European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T230115.20190614 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 14 Juni 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2301/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 09175094.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65G 19/02 B65G 47/61 |
||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Belade-Station für in einer Hänge-Förder-Anlage transportierte Transport-Taschen | ||||||||
Name des Anmelders: | Dürkopp Fördertechnik GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SSI Schäfer Automation GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (ja) Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja) |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Einsprechende hat gegen die Entscheidung, mit dem der Einspruch gegen das europäische
Patent Nr. EP 2 196 415 zurückgewiesen wurde, form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
II. Mit dem Einspruch war das Patent in vollem Umfang unter Geltendmachung der Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit sowie der mangelnden erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 (1) sowie Artikel 56 EPÜ angegriffen worden.
III. Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf die folgenden Dokumente:
D1: EP 1 420 105 A1;
D2: DE 10 2004 018 569 A1;
E6: Auszug aus dem Taschenlexikon Logistik, Springer Verlag, 2006;
E7: Bildnachweise "Senkrechtförderer 1" - "Senkrechtförder 4" aus dem Internet;
E8 Kopie aus Duden-Online in Bezug auf den Begriff "Senkrecht".
IV. Die verfahrensbestimmenden Anträge der Parteien zu Beginn des Beschwerdeverfahrens gemäß Artikel 12 (1) (a) und (b) VOBK waren wie folgt:
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte,
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das
Streitpatent im vollem Umfang zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte,
die Beschwerde zurückzuweisen oder,
hilfsweise, das Patent in geänderter Fassung auf
der Basis eines der mit Schreiben vom 8. Juli 2016
eingereichten Hilfsanträge 1 bis 7
aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin beantragte ferner,
die von der Beschwerdeführerin bereits im
Einspruchsverfahren vorgelegten Dokumente E6 und E7
nicht zu berücksichtigen.
V. Mit einer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, der zufolge die Dokumente E6 und E7 in das Verfahren zuzulassen seien und der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents neu gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung D1 und erfinderisch gegenüber der Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen D1 und D2 angesehen werde.
VI. Mit Schreiben vom 8. April 2019 brachte die Beschwerdeführerin weitere Argumente vor und zitierte den Online-Duden bezüglich des Begriffs "senkrecht". Weiterhin regte sie an, die Sache an die Einspruchsabteilung zur weiteren Verhandlung zurückzuverweisen, falls die Kammer dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin nicht stattgeben sollte.
VII. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 14. Juni 2019 statt.
VIII. Die Antragslage zum Ende der mündlichen Verhandlung stellte sich wie folgt dar:
Die Beschwerdeführerin beantragte,
die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Hilfsweise beantragte sie die Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz zur weiteren Verhandlung, falls dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin nicht stattgegeben werden sollte.
Die Beschwerdegegnerin beantragte,
die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) und
hilfsweise die Aufrechterhaltung des europäischen
Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage
eines der mit Schreiben vom 8. Juli 2016
eingereichten Hilfsanträge 1 bis 7.
IX. Die Parteien argumentierten im Wesentlichen wie folgt, wobei der entscheidungserhebliche Vortrag im Detail in den Gründen dieser Entscheidung diskutiert wird.
Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen, dass der Begriff ,,Senkrecht-Förderer" breit auszulegen sei und dass dementsprechend die Entgegenhaltung D1 neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents sei. Ferner beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D1 in Kombination entweder mit der Lehre der Entgegenhaltung D2 oder mit dem allgemeinen Fachwissen, sowie ausgehend von D2 in Kombination mit der Lehre der Entgegenhaltung D1.
Die Beschwerdegegnerin argumentierte im Wesentlichen, dass ein Senkrecht-Förderer weder in D1 noch in D2 offenbart sei, so dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neu und erfinderisch sei.
X. Anspruch 1 wie erteilt (Hauptantrag) lautet:
Belade-Station (1) für in einer Hänge-Förder-Anlage (2) transportierte Transport-Taschen (29),
- mit einer oberen Zuführ-Schiene (3) für die Transport-Taschen (29),
- mit einem sich an die Zuführ-Schiene (3) anschließenden Senkrecht-Förderer (9) zum Zuführen der Transport-Taschen (29) in eine untere Belade-Position (41),
- mit einer Einrichtung zum Öffnen der Transport-Taschen (29) in der Belade-Position (41) und
- mit einer sich an den Senkrecht-Förderer (9) anschließenden unteren Abführ-Schiene (4) zum Abführen der Transport-Taschen (29) aus der Belade-Position (41).
Entscheidungsgründe
1. Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit des Gegenstandes des erteilten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 EPÜ)
1.1 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Schiene (22) der Figur 5 der Entgegenhaltung D1 als ein Senkrecht-Förderer anzusehen sei und dass damit der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu sei.
Sie macht weiter geltend, dass zwar im erteilten Anspruch 1 von einem Senkrecht-Förderer die Rede sei, allerdings werde dieser wie folgt im Absatz [0009] der Beschreibung des Streitpatents definiert:
"Ein wesentlicher Bestandteil der Belade-Station 1 ist ein Senkrecht-Förderer 9. Wesentlich hieran ist, dass er im Wesentlichen vertikal, also von oben nach unten fördert, wobei diese Förderung nicht exakt vertikal sein muss, sondern nur im Wesentlichen."
Wegen der Aussage "also von oben nach unten fördert" könne gemäß dem Streitpatent der Senkrecht-Förderer einen beliebigen Anstellwinkel gegenüber dem Boden aufweisen.
Diese Interpretation entspreche dem allgemeinen Verständnis, wie es auch der Duden-Online zeige, wonach senkrecht als "in einer geraden Linie von unten nach oben oder von oben nach unten verlaufend" zu verstehen sei.
Diese Interpretation entspreche ebenfalls dem fachspezifischen Verständnis. Der Fachmann unterscheide zwischen "Horizontal-Förderern", die Güter in einer Ebene förderten, und "Vertikal-Förderern", die Güter zwischen Ebenen in unterschiedlichen Höhen förderten.
In der Entgegenhaltung E6, die ein fachspezifisches Lexikon darstelle, werde auf Seite 250 der Begriff "Senkrecht-Förderer" als gleichbedeutend mit "Vertikal-Förderer" angegeben. Ein Vertikal-Förderer diene gemäß E6 zur Höhenüberbrückung der Transporteinheiten eines Materialsystems. Dass ein Anstellwinkel von 90° vorhanden sein müsse, sei der Entgegenhaltung E6 nicht zu entnehmen.
In E7 würden ebenfalls Förderer mit unterschiedlichen Anstellwinkeln gegenüber dem Boden gezeigt, die belegten, dass gemäß dem allgemeinen Fachwissen ein Senkrecht-Förderer nicht unbedingt einen Anstellwinkel von 90° haben müsse.
1.2 Die Beschwerdegegnerin argumentiert diesbezüglich, dass der Fachmann den Förderer von D1 nicht als einen Senkrecht-Förderer ansähe, sondern als einen Schräg-Förderer. Der Begriff "Senkrecht-Förderer" umfasse die Ausdrücke "senkrecht" und "Förderer", wobei "senkrecht" die Richtung des Förderns bezeichne. Dies sei in D1 nicht der Fall, denn dort sei die Förderrichtung schräg, und der Fachmann würde eventuell die Förderrichtung des Förderers der Entgegenhaltung D1 als "im Wesentlichen horizontal" statt als "im Wesentlichen vertikal" bezeichnen, weil die Förderrichtung näher zur horizontalen Ebene sei.
1.3 Die Kammer kann sich der Beschwerdeführerin nicht anschließen und ist ebenso wie die Beschwerdegegnerin der Auffassung, dass die Schiene (22) der Figur 5 der Entgegenhaltung D1 keinen Senkrecht-Förderer gemäß Anspruch 1 darstellt.
Die Kammer ist der Meinung, dass für den Fachmann der Begriff "Senkrecht-Förderer" gemäß Anspruch 1 einen Förderer bezeichnet, der eine Förderrichtung senkrecht zum Boden bzw. zur horizontalen Ebene aufweist. Dem Fachmann ist auch klar, dass das Merkmal "Senkrecht" im Anspruch 1 als senkrecht innerhalb eines Toleranzbereichs zu verstehen ist, also vertikal, d.h. mit einem Winkel von 90°, obschon nicht zwingend exakt vertikal, d.h. nicht zwingend mit einem Winkel von exakt 90°.
Dies steht auch im Einklang mit Absatz [0009] der Beschreibung des Streitpatents. Der Absatz [0009] offenbart, dass ein Senkrecht-Förderer, d.h. ein Förderer, der im Wesentlichen vertikal fördert, von oben nach unten fördert. Allerdings bedeutet dies nicht, dass alle Förderer, die von oben nach unten fördern, im Wesentlichen vertikal fördern und daher als Senkrecht-Förderer anzusehen sind. Eine Eineindeutigkeit, d.h. eine umkehrbare Übereinstimmung zwischen den Bedeutungen der Ausdrücke "im Wesentlichen vertikal fördert" und "von oben nach unten fördert", ist dem Absatz [0009] nicht zu entnehmen.
Die Entgegenhaltungen E6 und E7 widersprechen dieser Interpretation nicht.
E6 beschreibt einen Senkrecht-Förderer als einen Vertikalförderer, d.h. eine Anlage zur Höhenüberbrückung der Transporteinheiten eines Materialsystems. Es wird allerdings in E6 nicht angegeben, dass jede Anlage zur Höhenüberbrückung als Vertikalförderer zu verstehen ist. Eine Eineindeutigkeit zwischen den Ausdrücken "Vertikalförderer" und "Anlage zur Höhenüberbrückung" ist der Entgegenhaltung E6 nicht zu entnehmen. Als Vertikalförderer wird ebenfalls in E6 auf Seite 250 ein Förderer gezeigt, der genau senkrecht bzw. vertikal fördert. Obwohl es zutrifft, dass die Tatsache, dass in E6 ein Förderer gezeigt wird, der senkrecht fördert, nicht in Widerspruch zu der Auslegung steht, dass der Einstellwinkel beliebig sein kann, ist zu berücksichtigen, dass ein Förderer mit einem beliebigen Einstellwinkel in E6 nicht gezeigt wird.
Auch wenn in E7 beide Begriffe Z-Förderer und Senkrecht-Förderer verwendet werden, ist der Entgegenhaltung E7 nicht zu entnehmen, dass von einem Fachmann jeder Z-Förderer als Senkrecht-Förderer angesehen wird, und erst recht nicht, dass der Förderer von D1 als Senkrecht-Förderer von einem Fachmann anzusehen ist.
Dass der Online-Duden als zweite Bedeutung für "senkrecht" den Ausdruck ,,in einer geraden Linie von unten nach oben oder von oben nach unten verlaufend" angibt, würde nach der Auffassung der Kammer einen Fachmann nicht dazu führen, den Förderer von Figur 5 der Entgegenhaltung D1 als einen Senkrecht-Förderer anzusehen. Der Fachmann braucht die Definition des Online-Dudens nicht, weil er in erster Linie sein allgemeines Fachwissen verwendet und auf jeden Fall, bevor er den Online-Duden heranziehen würde, würde er Absatz [0009] des Streitpatents berücksichtigen und dann die Interpretation des Online-Dudens nur insoweit heranziehen als diese mit der Lehre des Streitpatents in Einklang steht.
Die Kammer ist daher von den Argumenten der Beschwerdeführerin nicht überzeugt und ist der Auffassung, dass ein Fachmann die Schiene (22) in Figur 5 der Entgegenhaltung D1 nicht als einen Senkrecht-Förderer ansehen würde.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu im Sinne vom Artikel 54 (1) EPÜ.
2. Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des erteilten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 56 EPÜ)
2.1 Ausgehend von D1 in Kombination mit D2 und ausgehend von D2 in Kombination mit D1
2.1.1 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass ausgehend von D2 und unter Berücksichtigung der im Absatz [0004] des Patents angegebenen Aufgabe, i.e. eine Belade-Station für Hänge-Förder-Anlagen zu schaffen, in der Transport-Taschen mechanisch mit Liege-Ware beschickt werden können, der Fachmann zwangsläufig zur D1 gelange, da die Entgegenhaltung D1 die automatisierte Beladung mit Liegewaren mittels eines horizontalen Bandförderers lehre. Der Fachmann kombiniere dann das Ausführungsbeispiel von Figur 5 der Entgegenhaltung D1 mit dem Ausführungsbeispiel von Figur 6 der Entgegenhaltung D2. Der Fachmann erkenne dann, dass die Fusion der Ausführungsbeispiele nicht funktioniere, weil der horizontale Bandförderer zu tief sei und die von oben kommenden Taschen auf dem horizontalen Bandförderer (31) aufstünden. Der Fachmann stelle dann, um diese Nachteile zu beseitigen, den horizontalen Bandförderer (31) höher ein und wähle den Neigungswinkel der Schiene (22) steiler, so dass die Taschen nicht mehr aufsetzten und damit gelange er zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Die Beschwerdeführerin argumentiert ebenfalls, dass der Fachmann die Lehre der Entgegenhaltung D1 auf die Offenbarung in D2 transferiere, um die objektive technische Aufgabe zu lösen, eine Belade-Station für Hängefördertaschen zu schaffen, wobei die Liege-Ware von oben mittels eines horizontalen Förderers automatisiert beschickt werden könne. Da eine vertikale Stufe stromaufwärts kurz vor der Belade-Station in D1 vorgeschlagen werde, komme der Fachmann zu einer Belade-Station gemäß Anspruch 1.
Die Beschwerdeführerin argumentiert weiter, dass ausgehend von D1, sich die objektive technische Aufgabe stelle, die Belade-Station so abzuändern, dass auch Pakete und Kartons automatisiert in die Taschen geladen werden könnten. Aus Figur 6 der Entgegenhaltung D2 erkenne der Fachmann, dass die mittlere Stellung optimal für eine automatisierte Beladung sei. Der Fachmann erkenne, dass der Verlauf der Kulisse Einfluss auf die effektive Öffnungsfläche der Tasche habe und passe den Verlauf entsprechend an. Ebenfalls passe der Fachmann den Steigungswinkel der Schiene (22) der Entgegenhaltung D1 an, sollten die Taschen auf dem horizontalen Bandförderer aufsetzen. Somit sei Anspruch 1 des Streitpatents durch eine Kombination der Entgegenhaltungen D1 und D2 nahegelegt.
2.1.2 Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass weder in D1 noch in D2 ein Senkrecht-Förderer offenbart werde, wobei auch eine beliebige Kombination der D1 und D2 den Fachmann nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 führe.
Ferner seien die Wäschestückträger der Entgegenhaltung D1 und die Sammeltaschen der Entgegenhaltung D2 grundsätzlich unterschiedlich, ebenso die Förderanlagen der Entgegenhaltungen D1 und D2.
Die Öffnungseinrichtung der Entgegenhaltung D2 öffne und schließe die Sammeltaschen während des Transports, so dass ein Beladen während des Transports der Sammeltaschen möglich sei. Dagegen bleibe der Wäschestückträger gemäß D1 während des gesamten Fixier-, Öffnungs-, Belade- und Schließvorgangs statisch angeordnet.
Der Fachmann habe daher keine Veranlassung, die Belade-Station gemäß D1 mit der Belade-Station gemäß D2 zu kombinieren, um so zu einer Belade-Station gemäß Anspruch 1 zu gelangen.
2.1.3 Die Kammer kann sich der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht anschließen und folgt im Wesentlichen der Argumentation der Beschwerdegegnerin.
Ein Senkrecht-Förderer wird weder in D1 noch in D2 offenbart, noch wird auf einen solchen hingewiesen. Eine Kombination der Lehre der Entgegenhaltungen D1 und D2 führt daher aus sich heraus zu keinem Senkrecht-Förderer.
Ferner, wie von der Beschwerdegegnerin argumentiert, arbeiten die Beladungsstationen der Entgegenhaltungen D1 und D2 sehr unterschiedlich, so dass es fraglich ist, ob der Fachmann die Lehre der Entgegenhaltungen D1 mit der Lehre der Entgegenhaltungen D2 überhaupt kombinieren würde.
Der Kernpunkt der Argumentation der Beschwerdeführerin basiert auf dem Einfügen eines Senkrecht-Förderers entweder in D1 oder in D2, obschon, wie bereits ausgeführt, weder die Belade-Station gemäß D1 noch die Belade-Station gemäß D2 einen Senkrecht-Förderer aufweisen.
In der ersten Argumentationslinie bezüglich der Kombination der Entgegenhaltung D2 mit der Entgegenhaltung D1 und in der Argumentationslinie bezüglich der Kombination der Entgegenhaltung D1 mit der Entgegenhaltung D2, argumentiert die Beschwerdeführerin, dass der Fachmann die Neigungswinkel der Ladungsschiene steiler einstelle, um zu vermeiden, dass die Hängefördertasche auf den horizontalen Bandförderer aufsetzten. Demzufolge füge der Fachmann statt einer geneigten Schiene einen Senkrecht-Förderer ein.
Diese Argumentation wird von der Kammer als das Ergebnis einer rückschauenden Betrachtung angesehen. Dass die Taschen als Konsequenz der Kombination der Dokumente D1 und D2 auf den horizontalen Bandförderer aufsetzen, bleibt ein spekulatives Argument und wäre eventuell für den Fachmann sogar ein Grund, die entsprechende Kombination nicht in Betracht zu ziehen.
Es ist ferner anzumerken, dass es im vorliegenden Stand der Technik keinen Hinweis für den Fachmann gibt, den Winkel der Ladungsschiene steiler einzustellen bzw. einen Senkrecht-Förderer einzusetzen, um das Aufsetzen der Taschen zu vermeiden.
In ihrer zweiten Argumentationslinie bezüglich der Kombination von D2 und D1 argumentiert die Beschwerdegegnerin, dass der Fachmann zu einer Belade-Station gemäß Anspruch 1 kommen würde, weil im Dokument D1 "... eine vertikale Stufe stromaufwärts kurz vor der Belade-Station vorgeschlagen wird...".
Allerdings, wie bezüglich der Neuheit erläutert (siehe Punkt 1.3 oben), wird in der Entgegenhaltung D1 kein Vertikal- bzw. Senkrecht-Förderer offenbart, sodass der Fachmann nicht zu dem Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.
2.2 D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen
2.2.1 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass ausgehend von D1 aufgrund des in D1 nicht vorhandenen Senkrecht-Förderers für einen Fachmann folgende Aufgabe sich stelle:
- ganz allgemein eine Alternative zur Belade-Station der D1 zu entwickeln, sowie
- den Footprint der Anlage der D1 zu reduzieren und
- die Bedienung der Belade-Station zu erleichtern, so dass ein Bediener der Anlage von hängenden Waren an seiner Arbeit nicht gehemmt wird.
Den Winkel der Schiene (22) in D5 steiler bzw. senkrecht einzustellen entspreche für einen Fachmann einer üblichen alternativen Ausgestaltung der Belade-Station, so dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Der Fachmann würde ebenfalls ohne erfinderisches Zutun die Schiene (22) in D1 steiler bzw. senkrecht einstellen, um den Footprint der Anlage zu reduzieren.
Mit der Aufgabe, die Bedienung der Belade-Station zu erleichtern, würde der Fachmann verstehen, dass, wenn die Schiene (22) steiler werde, der Bediener nicht mehr von den hängenden Waren an seiner Arbeit gehindert werde, und der Fachmann würde daher statt der schräg orientierten Schiene (22) eine senkrechte Schiene einsetzen.
Die Beschwerdeführerin argumentiert weiter, dass keine weiteren strukturellen Änderungen der Belade-Station der D1 notwendig seien, falls die Schiene (22) steiler eingesetzt werde.
Insbesondere sei der Meinung der Beschwerdegegnerin nicht zu zu folgen, dass die Haken der Wäschestückträger verrutschten und dann die Wäschestückträger von der Schiene (22) fallen würden, falls diese senkrecht eingestellt werde. Die Mitnehmer, die im Absatz [0011] der Entgegenhaltung D1 erwähnt würden, sorgten dafür, dass der Betrieb der Anlage ohne Hindernisse weiterlaufe.
2.2.2 Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass weder im Streitpatent noch in der D1 ein Hinweis vorhanden sei, die von der Beschwerdeführerin identifizierten Aufgaben abzuleiten. Aus dem Streitpatent sei die technische Wirkung zu entnehmen, und damit die entsprechende objektive technische Aufgabe, dass durch die beanspruchte Erfindung eine Beschickung von Liege-Ware von oben in einfacher Weise realisierbar sei. In D1 werde die Liege-Ware seitlich hingebracht, so dass D1 ebenfalls nicht als der nächstliegende Stand der Technik angesehen werden könne.
Ferner sei die Schiene (22) mittig oberhalb des Bandförderers (31) positioniert und würde daher eine Bedienperson, die seitlich oder am Ende des Bandförderers (31) arbeite, nicht stören. Sollte der Fachmann die Schiene (22) senkrecht einstellen, dann würden die Wäschestückträger nach unten rutschen. Die Wäschestückträger (20) bzw. die Haken (22) seien nicht geeignet, mit einer senkrechten Schiene einwandfrei zu kooperieren. Der Fachmann würde daher die Schiene (22) von D1 nicht senkrecht einstellen.
2.2.3 Die Kammer kann sich der Beschwerdeführerin nicht anschließen und ist der folgenden Meinung:
Es gibt für den Fachmann keine Veranlassung, die von der Beschwerdeführerin angegebenen technischen Aufgaben aus der D1 oder aus dem Streitpatent sowie aus dem allgemeinen Fachwissen abzuleiten. Das Vorbringen, dass der Footprint der Anlage zu vermindern sei oder dass irgendwelche Hindernisse in der Bedienung der Belade-Station der Entgegenhaltung D1 vorhanden seien, werden von der Kammer nur als spekulative Argumente angesehen, die das Ergebnis einer rückschauenden Betrachtung sind.
Auch wenn es so wäre, dass der Fachmann, ausgehend von D1, eigentlich mit den von der Beschwerdeführerin formulierten Aufgaben konfrontiert würde, gibt es im vorliegenden Stand der Technik keinen Hinweis, die Schiene (22) in der Figur 5 von D1 steiler bzw. senkrecht einzustellen sowie einen Senkrecht-Förderer einzusetzen, um solche Aufgaben zu lösen.
Weiterhin ist die Kammer der Auffassung, dass auch wenn der Fachmann in Betracht ziehen würde, die Schiene (22) in D1 steiler bzw. senkrecht einzustellen, würde er dieser Vorgehensweise nicht ohne Weiteres weiter verfolgen, da es ihm nicht ersichtlich wäre, ob danach die Belade-Station der D1 immer noch richtig funktionieren würde.
Es ist richtig, dass in Spalte 4, Zeilen 2 bis 5 der Entgegenhaltung D1 angegeben wird, dass "... längs welcher [der Schiene 22] in regelmäßigen Abständen Mitnehmer laufen, die mit dem Haken 2 eines an der Schiene 22 hängenden Wäschestückträgers 20 eingreifen und ihn längs derselben verschieben ..." und in Spalte 4, Zeilen 56 - 58 der Entgegenhaltung D1 angegeben wird, dass "... Der Wäschestückträger wird vom Vereinzelner 23 freigegeben (Fig. 7a) und längs der Schiene 22 in die Ladestation verschoben ...". Allerdings sind in D1 keine konstruktiven Details der Mitnehmer vorhanden.
Wie von der Beschwerdegegnerin hingewiesen wurde, werden die Mitnehmer in den Figuren 7a - 7d nicht gezeigt, sondern es sind nur die Haken des Wäschestückträgers auf der Schiene 22 zu sehen. Es bleibt daher für den Fachmann fraglich, ob die Anlage gemäß D1 mit einer senkrechten Schiene immer noch ohne weitere strukturellen Änderungen arbeiten könnte, so dass er die Schiene (22) senkrecht nicht einstellen würde.
Zumindest aus diesem Grund würde der Fachmann die Schiene (22) der Figur 5 der Entgegenhaltung D1 ebenfalls nicht steiler bzw. senkrecht einstellen, um lediglich eine alternative Anlage zu schaffen.
Die Kammer ist daher von der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht überzeugt, dass, ausgehend von D1 und in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen, der Fachmann zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen würde.
3. Da keiner der von der Beschwerdeführerin erhobenen Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des erteilten Patents entgegensteht, gibt es keinen Grund, das erteilte Patent zu widerrufen (Artikel 101 (2) EPÜ). Die Beschwerde ist deshalb zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.