European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T081516.20181204 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 Dezember 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0815/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04023137.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | C11D 1/72 C11D 17/00 C11D 3/37 C11D 1/08 C11D 1/06 C11D 1/90 C11D 1/75 C11D 1/88 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Maschinengeschirrreiniger mit verbesserten Spüleigenschaften | ||||||||
Name des Anmelders: | Dalli-Werke GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 1) Henkel AG & Co. KGaA 2) Reckitt Benckiser (UK) Limited |
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Kammer: | 3.3.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | - | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Einsprechenden 1 und 2 richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents
Nr. 1 524 313 in geändertem Umfang basierend auf dem ersten Hilfsantrag vom 19. August 2015.
II. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem folgende Dokumente zitiert:
D1: EP 1 571 198 A1
D7: WO 02/04583 A1
D13: Sasol "Novel® Narrow Range Ethoxylates", 2 Seiten
D17: Versuchsbericht eingereicht mit Schreiben vom 9. März 2011.
III. Unabhängige Ansprüche 1 und 6 des aufrechterhaltenen ersten Hilfsantrags haben folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber erteilter Fassung von der Kammer kenntlich gemacht):
"1. Reinigungsmittelzusammensetzung für Geschirrspülmaschinen, die
(a) wenigstens ein ,,Carry over" Tensid, welches die allgemeine Formel R**(1)0(CH2CH20)x(CH2CH2CH20)yH aufweist, worin R**(1) einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ungesättigten Kohlenwasserstoffrest mit 6 bis 30 C-Atomen, bevorzugt 8 bis 26, besonders bevorzugt 10 bis 24 C-Atomen darstellt, x eine ganze Zahl zwischen 26 und 200 ist, y eine ganze Zahl kleiner als 100 ist und x+y kleiner als 200 ist, in Mengen von 1 bis 20 Gew.-%,
(b) ein Salzfunktionspolymer aus Monomeren der Acrylsäure und/oder der Maleinsäure in Kombination mit wenigstens einem Monomeren gebildet ist, das/die ausgewählt ist/sind aus der Gruppe 2-Acrylamido-2 methylpropansulfonsäure, Methallylsulfonsäure oder sulfoniertes Styrol, wobei das Salzfunktionspolymer in saurer oder neutraler Form vorliegen kann,
umfasst."
"6. Verwendung wenigstens eines carry over Tensids gemäß der Definition des Anspruchs 1 in Kombination mit einem Salzfunktionspolymer gemäß der Definition des Anspruchs 1 in einer Reinigungsmittelzusammensetzung für Maschinengeschirrreiniger."
IV. Mit ihren Beschwerdebegründungen setzen sich beide Einsprechenden/Beschwerdeführerinnen mit der angefochtenen Entscheidung auseinander. Außerdem legte die Einsprechende 2 neue Beweismittel D18 bis D20 vor und beantragte deren Zulassung wegen prima facie Relevanz gegen die Patentierbarkeit des aufrechterhaltenen Patents.
V. Mit ihrer Erwiderung vom 21. November 2016 reichte die Patentinhaberin Hilfsanträge 1 bis 8 ein und beantragte unter anderem, die Dokumente D18 bis D20 nicht in das Verfahren zuzulassen.
VI. Nach Erhalt der vorläufigen Meinung der Kammer reichte die Patentinhaberin mit Schreiben vom 24. Oktober 2018 neue Hilfsanträge 1 bis 6 ein. Die bislang im Verfahren befindlichen Hilfsanträge 1 bis 6 und 8 wurden zu Hilfsanträgen 7 bis 13 unnummeriert und aufrechterhalten.
Die Einsprechende 1 erhielt ihre Einwände gegen den Hauptantrag aufrecht und nahm zu der Zulässigkeit und erfinderischen Tätigkeit aller Hilfsanträge Stellung.
VII. Während der mündlichen Verhandlung, die am 4. Dezember 2018 stattfand, wurde erörtert, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags eine erfinderische Tätigkeit aufweist, ausgehend von D7 als nächstliegendem Stand der Technik. Da der Hauptantrag jedoch eine Unklarheit enthielt, erklärte die Beschwerdegegnerin den 1. Hilfsantrag zum Hauptantrag und nahm den bisherigen Hauptantrag zurück. Der Einwand der fehlenden Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung der D1 wurde danach erörtert. Die Beschwerdeführerinnen erklärten außerdem, dass die Einwände basierend auf D19 und D20 nicht aufrechterhalten werden.
VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:
Die Beschwerdeführerinnen haben die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents beantragt.
Die Beschwerdegegnerin hat die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitspatents auf der Basis der Ansprüche gemäß dem mit Schreiben vom 24. Oktober 2018 eingereichten Hilfsantrag 1 (Hauptantrag), hilfsweise auf der Basis der Ansprüche gemäß einem der mit Schreiben vom 24. Oktober 2018 eingereichten Hilfsanträgen 2 bis 6, oder einem der mit Erwiderung vom 21. November 2016 eingereichten und mit Schreiben vom 24. Oktober 2018 umnummerierten Hilfsanträge 7 bis 13 in numerischer Reihenfolge beantragt.
Entscheidungsgründe
Geändertes Vorbringen der Beschwerdeführerin II
1. Auf den Antrag der Beschwerdegegnerin, die Entgegenhaltung D18 nicht in das Verfahren zuzulassen, stellt die Kammer fest, dass D18 nur als Stützung des schon im Einspruchsverfahren erhobenen Grunds der fehlenden Neuheit eingereicht wurde, und zwar in Reaktion auf die angegriffene Entscheidung. Darüber hinaus fokussiert der Inhalt von D18 auf die spezifische Frage, ob das Produkt mit der Bezeichnung Acusol 567 D (Rohm & Haas) zum Zeitpunkt der Einreichung von D1 oder des Streitpatents kommerziell zugänglich war, welche Frage für die vorliegende Beschwerde von Bedeutung ist, insbesondere für die Frage der Neuheit. Aus diesen Gründen hat die Kammer entschieden, D18 ins Verfahren zuzulassen.
Hauptantrag - Neuheit
2. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass die Zusammensetzung 3 des Beispiels 2 aus D1 dem Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich entgegen stehe. Sie hat insbesondere ausgeführt, dass gemäß D18 die sulfonierten Polycarboxylate der Serie Acusol**(TM) bis 2006 nur aus zwei kommerziell zugänglichen Produkten bestanden habe, nämlich "Acusol**(TM)587" und "Acusol**(TM)588", so dass eine entsprechende Berichtigung der fehlerhaften Benennung des sulfonierten Polycarboxylats in Beispiel 2 von D1 für den Fachmann direkt und eindeutig gewesen wäre.
3. Die Kammer teilt diese Ansicht nicht, weil auch, wenn die Zusammensetzung 3 des Beispiels 2 aus D1 ähnliche Inhaltsstoffe als die Zusammensetzung 3 laut Beispiel 1 des Streitpatents veranschaulicht, insbesondere ein sulfoniertes Polycarboxylat Namens "Acusol 567D (Rohm & Haas)", aus der Offenbarung von D1 jedoch nicht hervorgeht, ob die in Beispiel 1 als Dispergiermittel eingesetzten sulfonierten Polycarboxylate mit einem Monomeren gebildet sind, das aus der Gruppe 2-Acrylamido-2 methylpropansulfonsäure, Methallylsulfonsäure oder sulfoniertes Styrol ausgewählt wird.
Außerdem, auch wenn D18 zeigt, dass zum Zeitpunkt von D1 kein sulfoniertes Polycarboxylat Acusol**(TM)567D kommerziell zugänglich war, und somit D18 offensichtlich macht, dass Beispiel 2 aus D1 einen Fehler enthält, ergibt sich aus D18 nicht, welches spezifisches kommerziell zugängliches Produkt mit der Bezeichnung Acusol 567 D gemeint war.
4. Auch der von der Beschwerdeführerin II gewünschten Berichtigung von "Acusol**(TM)567D" zu "Acusol**(TM)587D" aufgrund der Erwähnung von "Acusol**(TM)587D" in D18, welche fast identisch mit "Acusol**(TM)567D" von D1 ist, kann somit nicht zugestimmt werden, weil nicht sofort erkennbar ist, dass nichts anderes beabsichtigt sein konnte als die Berichtigung zu "Acusol**(TM)587D".
5. Somit ergibt sich aus der obigen Analyse nicht, dass D1 neuheitsschädlich ist.
Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
6. Nächstliegender Stand der Technik
6.1 Die Beschwerdeführerinnen waren der Meinung, dass die Erfindung gegenüber D7 als nächstliegendem Stand der Technik naheliege.
6.2 Dass D7 Zusammensetzungen enthaltend eine Kombination von Sulfonsäuregruppen-haltigen Polymeren mit großen Mengen an Niotensiden betrifft, um Belagsbildung auf dem gespülten Geschirr zu verringern und Kalkflecken zu verhindern, wird nicht bestritten.
6.3 In ihrer vorläufigen Meinung hatte die Kammer insbesondere die Ausführungsform laut D7, Anspruch 3 (insbesondere die Formeln (III) und (VII), in denen Y für z.B. -NH-C(CH3)2- steht), als den angebrachtesten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit erachtet.
7. Technische Aufgabe
Die Beschwerdegegnerin hat die zu lösenden Aufgabe in der Bereitstellung eines Geschirrspülmittels gesehen, welches das Spotting (die Kalkfleckenbildung) bei gutem "Filming" deutlich reduziert.
8. Lösung nach dem geänderten Patent
Diese Aufgabe wird laut Anspruch 1 des geänderten Patents dadurch gelöst, dass das Geschirrspülmittel
(a) wenigstens ein "Carry over" Tensid, welches die allgemeine Formel R**(1)0(CH2CH20)x(CH2CH2CH20)yH aufweist, worin R**(1) einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ungesättigten Kohlenwasserstoffrest mit 6 bis 30 C-Atomen darstellt, x eine ganze Zahl zwischen 26 und 200 ist, y eine ganze Zahl kleiner als 100 ist und x+y kleiner als 200 ist, in Mengen von 1 bis 20 Gew.-%, und
(b) ein Salzfunktionspolymer aus Monomeren der Acrylsäure und/oder der Maleinsäure in Kombination mit wenigstens einem Monomeren gebildet ist, das/die ausgewählt ist/sind aus der Gruppe 2-Acrylamido-2 methylpropansulfonsäure, Methallylsulfonsäure oder sulfoniertes Styrol, wobei das Salzfunktionspolymer in saurer oder neutraler Form vorliegen kann,
umfasst.
Erfolg der beanspruchten Lösung
9. Während der mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdeführerinnen aufrechterhalten, dass die vom beanspruchten Gegenstand tatsächlich gelöste Aufgabe, auf Grund der Überlappung mit den in D7 offenbarten Niotensiden, nur als die Bereitstellung einer alternativen Zusammensetzung gesehen werden kann.
Hingegen hat die Patentinhaberin darauf bestanden, dass die geltend gemachte ehrgeizigere Aufgabe auch gegenüber den Zusammensetzungen von D7 im gesamten beanspruchten Umfang erfolgreich gelöst wird, wie insbesondere aus den Vergleichsversuchen D17 ersichtlich wird. Dies zeigt auch der Vergleich zwischen den Beispielen 8 und 12 im Streitpatent (erfindungsgemäße Zusammensetzung 8 gegenüber Zusammensetzung 12, enthaltend "Lutensol AT11 (C16-18, 11EO)" als Stand der Technik nichtionisches Tensid enthaltend ein mit 1 bis 12 Mol Ethylenoxid pro Mol Alkohol nichtionisches Tensid, wie in D7 bevorzugt, darstellt).
9.1 Die Kammer merkt an, dass die Reduzierung der Kalkfleckbildung (Spotting) bereits Teil der ursprünglich formulierten Aufgabe war (siehe Absatz [0007] des Streitpatents). Da D7 jedoch nicht in der ursprünglich eingereichten Anmeldung gewürdigt wurde, konnte eine Reduzierung der Kalkfleckenbildung gegenüber den Zusammensetzungen nach D7 erst im Einspruch/Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden.
9.2 Laut Rechtsprechung (siehe u.a. T 1188/00), kann eine Aufgabenformulierung, die sich auf eine im Einspruchs-/Beschwerdeverfahren erstmals geltend gemachte Wirkung bezieht (hier die ehrgeizige Aufgabe des reduzierten Spottings), nur dann zur Begründung einer erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden, wenn glaubhaft ist, dass sich die Wirkung über den gesamten beanspruchten Bereich erzielen lässt.
9.2.1 In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die Beispiele des Streitpatents (Tabelle 2, Formulierungen 8, 10 bzw. 12) einen Vergleich zwischen den erfindungsgemäßen Zusammensetzungen 8 oder 10 und einer Zusammensetzung 12 enthaltend Lutensol AT 11 (C16-18, 11 EO) als nichtionisches Tensid, darstellen. Dieses letzte auf dem Markt befindliche Handelsprodukt stellt ein nichtionisches Tensid gemäß einer der bevorzugten Klassen der nichtionischen Tensiden von D7 (Seiten 20 und 22, jeweils letzter Absatz) dar.
9.2.2 Obwohl die sich daraus ergebende Verbesserung nicht streitig zu sein scheint, kann die Kammer nicht verkennen, dass in D7 noch eine andere offenbarte Klasse an nichtionischen Tensiden bevorzugt wird (siehe Seite 23, dritt- und zweitletzter Absatz; "vorzugsweise mehr als ... 20 Mol Ethylenoxid pro Mol Alkohol gewonnen werden"), welche aus ethoxylierten Fettalkoholen mit z.B. 20 Mol EO besteht, so dass sich die Frage stellt, ob auch über diese Klasse eine Verbesserung geltend gemacht wird.
9.2.3 In diesem Zusammenhang zeigen die Vergleichversuche D17, dass bei Verwendung einer Zusammensetzung gemäß Beispiel 3 des Streitpatents, enthaltend ein "Carry-over" Niotensid mit wenigstens 25 EO-Einheiten, die "Fleckenbildung" stärker reduziert wird, und zwar je mehr, desto größer die Anzahl an EO-Einheiten ist, im Vergleich zu einer Zusammensetzung enthaltend Niotenside mit 18 oder weniger EO-Einheiten.
Daraus ergibt sich, dass
- das Merkmal des Anspruchs 1 "x eine ganze Zahl zwischen 26 und 200 ist" nicht willkürlich, sondern gezielt gewählt wurde, und zwar in Richtung einer Reduzierung des Spottings;
- auch gegenüber der weiteren, von D7 (Seite 23, dritt- und zweitletzter Absatz; "vorzugsweise mehr als ... 20 Mol Ethylenoxid pro Mol Alkohol gewonnen werden") offenbarte Niotenside eine Verbesserung glaubhaft ist.
Es ist außerdem zu bemerken, dass in Reaktion auf das Einreichen von D17, die Einsprechenden weder Vergleichsbeispiele mit einem 20-EO enthaltenden Fettalkohol als nichtionischem Tensid, noch mit variierenden Mengen an Niotensiden eingereicht haben, um zu zeigen, dass keine Verbesserung erhalten wurde.
9.2.4 Somit ist die Kammer zur Überzeugung gekommen, dass sich die geltend gemachte Wirkung über den gesamten beanspruchten Bereich erzielen lässt.
9.2.5 Daher kann die tatsächlich gelöste objektive Aufgabe gegenüber D7 darin gesehen werden, ein Reinigungsmittel für Geschirrspülmaschinen mit besonders guten Ergebnissen hinsichtlich des "Filmings" und gleichzeitiger Reduzierung/Vermeidung der Bildung von Tropfenrückständen ("Spotting") auf dem gespülten Geschirr bereitzustellen (siehe dazu Absatz [0007] des Streitpatents).
10. Naheliegen der Lösung
10.1 Es verbleibt zu untersuchen ob, ausgehend von der Zusammensetzung gemäß D7, Anspruch 4, es für den mit der technischen Aufgabe befassten Fachmann naheliegend war,
a) "Carry over" Tenside der allgemeinen Formel R**(1)0(CH2CH20)x(CH2CH2CH20)yH aufweist (worin R**(1) einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ungesättigten Kohlenwasserstoffrest mit 6 bis 30 C-Atomen darstellt, x eine ganze Zahl zwischen 26 und 200 ist, y eine ganze Zahl kleiner als 100 ist und x+y kleiner als 200 ist, in Mengen von 1 bis 20 Gew.-%) in Kombination mit
b) einem Salzfunktionspolymer aus Monomeren der Acrylsaure und/oder der Maleinsaure und mit wenigstens einem Monomeren gebildet ist, das/die ausgewählt ist/sind aus der Gruppe 2-Acrylamido-2 methylpropansulfonsäure, Methallylsulfonsäure oder sulfoniertes Styrol, zu verwenden.
10.2 D7, Anspruch 4 (siehe insbesondere die Formeln (III) und (VII), in denen Y für z.B. -NH-C(CH3)2- steht) offenbart eine Zusammensetzung, welche alle Merkmale des vorliegenden Anspruchs 1 außer der spezifischen Kombination der Merkmale (a) des "Carry over" Tensids und b) eines Copolymers mit 2-Acrylamido-2 methylpropansulfonsäure, Methallylsulfonsäure oder sulfoniertes Styrol enthält.
10.3 Bezüglich der verwendbaren Niotenside offenbart D7 zwar zwei relevante Ausführungsformen, mit denen eine Zusammensetzung gemäß dem Anspruch 4 implementiert/konkretisiert werden könnte:
10.3.1 Gemäß der ersten Ausführungsform (siehe den die Seiten 20 und 21 überbrückenden Absatz, oder den letzten Absatz der Seite 22): "Als nichtionische Tenside werden vorzugsweise alkoxylierte, vorteilhafterweise ethoxylierte, insbesondere primäre Alkohole mit vorzugsweise 8 bis 18 C-Atomen und durchschnittlich 1 bis 12 Mol Ethylenoxid (EO) pro Mol Alkohol eingesetzt, ... vorliegen. Insbesondere sind jedoch Alkoholethoxylate mit linearen Resten aus Alkoholen nativen Ursprungs mit 12 bis 18 C-Atomen, z.B. aus Kokos-, Palm-, Talgfett- oder Oleylalkohol und durchschnittlich 2 bis 8 EO pro Mol Alkohol bevorzugt. ... Bevorzugte Alkoholethoxylate weisen eine eingeengte Homologenverteilung auf (narrow range ethoxylates, NRE). Zusätzlich zu diesen nichtionischen Tensiden können auch Fettalkohole mit mehr als 12 EO eingesetzt werden. Beispiele hierfür sind Talgfettalkohol mit 14 EO, 25 EO, 30 EO oder 40 EO."
Für die Kammer ist daraus ersichtlich, dass ein Fachmann, der eine Zusammensetzung gemäß Anspruch 4 von D7 mit den bevorzugten, obigen Niotensiden herstellen will, auch die vorgeschlagene Option der zusätzlichen Verwendung von Talgfettalkohol mit 14 EO, 25 EO, 30 EO oder 40 EO zur Hand hatte. D7 offenbart aber nicht, weshalb diese Option verwendet werden sollte, und noch weniger, dadurch eine Reduzierung der Fleckenbildung zu erhalten.
Somit findet der Fachmann in D7 keine Veranlassung dafür, die Fleckenbildung zu reduzieren, zumal darin jegliche Angaben bezüglich des Ziels der zusätzlichen Hinzufügung sowie der dafür notwendige Menge fehlen.
10.3.2 Gemäß der zweiten, bevorzugten Ausführungsform offenbart D7 (siehe insbesondere Seite 23, fünfter Absatz): "ein besonders bevorzugtes bei Raumtemperatur festes, einzusetzendes Niotensid wird aus einem geradkettigen Fettalkohol mit 16 bis 20 Kohlenstoffatomen (C16-20-Alkohol), vorzugsweise einem C-Alkohol und mindestens 12 Mol, vorzugsweise mindestens 15 Mol und insbesondere mindestens 20 Mol Ethylenoxid gewonnen. Hierunter sind die sogenannten ,,narrow range ethoxylates" (siehe oben) besonders bevorzugt".
Also werden "narrow range ethoxylated" Niotenside, welche insbesondere mindestens 20 Mol Ethylenoxid enthalten, für die Zusammensetzungen von D7 vorgeschlagen. Dies scheint eine Veranlassung für den Fachmann zu geben, alternative Zusammensetzungen aus den Ausführungsformen des Anspruchs 4 von D7 zu verwirklichen, mit Fettalkoholen-Niotensiden mit einem größer als 20 mol EO-Anteil, in der Erwartung, die Ziele von D7 (bezüglich Filming und Spotting) zu erreichen.
Hierfür fehlt jedoch sowohl eine Veranschaulichung mit den bevorzugten Copolymeren (D7 enthält kein einziges Beispiel) als auch ein allgemeiner Hinweis, zumindest 1 Gew.-% an ethoxylierten Fettalkoholen mit zumindest 26 EO-Einheiten zusammen mit den beanspruchten Copolymeren zu verwenden, um die Fleckenbildung weiter zu reduzieren.
10.3.3 Auch bezüglich der Auswahl der beanspruchten Monomere für das in Kombination mit den Niotensiden einzusetzende Copolymer findet der Fachmann keine Veranlassung in D7.
Zwar werden in D7 alle beanspruchten Monomere einzeln in einer Liste und als besonders bevorzugt offenbart (siehe Seite 12, letzter Absatz, z.B. dritte Zeile "2-Acrylamido-2-methyl-1-propansulfonsäure" (jedoch mit einer falschen Formel), bzw. sechste Zeile "Methallylsulfonsäure", bzw. neunte Zeile "Styrolsulfonsäure"). Der Fachmann findet jedoch keine Veranlassung, gerade und nur diese Monomere auszuwählen zur kombinierten Anwendung mit dem beanspruchten Niotensid, um die technische Aufgabe zu lösen.
10.4 Daher kommt die Kammer zum Schluss, dass D7 allein
- weder auf die Anwendung von Niotensiden wie beansprucht (siehe Merkmal (a)) hinweist,
- noch weniger auf ihre Kombination mit den beanspruchten Copolymeren,
- um ein besseres Ablaufverhalten und folglich eine Reduzierung von Fleckenbildung auf dem gespülten Geschirr zu erzielen.
10.5 Folglich wird der beanspruchte Gegenstand vom herangezogenen Stand der Technik D7 nicht nahegelegt.
10.6 Daraus folgt, dass der neue Hauptantrag den Erfordernissen des EPÜ entspricht, und somit gewährbar ist.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent auf der Grundlage des neuen Hauptantrags, eingereicht als 1. Hilfsantrag mit Schreiben vom 24. Oktober 2018, und einer gegebenenfalls noch anzupassenden Beschreibung aufrecht zu erhalten.