T 0691/16 () of 5.12.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T069116.20181205
Datum der Entscheidung: 05 Dezember 2018
Aktenzeichen: T 0691/16
Anmeldenummer: 10011454.5
IPC-Klasse: A24D 3/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zum Aufbereiten von Filtertowmaterial sowie Vorrichtung zur Herstellung von Filtern
Name des Anmelders: Hauni Maschinenbau GmbH
Name des Einsprechenden: G.D S.p.A.
Papadimitriou, Angelos
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 105
European Patent Convention Art 76(1)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13
Schlagwörter: Beitritt des vermeintlichen Patentverletzers - Zulässigkeit des Beitritts während des Beschwerdeverfahrens
Teilanmeldung - Gegenstand geht über den Inhalt der früheren Anmeldung hinaus (ja)
Teilanmeldung - Gegenstand geht über den Inhalt der früheren Anmeldung hinaus (nein)
Teilanmeldung - nach Änderung
Änderungen - zulässig (ja)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Änderung
Spät eingereichte Hilfsanträge - Änderungen nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung
Spät eingereichte Hilfsanträge - Antrag eindeutig gewährbar (nein)
Orientierungssatz:

Gründe 4.1, 4.2, 6.3.2

Angeführte Entscheidungen:
T 1914/12
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0128/15

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 10. März 2016, das europäische Patent Nr. 2 292 107 in geändertem Umfang nach Artikel 101(3) a) EPÜ aufrechtzuerhalten. Das Patent wurde als Teilanmeldung einer früheren Anmeldung eingereicht (nachfolgend Stammanmeldung, als WO 2005/058079 A1 veröffentlicht).

II. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe Artikel 100 (a) i.V.m. Artikel 56 EPÜ, Artikel 100(b) EPÜ und Artikel 100 (c) EPÜ gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass das nach dem Hilfsantrag 9 geänderte Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.

In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgende Entgegenhaltung zitiert:

D1 GB 2 265 298 A

III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende als Beschwerdeführerin am 17. März 2016 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 7. Juli 2016 eingereicht.

Gegen diese Entscheidung hat auch die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin am 13. Mai 2016 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 12. Juli 2016 eingereicht.

Am 5. September 2017 erklärte der Beitretende "Angelos Papadimitriou" seinen Beitritt zum Einspruch und zahlte am gleichen Tag die Einspruchsgebühr.

IV. In einer Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 15(1) VOBK vom 16. April 2018 und nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung zu den sich durch den Beitritt ergebenden verfahrensrechtlichen Fragen mit. In einer weiteren Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK vom 13. August 2018 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung zu den Sachfragen mit. Die mündliche Verhandlung fand am 5. Dezember 2018 in Anwesenheit aller am Beschwerdeverfahren beteiligten Parteien statt.

V. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende und der Beitretende beantragen die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

VI. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang oder hilfsweise eines der Hilfsanträge 1-19 alle eingereicht bzw. erneut eingereicht mit der Beschwerdebegründung, sowie eines der Hilfsanträgen 4a und 13a, eingereicht mit Schriftsatz vom 13. März 2018, oder eines der Hilfsanträge 18A, 18B, 20 und 21, die während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer gestellt wurden.

VII. Der unabhängige Anspruch 1 der für diese Entscheidung relevanten Anträge hat folgenden Wortlaut:

Hauptantrag

"Vorrichtung zum Aufbereiten von Filtertowmaterial für die Herstellung von Filtern für stabförmige Rauchartikel wie beispielsweise Zigaretten, mit Filtertowbereitstellungsmitteln (7) zur Bereitstellung von mindestens zwei Filtertowstreifen (4, 6), mindestens zwei Towführungsbahnen (2, 3) von denen in jeder Towführungsbahn (2, 3) ein Filtertowstreifen (4, 6) geführt wird, und Bearbeitungseinrichtungen (24, 44) zum Bearbeiten der Filtertowstreifen (4, 6), bei welcher jeder Towführungsbahn (2, 3) eine eigene Bearbeitungseinrichtung (26, 28, 30, 49; 27, 29, 31, 50) zugeordnet ist, die separat steuerbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass am Ende jeder Towführungsbahn (2, 3) eine separate Entnahmeeinrichtung vorgesehen ist und jede Bearbeitungseinrichtung Mittel (26, 28, 30, 49; 27, 29, 31, 50) zum Ausbreiten, Recken und/oder Behandeln des Filtertowmaterials aufweist, jeder Towführungsbahn (2; 3) Mittel (26, 28, 30, 49; 27, 29, 31, 50) zum Ausbreiten, Recken und/oder Behandeln des Filtertowmaterials zugeordnet sind und die Mittel zum Ausbreiten, die Mittel zum Recken und/oder die Mittel zum Behandeln jeweils eine Einheit bilden, in der sie quer zur Richtung der Towführungsbahnen (2, 3) nebeneinander angeordnet sind und die eine Einheit bildenden Mittel zum Ausbreiten und/oder Recken Streckwalzenpaare (28, 29, 30, 31) umfassen, welche koaxial nebeneinander liegend gelagert sind und jedem Streckwalzenpaar (28, 29, 30, 31) ein eigener Antrieb zugeordnet ist, welcher separat steuerbar ist, wobei jedes erste, zweite, dritte und vierte Streckwalzenpaar (28, 29, 30, 31) eine dünnere Walze mit einem geringeren Durchmesser und eine dickere Walze mit einem höheren Durchmesser enthält, die dickere Walze antriebslos gelagert und quer zu ihrer Drehachse durch Betätigungsorgane separat verstellbar ist."

Hilfsantrag 1

Wie im Hauptantrag, wobei am Ende der folgende Wortlaut eingefügt wurde: "wobei die Entnahmeeinrichtung eine Einstoßtrommel oder eine Übergabespinne aufweist, um die geschnittenen Filtertowstäbe von einer Bewegung in ihrer Längsrichtung in eine Bewegung quer zu ihrer Längsrichtung zu überführen."

Hilfsantrag 2

Wie im Hilfsantrag 1, wobei am Ende der folgende Wortlaut eingefügt wurde: "wobei die separaten Entnahmeeinrichtungen derart angeordnet sind, verschiedene und insbesondere körperlich getrennt aufgestellte Filterstrangeinheiten oder Zigarettenherstellungsmaschinen zu bedienen."

Hilfsantrag 3

Wie im Hauptantrag, wobei am Ende der folgende Wortlaut eingefügt wurde: "wobei der Vorrichtung eine Filterstrangeinheit nachgeschaltet ist, welche eine Umhüllungseinrichtung zur Umhüllung der Towstränge (64, 66) mit Umhüllungspapier sowie eine Klebeauftragseinrichtung zum Verkleben des umhüllten Papieres aufweist, wobei die Klebeauftragseinrichtung erste Mittel zum Auftragen von langsam abbindendem Klebstoff, insbesondere Kaltleim, und zweite Mittel zum Auftragen von schnell abbindendem Klebstoff, insbesondere Heißschmelzklebstoff, aufweist."

Hilfsanträge 4, 4a, 5

Wie im Hauptantrag, wobei am Ende der folgende Wortlaut eingefügt wurde: "wobei die Vorrichtung eine Formungseinrichtung (62, 63) zum Formen von zwei runden Filtertowsträngen (64, 66) aus zwei Filtertowstreifen (4, 6) aufweist, wobei zur Reduzierung des Abstandes zwischen den Filtertowsträngen (64, 66) stromabwärts nach der Formungseinrichtung (62, 63) zwei doppelt gekröpfte, konische Einlauffinger (68, 69) vorgesehen sind, durch die jeweils ein Filtertowstrang (64, 66) geführt wird."

Hilfsantrag 6

Wie im Hauptantrag, wobei am Ende der folgende Wortlaut eingefügt wurde: "wobei die Vorrichtung eine Formungseinrichtung (62, 63) zum Formen von zwei runden Filtertowsträngen (64, 66) aus zwei Filtertowstreifen (4, 6) aufweist, wobei stromabwärts nach der Formungseinrichtung (62, 63) Umlenkmittel, die vorzugsweise mindestens eine Umlenkrolle aufweisen, zur Umlenkung der runden Filtertowstränge vorgesehen sind."

Hilfsantrag 7

Wie im Hauptantrag, wobei am Ende der folgende Wortlaut eingefügt wurde: "wobei die Streckwalzenpaare (28, 29, 30, 31) an einer vertikalen Rückwand (32) des Maschinengestells (20) einseitig gelagert sind, wobei das erste Streckwalzenpaar (28) und das dritte Streckwalzenpaar (30) der ersten Towführungsbahn (2) und das zweite Streckwalzenpaar (29) und das vierte Streckwalzenpaar (31) der zweiten Towführungsbahn (3) zugeordnet sind."

Hilfsantrag 8

Wie im Hilfsantrag 1, wobei am Ende der folgende Wortlaut eingefügt wurde: "wobei der Vorrichtung eine Filterstrangeinheit nachgeschaltet ist, welche eine Umhüllungseinrichtung zur Umhüllung der Towstränge (64, 66) mit Umhüllungspapier sowie eine Klebeauftragseinrichtung zum Verkleben des umhüllten Papieres aufweist, wobei die Klebeauftragseinrichtung erste Mittel zum Auftragen von langsam abbindendem Klebstoff, insbesondere Kaltleim, und zweite Mittel zum Auftragen von schnell abbindendem Klebstoff, insbesondere Heißschmelzklebstoff, aufweist, wobei die Vorrichtung eine Formungseinrichtung (62, 63) zum Formen von zwei runden Filtertowsträngen (64, 66) aus zwei Filtertowstreifen (4, 6) aufweist, wobei zur Reduzierung des Abstandes zwischen den Filtertowsträngen (64, 66) stromabwärts nach der Formungseinrichtung (62, 63) zwei doppelt gekröpfte, konische Einlauffinger (68, 69) vorgesehen sind, durch die jeweils ein Filtertowstrang (64, 66) geführt wird."

Hilfsantrag 9

Wie im Hauptantrag, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mittels Durchstreichung hervorgehoben): "die eine Einheit bildenden Mittel zum [deleted: Ausbreiten und/oder] Recken Streckwalzenpaare (28, 29, 30, 31) umfassen".

Hilfsantrag 10

Wie im Hilfsantrag 1, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mittels Durchstreichung hervorgehoben): "die eine Einheit bildenden Mittel zum [deleted: Ausbreiten und/oder] Recken Streckwalzenpaare (28, 29, 30, 31) umfassen".

Hilfsanträge 11-13, 13a, 14-17

Wie in den Hilfsanträgen 2 (für Hilfsantrag 11), 3 (für Hilfsantrag 12), 4 (für Hilfsantrag 13), 4a (für Hilfsantrag 13a), 5 (für Hilfsantrag 14), 6 (für Hilfsantrag 15), 7 (für Hilfsantrag 16), 8 (für Hilfsantrag 17), jedoch jeweils mit folgenden Änderungen (von der Kammer mittels Durchstreichung hervorgehoben): "die eine Einheit bildenden Mittel zum [deleted: Ausbreiten und/oder] Recken Streckwalzenpaare (28, 29, 30, 31) umfassen".

Hilfsantrag 18

Wie im Hilfsantrag 16, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mittels Unterstreichung hervorgehoben): "wobei ein erstes Bremswalzenpaar (26) und das erste Streckwalzenpaar (28) und das dritte Streckwalzenpaar (30) der ersten Towführungsbahn (2) und ein zweites Bremswalzenpaar (27) und das zweite Streckwalzenpaar (29) und das vierte Streckwalzenpaar (31) der zweiten Towführungsbahn (3) zugeordnet sind".

Hilfsantrag 18A

Wie im Hilfsantrag 18, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mittels Durch- bzw. Unterstreichung hervorgehoben): "... zur Bereitstellung von [deleted: mindestens] zwei Filtertowstreifen (4, 6), [deleted: mindestens] zwei Towführungsbahnen..., wobei das erste Bremswalzenpaar (26) und das zweite Bremswalzenpaar getrennt durch jeweils separat zugeordnete Betätigungsorgane betätigbar sind, mit denen die von den Bremswalzenpaaren (26, 27) auf die Filtertowstreifen (4, 6) ausgeübte Bremskraft beeinflußbar ist."

Hilfsantrag 18B

Wie im Hilfsantrag 18A, wobei am Ende der folgende Wortlaut eingefügt wurde: "wobei stromabwärts hinter den Bremswalzenpaaren (26, 27) gelegenes erstes (28) und zweites (29) Streckwalzenpaar und stromabwärts hinter dem ersten (28) und zweiten (29) Streckwalzenpaar gelegene drittes (30) und viertes (31) Streckwalzenpaar angeordnet ist."

Hilfsantrag 19

Wie im Hilfsantrag 18, wobei am Ende der folgende Wortlaut eingefügt wurde: "wobei die Entnahmeeinrichtung eine Einstoßtrommel oder eine Übergabespinne aufweist, um die geschnittenen Filtertowstäbe von einer Bewegung in ihrer Längsrichtung in eine Bewegung quer zu ihrer Längsrichtung zu überführen, wobei die separaten Entnahmeeinrichtungen derart angeordnet sind, verschiedene und insbesondere körperlich getrennt aufgestellte Filterstrangeinheiten oder Zigarettenherstellungsmaschinen zu bedienen."

Hilfsantrag 20

Wie im Hilfsantrag 18, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mittels Durchstreichung hervorgehoben): "... zur Bereitstellung von [deleted: mindestens] zwei Filtertowstreifen (4, 6), [deleted: mindestens] zwei Towführungsbahnen (2, 3)...".

Hilfsantrag 21

Wie im Hilfsantrag 20, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mittels Unterstreichung hervorgehoben):

"wobei jedes nämlich, erste, zweite, dritte, vierte, Streckwalzenpaar 28, 29, 30, 31) eine dünnere Walze ...enthält".

VIII. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:

Herr Cossu solle als Begleitperson der zugelassenen Vertreter des Beitretenden keine Ausführungen machen dürfen.

Der Beitritt des Herrn A. Papadimitriou sei nicht zulässig.

Der unabhängige Anspruch 1 aller Anträge gehe nicht über den Inhalt der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

Die Hilfsanträge 18A, 18B, 20 und 21 seien zum Verfahren zuzulassen. Zudem erfülle Anspruch 1 dieser Anträge die Erfordernisse der Artikel 76, 123(2) und 83 EPÜ, und werde der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 18A nicht durch D1 nahegelegt.

IX. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende und der Beitretende haben zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:

Herr Cossu solle als Begleitperson unter Aufsicht der zugelassenen Vertreter des Beitretenden, die Herren Bianciardi oder Ghioni, vortragen dürfen.

Der Beitritt des Herrn A. Papadimitriou sei zulässig.

Der unabhängige Anspruch 1 aller Anträge gehe über den Inhalt der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

Die Hilfsanträge 18A, 18B, 20 und 21 seien nicht zum Verfahren zuzulassen. Zudem erfülle Anspruch 1 dieser Anträge nicht die Erfordernisse der Artikel 76, 123(2) und 83 EPÜ, und werde der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 18A durch D1 nahegelegt.

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Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Anwendungsgebiet der Erfindung

Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Aufbereiten von Filtertowmaterial für die Herstellung von Filtern für stabförmige Rauchartikel wie beispielsweise Zigaretten. Die Vorrichtung weist mindestens zwei Towführungsbahnen zur Führung von Filtertowstreifen auf, wobei jeder Towführungsbahn eine eigene Bearbeitungseinrichtung zugeordnet ist, die separat steuerbar ist. Jede Bearbeitungseinrichtung weist hierzu insbesondere Mittel zum Recken des Filtertowmaterials auf, wobei jedes Mittel zum Recken ein von zugehörigen Antriebsmitteln angetriebenes erstes, zweites, drittes und viertes Streckwalzenpaar aufweist (siehe die Figuren 1-3 des Streitpatents). Insbesondere durch die separate Steuerbarkeit lassen sich unterschiedliche Filtersorten auf ein und derselben Vorrichtung herstellen, Absatz [0005] der Patentschrift.

3. Mündliche Ausführungen des Herrn Cossu

3.1 Mit dem Schreiben vom 7. November 2018 beantragte der zugelassene Vertreter des Beitretenden, dass Herr Cossu als Begleitperson während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer mündliche Ausführungen machen dürfe.

3.2 Laut der Entscheidung G 4/95 der Großen Beschwerdekammer besteht im Einspruchs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren kein Rechtsanspruch auf mündliche Ausführungen durch eine Begleitperson; diese dürfen nur mit Zustimmung der Kammer und nach ihrem Ermessen gemacht werden. Das EPA hat bei der Ausübung seines Ermessens folgende Kriterien zu berücksichtigen:

i) Der zugelassene Vertreter muss beantragen, dass diese mündlichen Ausführungen gemacht werden dürfen. Im Antrag sind der Name und die Qualifikation der Begleitperson anzugeben und der Gegenstand der beabsichtigten mündlichen Ausführungen zu nennen.

ii) Der Antrag ist so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung zu stellen, dass sich alle Gegenparteien auf die beabsichtigten mündlichen Ausführungen angemessen vorbereiten können.

iii) Ein Antrag, der erst kurz vor oder während der mündlichen Verhandlung gestellt wird, ist zurückzuweisen, sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, es sei denn, alle Gegenparteien sind damit einverstanden, dass die beantragten mündlichen Ausführungen gemacht werden.

iv) Das EPA muss davon überzeugt sein, dass die Begleitperson die mündlichen Ausführungen unter der ständigen Verantwortung und Aufsicht des zugelassenen Vertreters macht.

Siehe hierzu RdBK, 8. Auflage 2016, III.R.5.1

3.3 Daher muss die Kammer diese vier Kriterien bei der Ausübung ihres Ermessens berücksichtigen:

3.3.1 Im Hinblick auf das Kriterium i wertet die Kammer das Schreiben vom 7.11.2018 als einen Antrag auf mündliche Ausführungen einer Begleitperson. Bezüglich der Qualifikation von Herrn Cossu wird dort angeführt, dass er als Referendar in der Kanzlei des zugelassenen Vertreters beschäftigt sei und bereits die Europäische Eignungsprüfung abgelegt habe. Bezüglich des Gegenstands der beabsichtigten mündlichen Ausführungen wird im Schreiben angegeben, dass Herr Cossu den Fall des Beitretenden präsentieren soll.

3.3.2 Im Hinblick auf die Kriterien ii und iii wurde der Antrag vier Wochen vor der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer gestellt. Aus Sicht der Kammer ermöglicht dieser Zeitraum eine angemessene Vorbereitung der anderen Parteien. Da der Antrag nicht erst kurz vor oder während der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, ist das Kriterium iii nicht zu berücksichtigen.

3.3.3 Im Hinblick auf das Kriterium iv hat die Kammer keine Veranlassung, an der Aufsichtsfunktion des zugelassenen Vertreters Herr Bianciardi zu zweifeln.

3.4 Da der Antrag die relevanten Kriterien i, ii und iv erfüllt, entschied die Kammer, dass Herr Cossu in der mündlichen Verhandlung unter Aufsicht der Herren Bianciardi oder Ghioni vortragen dürfte.

4. Zulässigkeit des Beitritts

4.1 Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin bestreitet die Zulässigkeit des Beitritts mit den folgenden Argumenten:

Eine Vollmachtserklärung für den Vertreter fehle, weil das Kästchen "Einsprechenden" auf dem Vollmachtsformular nicht angekreuzt sei. Es fehle jedenfalls am Nachweis, dass der Beitretende in einem Vertragsstaat seinen Wohnsitz habe.

Es fehle der eindeutige Nachweis, dass die in Artikel 105 EPÜ genannte drei-Monatsfrist eingehalten worden sei, da auf dem Rückschein über die Zustellung der Klage der 5. Juni als Datum nicht eindeutig erkennbar sei. Auch sei die Unterschrift auf dem Zustellungsbescheid nicht mit der des Beitretenden identisch.

Die Einsprechende bezeichne die Patentinhaberin als "Hauni Maschinenbau AG", das Patent sei zwischenzeitlich aber auf die (personengleiche) Hauni GmbH überschrieben worden.

4.2 Die Auffassung der Kammer hierzu ist folgende:

Im Hinblick auf die Vollmacht bedarf es grundsätzlich keines Nachweises, da der Beitretende durch einen zugelassenen Vertreter vertreten wird. Da der Vertreter zudem die Beschwerdeführerin-Einsprechende vertritt, sind Zweifel an der Vertretungsvollmacht auch nicht angezeigt.

Im Hinblick auf die rechtzeitige Zustellung dient der Rückschein gerade dem Nachweis über die Zustellung, und sowohl Stempeldatum als auch handschriftliches Datum weisen, soweit leserlich, den 5. Juni aus. Insoweit besteht jedenfalls ein Anscheinsbeweis, gegen den die Patentinhaberin auch keine substantiierten Zweifel geltend gemacht hat. Im Übrigen drückt Regel 126 Abs. 1 letzter Halbsatz EPÜ einen allgemeinen Grundsatz aus, wonach nicht der Empfänger, sondern der Absender eines Schriftstückes im Zweifel zu beweisen hat, dass und wann dieses den Empfänger erreicht hat. Zweifel, die sich unter anderem aus Unleserlichkeiten ergeben, gehen daher nicht zu Lasten des Empfängers. Bezüglich der Abweichungen der Unterschrift sei nur angemerkt, dass die Zustellung nicht notwendigerweise an den Empfänger selbst, sondern auch an im Haus lebende oder sonst bevollmächtigte Personen erfolgen kann. Das ist bei Unternehmen die Regel. Auch insoweit bestehen keine vernünftigen Zweifel an der von dem Beitretenden behaupteten Empfang der Klagschrift am 5. Juni 2017.

Im Hinblick auf den verwendeten Namen der Patentinhaberin ist der Unterschied unerheblich, da die Klägerin der Verletzungsklage und die Patentinhaberin identisch sind, und es als Voraussetzung für den Beitritt nur erforderlich ist, dass aus dem im Einspruch oder Beschwerde anhängigen Patent vorgegangen wird, nicht aber, wem das Patent gehört.

4.3 Aus diesen Gründen gelangt die Kammer zu der Auffassung, dass der Beitritt form- und fristgerecht erklärt worden ist (Artikel 105 EPÜ i.V.m. Regel 89 EPÜ).

5. Änderungen - Hauptantrag, Hilfsanträge 1-4, 4a, 5-13, 13a, 14-19

5.1 Das Streitpatent ist aus einer Teilanmeldung hervorgegangen. Sein Gegenstand darf somit nicht über den Inhalt der früheren Anmeldung (nachfolgend: Stammanmeldung) in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen.

5.1.1 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende begründete während der mündlichen Verhandlung den Einwand einer unzulässigen Erweiterung mit dem Argument, dass Anspruch 1 aller Anträge auf eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung des Ausführungsbeispiels gerichtet sei. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin sah diesen Vortrag als verspätet an.

5.1.2 Die Kammer kann die Sicht der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin nicht teilen, da Anspruch 1 aller Anträge Merkmale enthält, die auf ein erstes, zweites, drittes und viertes Streckwalzenpaar gerichtet sind. Diese Merkmale wurden unbestritten aus dem Ausführungsbeispiel aufgenommen (Stammanmeldung, Seiten 10-12). Bereits in der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin-Einsprechende in Bezug auf diese Streckwalzenpaare und unter Verweis auf die Seiten 11 und 12 der Stammanmeldung eine unzulässige Änderung geltend gemacht (Beschwerdebegründung, Seite 4). Während der mündlichen Verhandlung hat sie in diesem Zusammenhang keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht. Stattdessen beruhen ihre Argumente auf bereits zitierten Textstellen, nämlich dem Ausführungsbeispiel auf den Seiten 10-12. Daher sind diese Argumente als Weiterentwicklung bzw. Verfeinerung der bereits schriftlich vorgebrachten Argumente zu betrachten. Die Befugnis, die von Artikel 114(2) EPÜ ausgeht, erstreckt sich nicht auf solchen Argumente, siehe hierzu z.B. die T1914/12.

5.2 Daher muss die Kammer nun untersuchen, ob Anspruch 1 des Hauptantrags auf eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung des Ausführungsbeispiels gerichtet ist.

Der Anspruch beruht unbestritten auf einer Kombination der Ansprüche 1, 3-6 und 16 der Stammanmeldung. Zusätzlich wurden insbesondere die Merkmale "die Mittel zum Ausbreiten und/oder Recken Streckwalzenpaare umfassen" und "jedes erste, zweite, dritte und vierte Streckwalzenpaar" aus dem Ausführungsbeispiel aufgenommen (Stammanmeldung, Seiten 10-12). Wegen der "oder"-Variante im Merkmal "die Mittel zum Ausbreiten und/oder Recken Streckwalzenpaare umfassen" ist der Anspruch insbesondere auf eine Vorrichtung zum Aufbereiten von Filtertowmaterial mit vier Streckwalzenpaaren zum Recken des Filtertowmaterials gerichtet, oder auf eine Vorrichtung zum Aufbereiten von Filtertowmaterial mit vier Streckwalzenpaaren zum Ausbreiten des Filtertowmaterials.

Es ist daher zu klären, ob sich jede dieser beiden Vorrichtungen für den Fachmann unmittelbar und eindeutig aus der Offenbarung der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ableiten lässt (RdBK, 8. Auflage 2016, II.F.2.1.1).

5.3 Vier Streckwalzenpaare zum Ausbreiten:

In der Stammanmeldung werden Streckwalzenpaare nur im Ausführungsbeispiel offenbart, wo zwei Filtertow-streifen mittels ersten und zweiten Ausbreiterdüsen ausgebreitet und danach durch eine Streckeinrichtung mit vier Streckwalzenpaaren gereckt werden (Stammanmeldung, Seite 10, Zeilen 3-19).

Die "oder"-Variante im Merkmal "die Mittel zum Ausbreiten und/oder Recken Streckwalzenpaare umfassen" bedingt aus Sicht der Kammer eine alleinige Zuordnung der Streckwalzenpaare als Mittel zum Ausbreiten. Das wird gerade nicht im Ausführungsbeispiel offenbart. Selbst wenn - wie von der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin vorgetragen - durch ein Streckwalzenpaar das Filtertowmaterial zwangsläufig auch ausgebreitet wird, werden die Streckwalzenpaare im Ausführungsbeispiel explizit zum Recken des Filtertowmaterials verwendet, da sie Teil der Streckeinrichtung sind.

Bereits aus diesen Gründen geht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags über den Inhalt der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

5.4 Vier Streckwalzenpaare zum Recken:

Weiterhin stellt sich die Frage, ob Anspruch 1 des Hauptantrags auch durch Mittel zum Recken des Filtertowmaterials in Form von vier Streckwalzenpaaren unzulässig erweitert wurde.

5.4.1 In der Stammanmeldung werden Streckwalzenpaare nur im Ausführungsbeispiel offenbart, wo zwei Filtertow-streifen durch eine Streckeinrichtung mit vier Streckwalzenpaaren gereckt werden. Wegen der gleichen Bedeutung der Begriffe Recken und Strecken wird diese Streckeinrichtung als anspruchsgemäßes Mittel zum Recken angesehen. Die Streckeinrichtung des Ausführungsbeispiels weist jedoch neben den in den Anspruch aufgenommenen vier Streckwalzenpaaren noch weitere Bauteile auf, die nicht im Anspruch genannt werden. Insbesondere enthält sie ein erstes und ein zweites Bremswalzenpaar, die getrennt durch jeweils separat zugeordnete Betätigungsorgane betätigbar sind (Stammanmeldung, Seite 12, Zeilen 32 und 33).

Daher ist Anspruch 1 unbestritten auf eine Zwischen-verallgemeinerung des Ausführungsbeispiels gerichtet.

5.4.2 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Zwischenverallgemeinerung nur zu rechtfertigen, wenn keinerlei eindeutig erkennbare funktionale oder strukturelle Verbindung zwischen den Merkmalen der spezifischen Kombination besteht (RdBK, 8. Auflage 2016, II.E.1.7).

Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin rechtfertigt die Zwischenverallgemeinerung mit dem Argument, dass die Bremswalzenpaare nicht funktional mit den Streckwalzenpaaren zusammenwirken, um ein Recken zu bewirken. Insbesondere Anspruch 6 der Stammanmeldung enthalte kein Bezugszeichen für die Bremswalzenpaare, obwohl dort allgemein von Walzenpaaren die Rede sei.

Die Kammer sieht das anders. Sie teilt zwar die Sichtweise der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin, wonach zwei nacheinander angeordnete Walzenpaare benötigt werden, um einen Filtertowstreifen zu recken. Anspruch 6 der Stammanmeldung ist jedoch nicht auf nacheinander angeordnete Walzenpaare gerichtet, sondern auf koaxial nebeneinander liegend gelagerte Walzenpaare. Wegen der unterschiedlichen Anordnung der Walzenpaare kann dieser Anspruch keine Stütze für ein Mittel zum Recken mit nacheinander angeordneten Walzenpaaren bilden. Diese werden nur im Ausführungs-beispiel offenbart (Seite 10, Zeilen 12-23). Die dort beschriebenen vier Streckwalzenpaare sind genau wie die beiden Bremswalzenpaare Teil einer Streckeinrichtung, in welcher jeder Towführungsbahn zwei Streckwalzenpaare und ein Bremswalzenpaar zugeordnet sind, um einen Filtertowstreifen zu recken (Seite 12, Zeilen 17 und 33). Beim Recken werden die Bremswalzenpaare durch jeweils separat zugeordnete Betätigungsorgane betätigt (Seite 12, Zeilen 32 und 33). Da somit eine funktionale Verbindung zwischen den Streckwalzenpaaren und den Bremswalzenpaaren besteht, ist es nicht zulässig, die Streckwalzenpaare aus dieser Kombination isoliert herauszugreifen und eine Zwischenverallgemeinerung zu bilden.

Auch aus diesen Gründen geht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags über den Inhalt der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

5.4.3 Darüber hinaus wird die Betätigung des ersten und zweiten Bremswalzenpaars nicht in Anspruch 1 des Hauptantrags definiert. Dazu vertritt die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin unter Verweis auf Seite 13, Zeilen 7 und 8 die Auffassung, dass die Stammanmeldung jegliche Betätigung der Bremswalzenpaare umfasse, da lediglich mindestens eines der beiden Bremswalzenpaare verstellbar sein müsse.

Die Kammer sieht das anders. Die Stammanmeldung offenbart wegen der Pluralformen eine Streckeinrichtung mit mindestens zwei Betätigungsorganen, wovon jeweils ein Organ einem der beiden Bremswalzenpaare zugeordnet ist (Seite 12, Zeile 33; Seite 13, Zeilen 3 und 6). Die Offenbarung auf Seite 13, Zeilen 7 und 8 ist daher im Kontext einer getrennten Betätigung beider Bremswalzenpaare nur so zu verstehen, dass nicht beide Walzen beider Bremswalzenpaare 26 und 27 (und damit vier Walzen), sondern mindestens eine Walze jedes der beiden Bremswalzenpaare (und damit nur zwei Walzen) verstellt werden müssen. Die behauptete Betätigung nur eines Walzenpaares ist dagegen ausgeschlossen.

Dessen ungeachtet umfasst Anspruch 1 außerdem eine Ausführungsform, bei welcher beide Bremswalzenpaare durch ein einziges, den beiden Bremswalzenpaaren gemeinsam zugeordnetes Betätigungsorgan betätigt werden. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin hat dafür keine Basis in den Anmeldeunterlagen der Stammanmeldung angegeben, und eine solche Anordnung wird dort auch aus Sicht der Kammer nicht offenbart.

Die fehlende Betätigung des ersten und zweiten Bremswalzenpaars führt daher ebenfalls zu einer unzulässigen Erweiterung über den ursprünglichen Offenbarungsgehalt der Stammanmeldung.

5.4.4 Dieser Befund betrifft auch die Hilfsanträge 1-4, 4a, 5-13, 13a und 14-19, da sie ebenfalls nicht auf zwei Bremswalzenpaare gerichtet sind, die getrennt durch jeweils separat zugeordnete Betätigungsorgane betätigbar sind. Insbesondere die Hilfsanträge 18 und 19 definieren nicht die Betätigung der beanspruchten ersten und zweiten Bremswalzenpaare. Anspruch 1 dieser Anträge umfasst daher die nicht in der Stammanmeldung offenbarte Ausführungsform, bei welcher beide Bremswalzenpaare durch ein einziges, den beiden Bremswalzenpaaren gemeinsam zugeordnetes Betätigungsorgan betätigt werden (siehe den vorherigen Absatz der Entscheidung).

6. Zulassung zum Verfahren - Hilfsanträge 18A, 18B, 20, 21

6.1 Die Vorlage der beiden Hilfsanträge 20 und 21 erfolgte erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer. Diese verspätet vorgelegten Hilfsanträge stellen somit geändertes Vorbringen dar, dessen Zulassung nach Maßgabe der Erfordernisse des Artikels 13(1) und (3) VOBK erfolgt.

Gemäß einem von den Kammern häufig angewandten Ansatz werden erst nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung eingereichte Anträge nur dann zugelassen, wenn sie u.a. eindeutig oder offensichtlich gewährbar sind, d.h. für die Kammer muss ohne großen Ermittlungsaufwand sofort ersichtlich sein, dass die vorgenommenen Änderungen den aufgeworfenen Fragen erfolgreich Rechnung tragen, ohne ihrerseits zu neuen Fragen Anlass zu geben (RdBK, 8. Auflage 2016, IV.E.4.2.5).

6.2 Diese Bedingung ist im Falle der Hilfsanträge 20 und 21 nicht erfüllt:

Von der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin wurde nicht behauptet, dass Anspruch 1 der Hilfsanträge 20 oder 21 auf eine bestimmte Betätigung der beiden Bremswalzen-paare gerichtet ist, und das ist auch offensichtlich nicht der Fall. Daher umfasst Anspruch 1 dieser Anträge jede mögliche Betätigung der Bremswalzenpaare, und damit auch die nicht in der Stammanmeldung offenbarte Ausführungsform, bei welcher beide Bremswalzenpaare durch ein einziges, den beiden Bremswalzenpaaren gemeinsam zugeordnetes Betätigungsorgan betätigt werden (siehe Absatz 5.4.3 dieser Entscheidung).

Somit tragen die Änderungen den aufgeworfenen Fragen unter Artikel 76(1) EPÜ nicht erfolgreich Rechnung, so dass die geänderten Ansprüche 1 der Hilfsanträge 20 und 21 nicht eindeutig gewährbar im obigen Sinne sind. Folglich kommt eine Zulassung für die Kammer nicht in Betracht, und die Kammer entschied in Ausübung ihres Ermessens, die Hilfsanträge 20 und 21 nicht ins Verfahren zuzulassen (Artikel 13(3) VOBK).

6.3 In Reaktion auf die Nichtzulassung der Hilfsanträge 20 und 21 und der vorangehenden Diskussion reichte die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer gemeinsam zwei weitere Hilfsanträge 18A und 18B ein.

6.3.1 Hier sah die Kammer die obige Bedingung im Falle des Hilfsantrags 18A erfüllt:

Anspruch 1 des Hilfsantrags 18A ist unbestritten auf die im Ausführungsbeispiel der Stammanmeldung offenbarte getrennte Betätigung der beiden Bremswalzenpaare durch jeweils separat angeordnete Betätigungsorgane gerichtet. Im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdeführerin-Einsprechenden kann die Kammer im Merkmal "betätigbar sind" keine unzulässige Erweiterung erkennen. Diese Formulierung ist die strukturelle Umsetzung des ursprünglich offenbarten Verfahrensmerkmals "werden ... betätigt" (Seite 12, Zeilen 32 und 33). Weitere Einwände unter Artikel 76 (1) EPÜ wurden von der Beschwerdeführerin-Einsprechende nicht erhoben und bestehen aus Sicht der Kammer auch nicht.

Daher wird der Hilfsantrag 18A zum Verfahren zugelassen (Artikel 13(1) VOBK).

6.3.2 Die Nichtzulassung der beiden Hilfsanträgen 20 und 21 erfolgte nach einer Diskussion über das Fehlen des Merkmals der Betätigung. In Anbetracht des Inhalts dieser Diskussion bestand keine Veranlassung, diese durch mehrere neue Hilfsanträge zu beheben. Folglich entschied die Kammer in Ausübung ihres Ermessens, den Hilfsantrag 18B nicht ins Verfahren zuzulassen (Artikel 13(3) VOBK).

7. Änderungen - Hilfsantrag 18A

Der von der Beschwerdeführerin-Einsprechende erhobene Einwand einer unzulässigen Erweiterung von Hilfsantrag 18A gegenüber der Teilanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung überzeugt die Kammer nicht. Absatz 44 der veröffentlichten Anmeldeunterlagen (A-Schrift) enthält die Ansprüche der Stammanmeldung in Form von Ausführungsbeispielen, und Anspruch 1 des Hilfsantrags 18A beruht auf einer Kombination der Ausführungsbeispiele 1, 3-6 und 16 mit der in den Absätzen 27 und 30 näher beschriebenen Streckeinrichtung. Daher erfüllt der Hilfsantrag 18A die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.

8. Ausreichende Offenbarung - Hilfsantrag 18A

Die Beschwerdeführerin-Einsprechende bemängelt im Hinblick auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 18A, dass ein Fachmann die Erfindung nicht ausführen könne, da er nicht wisse, wie die vier Streckwalzenpaare auf beiden Towführungsbahnen zu verteilen seien. Aus Sicht der Kammer wird der Fachmann aber hierzu das Ausführungsbeispiel aus der Beschreibung heranziehen, wonach das erste Bremswalzenpaar und die ersten und dritten Streckwalzenpaare einer ersten Towführungsbahn zugeordnet sind, während die übrigen Walzenpaare der zweiten Towführungsbahn zugeordnet sind (Seite 10, Zeilen 19-23). Somit geht aus der Gesamtoffenbarung hervor, wie der Fachmann vorzugehen hat, um diesen Aspekt der Erfindung zu verwirklichen. Daher erfüllt der Hilfsantrag 18A die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ.

9. Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 18A

9.1 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 1 des Hilfsantrags 18A wird das Dokument D1 als geeigneter Ausgangspunkt angesehen. Es offenbart eine Vorrichtung zum Aufbereiten von Filtertowmaterial für die Herstellung von Filtern für Zigaretten. Die Vorrichtung weist insbesondere zwei Towführungsbahnen für je einen Filtertowstreifen und Mittel zum Recken in Form von Streckwalzenpaaren auf (Figur 2). Zudem wird in der D1 bereits gelehrt, Betätigungsorgane der jeweiligen Towführungsbahnen unabhängig voneinander zu steuern, siehe Seite 5, vorletzter Absatz; Seite 21, Zeile 31, bis Seite 22, Zeile 8; und Anspruch 16. Im Ausführungsbeispiel sind insbesondere die Bremswalzen 17 und 18 über gesonderte Antriebe 22, 23 individuell ansteuerbar.

9.2 Im Hinblick auf die Unterscheidungsmerkmale erkennt die Beschwerdeführerin-Einsprechende an, dass in D1 nur die Bremswalzenpaare 17 und 18, nicht aber die Streckwalzenpaare 19 und 21 in zwei koaxial nebeneinander liegende Walzenpaare aufgeteilt sind.

Dem Unterscheidungsmerkmal "koaxial nebeneinander liegende, einseitig gelagerte Walzenpaare" liegt die objektive technische Aufgabe zugrunde, eine bessere Zugänglichkeit der Vorrichtung zu ermöglichen (Streitpatent, Absatz 9).

9.3 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin-Einsprechende, wonach der Fachmann durch Anspruch 16 der D1 dazu veranlasst werden könnte, auch die Mittel zum Recken für jede Towführungsbahn getrennt steuerbar auszugestalten. Dabei würde er die Streckwalzenpaare 19 und 21 in zwei koaxial nebeneinander liegende Walzenpaare mit jeweils eigenem Antrieb aufteilen.

Dem Dokument D1 fehlt jedoch die Erkenntnis, dass durch koaxial nebeneinander liegende, einseitig gelagerte Walzenpaare die Zugänglichkeit der Vorrichtung verbessert werden kann. Stattdessen sind dort den koaxial nebeneinander liegenden Bremswalzenpaare eigene Antriebe 22 und 23 auf der linken bzw. rechten Seite der Vorrichtung zugeordnet worden. Daher kann D1 den Fachmann höchstens dazu veranlassen, jeweils zwei koaxiale Streckwalzenpaare mittels ihrer Antriebe an einer rechten und einer linken vertikalen Seitenwand zu lagern. Eine Lagerung aller vier Streckwalzenpaare an einer einzigen vertikalen Seitenwand, wie der beanspruchten vertikalen Rückwand des Maschinengestells, wird dagegen nicht durch D1 nahegelegt.

9.4 Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 18A auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem Dokument D1 und erfüllt die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ.

Diese Feststellung gilt unabhängig davon, ob D1 wegen der schematischen Darstellung in Figur 2 tatsächlich einseitig gelagerte Walzenpaare offenbart. Diese Frage braucht die Kammer deshalb nicht zu beantworten.

10. Die Kammer schließt aus den obengenannten Gründen, dass weder der Hauptantrag noch die Hilfsanträge 1-4, 4a, 5-13, 13a, 14-19 die Erfordernisse des Artikels 100(c) bzw. des Artikels 76 (1) Satz 2 EPÜ erfüllen. Die Hilfsanträge 18B, 20 und 21 wurden nicht in das Verfahren zugelassen.

Der Hilfsantrag 18A ist dagegen gewährbar, da der Gegenstand von Anspruch 1 dieses Hilfsantrags nicht über den Inhalt der früheren Anmeldung oder den der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Form hinausgeht, die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann, und auf erfinderischer Tätigkeit beruht, Artikel 76, 123(2), 83 und 56 EPÜ. Zudem ist die Beschreibung zulässigerweise nach Artikel 76(1) und Artikel 123(2) EPÜ dem Anspruchssatz angepasst worden.

Unter Berücksichtigung der nach dem Hilfsantrag 18A vorgenommenen Änderungen stellt die Kammer fest, dass das Patent die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, und somit nach Artikel 101(3)(a) EPÜ in geänderter Fassung aufrechterhalten werden kann.

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Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Vorinstanz mit der Maßgabe zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche:

1 wie in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer als Hilfsantrag 18A um 16:40 eingereicht,

Ansprüche 2 - 6 des Patents wie erteilt.

Beschreibung:

Seite 2 wie in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht,

Seiten 3 - 7 der veröffentlichten Patentschrift.

Zeichnungen:

Figuren 1 - 8 der veröffentlichten Patentschrift.

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