T 1873/15 () of 18.9.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T187315.20180918
Datum der Entscheidung: 18 September 2018
Aktenzeichen: T 1873/15
Anmeldenummer: 09735078.9
IPC-Klasse: C08L 69/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: SCHLAGZÄHMODIFIZIERTE POLYCARBONAT-ZUSAMMENSETZUNGEN MIT HOHER HYDROLYSEBESTÄNDIGKEIT UND HELLEM ROHTON
Name des Anmelders: Covestro Deutschland AG
Name des Einsprechenden: INEOS Styrolution Group GmbH
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
blankEPC Art 056
blankEPC Art 054
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die am 14. Juli 2015 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2 285 905 in geänderter Fassung gemäß dem mit Brief vom 19. März 2015 eingereichten 3. Hilfsantrag und einer dementsprechend angepassten Beschreibung.

II. Anspruch 1 dieses 3. Hilfsantrags lautete:

"1. Zusammensetzungen enthaltend

A) 10 bis 99 Gew.-Tle. eines aromatischen Polycarbonats und/oder aromatischen Polyestercarbonats,

B) 1 bis 50 Gew.-Tle. eines Pfropfpolymerisats erhältlich durch Cofällung einer Mischung aus mindestens zwei Pfropfpolymerisat-Dispersionen B.1 und B.2, dadurch gekennzeichnet, dass die Herstellung der Pfropfpolymerisat-Komponente B.1 unter Verwendung von mindestens einem Redox-System als Initiator und dass die Herstellung der Pfropfpolymerisat-Komponente B.2 unter Verwendung von mindestens einer Persulfatverbindung als Initiator erfolgt, und

C) 0 bis 40 Gew.-Tle. Vinyl(Co)Polymerisat und/oder Polyalkylenterephthalat,

D) 0 bis 50 Gew.-Tle. bezogen auf die Summe der Gew.-Tle. der Komponenten A+B+C, phosphorhaltiges Flammschutzmittel,

E) 0,005 bis 1 Gew.-Tle. phenolisches Antioxidanz,

wobei die Zusammensetzungen frei sind von Stabilisatoren (Komponente E) und Synergisten (Komponente F), die basische oder saure funktionelle Gruppen enthalten, und

wobei die Zusammensetzung 0,01 bis 2 Gew.-Tle., jeweils bezogen auf die Summe der Gew.-Tle. der Komponenten A+B+C, neutrale phosphor- oder schwefelhaltige Costabilisatoren enthält, die weder basische noch saure funktionelle Gruppen enthalten, als Komponente F,

G) 0 bis 50 Gew.-Tle., bezogen auf die Summe der Komponenten A+B+C, Zusatzstoffe,

wobei die Summe der Gewichtsteile aller Komponenten A+B+C in der Zusammensetzung 100 ergeben."

III. In der angefochtenen Entscheidung wurde unter Anderem auf folgende Dokumente Bezug genommen:| |

D1: WO 99/51671

D2: WO 2004/050765

D12: Stabilization of Polymeric Materials, H. Zweifel, Springer Verlag, 1998, Seiten 1-18, 41-69, 86-90, 100-103, 161-213

D13: Datenblätter (Ciba) zu Irganox 1076 und Irganox B900

D15: Versuchsbericht eingereicht mit Schreiben vom 19. März 2015 (eine Seite)

IV. In ihrer Entscheidung befand die Einspruchsabteilung unter Anderem, dass der mit Brief vom 19. März 2015 eingereichte 3. Hilfsantrag die Erfordernisse des EPÜs erfülle, insbesondere in Bezug auf Artikel 100(b), 123(2), 54 und 56 EPÜ. Dabei seien die Neuheit gegenüber D2 (Absatz 29.2), sowie die erfinderische Tätigkeit ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik (Absätze 30.1.1 und 30.2), anerkannt worden. Die Einspruchsabteilung war ferner der Meinung, dass, obwohl D2 nicht den nächstliegenden Stand der Technik darstelle, eine erfinderische Tätigkeit ausgehend von D2 ebenfalls gegeben sei (Absätze 30.1.2 und 30.3).

V. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein. Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

VI. Mit der Beschwerdeerwiderung, eingereicht mit Schreiben vom 31. März 2016, beantragte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage eines der gleichzeitig eingereichten 1. bis 7. Hilfsanträge.

Anspruch 1 des Hauptantrags war identisch mit Anspruch 1 des mit Brief vom 19. März 2015 eingereichten 3. Hilfsantrags (siehe Absatz II oben).

Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags unterschied sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die Menge der Komponente E) auf "0,02 bis 0,3 Gew.-Tle." (anstatt von 0,005 bis 1 Gew.-Tle.) und die Menge der Komponente F) auf "0,05 bis 0,5 Gew.-Tle." (anstatt von 0,01 bis 2 Gew.-Tle.) geändert wurden.

Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags unterschied sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags durch folgende Merkmale:

- die Menge der Komponente A) war "40 bis 95 Gew.-Tle." (anstatt von 10 bis 99 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente B) war "4 bis 30 Gew.-Tle." (anstatt von 1 bis 50 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente C) war "1 bis 30 Gew.-Tle." (anstatt von 0 bis 40 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente D) war "2 bis 30 Gew.-Tle." (anstatt von 0 bis 50 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente E) war "0,01 bis 0,5 Gew.-Tle." (anstatt von 0,005 bis 1 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente G) war "0,5 bis 25 Gew.-Tle." (anstatt von 0 bis 50 Gew.-Tle.).

Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags unterschied sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags durch folgende Merkmale:

- die Menge der Komponente A) war "50 bis 85 Gew.-Tle." (anstatt von 10 bis 99 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente B) war "12 bis 25 Gew.-Tle." (anstatt von 1 bis 50 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente C) war "3 bis 25 Gew.-Tle." (anstatt von 0 bis 40 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente D) war "10 bis 20 Gew.-Tle." (anstatt von 0 bis 50 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente E) war "0,02 bis 0,3 Gew.-Tle." (anstatt von 0,005 bis 1 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente F) war "0,05 bis 0,5 Gew.-Tle." (anstatt von 0,01 bis 2 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente G) war "0,5 bis 25 Gew.-Tle." (anstatt von 0 bis 50 Gew.-Tle.).

VII. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung mit. Es wurde insbesondere dargelegt, dass, entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin, sowohl D1 als auch D2 als mögliche Ausgangspunkte für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen werden könnten (Absatz 8.1). Ferner wurden Bedenken bzgl. der 5. bis 7. Hilfsanträge in Bezug auf Artikel 84 EPÜ (Absatz 11) und bzgl. der 4. bis 7. Hilfsanträge in Bezug auf Artikel 123(3) EPÜ (Absatz 12) angegeben.

VIII. Mit Schreiben vom 25. Juni 2018 reichte die Beschwerdegegnerin modifizierte 4. bis 7. Hilfsanträge (als Ersatz für die dann geltenden 4. bis 7. Hilfsanträge) ein.

Anspruch 1 des 4. Hilfsantrags entsprach Anspruch 1 des Hauptantrags, wobei

- die Menge der Komponente A) "50 bis 85 Gew.-Tle." war (anstatt von 10 bis 99 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente B) "12 bis 25 Gew.-Tle." war (anstatt von 1 bis 50 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente C) "3 bis 25 Gew.-Tle." war (anstatt von 0 bis 40 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente D) "10 bis 20 Gew.-Tle." war (anstatt von 0 bis 50 Gew.-Tle.),

- die Menge der Komponente G) "0,5 bis 25 Gew.-Tle." war (anstatt von 0 bis 50 Gew.-Tle.);

- die Merkmale bzgl. der Komponenten E) und F) so lauteten (Hinzufügungen gegenüber dem Anspruch 1 des Hauptantrags in Fett, Streichungen in [deleted: durchgestrichen]):

"E) [deleted: 0,005 bis 1] 0,02 bis 0,3 Gew.-Tle. phenolisches Antioxidanz, nämlich Octadecyl-3-(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxyphenyl)propionat,

wobei die Zusammensetzungen frei sind von Stabilisatoren (Komponente E) und Synergisten (Komponente F), die basische oder saure funktionelle Gruppen enthalten, und

wobei die Zusammensetzung [deleted: 0,01 bis 2] 0,05 bis 0,5 Gew.-Tle., jeweils bezogen auf die Summe der Gew.-Tle. der Komponenten A+B+C, neutrale phosphor- oder schwefelhaltige Costabilisatoren enthält, die weder basische noch saure funktionelle Gruppen enthalten, als Komponente F und wobei diese neutralen phosphor- oder schwefelhaltigen Costabilisatoren ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Tris(2,4-tert-butylphenyl)phosphit und/oder Dilaurylthiodipropionat".

Anspruch 1 der 5., 6. und 7. Hilfsanträge war auf die Verwendung einer Zusammensetzung, wie im Anspruch 1 des geltenden Hauptantrags oder der geltenden 3. und 4. Hilfsanträge, respektiverweise, definiert, "zur Herstellung von schlagzähmodifizierten thermoplastischen Polycarbonat-Formmassen" gerichtet.

IX. Während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, die am 18. September 2018 stattgefunden hat, hat die Beschwerdegegnerin auf Frage der Kammer explizit angegeben, dass sie nicht mehr bestreite, dass D2 als nächstliegender Stand der Technik für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit betrachtet werden könne.

X. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Hauptantrag - Neuheit gegenüber D2

a) D2 offenbare Polycarbonat-ABS-Formmassen, die Stabilisatoren enthalten könnten, wobei Zusammensetzungen enthaltend Komponenten A), B), C), ggf. D) und ggf. G) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags in den Beispielen der D2 vorbereitet worden seien. Obwohl die Komponenten E) und F) gemäß Anspruch 1 des Hauptrangs in D2 nicht explizit offenbart seien, liege ein solches Stabilisator-System im Rahmen des allgemeinen Fachwissens, insbesondere da es sich um eine bevorzugte und bekannte Stabilisatorkombination für Polycarbonat/ABS Blends handele. Dabei spiele das Merkmal gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags, dass die Komponenten E) und F) frei von basischen und sauren Gruppen sein sollten, keine Rolle und brauche in Bezug auf Neuheit nicht berücksichtigt zu werden, da dieses Merkmal keinen klaren technischen Effekt zeige. Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber D2 nicht neu.

Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

b) D2 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar.

c) Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheide sich von den in den Beispielen von D2 vorbereiteten Zusammensetzungen, insbesondere von der Zusammensetzung des Beispiels 7, dadurch, dass die Stabilisatoren E) und F) enthalten sein müssten, wobei es ferner explizit gefordert sei, dass diese frei von basischen und sauren Gruppen seien. In den Beispielen der D2 sei lediglich angegeben, dass eine Phosphitverbindung eingesetzt wurde, jedoch ohne diese Verbindung zu definieren.

d) Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vertrat die Beschwerdeführerin die Meinung, dass es in D15 von der Beschwerdegegnerin gezeigt worden sei, dass zumindest für Polymerzusammensetzungen bestehend aus einem linearen Polycarbonat A), einem co-gefällten ABS-Pfropfcopolymer B), einem SAN-Polymerisat C) und einem spezifischen Additiv G) wie im Anspruch 1 des Hauptantrags definiert, die Kombination von Irganox 1076 und Irgafos 168, welche den Komponenten E) und F) gemäß Anspruch 1 entsprächen, zu einer Verbesserung der Hydrolysebeständigkeit und des Gelbwertes im Vergleich zu der Kombination von Irganox 1076 und einem sauren Phosphitstabilisator, führe. Somit liege für solche Zusammensetzungen gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags die tatsächlich gelöste technische Aufgabe in der Bereitstellung von schlagzähmodifizierten Polycarbonat-zusammensetzungen mit verbesserter Hydrolysebeständigkeit und verbessertem Gelbwert. In diesem Zusammenhang sollten die von der Beschwerdegegnerin betrachteten besonderen Bedingungen der Stabilisation für die Formulierung der gelösten Aufgabe nicht berücksichtigt werden.

e) D12 sei ein Teil des Standard-Lehrbuchs "Stabilization of Polymeric Materials", welches insbesondere die Stabilisation von Polycarbonaten und ABS betreffe, wobei es für Polymerblends ferner angegeben sei, dass die Lehre der D12 bzgl. der einzelnen Polymere gleicherweise für deren Blends gelte. Es sei in D12 ferner explizit angegeben, dass Polycarbonate (und deren Blends) keine basischen und sauren Unreinheiten vertrügen, insbesondere, um deren Hydrolyse zu verhindern. Die Kombination von sterisch gehinderten Phenolen, insbesondere Irganox 1076, und Phosphiten, insbesondere Irgafos 168, welche den Komponenten E) und F) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags entsprächen, sei sogar in D12 explizit offenbart, insbesondere in Zusammenhang mit Hydrolysebeständigkeit und Gelbwert.

Auch D13 offenbare die Kombination von Irganox 1076 und Irgafos 168 zur Stabilisierung von Polycarbonaten und Styrolcopolymeren.

Somit sei der Fachmann aufgrund der Lehre von D12 und D13 dazu geführt, die Kombination von Irgafos 168 und Irganox 1076 als Stabilisator für die in D2 nicht näher definierte Phosphitverbindung E2 einzusetzen.

Darüber hinaus seien alle in den Ansprüchen 8 und 9 des Hauptantrags aufgelisteten Komponenten E) und F) bereits in D12 als geeignete sterisch gehinderte Phenole und Phosphitstabilisatoren, bzw. Thiostabilisatoren, welche keine saure oder basische funktionelle Gruppe enthielten, offenbart. In diesem Zusammenhang sei der im Streitpatent für die Vergleichsversuche eingesetzte saure Phosphitstabilisator in keinem der zitierten Dokumente als Stabilisator für Polycarbonate beschrieben. Somit seien die Vergleichsversuche nicht aussagekräftig und können nicht dazu dienen zu zeigen, dass die im Anspruch 1 definierte Kombination der Komponenten E) und F) einen besonderen Auswahl von bekannten Stabilisatoren darstelle.

Unter solchen Bedingungen sei es für den Fachmann naheliegend gewesen, die o.g. Aufgabe durch Zugabe von einer der bevorzugten Additivkombinationen gemäß der Lehren von D12 und D13 in die Zusammensetzung des nächstliegenden Stands der Technik zu lösen, insbesondere durch Zugabe einer Kombination von Irganox 1076 und Irgafos 168 in üblichen Mengen.

f) Aus diesen Gründen sei der Anspruch 1 des Hauptantrags nicht erfinderisch.

1. bis 7. Hilfsanträge - Erfinderische Tätigkeit

g) Die im Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 7 durchgeführten Änderungen entweder stellten kein weiteres Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Zusammensetzungen gemäß den Beispielen der D2 dar oder trügen zur erfinderischen Tätigkeit nicht bei.

Somit gälten die gleichen Argumente bzgl. der fehlenden erfinderischen Tätigkeit wie für den Hauptantrag aufgeführt gleicherweise für den Gegenstand des Anspruchs 1 eines jeden der 1. bis 7. Hilfsanträge.

XI. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Hauptantrag - Neuheit gegenüber D2

a) In D2 sei weder die Kombination der Komponenten E) und F) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags, noch das Erfordernis, dass die Zusammensetzung frei von Komponenten E) und F), die basische oder saure funktionelle Gruppen enthielten, sei, offenbart. In diesem Zusammenhang sei das Merkmal, dass die Komponenten E) und F) frei von basischen oder sauren funktionellen Gruppen seien, ein technisches Merkmal des Anspruchs, welches bei der Beurteilung der Neuheit berücksichtigt werden solle. Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber D2.

Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

b) D2 könne den nächstliegenden Stand der Technik darstellen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheide sich von den in den Beispielen von D2 vorbereiteten Zusammensetzungen dadurch, dass die Stabilisatoren E) und F) enthalten sein müssten, wobei es ferner explizit gefordert sei, dass diese frei von basischen und sauren Gruppen seien.

c) Die Beispiele und Vergleichsbeispiele des Streitpatents und von D15 zeigten, dass die Aufgabe, welche durch die oben genannten Unterscheidungsmerkmale gelöst sei, in der Bereitstellung einer Zusammensetzung mit verbesserter Hydrolysebeständigkeit unter Feuchtwärmebedingungen (d.h. 7-tätigen-Lagerung bei 95°C und 100% relativer Luftfeuchte) und verbessertem Gelbwert liege.

d) Weder D2, noch D12 und D13 beschäftigten sich mit der Hydrolysebeständigkeit unter Feuchtwärmebedingungen wie im Streitpatent und könnten somit einen Hinweis enthalten, wie der Fachmann die oben definierte Aufgabe lösen könne. In diesem Zusammenhang sei weder in den Abbildungen auf Seiten 100-101 der D12 noch in D13 die Rede von Hydrolysebeständigkeit. Diese Passagen beträfen lediglich die Stabilisation gegen den thermooxidativen Abbau.

Darüber hinaus zeigten die Vergleichsbeispiele des Streitpatents und der D15, dass nicht alle untersuchten Stabilisatorkombinationen zu den vorteilhaften Effekten in Bezug auf Hydrolysebeständigkeit und Gelbwert führten.

Es sei ferner zu berücksichtigen, dass weder D12 noch D13 Blends von Polycarbonaten und ABS-Pfropfpolymeren gemäß dem nächstliegenden Stand der Technik und/oder gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags explizit offenbare. In diesem Zusammenhang sei weder in D12 noch in D13 angegeben, welche Art von Polycarbonat eingesetzt werde. Unter solchen Umständen könnten die Lehren von D12 und/oder D13 auf PC/ABS-Blends gemäß den Beispielen der D2 nicht ohne weiteres übertragen werden.

Somit sei es nicht naheliegend gewesen, die oben genannte Aufgabe, durch die Verwendung einer Kombination von Stabilisatoren E) und F), wie im Anspruch 1 des Hauptantrag definiert, zu lösen.

e) Aus diesen Gründen sei der Anspruch 1 des Hauptantrags erfinderisch.

1. bis 7. Hilfsanträge - Erfinderische Tätigkeit

f) Die im Anspruch 1 der 1. bis 7. Hilfsanträge durchgeführten Änderungen bzgl. der Mengen der Komponenten A) bis G) dienten dazu, die Breite des Anspruchs enger zu machen und die beanspruchten Blends eindeutiger zu definieren, so dass der beanspruchte technische Effekt glaubhafter werde. Darüber hinaus seien die somit definierten Kombinationen von Mengen im Stand der Technik nicht explizit offenbart.

Der Anspruch 1 der 5. bis 7. Hilfsanträge sei ferner auf die Verwendung der dort definierten Zusammensetzungen zur Herstellung von schlagzähmodifizierten thermoplastischen Polycarbonat-Formmassen eingeschränkt worden, um den beanspruchten Gegenstand weiter von D12 und D13 zu distanzieren. Da diese Dokumente eine solche Verwendung nicht offenbarten, sei ihre Kombination mit D2 nicht naheliegend.

Ansonsten gälten für die 1. bis 7. Hilfsanträge die gleichen Argumente in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit wie für den Hauptantrag aufgeführt.

XII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 285 905.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form auf der Grundlage eines der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten 1. bis 3. Hilfsanträge, oder eines der mit Schreiben vom 26. Juni 2018 eingereichten 4. bis 7. Hilfsanträge.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Neuheit gegenüber D2

1.1 D2 offenbart Polycarbonat-cogefällte ABS-Formmassen, welche unterschiedliche Additive, insbesondere Stabilisatoren, enthalten können (Ansprüche 1, 3, 6, 7; Seite 20, Zeile 1 bis Seite 25, Zeile 11). Insbesondere werden in den Beispielen 1-3, 7-9 und 18 der D2 Zusammensetzungen vorbereitet, die aus folgenden Komponenten bestehen:

- Polycarbonate A1 und ggf. A2 (D2: Seite 27, Zeilen 8-18) gemäß der Komponente A) des Anspruchs 1 des Hauptantrags;

- Cogefälltes ABS-Pfropfpolymerisat (D2: Seite 27, Zeilen 21 bis Seite 29, Zeile 15) gemäß der Komponente B) des Anspruchs 1 des Hauptantrags;

- Styrol/Acrylnitril-Copolymerisat (SAN) B3 (D2: Seite 29, Zeilen 17-21) gemäß der ggf. anwesenden Komponente C) des Anspruchs 1 des Hauptantrags;

- Additiv E1 (D2: Seite 30, Zeilen 23-25) gemäß der ggf. anwesenden Komponente G) des Anspruchs 1 des Hauptantrags;

- nicht näheres definiertes Phosphitstabilisator E2 (D2: Seite 30, Zeilen 27-29)

Die in den Beispielen 13 und 14 vorbereiteten Zusammensetzungen enthalten ferner die phosphorhaltigen Flammschutzmitteln C1 und C2 (D2: Seite 30, Zeilen 10-16), welche der ggf. anwesenden Komponente D) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags entsprechen.

Was die Mengen der einzelnen Komponenten der Zusammensetzungen gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags betrifft, entsprechen die in den o.g. Beispielen der D2 verwendeten Mengen des Polycarbonats und des cogefällten ABS Copolymer den Mengen der zwangsläufig anwesenden Komponenten A) und B) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags.

1.2 Jedoch hat die Beschwerdeführerin keinen Beweis vorgebracht, um die Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung auszuräumen, dass die in den Beispielen der D2 hergestellten Zusammensetzungen, kein phenolisches Antioxidanz E), das frei von sauren oder basischen Gruppen ist, gemäß dem Anspruch 1 des Hauptantrags, enthalten (siehe Absatz 29.2.3 der Entscheidung).

1.3 Ferner ist es in D2 nicht angegeben, dass der in den Beispielen eingesetzte Phosphitstabilisator E2 (siehe Absatz 1.1 oben) frei von sauren oder basischen Gruppen ist, wie für die Komponente F) des Anspruchs 1 des Hauptantrags definiert.

Was dieses betrifft, kann das Merkmal des Anspruchs 1 des Hauptantrags, dass die beanspruchten Zusammensetzungen frei von Komponenten E) und F), die basische oder saure funktionelle Gruppen enthalten, sein sollen, weder als optional noch als bedeutungslos betrachtet werden. Somit ist dieses Merkmal eindeutig ein technisches Merkmal, welches den beanspruchten Gegenstand gekennzeichnet, so dass dieses Merkmal, entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin, bei der Beurteilung der Neuheit berücksichtigt werden muss.

Angesichts der fehlenden Information kann es jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die in den Beispielen der D2 eingesetzte Phosphitverbindung E2 eine saure oder basische Gruppe enthält.

1.4 Was die Beurteilung der Neuheit gegenüber D2 betrifft, hat die Beschwerdeführerin auf der Mitteilung der Kammer, in welcher die oben genannten Fragestellungen identifiziert wurden (Absatz 7.2), nicht reagiert, weder schriftlich noch während der mündlichen Verhandlung. Somit gibt es für die Kammer keinen Grund, von der Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags gegenüber D2 neu sei, abzuweichen.

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1 Nächstliegender Stand der Technik

2.1.1 Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer betrachteten sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Beschwerdegegnerin D2 als nächstliegenden Stand der Technik (siehe Absätze VII und X oben).

2.1.2 In diesem Zusammenhang betrifft das Streitpatent die Bereitstellung von schlagzähmodifizierten Polycarbonat haltigen Zusammensetzungen, die sich durch eine optimale Kombination aus einer guten Hydrolysebeständigkeit und einem hellen Rohton (Yellowness Index nach Spritzgiessen auf 260 bzw. 300°C; auch als "Gelbwert" von den Parteien genannt) unter Beibehaltung von guten Flammenschutzeigenschaften (V0 an Stäben mit einer Dicke von 1.5 mm) auszeichnen (Absätze 11, 146-150; Beispiele). Die erfindungsgemäßen Formmassen können zur Herstellung von Formteilen jeder Art verwendet werden, u.a. Gehäuseteilen, Kaffeemaschinen, Monitoren, Steckdosen

(Absätze 110-111).

2.1.3 D2 offenbart PC-ABS-Zusammensetzungen mit guten Flammenschutzeigenschaften (Ansprüche; Seite 2, Zeilen 4-11; Beispiele; V0 an Stäben mit einer Dicke von 1.5 mm: Seite 31, Zeilen 12-15; Tabelle 3, Seite 35). Die Zusammensetzungen können durch Spritzgiessen verarbeitet werden (Seite 25, Zeilen 26-27; Seite 31, Zeilen 3-5), z.B. zur Herstellung gleichartiger Produkte wie im Streitpatent (Seite 25, letzter Absatz bis Seite 26, Zeile 19).

2.1.4 Unter solchen Umständen stimmt die Kammer den Parteien zu, dass D2 als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen werden kann. Ferner sind die im Absatz 1.1 oben angegebenen Beispiele 1-3, 7-9, 13, 14 und 18 der D2 besonders relevant und stellen den nächstliegenden Stand der Technik dar.

2.2 Unterscheidungsmerkmal(e)

Wie unter Punkt 1.2 und 1.3 oben angegeben, enthalten die in den Beispielen der D2 vorbereiteten Zusammensetzungen kein phenolisches Antioxidanz gemäß der Komponente E) des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Ferner kann es nicht ausgeschlossen werden, dass die in den Beispielen von D2 eingesetzte Phosphitverbindung E2 eine basische oder saure Gruppe enthält, wie für die Komponente F )des Anspruchs 1 des Hauptantrags definiert. Somit unterscheiden sich die Zusammensetzungen gemäß dem Anspruch 1 des Hauptantrags von den Zusammensetzungen der Beispiele der D2 dadurch, dass sie die Stabilisatoren E) und F) enthalten, wobei explizit gefordert ist, dass diese frei von basischen und sauren Gruppen sein sollen.

2.3 Die gegenüber D2 gelöste Aufgabe

2.3.1 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass die gegenüber den Beispielen der D2 gelöste technische Aufgabe in der Bereitstellung von schlagzähmodifizierten PC-Zusammensetzungen, die sich durch eine verbesserte Hydrolysebeständigkeit unter Feuchtwärmebedingungen (d.h. 7-tätigen-Lagerung bei 95°C und 100% relativer Luftfeuchte) und einen verbesserten Gelbwert auszeichnen, anzusehen sei.

2.3.2 Was die Hydrolysebeständigkeit betrifft, wird diese Eigenschaft im Streitpatent unter speziellen Bedingungen gemessen, nämlich nach einer 7-tägigen Lagerung der Probe bei 95°C und 100% relativer Luftfeuchte gemessen (Absatz 145). Jedoch wird es im Streitpatents selbst angegeben, dass dieser Parameter lediglich zur Erfassung der Hydrolysebeständigkeit dient (Absätze 145 und 147-150). Darüber hinaus wurde es weder gezeigt noch argumentiert, dass diese Messbedingungen als besonderes zu betrachten sind, d.h. dass sie auf eine zusätzliche Wirkung des Stabilisatorsystems zurückzuführen sind. Somit ist es nicht gerechtfertigt, diese spezifischen Bedingungen für die Formulierung der gelösten Aufgabe aufzunehmen, wie von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagen.

2.3.3 Obwohl kein direkter Vergleich mit einer Zusammensetzung gemäß den Beispielen von D2 zur Verfügung steht, wurde von der Beschwerdeführerin selbst anerkannt, dass es aus D15 zu erkennen sei, dass mindestens für Zusammensetzungen bestehend aus einem linearen Polycarbonat A), einem co-gefällten ABS-Pfropfcopolymer B), einem SAN-Copolymerisat C) und einem spezifischen Additiv G) wie im Anspruch 1 des Hauptantrags definiert, die Kombination von Irganox 1076 und Irgafos 168, welche den Komponenten E) und F) gemäß Anspruch 1 entsprechen, zu einer Verbesserung der Hydrolysebeständigkeit und des Gelbwertes im Vergleich zu der Kombination von Irganox 1076 und einem sauren Phosphitstabilisator, führe.

2.3.4 Es wurde aber während des Verfahrens von der Beschwerdeführerin bestritten, dass dieser Effekt auf der gesamten Breite des Anspruchs 1 des Hauptantrags, z.B. für andere Kombinationen von Stabilisatoren E) und F) als Irganox 1076 und Irgafos 168 oder für Zusammensetzungen enthaltend andere Komponenten als die im Anspruch 1 definierten Komponenten A) bis G), vorhanden sei (siehe z.B. Schreiben vom 19. Juli 2018: Absatz 4.d, wobei die gleiche Argumentation während der mündlichen Verhandlung weiterverfolgt wurde). Da die Beschwerdekammer jedoch zu dem Ergebnis gekommen ist, dass selbst wenn die Verbesserung der Hydrolysebeständigkeit und des Gelbwertes berücksichtigt wird (also, zum Vorteil der Beschwerdegegnerin), keine erfinderische Tätigkeit anerkannt werden kann, ist es nicht nötig, auf diesen Streitpunkt zwischen den Parteien näher einzugehen.

2.3.5 Aus diesen Gründen wird im Folgenden betrachtet, dass die tatsächlich gelöste technische Aufgabe in der Bereitstellung von schlagzähmodifizierten Polycarbonat-zusammensetzungen mit verbesserter Hydrolysebeständigkeit und verbessertem Gelbwert liegt.

2.4 Naheliegen der Lösung

2.4.1 Fraglich ist, ob es für den Fachmann naheliegend ist, den nächstliegenden Stand der Technik so abzuändern, dass man zum beanspruchten Gegenstand kommt, mit dem Zweck, die oben definierte Aufgabe zu lösen.

2.4.2 Um die Lehre von D2 nachzuarbeiten, muss zuerst der Fachmann einen geeigneten Phosphitstabilisator E2, für welches D2 selbst keine Informationen liefert, aussuchen.

2.4.3 In dieser Hinsicht ist die Offenbarung D12 relevant. D12 ist ein Auszug aus einem bekannten Lehrbuch über die Stabilisierung von Polymerzusammensetzungen, insbesondere von Polycarbonaten, ABS-Copolymere und SAN-Copolymere gemäß den Komponenten A), B) und C) des Anspruchs 1 des Hauptantrags (siehe Inhaltverzeichnis der D12: Sektionen 1.4.6, 1.7.4.6, 1.7.4.9, 3.4.3, 3.4.4 und 3.8). In Sektion 1.4.9 (Seite 18, erster Absatz) wird insbesondere dargelegt, dass sich hinsichtlich der Stabilisation Polymerblends aus Polycarbonaten und Schlagzähigkeitsmodifikatoren (wie die gemäß den Beispielen von D2), wie die einzelnen Komponenten verhalten. Somit können die Ergebnisse von D12, die für einzelne Polymere untersucht wurden, ohne weiteres auf die Blends aus solchen Komponenten, insbesondere auf die Blends gemäß D2, übertragen werden, entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin.

Ferner ist aus D12 ersichtlich, dass sowohl das phenolische Antioxidanz Irganox 1076 (als "AO-3" in D12 gekennzeichnet: siehe Seite 182) als auch die Phosphitverbindung Irgafos 168 (als "PS-2" in D12 gekennzeichnet: siehe Seite 195), welche den Komponenten E) und F) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags entsprechen, zu einer besonders guten Stabilisation einer Polycarbonatzusammensetzung führen (D12: Seiten 100 und 101: Abbildungen 3.30 und 3.31). Insbesondere wird es dort gezeigt, dass diese Stabilisatoren zu einer Verbesserung des Gelbwerts führen. Darüber hinaus wird dabei die Fließfähigkeit (Melt Flow Rate) nach Extrusion bei 300°C oder die Viskosität nach langzeitiger Lagerung bei 140°C gut erhalten, wobei diese Parameter den Abbau des Polycarbonats kennzeichnen. In diesem Zusammenhang ist sogar die Kombination von Irganox 1076 mit Irgafos 168 in Abbildung 3.31 der D12 explizit beschrieben.

Diese spezifische Kombination von Irganox 1076 und Irgafos 168 wird ebenfalls als das kommerziell erhältliche Produkt Irganox B900 in D13 offenbart, wobei es angegeben wird, dass sie für besonders anspruchsvolle Bearbeitungsbedingungen geeignet ist, insbesondere in Bezug auf Melt Flow, Verfärbung und langzeitige thermische Stabilität (D13: Seite 3, Produkt Irganox B900, Absatz "Features/Benefits"). In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass die Verfärbung während der angegebenen anspruchsvollen Bearbeitungsbedingungen, d.h. der Gelbwert gemäß des Streitpatents, gemeint ist, entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin.

Somit würde der Fachmann, welcher die Beispiele der D2 nacharbeiten will und mit der o.g. Aufgabe konfrontiert ist, dazu geführt, die nicht näher definierte Phosphitverbindung E2 der D2 durch die besonders vorteilhafte Kombination aus der Phosphitverbindung Irgafos 168 und der phenolischen Antioxidanz Irganox 1076 zu ersetzen, insbesondere um den Gelbwert zu verbessern.

2.4.4 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass weder D2, noch D12 und D13 sich mit der Fragestellung der Hydrolysebeständigkeit beschäftigen.

Jedoch ist es nach D12 davon auszugehen, dass dem Fachmann, der sich mit der Stabilisation von Polycarbonatzusammensetzungen beschäftigt, bekannt ist, dass er auf die Hydrolysebeständigkeit achten muss (D2: Seite 16, Sektion 1.4.6; Seite 100, Sektion 3.8, Zeilen 1-8; Seite 101, letzte 4 Zeilen). Somit ist es nicht überzeugend, dass eine durch die Zugabe von Irganox 1076 und Irgafos 168 erreichte Verbesserung der Hydrolysebeständigkeit aufgrund der Lehren von D12 und D13 bezüglich der Stabilisation als unerwartet betrachtet werden kann.

Darüber hinaus, wurde es im Absatz 2.4.3 erklärt, dass der Fachmann, der mit der oben identifizierten Aufgabe konfrontiert war, auf jeden Fall durch die Lehre von D12 und D13 zu der Kombination von Irganox 1076 und Irgafos 168 geführt worden wäre, zumindest wenn er nur versucht hätte, den Gelbwert zu verbessern. Somit könnte selbst eine zusätzliche Wirkung bzgl. der Hydrolysebeständigkeit einer in Bezug auf dem Gelbwert naheliegenden Lösung keine erfinderische Tätigkeit verleihen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPAs, 2016, 8. Auflage, I.D.10.8: unerwartete Wirkung - Bonuseffekt). Somit wird das Argument der Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

2.4.5 In diesem Zusammenhang ist ferner anzumerken, dass im vorliegenden Fall, die Auswahl von Verbindungen E) und F), welche keine saure oder basische funktionelle Gruppe enthalten, auch nicht zu der erfinderischen Tätigkeit beitragen kann.

Zuerst ist festzustellen, dass die Verbindungen Irganox 1076 und Irgafos 168 selbst (und Irganox B900) keine solchen funktionellen Gruppen enthalten. Außerdem ist es aus D12 bekannt, dass dem Fachmann, der sich mit der Stabilisation von Polycarbonatzusammensetzungen beschäftigt, bekannt ist, dass er auf solche Gruppen achten muss (D2: Seite 16, Sektion 1.4.6; Seite 100, Sektion 3.8, Zeilen 1-8; Seite 101, letzte 4 Zeilen). Darüber hinaus erfüllen alle Phosphitverbindungen und phenolischen Antioxidanz, die in D12 offenbart sind und den Komponenten E) und F) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags entsprechen, diese Bedingung. In diesem Zusammenhang wurde es von der Beschwerdegegnerin insbesondere nicht gezeigt, dass phenolische Antioxidanz E) und Costabilisatoren F), die basische oder saure funktionelle Gruppen enthalten, im Stand der Technik zur Stabilisation von schlagzähmodifizierten Polycarbonatzusammensetzungen gemäß D2 überhaupt eingesetzt werden. Somit wurde es nicht gezeigt, dass der Fachmann, der aufgrund der Lehre von D12 eine Kombination einer Phosphitverbindung mit einem phenolischen Antioxidanz in Betracht ziehen würde, um die o.g. Aufgabe zu lösen, andere Alternativen als solche Stabilisatoren zu verwenden, insbesondere Stabilisatoren wie im Anspruch 1 des Hauptantrags definiert, die keine saure oder basische funktionelle Gruppe enthalten, gehabt hätte.

2.4.6 Die Beschwerdegegnerin argumentierte ferner, dass D12 und D13 keine Information bzgl. der Natur des Polycarbonats enthalten.

Jedoch wurde es weder gezeigt noch dargelegt, in wie fern die Natur des Polycarbonats die in D12 und D13 gegebenen technischen Informationen beeinflussen kann und/oder dass die Natur des Polycarbonats mit einem technischen Effekt verbunden ist. Somit kann auch dieses Argument nicht überzeugen.

2.4.7 Darüber hinaus wurde es von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten (insbesondere nicht während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer), dass Mengen von Irganox 1076 und Irgafos 168 von 0,1 Gew.%, wie in Abbildungen 3.30 und 3.31 der D12 offenbart, üblich sind. Jedoch fallen solchen Mengen in dem Bereich der Mengen der Komponenten E) und F) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags.

Somit tragen die Mengen Komponenten E) und F) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags zur erfinderischen Tätigkeit nicht bei.

2.4.8 Aus diesen Gründen war es für den Fachmann ausgehend von den Beispielen der D2 naheliegend, die im Absatz 2.3.9 identifizierte Aufgabe, durch die Verwendung einer Kombination von Irganox 1076 und Irgafos 168 in üblichen Mengen anstatt von der (in D2 nicht näher definierten) Phosphitverbindung E2, zu lösen.

2.4.9 Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht erfinderisch.

1. Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des 1. Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die Mengen der Komponenten E) und F) eingeschränkt wurden.

Es wurde von der Beschwerdegegnerin weder gezeigt noch argumentiert, dass diese Mengen zur erfinderischen Tätigkeit beitragen. Es wurde insbesondere nicht gezeigt, inwiefern diese Eingrenzungen ein weiteres Unterscheidungsmerkmal darstellen und/oder eine andere Aufgabe lösen als für den Hauptantrag. Darüber hinaus wurde es nicht gezeigt, dass diese geänderten Mengen nicht den üblichen eingesetzten Mengen der Komponenten Irganox 1076 und Irgafos 168 entsprechen.

Unter solchen Umständen gibt es für die Kammer keinen Grund, für den 1. Hilfsantrag zu einer unterschiedlichen Schlussfolgerung bzgl. der erfinderischen Tätigkeit als für den Hauptantrag zu gelangen.

2. Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit

4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die Mengen der Komponenten A), B, C), D), E) und G) eingeschränkt wurden, wobei die Komponenten C), D) und G) jetzt nicht mehr optional sind.

Jedoch enthalten die Zusammensetzungen gemäß den Beispielen 13 und 14 der D2 bereits die Komponenten A), B), C), D) und G) gemäß Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags, in den dort definierten Mengen. Ferner wurde es von der Beschwerdegegnerin weder gezeigt noch argumentiert, dass die Mengen der Komponenten E) und F) zur erfinderischen Tätigkeit beitragen.

Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des 2. Hilfsantrags aus den gleichen Gründen wie der Hauptantrag nicht erfinderisch.

3. Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit

5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des 3. Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags und vom Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags dadurch, dass die Mengen der Komponenten A), B, C), D), E), F) und G) weiter eingeschränkt wurden.

Dadurch, dass die Mengen der Komponenten A), B), C), D) und G) kein weiteres Unterscheidungsmerkmal gegenüber den in den Beispielen 13 und 14 vorbereiteten Zusammensetzungen darstellen und dass es nicht gezeigt wurde, dass die Mengen der Komponenten E) und F) zur erfinderischen Tätigkeit beitragen, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des 3. Hilfsantrags ebenfalls nicht erfinderisch.

4. Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit

6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des 4. Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags dadurch, dass die Definition der Komponente E) auf Irganox 1076 (siehe Absatz 139 des Streitpatents) und die Definition der Komponente F) auf Irgafos 168 und DLTDP (siehe Absatz 140 des Streitpatents) eingeschränkt wurden.

Dadurch, dass für die höherrangigen Anträge der Beschwerdegegnerin die Schlussfolgerung erreicht wurde, dass eine Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags enthaltend Irganox 1076 und Irgafos 168 als Komponenten E) und F) im Licht des Stands der Technik naheliegend ist, muss das gleiche Ergebnis für den Gegenstand des Anspruchs 1 des 4. Hilfsantrag gelten.

5. bis 7. Hilfsanträge - Erfinderische Tätigkeit

7. Der Gegenstand des Anspruchs 1 der 5., 6. und 7. Hilfsanträge ist auf die Verwendung einer Zusammensetzung, wie im Anspruch 1 des geltenden Hauptantrags oder respektive der geltenden 3. und 4. Hilfsanträge definiert, zur Herstellung von schlagzähmodifizierten thermoplastischen Polycarbonat-Formmassen gerichtet.

Jedoch sind die Zusammensetzungen gemäß dem nächstliegenden Stand der Technik D2 ebenfalls zur Vorbereitung von schlagzähmodifizierten thermoplastischen Polycarbonat-Formmassen offenbart (siehe z.B. Titel; Seite 1: Zeilen 4-6; Seite 2: Zeilen 4-15; Beispiele). Somit bleiben sowohl die Unterscheidungsmerkmale gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik als auch die Formulierung der tatsächlich gelösten Aufgabe im Vergleich zu dem Hauptantrag und den 3. und 4. Hilfsanträgen unverändert und der Gegenstand des Anspruchs 1 der 5., 6. und 7. Hilfsanträge ist im Licht des Stands der Technik aus den gleichen Gründen wie für Anspruch 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 3 und 4 naheliegend.

8. Da keiner der Anträge der Beschwerdegegnerin den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt, ist das Patent zu widerrufen und die Kammer braucht über weitere Einwände nicht zu entscheiden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Europäische Patent Nr. 2 285 905 wird widerrufen.

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