European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T057415.20180530 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 30 Mai 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0574/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05798767.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01J 31/40 B01J 38/56 B01D 11/04 C07C 253/10 C07C 253/32 B01J 31/18 B01J 31/24 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | EXTRAKTION VON NICKEL(0)-KOMPLEXEN AUS NITRILGEMISCHEN MIT VERMINDERTER MULMBILDUNG | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Invista Technologies S.à.r.l. | ||||||||
Kammer: | 3.3.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Spät eingereichter Antrag - Rechtfertigung für späte Vorlage (ja) Spät eingereichter Antrag - Hauptantrag Änderung veranlasst durch Einspruchsgrund - Änderungen zulässig (ja) Änderung veranlasst durch Einspruchsgrund - Hauptantrag Erfinderische Tätigkeit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 1 817 108 in geändertem Umfang, zur Post gegeben am 18. Dezember 2014.
II. Die Einsprechende hatte unter Berufung auf die Gründe nach Artikeln 100 a), b) und c) EPÜ den Widerruf des gesamten Patents beantragt. Zu diesem Zweck wurden im Einspruchsverfahren unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen verwendet:
D1: US 4,990,645 A;
D2: US 3,773,809 A;
D3: US 4,539,302 A; und
D4: US 4,339,395 A.
III. Mit ihrer ersten Entscheidung vom 27. Juli 2010 hatte die Einspruchsabteilung das Streitpatent nach Artikel 100c) EPÜ widerrufen.
IV. Die Patentinhaberin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Die Beschwerdekammer entschied in T 2067/10 vom 26. April 2012, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur weiteren Prüfung auf Basis des in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereichten Hauptantrags zurückzuverweisen.
V. Im Verlauf des weiteren Einspruchsverfahrens hatte die Patentinhaberin (mit Schreiben vom 12. März 2013 bzw. vom 12. November 2014) den vor der Beschwerdekammer vorgelegten Hauptantrag in Reinschrift bzw. einen ersten Hilfsantrag eingereicht.
VI. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2014 und in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2014 hatte die Beschwerdegegnerin weitere Beweismittel eingereicht.
VII. In der darauffolgenden Entscheidung kam die Einspruchsabteilung unter anderem zu folgenden Schlüssen:
- Die Erfindung sei im Patent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.
- Ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik sei die objektiv gelöste technische Aufgabe darin zusehen, eine alternative Methode bereitzustellen, um die Mulmbildung zu verhindern.
- Das beanspruchte Verfahren habe im Hinblick auf D1 nicht nahegelegen.
- Zum gleichen Ergebnis würde der Fachmann ausgehend von D4 als nächstliegendem Stand der Technik kommen.
VIII. Anspruch 1 des Patents in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten, geänderten Fassung lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur extraktiven Abtrennung von homogen gelösten Katalysatoren aus einem Reaktionsaustrag einer Hydrocyanierung von ungesättigten Mononitrilen zu Dinitrilen, durch Extraktion mittels eines Kohlenwasserstoffs K, dadurch gekennzeichnet, dass man a) den Reaktionsaustrag vor Schritt b) durch Destillation bei Drücken von 0,1 bis 5000
mbar und Temperaturen von 10 bis 150°C einengt,
b) dem eingeengten Reaktionsaustrag einen flüssigen Kohlenwasserstoff K zufügt, wobei ein zweiphasiger Strom I erhalten wird, und
c) den Strom I bei einer Temperatur T mit dem Kohlenwasserstoff K in einem Extraktionsapparat extrahiert, wobei ein Strom II enthaltend den mit dem Katalysator angereicherten Kohlenwasserstoff K, und ein katalysatorarmer Strom III erhalten wird, wobei der Strom I nach Schritt b) und vor Schritt c) durch eine Verweilzeitstrecke geführt wird und die mittlere Verweilzeit des Stroms I in der Verweilzeitstrecke mindestens 1 min beträgt und der zweiphasige Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktionsapparat geführt wird."
IX. Mit ihrer Beschwerdebegründung reichte die Einsprechende/Beschwerdeführerin zwei Anlagen ein und vertrat unter anderem die Auffassung, die Erfindung sei nicht ausreichend offenbart und ausgehend von D1 oder D2 nicht erfinderisch.
X. Mit ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdegegnerin eine reinschriftliche Kopie des in der Entscheidung abgehandelten Hauptantrags und des mit der Eingabe vom 12. November 2014 eingereichten ersten Hilfsantrags, sowie weitere Anspruchssätze als Hilfsanträge 2 bis 5 ein. Darüber hinaus legte die Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin zwei Diagramme vor.
Die Beschwerdegegnerin widersprach allen Einwänden der Beschwerdeführerin und führte unter anderem aus,
- dass alle Hilfsanträge die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllten;
- dass die Erfindung ausführbar sei;
- dass weder D1 noch die anderen Entgegenhaltungen einen Hinweis auf die Unterscheidungsmerkmale der Erfindung gäben, so dass die Erfindung nicht nahegelegen habe;
- dass auch ausgehend von D2 als nächstliegendem Stand der Technik (unter Berücksichtigung, dass D2 dem Vergleichbeispiel des Streitpatents entspreche) die Erfindung nicht naheliege.
XI. In einer in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung hat die Kammer ihre vorläufige Meinung zu bestimmten Punkten dargelegt. Im Bezug auf den Hilfsantrag 3 bemerkte die Kammer, dass die in Anspruch 1 enthaltenen Änderungen formal gewährbar und die beanspruchte Erfindung ausführbar schienen. Zudem geben weder D1, noch weniger D2, irgendeinen Hinweis auf die Unterscheidungsmerkmale des Anspruchs 1 an.
XII. Mit ihrer Erwiderung (vom 25. April 2018) auf den Bescheid der Kammer hat die Beschwerdegegnerin einen neuen Hilfsantrag 3 vorgelegt. Die früheren Hilfsanträge 3 bis 5 wurden als Hilfsanträge 4 bis 6 umnummeriert.
XIII. Mit ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Kammer und auf die Erwiderung der Patentinhaberin hat die Beschwerdeführerin insbesondere ausgeführt, dass der neue Hilfsantrag 3 verspätet und nicht zulässig sei, weiterhin, dass der beanspruchte Gegenstand nach allen Anträgen nicht erfinderisch sei.
XIV. Die mündliche Verhandlung fand am 30. Mai 2018 statt.
In der mündlichen Verhandlung hielt die Beschwerdegegnerin den Hilfsantrag 3 vom 25. April 2018 als Hauptantrag aufrecht.
Die Beschwerdeführerin bestritt die Zulässigkeit dieses Antrags und die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes ausgehend von D1. D4 wurde auch in diesem Zusammenhang zitiert.
XV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (vormals Hilfsantrag 3 vom 25. April 2018) lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem vormaligen Hauptantrag hervorgehoben durch die Kammer):
"1. Verfahren zur extraktiven Abtrennung von homogen gelösten Katalysatoren..., dadurch gekennzeichnet, dass man...
c) ... die mittlere Verweilzeit des Stroms I in der Verweilzeitstrecke mindestens [deleted: 1]5 min beträgt und der zweiphasige Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktionsapparat geführt wird und man als Kohlenwasserstoff K Cyclohexan, Methylcyclohexan, Cycloheptan, n-Hexan, n-Heptan, isomere Heptane, n-Octan, isomere Octane, cis-Decalin, trans-Decalin oder deren Gemische verwendet und man in Schritt b) den Kohlenwasserstoff K mit dem eingeengten Reaktionsaustrag in einem Ruhrbehälter oder einem Umpumpkreislauf vermischt."
XVI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung des Hauptantrages (vormals Hilfsantrag 3, eingereicht mit Schreiben vom 25. April 2018).
XVII. Die für die vorliegende Entscheidung wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin (Einsprechende) können wie folgt zusammengefasst werden:
Hauptantrag (vormals Hilfsantrag 3, eingereicht mit Schreiben vom 25. April 2018)
Zulässigkeit
Die Patentinhaberin habe bereits mit ihrer Erwiderung zur Beschwerdebegründung einen Hilfsantrag 3 (jetzt Hilfsantrag 4) eingereicht, um dem in der Beschwerdebegründung ausgeführten Einwand der mangelnden Ausführbarkeit Rechnung zu tragen. Der Anspruch 1 gemäß neuem Hilfsantrag 3 vom 25. April 2018 sei in Bezug auf die ausgewählten Kohlenwasserstoffe K, breiter als Anspruch 1 des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags 3 und sei ohne Anlass und ohne Rechtfertigung eingereicht worden. Darüber hinaus werfen die enthaltenen Änderungen neue Fragen bezüglich der Ausführbarkeit auf. Die Ausführbarkeit aller enthaltenen Kohlenwasserstoffoptionen, zum Beispiel der Option "Dekalin", sei weder von der Patentinhaberin bewiesen worden noch könnte sie, in der kurzen Zeit vor der Verhandlung, von der Beschwerdeführerin überprüft werden. Schließlich überwinde der neue Antrag keine der erhobenen Mängel. Daher sei der neue Antrag nach Artikel 13(1) VOBK nicht ins Verfahren zuzulassen.
Erfinderische Tätigkeit
D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar.
Das beanspruchte Verfahren unterscheide sich vom Gegenstand des Anspruchs 1, indem in Schritt b) einen Kohlenwasserstoff K hinzugefügt und vermischt werde und danach vor Schritt c) den dadurch entstandenen zweiphasigen Strom I durch eine Verweilzeitstrecke und mit einer mittleren Verweilzeit von mindestens 5 Minuten geführt werde.
Eine unerwartete Wirkung dieser Unterschiede, insbesondere eine dadurch erhöhte Verhinderung/Reduzierung der Mulmbildung sei aber nicht glaubhaft gemacht worden. In der Tat sei das Problem der Mulmbildung bereits aus D1 (insbesondere Beispiel 2) oder D4 (Spalte 3) bekannt gewesen. Zudem sei auch seine Lösung mittels einer Trennung der in einem Dekanter (Verweilzeitstrecke) abgesetzten Feststoffe bekannt (D1, Beispiel 2).
Wie im T 2067/10 angemerkt, sei im Anspruch 1 die kritische Verweilzeitstrecke überhaupt nicht näher definiert und verlange auch keine Trennung der abgesetzten Feststoffe, die aber auch nach der Offenbarung in der Beschreibung des Streitpatents (Absätze [0042] und [0043]) wesentlich sei, um die Mulmbildung vollständig zu verhindern. Ohne solche eine Trennung könne daher die Aufgabe des Streitpatents nicht tatsächlich gelöst werden.
Das Beispiel des Streitpatents offenbare eine Verweilzeit in dem veranschaulichten 50 l-Glassbehälter von 50 Minuten, also eine zehn Mal längere Zeit, als die im Anspruch 1 definierte Mindestzeit von fünf Minuten. Daher sei auch in diesem Beispiel genügend Zeit vorhanden, um Feststoffe absetzen zu lassen und sie danach zu trennen. Also belege das Patent keineswegs, dass eine Trennung der Feststoffe im beanspruchten Verfahren unnötig sei. Darüber hinaus sei nicht gezeigt worden, dass sich jegliche Verweilzeitstrecke zur Reduzierung von der Mulmbildung eigne.
Somit spiele das bloße Hinzufügen eines Kohlenwasserstoffes ohne Trennung der ausgefallenen Feststoffe keine Rolle bei der Lösung der technischen Aufgabe. Schließlich sei nicht glaubhaft gemacht worden, dass die vermeintliche Wirkung der Verhinderung/Reduzierung der Mulmbildung über die gesamte Breite des Anspruchs erhalten werden könne und auf die Hinzufügung des Kohlenwasserstoffes in Schritt b) zurückzuführen sei. Letztlich sei das beanspruchte Verfahren (ohne Feststofftrennung) gegenüber dem aus D1 bekannten Verfahren nachteilig.
Folglich könne die gelöste Aufgabe lediglich in der Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur extraktiven Abtrennung von homogen gelösten Katalysatoren aus einem Reaktionsaustrag einer Hydrocyanierung von ungesättigten Mononitrilen zu Dinitrilen gesehen werden.
Das Dekanter nach D1 stelle eine Verweilzeitstrecke dar, welche im Gegensatz zu der beanspruchten Verweilzeitstrecke die abgesetzten Feststoffe abtrenne und die Mulmbildung verhindere, wie aus Beispiel 2 von D1 ersichtlich sei. Ein Verfahren mit einer Verweilzeitstrecke, wie beansprucht, sei daher aus D1 bekannt.
Die Zugabe des Kohlenwasserstoffes laut Anspruch 1 betreffe in dieser Hinsicht eine willkürliche, zwecklose Maßnahme, die nicht im kausalen Zusammenhang mit den anderen Schritten/Merkmalen des Verfahrens stehe. Gemäß Rechtsprechung (wie etwa T 2044/09) könne diese Zugabe nicht zur erfinderischen Tätigkeit beitragen und sei also nicht zu berücksichtigen, auch wenn auf sie im Stande der Technik nicht hingewiesen werde.
Folglich lege der Stand der Technik das beanspruchte Verfahren nahe und es beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
XVIII. Die für die vorliegende Entscheidung wesentlichen Gegenargumente der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) können wie folgt zusammengefasst werden:
Hauptantrag (vormals Hilfsantrag 3, eingereicht mit Schreiben vom 25. April 2018)
Zulässigkeit
Die verspätete Einreichung des neuen Antrags sei durch die Mitteilung der Kammer veranlasst worden, in der die Kammer erstmalig ihre Meinung über unter anderem die Ausführbarkeit der Erfindung gemäß damaligem Hauptantrag dargestellt habe. Verglichen mit dem in der Erwiderung zur Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrag 3 sei der neue Antrag nur geringfügig erweitert worden, und zwar im Einklang mit der ursprünglichen Offenbarung (Beschreibung, Seite 12).
Diese Änderung führe keinen komplexen Sachverhalt ins Verfahren ein und könne nicht als Benachteilung der Gegenpartei angesehen werden.
Zudem sei keine weitere Recherche notwendig, um zu bestätigen, dass die Erfindung mit allen aufgelisteten Kohlenwasserstoffen ausführbar sei. Daher sei der neue Hauptantrag ins Verfahren zuzulassen.
Erfinderische Tätigkeit
Die Patentinhaberin argumentiert, dass ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik sich das beanspruchte Verfahren in zwei Merkmalen davon unterscheide, nämlich durch:
- den Zusatz in Schritt b) von einem Kohlenwasserstoff K mit nachfolgendem Vermischen wie definiert; und
- nach Schritt b) und vor Schritt c) die Zuführung des in Schritt b) entstandenen zweiphasigen Stroms I durch eine Verweilzeitstrecke und mit einer mittleren Verweilzeit von mindestens 5 Minuten.
Das erfindungsgemäße Beispiel des Streitpatents, worin eine Trennung von abgesetzten Feststoffen (wenn überhaupt vorhanden) nicht stattfinde, zeige eine ganz beträchtliche Zunahme der Betriebszeit der Kolonne ohne Mulmbildung, nämlich 11 Tage. Im Gegensatz dazu führe das gleiche Verfahren, aber ohne die unterscheidenden Merkmale des Anspruchs 1 zu erheblicher Mulmbildung schon nach 17 Stunden Betriebszeit. Somit belege das Beispiel des Patents, dass durch den Zusatz von einem Kohlenwasserstoff wie Heptan und durch die Bildung und Erhaltung des zweiphasigen Stroms I in einer nachfolgenden Verweilzeitstrecke mit einer Verweilzeit von länger als 5 Minuten die Entstehung einer Mulmbildung für längere Zeit verhindert werde.
Dies stehe auch nicht im Widerspruch zu der Beschreibung, wonach nur in "manchen Fällen" die ausgefallenen Feststoffe abgetrennt werden könnten.
Zudem sei die beanspruchte Verweilzeitstrecke von länger als 5 Minuten unabhängig von der Gestaltung der Verweilzeitstrecke. Im Patent werde eine ganz einfache Form dafür, nämlich ein Glassbehälter, veranschaulicht.
Der gezeigte Effekt basiere somit auf den zwei Unterscheidungsmerkmalen, welche (auch ohne Feststoffabtrennung) in kausalem Zusammenhang mit der Reduzierung der Mulmbildung stünden.
Somit werde die gegenüber D1 objektive technische Aufgabe, nämlich die Bereitstellung eines alternativen Verfahrens, das die Mulmbildung in der Extraktionskolonne verhindere, von der im Anspruch 1 definierten Lösung auch tatsächlich gelöst.
Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Naheliegen der Erfindung seien nicht schlüssig.
Die Beispiele des Patents zeigten, dass das beanspruchte Verfahren die Mulmbildung reduziere, ohne Feststoffe abzutrennen und zum Teil in den Reaktor zurückzuführen, wie in D1 offenbart.
Die Feststoffabtrennung sei für das beanspruchte Verfahren irrelevant, zumal die Mulmbildung durch den Zusatz eines Kohlenwasserstoffes K und durch die Veränderung der Struktur des entstandenen zweiphasigen Stroms I in der Verweilzeitstrecke reduziert/verhindert werde.
Da alle Unterscheidungsmerkmale des Anspruchs 1 eine Rolle bei der Lösung der technischen Aufgabe spielten, sei die entgegengehaltene Rechtsprechung nicht zutreffend.
Weder in D1 noch in den anderen zitierten Dokumenten werde aber irgendeinen Hinweis zu den unterscheidenden Merkmalen abgegeben.
Somit habe das beanspruchte Verfahren nicht nahegelegen.
Entscheidungsgründe
Hauptantrag
Zulässigkeit des Hauptantrags
1. Der Hauptantrag wurde erst mit Schreiben vom 25. April 2018 als Hilfsantrag 3 vorgelegt.
1.1 Für die Kammer ist ersichtlich,
- dass die späte Vorlage des neuen Antrags durch die Mitteilung der Kammer veranlasst worden ist, worin die Kammer, von der angegriffenen Entscheidung abweichend, den Einspruchsgrund der mangelnden Ausführbarkeit im Hinblick auf die nicht funktionsfähige Ausführungsform "Benzol" als überzeugend aufrechterhalten hatte,
- dass der neue Antrag zwar breiter als der frühere mit der Erwiderung zur Beschwerdebegründung eingereichte Hilfsantrag 3 ist, zumal mehr Kohlenwasserstoffe K aufgelistet sind, aber keine neuen Fragen aufwirft oder einen komplexen Sachverhalt ins Verfahren einführt, der während der mündlichen Verhandlung hätten nicht behandelt werden können, sowie
- dass im Hinblick auf den geltend gemachten möglichen Einwand der mangelnden Ausführbarkeit der Option "Dekalin" (als Kohlenwasserstoff K) die Beschwerdeführerin keine Beweise zur Stützung ihrer Meinung/Vermutung eingereicht hat. In diesem Zusammenhang konnte das Argument, dass sie in der kurzen Zeit (1 Monat) vor der mündlichen Verhandlung keinen stützenden Beweis habe finden können, die Kammer nicht überzeugen, zumal Dekalin ein bekannter Kohlenwasserstoff ist.
1.2 Somit kann die Einreichung des neuen Hauptantrags nicht als ein Versuch der Beschwerdegegnerin gewertet werden, den Fall im Beschwerdeverfahren auf eine neue Grundlage zu stellen.
1.3 Daher entschied die Kammer, den Hauptantrag ins Verfahren zuzulassen (Artikel 13(1)(3) VOBK).
Erfinderische Tätigkeit
2. Erfindung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur extraktiven Abtrennung von homogen gelösten Katalysatoren aus einem Reaktionsaustrag einer Hydrocyanierung von ungesättigten Mononitrilen zu Dinitrilen, durch Extraktion mittels eines Kohlenwassertstoffes (Absatz [0001] des Streitpatents).
Gemäß Streitpatent (Absatz [0004]) kann bei der Extraktion eine unerwünschte Mulmbildung auftreten. Unter Mulm wird ein Bereich unvollständiger Phasentrennung zwischen Ober- und Unterphase verstanden, meist ein flüssig/flüssig Gemisch, in dem auch Feststoffe dispergiert sein können. Übermäßige Mulmbildung ist unerwünscht, da sie die Extraktion behindert und unter Umständen die Extraktionsvorrichtung vom Mulm geflutet werden kann, wodurch sie ihre Trennaufgabe nicht mehr erfüllen kann.
3. Nächstliegender Stand der Technik
3.1 Zwischen den Parteien besteht dahingehend Einvernehmen, dass von D1 als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen sei.
3.2 Angesichts der Ähnlichkeiten zwischen den im Streitpatent (Absatz [0004], supra) bzw. D1 (siehe insbesondere Beispiel 2) angesprochenen Zielsetzungen, technischen Fragen und offenbarten Verfahren hat die Kammer keinen Grund, diesbezüglich einen anderen Standpunkt einzunehmen.
3.3 Auch nach dem Dafürhalten der Kammer stellt das Verfahren laut Beispiel 2 den angebrachtesten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gemäß dem Aufgabe-Lösung-Ansatz dar, zumal es die Betriebsbedingungen veranschaulicht, die einzuhalten sind, damit die Mulmbildung in der Extraktionskolonne vermindert werden kann.
4. Technische Aufgabe
4.1 In der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung (siehe Seite 2, Zeile 37, bis Seite 3, Zeile 5; im Streitpatent, siehe Absätze [0011] und [0012]) wurde die zu lösender Aufgabe gegenüber dem gewürdigten Stand der Technik, unter anderem D1 (siehe Seite 2, Zeilen 24-28; im Streitpatent Absatz [0009]), so formuliert:
"Der vorliegende Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, den geschilderten Nachteilen abzuhelfen. Es sollte ein Verfahren ..., dass die zuvor beschrieben Nachteile der bekannten Verfahren vermeidet. Insbesondere soll das Verfahren die Bildung von Mulm deutlich vermindern oder vollständig verhindern und dadurch einen ungestörten Betrieb der Extraktionsvorrichtung ermöglichen.
Dabei sollte die Wirksamkeit der Extraktion, insbesondere die Wiederfindung des Katalysators in der Kohlenwasserstoffphase, nicht vermindert werden."
4.2 D1 ist in der ursprünglichen Anmeldung (siehe Seite 2, Zeilen 24-28; im Streitpatent Absatz [0009]) als Stand der Technik so gewürdigt worden:
"Die US-PS 4,990,645 beschreibt, dass die Extraktionsfähigkeit des Nickelkomplexes und des freien Liganden verbessert werden kann, wenn der in der Reaktion gebildete Feststoff Ni(CN)2 vor der Extraktion in einem Dekanter abgetrennt wird. Dazu wird zuvor ein Teil des Pentennitrils abgedampft, um die Löslichkeit des Katalysators und des Ni(CN)2 zu verringern."
Es ist aus dieser Würdigung kein Nachteil ersichtlich, dem abzuhelfen sei.
4.3 Darüber hinaus enthält das Streitpatent weder ein Beispiel, das die vollständig Verhinderung der Bildung von Mulm zeigt, noch ein Vergleichsbeispiel gegenüber D1, das die Erreichung einer deutlicheren Verminderung der Mulmbildung beweist.
4.4 Daher kann die ursprünglich formulierte zu lösende Aufgabe gegenüber D1 weder in einer Verbesserung noch in einer vollständigen Verhinderung der Mulmbildung gesehen werden.
4.5 Vielmehr kann sie lediglich in der "Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur Verminderung von Mulmbildung in der Extraktionskolonne" bestehen.
5. Lösung
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in der geänderten Fassung laut Hauptantrag ein Verfahren nach Anspruch 1 (siehe den vollständigen Wortlaut unter Punkt XV, supra) vor, welches insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass es
b) dem eingeengten Reaktionsaustrag einen flüssigen Kohlenwasserstoff K zufügt, wobei ein zweiphasiger Strom I erhalten wird, und
c) den Strom I bei einer Temperatur T mit dem Kohlenwasserstoff K in einem Extraktionsapparat extrahiert, .... , wobei der Strom I nach Schritt b) und vor Schritt c) durch eine Verweilzeitstrecke geführt wird und die mittlere Verweilzeit des Stroms I in der Verweilzeitstrecke mindestens 5 min beträgt und der zweiphasige Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktionsapparat geführt wird."
sowie dass
"man als Kohlenwasserstoff K Cyclohexan, Methylcyclohexan, Cycloheptan, n-Hexan, n-Heptan, isomere Heptane, n-Octan, isomere Octane, cis-Decalin, trans-Decalin oder deren Gemische verwendet und man in Schritt b) den Kohlenwasserstoff K mit dem eingeengten Reaktionsaustrag in einem Ruhrbehälter oder einem Umpumpkreislauf vermischt."
6. Erfolg der Lösung
6.1 Erfindungsgemäßes Beispiel 1 des Streitpatents zeigt, dass die Zugabe und Vermischung von Heptan mit dem eingeengten Reaktionsaustrag in einem Umpumpkreislauf vor der Extraktion sowie das Vorsehen einer Verweilzeitstrecke (50 l-Glasbehälter) mit einer Verweilzeit (nach der einvernehmlichen Berechnungen der Parteien) von 50 Minuten, die Mulmbildung in der Extraktionsvorrichtung verhindert. Die Extraktionskolonne zeigt in der Tat auch nach einer Betriebsdauer von 11 Tagen keine Mulmbildung und konnte störungsfrei betrieben werden, wahrend gemäß dem in Absätzen [0139] bis [0144] veranschaulichten Vergleichsbeispiel (ohne Zugabe von Heptan und ohne Vorsehen einer Verweilzeitstrecke) bereits nach 17 Stunden Betriebszeit die Extraktionskolonne vollständig mit Mulm gefüllt war und die Extraktion abgebrochen werden musste.
6.2 Für die Kammer wird damit gezeigt, dass durch ein Verfahren mit den Unterscheidungsmerkmalen der Erfindung die Mulmbildung tatsächlich reduziert werden kann.
6.3 Die Beschwerdeführerin hat hierzu kein Vergleichsbeispiel erbracht, das das Gegenteil beweisen kann, noch Gegenbeispiele vorgelegt, die zeigen, dass ein anspruchsgemäßes Verfahren nicht zur Verminderung der Mulmbildung führt. Zudem liegt auch kein Gegenbeispiel dafür vor, dass eine Verweilzeit von mindestens fünf Minuten in der Verweilzeitstrecke nicht ausreichend zur Verminderung der Mulmbildung sein könnte.
6.4 Obwohl in Beispiel 1 des Streitpatents eine mittlere Verweilzeit in der Verweilzeitstrecke von 50 Minuten verwendet wird, wodurch die Mulmbildung auch nach einer Betriebsdauer von 11 Tagen nicht auftrat, sieht die Kammer keinen Grund, weshalb auch mit einer Verweilzeit von lediglich fünf Minuten die Mulmbildung nicht ebenfalls entsprechend vermindert werden könnte.
6.5 Darüber hinaus ist die in der T 2067/10 auf Seite 22, zweiter Absatz, aufgeworfene Frage, ob eine Verweilzeitstrecke mit einer Verweilzeit von mindestens 1 min, unabhängig von der Gestaltung der Verweilzeitstrecke, eine Reduzierung der Mulmbildung bewirkt, nicht mehr zutreffend, zumal die mindeste Verweilzeit jetzt 5 Minuten beträgt. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass keine Reduzierung der Mulmbildung bei einer Verweilzeit von mindestens 5 Minuten bewirkt wird. Auch hierzu hat die Beschwerdeführerin kein Gegenbeispiel vorgelegt.
6.6 Auch ein glaubhafter Gegenbeweis für den (ohne Feststoffabtrennung) im Bespiel des Streitpatents erreichten technischen Effekt (Reduzierung der Mulmbildung) wurde nicht erbracht.
6.7 Bezüglich des sich auf die Rechtsprechung stützenden weiteren Argumentes der Beschwerdeführerin, dass für den Unterschied der Erfindung gegenüber D1 keine Wirkung im Patent bewiesen worden ist, und keine Wirkung zu erwarten sei, sodass die Unterscheidungsmerkmale keinen kausalen Zusammenhang haben, notiert die Kammer folgendes:
- Die Erfindung betrifft ein Verfahren, und die Unterscheidungsmerkmale Schritte, die einen direkten Einfluss haben, wie im Patent in überzeugender Weise veranschaulicht.
- Hingegen betrifft die zitierte Entscheidung T 2044/09 kein Verfahren, sondern eine Anlage, derer einziger Unterschied gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik im Vorsehen von Sensoren oder Analyse-Geräten, die lediglich anders gestellt waren bestand.
- Folglich sind die auf die zitierte Rechtssprechung basierten Argumente, in diesem Fall, nicht zutreffend.
6.8 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass das beanspruchte Verfahren die gestellte Aufgabe erfolgreich löst.
7. Naheliegen
7.1 Es bleibt demnach zu entscheiden, ob es für den Fachmann im Hinblick auf den Stand der Technik D1 naheliegend war, in ein Verfahren wie in D1/Beispiel 2 beschrieben die Unterscheidungsmerkmale laut vorliegendem Anspruch 1 zu integrieren.
7.2 Dokument D1
7.2.1 D1 (Anspruch 1) betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Adiponitril durch Hydrocyanierung von Pentennitril unter Verwendung eines nullwertigen Nickelkatalysators und eines Triarylboran-Katalysebeschleunigers, bei dem ein fester Katalysator-Zersetzungsniederschlag das Reaktionsgefäß und die damit in Verbindung stehende Ausrüstung verseucht und in dem flüssigen Produkt enthalten ist, welches Verfahren das Zurückführen eines Teils des festen Katalysator-Zersetzungsniederschlags in das Reaktionsgefäß und das Kontrollieren der HCN-Konzentration in dem Produktstrom, der das Reaktionsgefäß verlässt, umfasst, so dass die HCN-Konzentration 2500 ppm nicht übersteigt.
7.2.2 Gemäß Beispiel 2 von D1 (Rückgewinnung der Feststoffe aus dem Dekanter) wird die im Beispiel 1 veranschaulichte Pentennitril-Einheit unter Gleichgewichtsbedingungen betrieben, wobei 99 % des festen Katalysator-Zersetzungsniederschlags, der in den Dekanter eintritt, in einem Strom 8 zurückgewonnen wird. Nur 1 % verlässt den Dekanter mit einem anderen Strom 9. Eine Erhöhung der HCN-Konzentration des Reaktorprodukts (Strom 5) von 500 ppm auf 3000 ppm führt zu einer Erhöhung der Ni(CN)-Konzentration in den Feststoffen des Systems von 3,5 auf 7,7 Gew.-%. Bald nachdem das betroffene Produkt den Dekanter erreicht, beginnt der Überschuss an festem Katalysator-Zersetzungsniederschlag, der sich in dem Dekanter gebildet hat, den Dekanter mit Strom 8 zu verlassen. Der feste Katalysator-Zersetzungsniederschlag bildet eine Emulsion, die zu einem Fluten des Extraktors führt. Bald nachdem die HCN-Konzentration auf 0,05 Gew.-% zurückgeschraubt wird, kehrt der Gehalt an festem Katalysator-Zersetzungsniederschlag, der den Dekanter mit Strom 9 verlässt, auf seine vorherige Konzentration von 1 % zurück. Die Konzentration des festen Katalysator-Zersetzungsniederschlags in Strom 8 steigt an. Das Fluten des Extraktors hört damit auf.
7.2.3 Somit betrifft D1 ein Hydrocyanierungsverfahren, bei dem nach der Hydrocyanierung das Produkt einer Flash-Verdampfung zugeführt wird, in der nicht umgesetztes Pentennitril entfernt wird. Es schließt sich ein Dekanter an, in dem sich zwei (flüssige) Phasen ausbilden. Eine Phase, enthaltend als Feststoff Katalysator-Abbauprodukten, wird dabei abgetrennt und teilweise in den Reaktor zurückgeführt. Durch diese Zurückführung kann im Wesentlichen der ganze abgebaute Katalysator in dem Dekanter abgeschieden werden, da er im Reaktor auf dem rückgeführten Feststoff aufwächst. Die obere Phase wird sodann einem Extraktor zugeführt, in dem zusätzlicher aktiver Katalysator zurückgewonnen wird.
7.2.4 Also weder offenbart D1, noch weist auf ein Verfahren hin, bei dem nach der ersten Destillation ein Kohlenwasserstoff dem Reaktionsgemisch zugesetzt wird, und erst nach einer Verweilzeit von mindestens fünf Minuten den erhaltenen zweiphasigen Strom in den Extraktor geführt wird.
7.2.5 Also lag das beanspruchte Verfahren gegenüber D1 nicht nahe.
7.2.6 Dl verweist (siehe auch Spalte 2, Zeilen 58 bis 65) für den Extraktionsschritt auf D2 und für die Verfahrensschritte der Umsetzung, Flash-Verdampfung und Dekantieren auf D3.
7.3 Kombination mit Dokument D2
7.3.1 D2 betrifft die Trennung von organischen Phosphor-Verbindungen und ihren Metallkomplexen aus organischen Nitrilen bei der Hydrocyanierung von Olefinen, wobei Phosphor-Verbindungen und ihre Metallkomplexe überwiegend in der Kohlenwasserstoff Phase enthalten sind, und organische Mono- und Dinitrile und Abbauprodukte in einer separaten Phase enthalten sind, (siehe Spalte 1, Zeilen 15 bis 27). Die Ausbildung der Multiphasen-Mischung wird dabei durch den Hydrocyanierungsgrad des Mononitrils bestimmt. Ein spezielles Mononitril/Dinitril-Verhältnis wird benötigt, um eine optimale Abtrennung zu gewährleisten (Spalte 1, Zeile 71 bis Spalte 2, Zeile 6 und Zeilen 13 bis 18). Gemäß Beispiel 3 wird eine kontinuierliche Extraktion durchgeführt, wobei ein Reaktionsgemisch einem Dekantier-Gefäß zugeführt wird, in dem es in eine leichte, Cyclohexan-reiche Phase und eine schwere, Dinitril-reiche Phase getrennt wird. Sodann wird das Cyclohexan aus der leichten Phase abdestilliert.
7.3.2 Es ist daraus ersichtlich, dass D2 keinen Hinweis auf den Zusatz eines Kohlenwasserstoffs zum Reaktionsgemisch und die Führung des erhaltenen zweiphasigen Stroms in den Extraktor nach einer Verweilzeit von mindestens fünf Minuten in einer Verweilzeitstrecke abgibt.
7.4 Kombination mit Dokument D3
7.4.1 D3 betrifft das Wiedergewinnen von Nickel(0)-Komplexen durch Steuern des Levels an nicht umgesetzten Mononitrilen. Hierdurch bilden sich zwei Phasen aus, und der Katalysator kann aus der schwereren Phase gewonnen werden. Wichtig ist, dass der Anteil an Mononitrilen im Reaktionsgemisch eingestellt wird (Seite 1, Zeilen 39 bis 52).
7.4.2 Daher gibt ebenfalls D3 keinen Hinweis auf die Unterscheidungsmerkmale des Anspruchs 1 ab.
7.5 Daher kann auch eine Übertragung der ausdrücklichen Lehren von D2 und/oder D3 auf das Verfahren gemäß D1/Beispiel 2 nicht zu einem Verfahren mit den Merkmalen des vorliegenden Anspruch 1 führen.
7.6 Zusammenfassend schließt die Kammer, dass sich für den von D1/Beispiel 2 ausgehenden und mit der Lösung der technischen Aufgabe befassten Fachmann ein Verfahren nach Anspruch 1 nicht in naheliegender Weise aus dem zu berücksichtigenden Stand der Technik ergibt, und insbesondere nicht ohne rückschauende Betrachtungsweise.
7.7 Der Gegenstand von Anspruch 1, und demnach auch die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2-11, beruhen demnach auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52(1) und 56 EPÜ).
Conclusio
8. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, weil die gegen das Patent in der Version laut vorliegendem Hauptantrag geltend gemachten und zugelassenen Einwände nicht durchgreifen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Vorinstanz mit der Maßgabe zurückverwiesen, das Patent in der Fassung der Ansprüche des Hauptantrages (vormals Hilfsantrag 3, eingereicht mit Schreiben vom 25. April 2018) nebst einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.