für Schienenfahrzeuge bestimmt war und
ii) in einem System mit mehreren Steuergeräten ausgeführt wurde.
(siehe Punkt 25 der angefochtenen Entscheidung).
Dies wurde von den Parteien nicht bestritten.
1.2 In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer machte die Patentinhaberin geltend, dass es ein weiteres unterscheidendes Merkmal gebe. Es sei in E1 nicht eindeutig offenbart, dass die Diagnosevorgänge auf den jeweils zugehörigen Steuergeräten ausgeführt würden.
1.2.1 Nach Ansicht der Patentinhaberin beschreibe E1 zwei unterschiedliche Ausführungsbeispiele, die nicht miteinander kombinierbar seien. Das erste Ausführungsbeispiel werde in Figur 1 dargestellt. Es gebe einen zentralen Mikroserver (12) auf dem Flugzeug, auf dem die Diagnosevorgänge ausgeführt werden (siehe auch Absatz [0022], Zeilen 49 bis 53). Die Kamera (18) und die Sensoren (18) in Figur 1 entsprächen den Steuergeräten der beanspruchten Erfindung. Nach der Figur sei es eindeutig, dass der Mikroserver (12) nicht auf einem Steuergerät installiert sei und somit die Diagnosevorgänge nicht auf einem Steuergerät ausgeführt werden.
Das zweite Ausführungsbeispiel werde in der Figur 3 dargestellt. In Figur 3 werde eine "dual architecture card" gezeigt, die zwei Mikroserver (100 und 80) aufweise. Das Steuergerät (62) (Electronic Engine Controller - EEC; siehe auch Absatz [0066]) sei von diesem Teil getrennt. Da die Diagnosevorgänge auf den Mikroservern (80 und 100) ausgeführt werden, werden diese ebenfalls in diesem Ausführungsbeispiel nicht auf dem Steuergerät ausgeführt.
1.2.2 Zwar gebe es einen Hinweis in E1 (wie die Einsprechende bemerkte), dass die "dual-architecture card" von Figur 3 auf dem Steuergerät (62) installiert werden könnte (siehe Absatz [0038], Zeilen 52 bis 54), dies sei aber eher als ein Widerspruch zwischen der Beschreibung und Figur 3 zu verstehen. Folglich könne der Fachmann nicht eindeutig aus E1 entnehmen, dass die "dual architecture card" auf dem Steuergerät (62) installiert werde bzw. werden könne und die Diagnosevorgänge auf dem Steuergerät (62) ausgeführt werden (können).
1.2.3 Die Kammer teilt diese Meinung der Patentinhaberin nicht. Die Figuren in E1 sind eher als schematische Darstellungen des beschriebenen Systems bzw. Verfahrens anzusehen. Nach Ansicht der Kammer sind in E1 keine strikt getrennt zu betrachtenden Ausführungsbeispiele beschrieben. In der Zusammenfassung von E1 (Absätze [0010] bis [0015]) wird für jedes Ausführungsbeispiel Bezug genommen auf die "dual architecture card" und die "closed and open architecture section" von Figur 3, die daher für die Lehre des E1 als grundlegend anzusehen sind. Im Absatz [0040], der zur Beschreibung der Figur 3 gehört, wird Rückbezug auf den Mikroserver 12 aus der Figur 1 genommen, und die Operation des Mikroservers (80) wird als analog zu der Operation des Mikroservers 12 beschrieben. Nach Ansicht der Kammer wird in der Figur 1 das in E1 beschriebene System im allgemeinen dargestellt, und in der Figur 3 werden genauere Angaben über die "dual architecture card" gezeigt. Somit handelt es sich um das gleiche Ausführungsbeispiel. Die Figuren stellen lediglich verschiedene Aspekte des beschriebenen Systems dar.
Die Kammer stimmt der Patentinhaberin darin zu, dass nach der der Figur 3 sowohl der Mikroserver (80) als auch der Mikroserver (100) nicht auf dem Steuergerät (62) installiert sind. In der Beschreibug wird aber deutlich darauf hingewiesen, dass die "dual architecture card" (mit den zwei Mikroservern 80 und 100) innerhalb des Steuergerätes (62) installiert werden kann (Absatz [0038], Zeilen 52 bis 54). Die Kammer sieht hier keinen Widerspruch zu der Figur 3, sondern lediglich eine weitere Gestaltungsmöglichkeit.
Die Kammer gelangt daher zu der Auffassung, dass der Fachmann der Offenbarung des E1 eindeutig entnehmen würde, dass die Diagnosevorgänge in E1 ebenfalls auf dem Steuergerät ausgeführt werden (können), wie in der beanspruchten Erfindung. Dieses Merkmal ist daher in E1 offenbart.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von E1 somit lediglich durch die im Punkt 1.1 aufgelisteten Merkmale i) und ii).
1.3 Nach Ansicht der Patentinhaberin seien diese beide Unterscheidungsmerkmale zusammen zu beurteilen, weil sie gemeinsam eine technische Wirkung erzielten. In E1 gebe es nur ein Steuergerät und keine Erwähnung bzw. Andeutung von Schienenfahrzeugen. Die technische Wirkung, die durch die beiden unterscheidenden Merkmale i) und ii) erreicht werde, sei die Möglichkeit eines Einsatzes des beanspruchten Verfahrens in Schienenfahrzeugen, die Fahrzeuge mit mehreren zu überwachende Systemen bzw. Teilen seien. In einem solch komplizierten Einsatzbereich erziele das beanspruchte Verfahren eine erhebliche Vereinfachung der Wartungstechnik, da ein Personalcomputer, welcher den speziellen Anforderungen der jeweiligen Diagnose-Softwareprogramme genügt, überflüssig werde.
1.3.1 Darüber hinaus werden in E1 keine Schienenfahrzeuge erwähnt. Es gebe mehrere Stellen in E1, wo verschiedene Fahrzeugtypen als Einsatzmöglichkeiten des beschriebenen Verfahrens aufgelistet werden (z.B. Absätze [0007], [0008], [0020], [0021], [0027], [0034]). In keiner dieser Textstellen werden Schienenfahrzeuge genannt oder angedeutet. Der Fachmann würde daher E1 entnehmen, dass es am Prioritätstag nicht üblich gewesen sei, solche Verfahren in Schienenfahrzeugen zum Einsatz zu bringen. Außerdem gebe es keinen Hinweis in E1, das Verfahren bzw. das System zur Überwachung mehrerer Teile zu verwenden, da immer lediglich ein zu überwachendes Fahrzeug oder Teil genannt werde.
Es gebe daher keinen Hinweis auf einer Verwendung des Verfahrens von E1 in einem System mit mehreren Steuergeräten auf Schienenfahrzeugen, und der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei somit nicht für den Fachmann naheliegend.
1.4 Die Kammer stimmt der Patentinhaberin nicht zu.
1.4.1 Bezüglich des ersten Unterscheidungsmerkmals merkt die Kammer an, dass im Absatz [0020] von E1 als mögliche Einsatzbereiche des beschriebenen Verfahrens Fahrzeuge im allgemeinen erwähnt werden (siehe "vehicle", Zeile 18). Im Absatz [0021] werden die allgemeine Begriffe "movable platform" (Zeilen 22 und 23) und "any other entity that is movable" (Zeilen 25 und 26) benutzt. Nach Ansicht der Kammer schließen diese Begriffe auch Schienenfahrzeuge ein, da sie ebenfalls als bewegliche Einheiten ("movable platform/entity") zu bezeichnen sind.
Der Fachmann wird daher dem Unterscheidungsmerkmal entnehmen, dass das Verfahren von E1 für jeden Fahrzeugtyp geeignet ist, gegebenenfalls auch für Schienenfahrzeuge. Die Kammer stellt ebenfalls fest, dass das Patent keine besonderen Erfordernisse erwähnt, die nur für die Ausführung des Diagnoseverfahrens in Schienenfahrzeugen gelten sollten.
1.4.2 Bezüglich des zweiten Unterscheidungsmerkmals sieht die Kammer es ebenfalls als für den Fachmann naheliegend an, das Verfahren von E1 in einem System mit mehreren Steuergeräten auszuführen. Der Fachmann würde nach Bedarf mehrere Mikroserver zur Überwachung verschiedener Funktionen bzw. Teilen/Maschinen installieren (siehe auch Absätze [0020] und [0021] in E1).
Im Ausführungsbeispiel von E1 wird z.B. ein Flugzeug als ein zu überwachendes Fahrzeug beschrieben (siehe Figur 1 und Absatz [0021], Zeilen 23 bis 27). In Figur 2 wird ein Motor des Flugzeugs dargestellt, auf dem ein Steuergerät (62) installiert ist (siehe Absätze [0035] und [0036]). Zwar wird nur ein Motor in Figur 2 dargestellt, es ist aber bekannt, dass Flugzeuge üblicherweise mehrere solcher Motoren aufweisen. Für einen Fachmann wäre es naheliegend, dass in einem Flugzeug mit mehreren Motoren eine entsprechende Zahl von Steuergeräten (62) benötigt würde.
1.4.3 Ausgehend von E1 würde der Fachmann mit der technischen Aufgabe konfrontiert sein, das in E1 beschriebene Überwachungs- und Diagnoseverfahren in Schienenfahrzeugen auszuführen. Wie bereits erklärt (siehe Punkt 1.4.1) würde der Fachmann aus der Offenbarung von E1 eindeutig entnehmen, dass das Verfahren von E1 auch für Schienenfahrzeuge geeignet ist. Nach Bedarf würde er das Verfahren in naheliegender Weise nur mit Hilfe seines allgemeinen Fachwissens in einem System mit mehreren Steuergeräten ausführen.
Wie in E1 beschrieben wird, wird das Diagnoseverfahren über das Internet durch Netz-Applikationen durchgeführt. Die Ergänzung des Systems mit mehreren Steuergeräten wird somit keine wesentliche Änderung bzw. Komplikation in der Implementierung bzw. Durchführung des Diagnoseverfahrens auslösen, die über das allgemeine Wissen des Fachmanns hinausginge. Das Patent erwähnt ebenfalls keine Angaben oder Besonderheiten über die Implementierung des beanspruchten Diagnoseverfahrens, die nicht zum allgemeinen Wissen des Fachmanns gehören.
1.5 Die Kammer gelangt daher zu der Schlussfolgerung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags auf keiner erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
2. Hilfsanträge
2.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 definiert zusätzlich, dass die Steuergeräte bestimmten Funktionen eines Schienenfahrzeugs zugeordnet sind, welche zumindest eine Antriebssteuerung, Bremssteuerung und Türsteuerung sind.
2.1.1 Nach Ansicht der Patentinhaberin sei dieses zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 im Zusammenhang mit den zwei Unterscheidungsmerkmalen des Anspruchs 1 des Hauptantrags (siehe Punkt 1.1 oben) zu betrachten. Es handele sich somit um bestimmte Funktionen eines Schienenfahrzeugs und nicht um allgemeine Funktionen wie im Absatz [0020] von E1 aufgelistet. Schienenfahrzeuge seien komplizierte Fahrzeuge mit vielen Antriebs-, Brems- und Türsteuerungen und es gebe keinen Hinweis in E1 auf ein derartig kompliziertes System. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 sei somit erfinderisch.
2.1.2 Nach Ansicht der Kammer was es anzunehmen, dass, wenn in einem Fahrzeug mehrere Steuergeräte eingesetzt werden, sie bestimmten Funktionen des Fahrzeugs zugeordnet werden. Mit anderen Worten wäre der Grund für die Verwendung mehrerer Steuergeräte in einem Fahrzeug, dass mehrere Funktionen des Fahrzeugs überwacht werden können.
Der Einsatz des Diagnoseverfahrens in einem System mit mehreren Steuergeräten in Schienenfahrzeugen wird von der Kammer als naheliegend betrachtet, wie im Rahmen des Hauptantrags erklärt wurde (siehe Punkt 1 oben). Wie auch schon bereits erläutert gibt es im Patent keinen Hinweis auf besondere Erfordernisse, die nur für die Ausführung des Diagnoseverfahrens auf Schienenfahrzeugen gelten (siehe Punkt 1.4.1 oben).
Die Kammer sieht die Wahl der im Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 genannten Funktionen (Antrieb, Bremsung usw.) als naheliegend an, da sie aus einer begrenzten Anzahl bekannter Funktionen eines Fahrzeugs ausgewählt wurden. Darüber hinaus werden Antriebs- und Bremssteuerung ebenfalls in E1 als mögliche zu überwachende Funktionen eines Fahrzeugs erwähnt (siehe Absatz [0020]).
Zusammenfassend ist die Kammer der Ansicht, dass der Fachmann in E1 den Hinweis bekommen würde, verschiedene Funktionen eines Fahrzeugs, insbesondere Antriebs-, Brems- und Türsteuerung, den Steuergeräten in naheliegender Weise zuzuordnen.
2.1.3 Die Kammer kommt daher zu der Schlussfolgerung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruht.
2.2 Im Vergleich zum Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 weist Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 das zusätzliche Merkmal auf, dass von jedem Typ Steuergeräte mehrere Stücke existieren.
2.2.1 Die Patentinhaberin betonte, dass Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 sich durch vier (4) Merkmale von E1 unterscheide: Die Merkmale i) und ii) (siehe Punkt 1.1 oben), das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 (siehe Punkt 2.1) und das zusätzliche Merkmal des Anspruch 1 des Hilfsantrags 2. Es gebe somit mehrere Schritte, die ein Fachmann unternehmen müsste, um ausgehend von E1 zu dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 zu gelangen.
Die technische Wirkung des zusätzlichen Merkmals des Hilfsantrags 2 sei die Vereinfachung der Diagnosevorgänge. Es gebe z.B. mehrere Türen in Schienenfahrzeugen, dabei werde zu jeder Tür ein Steuergerät zugeordnet. Mit dem beanspruchten Verfahren sei es möglich individuelle Diagnosevorgänge für jede einzelne Tür auszuführen. Ausgehend von E1 würde daher der Fachmann nicht ohne erfinderisches Zutun den beanspruchten Gegenstand erreichen.
2.2.2 Die Kammer teilt diese Meinung der Patentinhaberin nicht. Das beanspruchte Diagnoseverfahren wird in einem System mit mehreren Steuergeräten in Schienenfahrzeugen ausgeführt. Wie bereits im Rahmen des Hauptantrags erklärt, sieht die Kammer ein solches Verfahren hinsichtlich E1 als nicht erfinderisch an. Dies gilt ebenfalls für die Zuordnung der Steuergeräte zu bestimmten Funktionen des Fahrzeugs (siehe Punkt 2.1 zum Hilfsantrag 1).
Nach der Ansicht der Kammer spielt der Typ der Steuergeräte im Diagnoseverfahren bzw. in dessen Implementierung oder Ausführung keine Rolle. Die Frage, ob alle bzw. mehrere Steuergeräte vom gleichen Typ oder von unterschiedlichen Typen sind, hat keinen Einfluss auf die Ausführung des Diagnoseverfahrens. Außerdem würde ein Fachmann passende Steuergeräte in einem Fahrzeug nach Bedarf und in Abhängigkeit von den Funktionen, die überwacht werden sollen, ohne erfinderisches Zutun einsetzen. Es wird ebenfalls auf das oben genannte Beispiel mit den Motoren eines Flugzeuges hingewiesen (siehe Punkt 1.4.2).
Die Kammer gelangt daher zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruht.
2.3 Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 weist die gleichen Merkmale wie Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 auf. Wie die Patentinhaberin erklärte, wurde lediglich das zusätzliche Merkmal (siehe Punkt 2.2, erster Absatz oben) umformuliert, um den Einwand der unzulässigen Erweiterung in der angefochtenen Entscheidung auszuräumen (siehe Punkt 35 bis 39 der Entscheidung).
Die Patentinhaberin brachte keine weitere Argumente zum Hilfsantrag 3 vor.
Die Kammer gelangt somit zu dem Schluss, dass, aus den gleichen Gründen wie Anspruch 1 des Hilfsantrags 2, der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 nicht erfinderisch ist.
3. Da weder der Hauptantrag noch die Hilfsanträge gewährbar sind, ist die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.