T 2067/10 () of 26.4.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T206710.20120426
Datum der Entscheidung: 26 April 2012
Aktenzeichen: T 2067/10
Anmeldenummer: 05798767.9
IPC-Klasse: B01J 31/40
B01J 38/56
B01D 11/04
C07C 253/10
C07C 253/32
B01J 31/18
B01J 31/24
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Extraktion von Nickel(0)-Komplexen aus Nitrilgemischen mit verminderter Mulmbildung
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: INVISTA Technologies S.à.r.l.
Kammer: 3.3.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 111(1)
Schlagwörter: Änderungen (zulässig) - Merkmale in Kombination offenbart - Zurückverweisung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0574/15

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die am 27. Juli 2010 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent 1 817 108 (zurückgehend auf die internationale Patentanmeldung Nr. PCT/EP2005/01956 veröffentlicht als WO 2006/042675) widerrufen wurde. Die Einsprechende hatte Einspruch eingelegt und den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang auf Grund mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ), mangelnder Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ), sowie unzulässiger Erweiterung (Artikel 100 c) EPÜ) beantragt. Anspruch 1 des Patents lautete wie folgt:

"1. Verfahren zur extraktiven Abtrennung von homogen gelösten Katalysatoren aus einem Reaktionsaustrag einer Hydrocyanierung von ungesättigten Mononitrilen zu Dinitrilen, durch Extraktion mittels eines Kohlenwasserstoffs K, dadurch gekennzeichnet, dass man

a) den Reaktionsaustrag vor Schritt b) durch Destillation bei Drücken von 0,1 bis 5000 mbar und Temperatur von 10 bis 150ºC einengt,

b) dem eingeengten Reaktionsaustrag einen Kohlenwasserstoff K zufügt, wobei ein Strom I erhalten wird, und

c) den Strom I ohne vorherige Trennung der flüssigen Phasen in eine Extraktionsvorrichtung einspeist und bei einer Temperatur T mit dem Kohlenwasserstoff K extrahiert, wobei ein Strom II enthaltend den mit dem Katalysator angereicherten Kohlenwasserstoff K, und ein katalysatorarmer Strom III erhalten wird."

II. Der Entscheidung lag der mit Schreiben vom 16. Oktober 2009 eingereichte Anspruchssatz als einziger Antrag zu Grunde, dessen Anspruch 1 lautete:

"1. Verfahren zur extraktiven Abtrennung von homogen gelösten Katalysatoren aus einem Reaktionsaustrag einer Hydrocyanierung von ungesättigten Mononitrilen zu Dinitrilen, durch Extraktion mittels eines Kohlenwasserstoffs K, dadurch gekennzeichnet, dass man

a) den Reaktionsaustrag vor Schritt b) durch Destillation bei Drücken von 0,1 bis 5000 mbar und Temperatur von 10 bis 150ºC einengt,

b) dem eingeengten Reaktionsaustrag einen Kohlenwasserstoff K zufügt, den Kohlenwasserstoff K mit dem eingeengten Reaktionsaustrag in einem Rührbehälter oder einem Umpumpkreislauf vermischt, wobei ein Strom I erhalten wird, der Strom I nach Schritt b) und vor Schritt c) durch eine Verweilzeitstrecke geführt wird, und

c) den Strom I ohne vorherige Trennung der flüssigen Phasen in eine Extraktionsvorrichtung einspeist und bei einer Temperatur T mit dem Kohlenwasserstoff K extrahiert, wobei ein Strom II enthaltend den mit dem Katalysator angereicherten Kohlenwasserstoff K, und ein katalysatorarmer Strom III erhalten wird."

III. In der angefochtenen Entscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, den Austritt eines zweiphasigen Stroms I aus der Verweilzeitstrecke nicht offenbare. Die Passage auf Seite 5, Zeile 40 bis Seite 6, Zeile 10 offenbare zwei besonders bevorzugte Ausführungsformen der Zuführung des Stroms I zur Extraktion. Aus dieser Passage sei zu entnehmen, dass entweder eine Phasentrennung mit Verwendung einer Verweilzeitstrecke stattfinde, oder keine Phasentrennung erzielt werde, wobei für den letzteren Fall keine Verweilzeitstrecke erwähnt sei. Es fänden sich zwar in anderen Teilen der ursprünglichen Anmeldung Offenbarungen von Verweilzeitstrecken, deren Bezug zum maßgeblichen Merkmal der Zuführung des Stroms I zur Extraktion ohne Phasentrennung jedoch unklar sei. Das Arbeitsbeispiel scheine auch keine Stütze für den beanspruchten Gegenstand zu liefern, da der verwendete Glassbehälter als Absetzbehälter involviert sei, d.h. der Phasentrennung diene. Somit verstoße der geänderte Anspruch 1, der diese Kombinationsmerkmale enthalte, gegen Artikel 123(2) EPÜ.

IV. Mit der Beschwerdebegründung legte die Beschwerdeführerin am 6. Dezember 2010 einen neuen Anspruchssatz ein. Anspruch 1 dieses Satzes lautete wie folgt:

"1. Verfahren zur extraktiven Abtrennung von homogen gelösten Katalysatoren aus einem Reaktionsaustrag einer Hydrocyanierung von ungesättigten Mononitrilen zu Dinitrilen, durch Extraktion mittels eines Kohlenwasserstoffs K, dadurch gekennzeichnet, dass man

a) den Reaktionsaustrag durch Destillation bei Drücken von 0,1 bis 5000 mbar und Temperatur von 10 bis 150ºC einengt, anschließend

b) dem Reaktionsaustrag einen Kohlenwasserstoff K zufügt, wodurch ein Strom I erhalten wird, und

c) den Strom I vor der Einspeisung in die Extraktion durch eine Verweilzeitstrecke führt, die beiden Phasen des Stroms I voneinander trennt und als zwei getrennte Phasen der Extraktion zuführt oder den zweiphasigen Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktionsapparat führt."

V. Mit Schreiben vom 18. April 2011 vertrat die Beschwerdegegnerin die Meinung, dass die geänderten Ansprüche die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ und der Artikel 123(2), 123(3) und 84 EPÜ nicht erfüllten. Das Einführen des Worts "anschließend" in den Schritt a) verstoße gegen die Regel 80 EPÜ. Weiter, führe das Weglassen in Anspruch 1 der Merkmale, die die Schritte der Extraktion definieren, zu einer Erweiterung des Schutzbegehrens des erteilten Patents in Verletzung der Bestimmungen des Artikels 123(3) EPÜ. Darüber hinaus sei das so definierte Verfahren, das keine Basis in der ursprünglichen Anmeldung habe, unklar. Der geänderte Anspruch 1 verstoße somit gegen die Bestimmungen der Artikel 84 und 123(2) EPÜ. Weiterhin hielt die Beschwerdegegnerin ihre Einwände in Bezug auf Artikel 100 b) und 100 a) EPÜ aufrecht.

VI. Mit Schreiben vom 16. Januar 2012 legte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag und drei Hilfsanträge vor. Anspruch 1 dieses Hauptantrags lautete wie folgt:

"1. Verfahren zur extraktiven Abtrennung von homogen gelösten Katalysatoren aus einem Reaktionsaustrag einer Hydrocyanierung von ungesättigten Mononitrilen zu Dinitrilen, durch Extraktion mittels eines Kohlenwasserstoffs K, dadurch gekennzeichnet, dass man

a) den Reaktionsaustrag vor Schritt b) durch Destillation bei Drücken von 0,1 bis 5000 mbar und Temperaturen von 10 bis 150ºC einengt,

b) dem eingeengten Reaktionsaustrag einen Kohlenwasserstoff K zufügt, wobei ein zweiphasiger Strom I erhalten wird, und

c) den Strom I bei einer Temperatur T mit dem Kohlenwasserstoff K in einem Extraktionsapparat extrahiert, wobei ein Strom II enthaltend den mit dem Katalysator angereicherten Kohlenwasserstoff K, und ein katalysatorarmer Strom III erhalten wird, wobei der Strom I nach Schritt b) und vor Schritt c) durch eine Verweilzeitstrecke geführt wird und die mittlere Verweilzeit des Stroms I in der Verweilzeitstrecke mindestens 1 min beträgt und der zweiphasige Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktionsapparat geführt wird."

VII. Mit Schreiben vom 16. März 2012 beantragte die Beschwerdegegnerin, dass die Kammer von ihrem Ermessen nach Artikel 13(1) VOBK Gebrauch macht und die von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Januar 2012 vorgelegten Anträge als verspätet nicht zulässt.

VIII. Die Beschwerdeführerin hat am 24. April 2012 während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer die bisherigen Anträge durch einen neuen Hauptantrag, sowie zwei Hilfsanträge ersetzt. Anspruch 1 des gültigen Hauptantrags lautet wie folgt (die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 wurden von der Kammer hervorgehoben):

"1. Verfahren zur extraktiven Abtrennung von homogen gelösten Katalysatoren aus einem Reaktionsaustrag einer Hydrocyanierung von ungesättigten Mononitrilen zu Dinitrilen, durch Extraktion mittels eines Kohlenwasserstoffs K, dadurch gekennzeichnet, dass man

a) den Reaktionsaustrag vor Schritt b) durch Destillation bei Drücken von 0,1 bis 5000 mbar und Temperaturen von 10 bis 150ºC einengt,

b) dem eingeengten Reaktionsaustrag einen flüssigen Kohlenwasserstoff K zufügt, wobei ein zweiphasiger Strom I erhalten wird, und

c) den Strom I [deleted: ohne vorherige Trennung der flüssigen Phasen in eine Extraktionsvorrichtung einspeist und ]bei einer Temperatur T mit dem Kohlenwasserstoff K in einem Extraktionsapparat extrahiert, wobei ein Strom II enthaltend den mit dem Katalysator angereicherten Kohlenwasserstoff K, und ein katalysatorarmer Strom III erhalten wird, wobei der Strom I nach Schritt b) und vor Schritt c) durch eine Verweilzeitstrecke geführt wird und die mittlere Verweilzeit des Stroms I in der Verweilzeitstrecke mindestens 1 min beträgt und der zweiphasige Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktionsapparat geführt wird."

IX. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

a) In Anspruch 1 des Hauptantrags solle die Rückkehr zu einer Formulierung für die Schritte b) und c), die sich an den ursprünglichen bzw. erteilten Anspruch 1 anlehne, möglichen formalen Einwänden unter Artikel 123(2) EPÜ und Regel 80 EPÜ begegnen. Diese Änderung gegenüber dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruch 1 sei bereits in der Fassung vom 16. Januar 2012 enthalten gewesen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei ferner gegenüber dem Gegenstand des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchs 1 eingeschränkt worden, dadurch, dass die Alternative des getrennten Zuführens der zwei Phasen in den Extraktor gestrichen worden sei. Diese Änderung in Anspruch 1 sei ebenfalls bereits in dem am 16. Januar 2012 eingereichten Hauptantrag enthalten gewesen. Ein Verfahrensmissbrauch oder eine Verfahrensverzögerung sei nicht erkennbar. Gegenüber dem am 16. Januar 2012 eingereichten Hauptantrag, unterscheide sich der während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgelegte Hauptantrag, dadurch, dass das Wort "flüssigen" vor "Kohlenwasserstoff K" eingefügt worden sei, und, dass die Unteransprüchen 2 bis 5, unter Anpassung der weiteren Unteransprüche, gestrichen worden seien. Dass der "Kohlenwasserstoff K" jetzt explizit als flüssig definiert sei, diene dazu einem möglichen Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ zu begegnen, weil der flüssige Charakter des Kohlenwasserstoffs K aus den ursprünglichen Ansprüchen 6 und 7 hervorgehe. Daher sei der Hauptantrag ins Verfahren zuzulassen.

b) Anspruch 1 gemäß Hauptantrag basiere auf den Ansprüchen 1, 6, 7, 13, 14 und auf der Passage auf Seite 3, Zeilen 31 bis 35 der ursprünglichen Offenbarung, wobei das Merkmal, dass der Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktor eingeführt wird, auf Seite 6, Zeilen 12-15 der ursprünglichen Offenbarung definiert sei. Bei Auslegung der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht hätte der Fachmann auf das erfindungsgemäße Beispiel auf Seite 26 zurückgegriffen. Dieses beschreibe die Verwendung eines Glassbehälters als Verweilzeitstrecke, wobei sich eine Verweilzeit von 50 min errechnen lasse. Aus dem Beispiel sei keinerlei Phasentrennung im Glassbehälter ersichtlich. Es sei kein anderer Auslass als der Überlauf offenbart, sodass der ganze Strom I ohne Phasentrennung nach der Verweilzeitstrecke in den Extraktionsapparat geführt werden müsse. Der Fachmann gehe daher davon aus, dass es sich bei dem Glassbehälter in Beispiel 1, tatsächlich um eine reine Verweilzeitstrecke handele. Aus dem Abschnitt "optionale Verweilzeitstrecke" auf Seiten 9 und 10, sei deutlich, dass diese optionale Verweilzeitstrecke in allen Verfahrensvarianten anwendbar sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags erfülle somit die Bedingungen des Artikels 123(2) EPÜ.

c) Der Ausdruck "ohne vorherige Trennung der flüssigen Phasen" bedeute, dass beide Phasen örtlich und zeitlich in den Extraktionsapparat geführt würden. Es gäbe in der Beschreibung des Streitpatents keine Basis für eine Auslegung des Anspruchs 1, nach der beide Phasen getrennt übereinander vorlägen. Daher verstoße der geänderte Anspruch 1 nicht gegen die Bestimmungen des Artikels 123(3) EPÜ.

X. Die Argumente der Beschwerdegegnerin, insofern sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:

a) Die Beschwerdeführerin habe mit ihrer Beschwerdebegründung keine Ansprüche weiterverfolgt, die auf die Verwendung einer Verweilzeitstrecke ohne Phasentrennung der Phasen von Strom I vor der Extraktion gerichtet gewesen seien. Die Beschwerdebegründung habe darüber hinaus kein Argument enthalten, weshalb die Feststellung der Einspruchsabteilung, dass es in der ursprünglichen Anmeldung keine Offenbarung gäbe für die Verwendung einer Verweilzeitstrecke ohne Phasentrennung der Phasen von Strom I vor der Extraktion, falsch gewesen sei. Daher habe sich die Grundlage für die Beschwerde mit dem Hauptantrag, der nach der Beschwerdebegründung eingereicht wurde, komplett geändert. Gegenüber der Situation, die bei Einreichung der Beschwerdebegründung vorlag, handele es sich um eine verspätete Kehrtwendung in der Verteidigungslinie der Beschwerdeführerin. Der Hauptantrag sei ferner offensichtlich nicht gewährbar. Die Ersetzung des Wortlauts "den Strom I ohne vorherige Trennung der flüssigen Phasen in eine Extraktionsvorrichtung einspeist" durch den Ausdruck "den zweiphasigen Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktionsapparat geführt wird" und die Verschiebung dieses Merkmals innerhalb des Absatzes c) des Anspruchs 1 verstoße gegen Regel 80 EPÜ. Der geänderte Antrag sei auch nicht klar gewährbar, da er gegen Artikel 123(3) EPÜ verstoße. Daher solle der Hauptantrag in Anwendung von Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) nicht ins Verfahren zugelassen werden.

b) Die Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, enthalte keine Offenbarung für eine Ausführungsform in welcher der in Schritt b) gebildete zweiphasige Strom I, durch eine Verweilzeitstrecke geführt wird, wobei diese Verweilzeitstrecke nicht als Dekanter wirkt, und der austretende zweiphasige Strom I in den Extraktionsapparat geführt wird. Auf Seite 5, Zeile 40 bis Seite 6, Zeile 10 der ursprünglichen Offenbarung, gäbe es die eindeutige Lehre, dass eine Verweilzeitstrecke als Dekanter wirke, der die zwei Phasen des Stroms I trenne, wobei die zwei Phasen dann räumlich getrennt zu dem Extraktor geführt würden. In der zweiten beschriebenen Ausführungsform der Erfindung, die auf Seite 6, Zeilen 12 bis 15 der ursprünglichen Offenbarung definiert sei, werde der zweiphasige Strom I ohne Phasentrennung in die Extraktion geführt, d.h. beide Phasen würden örtlich und zeitlich zusammen in den Extraktionsapparat eingespeist. Es gäbe daher keine Offenbarung für die Verwendung einer Verweilzeitstrecke ohne Trennung der Phasen in diesem Abschnitt des Verfahrens.

c) Das Beispiel 1 der Anmeldung beschreibe auch nicht, ob sich die Phasen innerhalb der Verweilzeitstrecke trennen. Der Fachmann habe daher im Hinblick auf die eindeutige Lehre in der Beschreibung von Seite 5, Zeile 40 bis Seite 6, Zeile 10 klar und unmissverständlich verstanden, dass eine Dekantation der zwei Phasen in der Verweilzeitstrecke geschehen muss. Die Verwendung des Worts "Überlauf" suggeriere, dass eine weitere Öffnung im unteren Teil des Glassbehälters vorhanden sei. Somit werde suggeriert, dass der Glassbehälter in Beispiel 1 als Dekanter verwendet werde. Darüber hinaus, deute die von der Beschwerdeführerin errechnete Verweilzeit von ca. 50 Minuten im Glassbehälter von Beispiel 1 im Hinblick auf die Phasentrennzeiten, die auf Seite 14, Zeilen 31-35 der ursprünglichen Beschreibung angegebenen seien, ebenfalls daraufhin, dass eine Trennung der Phasen in Beispiel 1 stattfinde. In der Beschreibung der optionalen Verweilzeitstrecke auf Seiten 9 und 10, sei weder erwähnt, dass keine Phasentrennung in diesem Verfahrenschritt stattfinden könne, noch dass die optionale Verweilzeitstrecke für alle Ausführungsformen der Erfindung verwendet werden könne. Diese Passage gäbe lediglich Details über die Ausführungsform in der eine Verweilzeitstrecke verwendet wird, d.h. wenn eine Trennung der Phasen vor der Einspeisung in den Extraktionsapparat verlangt werde.

d) Der Gegenstand des Anspruchs 1 verstoße somit gegen die Bestimmungen des Artikels 123(2) EPÜ.

e) Das Wort "Trennung" habe im Kontext des Streitpatents eine engere Bedeutung als "Separation". Durch das Ersetzen des Worts "Trennung" in Schritt c) durch das Wort "Separation", sei nun im vorliegenden Anspruch 1 die Möglichkeit gegeben, dass die zwei Phasen nach der Verweilzeitstrecke übereinander im Strom I stehen können, und auf diese Weise in den Extraktionsapparat geführt werden können. Infolgedessen verletze der Anspruch 1 die Bestimmungen des Artikels 123(3) EPÜ.

XI. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur weiteren Prüfung auf der Basis des Hauptantrags oder eines der Hilfsanträge 1 oder 2 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer.

XII. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Behandlung der weiteren Einspruchsgründe.

XIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Zulässigkeit des Hauptantrags

2. Nach Artikel 13(1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen.

3. Es ist zunächst festzustellen, dass sich der Hauptantrag, der nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht wurde, gegenüber dem am 16. Januar 2012 eingereichten Hauptantrag, lediglich durch das Streichen der Unteransprüchen 2 bis 5 und in Anspruch 1 durch das Einfügen des Worts "flüssigen" vor dem Wort "Kohlenwasserstoff K" in Schritt b) unterscheidet. Die von der Beschwerdegegnerin gerügte Unzulässigkeit des Hauptantrags wird nicht durch diese zuletzt durchgeführten Änderungen begründet. Auch die Kammer hat diesbezüglich keine Bedenken, da die Tatsache, dass der "Kohlenwasserstoff K" jetzt explizit als flüssig definiert wird, dazu dient einem möglichen Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ zu begegnen, weil dieses Merkmal, das im erteilten Anspruch 1 nicht definiert ist, nach den ursprünglichen Ansprüchen 6 und 7 in Bezug auf den "Kohlenwasserstoff K" zwingend ist.

4. Die von der Beschwerdegegnerin vorgetragene Begründung für die Unzulässigkeit des Hauptantrags bezieht sich auf andere Änderungen in Anspruch 1, die die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Januar 2012 eingereicht hat. Zunächst ist festzustellen, dass der mit der Beschwerdebegründung vom 6. Dezember 2010 eingereichte Anspruch 1 ebenfalls die Durchführung des zweiphasigen Stroms I durch eine Verweilzeitstrecke vor der Einspeisung in die Extraktion definiert, wobei weiterhin definiert wird, dass der Strom I entweder ohne Separation der Phasen oder nach Trennung der Phasen der Extraktion zugeführt wird. Damit wurde mit dem neuen Hauptantrag lediglich eine Alternative gestrichen, und grundsätzlich die gleiche Ausführungsform weiter beansprucht. Außerdem wurde von der Beschwerdeführerin zumindest angegeben, wo ihrer Meinung nach die Merkmale dieses geänderten Anspruchs 1 in den ursprünglichen Unterlagen offenbart sind, auch wenn sie sich nicht in Detail mit den Entscheidungsgründen auseinander gesetzt hat. Infolgedessen ist die Argumentation der Beschwerdegegnerin, dass die Ausführungsform, die auf die Verwendung einer Verweilzeitstrecke ohne Phasentrennung der Phasen von Strom I vor der Extraktion gerichtet ist, mit der Beschwerdebegründung nicht weiterverfolgt wurde, nicht stichhaltig. Bei den Änderungen handelt es sich somit nicht um einen neuen Gegenstand, der die Beschwerdegegnerin hätte überraschen können, sondern um eine Einschränkung des Schutzbegehrens.

5. Darüber hinaus, sollen in Anspruch 1 (i) das Streichen des Worts "anschließend", (ii) das Wiedereinführen des Wortlauts "vor Schritt b)" bei der Definition des Schritts a), (iii) die Definition des Stroms I im Schritt b) als "zweiphasig" und (iv) das Wiedereinführen der Definition des Extraktionsschrittes "den Strom I bei einer Temperatur T mit dem Kohlenwasserstoff K in einem Extraktionsapparat extrahiert, wobei ein Strom II enthaltend den mit dem Katalysator angereicherten Kohlenwasserstoff K, und ein katalysatorarmer Strom III erhalten wird" Einwände nach Regel 80 EPÜ, bzw. nach Artikeln 84, 123(2) und (3) EPÜ ausräumen, die von der Beschwerdegegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung erhoben wurden.

6. Des Weiteren, ist es ersichtlich, dass das Wiedereinführen erstens des Worts "eingeengten" im Schritt b) für die Bezeichnung des Reaktionsaustrags und zweitens des Wortlauts "bei einer Temperatur T mit dem Kohlenwasserstoff K", entsprechend der erteilten Fassung des Anspruchs 1, mögliche Einwände unter Regel 80 EPÜ begegnen soll. Zu der Definition der Verweilzeitstrecke ist festzustellen, dass sich diese an den Wortlaut der ursprünglichen Ansprüche 13 und 14 anlehnt, womit die jetzige Definition der Verweilzeitstrecke einen möglichen Einwand unter Artikel 123(2) EPÜ beheben soll.

7. Auch wenn die Beschwerdeführerin sämtliche Änderungen hätte früher durchführen können, wurde nicht vorgetragen, dass diese Änderungen Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Beschwerdegegnerin nicht zuzumuten wäre.

8. Aus den oben angegebenen Gründen wurde daher der geänderte Hauptantrag von der Kammer in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1), (3) VOBK in das Verfahren zugelassen.

Regel 80 EPÜ

9. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, dass die Ersetzung des Wortlauts "den Strom I ohne vorherige Trennung der flüssigen Phasen in eine Extraktionsvorrichtung einspeist" durch "den zweiphasigen Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktionsapparat geführt wird" und seine Verschiebung innerhalb des Absatzes c) des Anspruchs 1 einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Regel 80 EPÜ darstellt. Es ist ersichtlich, dass sich der zweite Ausdruck wortwörtlich an die Definition auf Seite 6, Zeilen 12-15 der ursprünglichen Offenbarung anlehnt, womit einem möglichen Einwand unter Artikel 123(2) EPÜ begegnet wird. Ferner, ist die Verschiebung dieses Merkmals innerhalb des Absatzes c) des Anspruchs 1 als nötig anzusehen, damit nach Einführung der oben genannten Änderungen in Schritt c), der Anspruch 1 deutlich und knapp im Sinne von Artikel 84 EPÜ gefasst ist. Infolgedessen und im Hinblick auf den obigen Punkt 6, kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die in Anspruch 1 enthaltenen Änderungen die Bedingungen der Regel 80 EPÜ erfüllen.

Artikel 123(2) EPÜ

10. Der Streitpunkt zwischen den Parteien bezüglich der Frage der Offenbarung in den ursprünglichen Unterlagen für den Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 ist, ob die Anmeldung wie eingereicht die Möglichkeit offenbart, dass der in Schritt b) gebildete zweiphasige Strom I durch eine Verweilzeitstrecke bei einer mittleren Verweilzeit in dieser Strecke von mindestens 1 min geführt wird, ohne dass eine Separation der Phasen in der Verweilzeitstrecke stattfindet, und nach Austritt aus der Verweilzeitstrecke der zweiphasige Strom I in den Extraktionsapparat geführt wird.

11. Die Möglichkeit eine Verweilzeitstrecke zu verwenden, wobei die mittlere Verweilzeit des Stroms I in dieser Verweilzeitstrecke mindestens 1 min beträgt, wird in den ursprünglichen Unteransprüchen 13 und 14 offenbart, die sich auf den Hauptanspruch 1 beziehen, wobei das Verfahren nach dem ursprünglichen Anspruch 1 nur die zwei folgenden Möglichkeiten zulassen kann (von der Kammer hervorgehoben), dass der Strom I entweder nach Trennung der zwei Phasen oder ohne Trennung dieser Phasen in den Extraktionsapparat geführt wird. Dass der ursprüngliche Anspruch 1 diese zwei Möglichkeiten zulässt wird ausdrücklich auf Seite 5, Zeile 40 bis Seite 6, Zeile 15 der ursprünglichen Unterlagen bestätigt. Gemäß der Passage auf Seite 5, Zeile 40 bis Seite 6, Zeile 10, ist das Erzielen einer Phasentrennung vor der Einspeisung in die Extraktion eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens. In dieser beschriebenen Ausführungsform wird, um die Phasen zu trennen, der Strom I durch eine Verweilzeitstrecke geführt, die als Dekanter wirkt. Dies bedeutet lediglich, dass zum Zweck der Phasentrennung, bevor die Extraktion durchgeführt wird, eine Verweilzeitstrecke, die nicht näher spezifiziert ist, zu verwenden ist. Der Umkehrschluss, dass jede Verweilzeitstrecke im Sinne der Erfindung, zum Beispiel die, die im Unteranspruch 14 definiert wird, die Funktion eines Dekanters erfüllt, ist der Passage auf Seite 5, Zeile 40 bis Seite 6, Zeile 10 der Anmeldung wie eingereicht, nicht zu entnehmen. Dabei liegt es auf der Hand, dass die Gestaltung der Verweilzeitstrecke und der Verweildauer, so ausgewählt werden müssen, dass eine Phasentrennung vor der Einspeisung des Stroms I in den Extraktionsapparat erzielt wird. Gemäß der Angabe auf Seite 5, Zeile 40 der ursprünglichen Offenbarung, muss darüber hinaus die Menge der unpolaren aprotischen Flüssigkeit, die zum Erhalt des Stroms I dem Reaktionsaustrag zugefügt wird, ausreichend sein, damit eine Phasentrennung schon vor der Extraktion erzielt wird.

12. Weitere Angaben über die Verwendung einer optionalen Verweilzeitstrecke sind auf Seite 9, Zeile 39 bis Seite 10, Zeilen 23 der ursprünglichen Offenbarung zu finden. Dass die mittlere Verweilzeit des Stroms I in der Verweilzeitstrecke mindestens 1 min beträgt wird dort noch einmal erwähnt. Für die Gestaltung dieser Verweilzeitstrecke werden zum Beispiel Rohrleitungen, statische Mischer, gerührte oder ungerührte Behälter oder Behälterkaskaden, sowie Kombinationen dieser Elemente, erwähnt. Die Auflistung dieser Elemente an dieser Stelle suggeriert nicht, dass die Verweilzeitstrecke zwangsläufig der Trennung der zwei Phasen dienen muss. Ferner, kann nach dieser Passage die Verweilzeitstrecke als Beruhigungszone verwendet werden, in der sich der Feststoff absetzen kann. Somit wird deutlich offenbart, dass die Verwendung einer in den Ansprüchen 13 und 14 definierten Verweilzeitstrecke nicht zwangsläufig auf die Trennung der Phasen vom Strom I gerichtet ist. Die ursprünglichen Unterlagen lehren im Gegenteil, wie oben gezeigt wird, dass eine Verweilzeitstrecke allgemein verwendet werden kann und je nach Gestaltung verschiedene Funktionen haben kann. Dies bedeutet, dass die ursprünglichen Unterlagen damit implizit die Möglichkeit eine Verweilzeitstrecke zu verwenden offenbaren, unabhängig davon ob der zweiphasige Strom I nach oder ohne Separation der Phasen in den Extraktionsapparat geführt wird. Da, erstens der Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht implizit im Hinblick auf Seite 5, Zeile 40 bis Seite 6, Zeile 15, ausschließlich die beiden Ausführungsformen der Trennung oder der nicht-Trennung der Phasen vor der Extraktion erlaubt, und zweitens die Verwendung einer Verweilzeitstrecke gemäß dem ursprünglichen Unteranspruch 14 allgemein für das Verfahren nach dem ursprünglichen Anspruch 1 gilt, kommt die Kammer zur Schlussfolgerung, dass die Ausführungsform bei der die Phasen vor der Extraktion nicht getrennt werden in Kombination mit der Verwendung einer Verweilzeitstrecke gemäß ursprünglichem Unteranspruch 14 als ursprünglich offenbart gelten muss.

13. Dies wird von der Offenbarung des Beispiels 1 auf Seite 26 der ursprünglichen Unterlagen bestätigt, wie folgend dargestellt wird. Gemäß Beispiel 1 wird der eingeengte Reaktionsaustrag einer Hydrocyanierung von Pentennitril zu Adipodinitril mit n-Heptan vermischt, wobei ein Strom I erhalten wird, der in einen 50 L-Glasbehälter geleitet wird. Der Glasbehälter wird in diesem Beispiel explizit als Verweilzeitstrecke bezeichnet und ist mit einem Überlauf ausgerüstet, wobei die Wortwahl "Überlauf", nach Meinung der Beschwerdegegnerin, suggeriert, dass es sich dabei um einen Auslass im oberen Teil des Behälters handelt. Nach dem Beispiel 1 tritt ein Strom I aus dem oben genannten Überlauf des Glasbehälters, den man der Extraktionskolonne zuführt, wobei der Extraktionskolonne ebenfalls n-Heptane zugeführt wird. Dass die gleiche Bezeichnung "Strom I" für den eintretenden und den austretenden Strom verwendet wird, suggeriert, dass keine Trennung der Phasen im Glassbehälter stattfindet. Des Weiteren, wird gemäß dem Beispiel 1 aus der Gegenstrom-Extraktionskolonne außer einer Heptanephase, auch eine Nitrilephase abgezogen. Dies kann aber nur geschehen, indem der Strom I, der aus dem im oberen Teil des Glassbehälters angebrachten Überlauf austritt, selbst eine Nitrilephase enthält. Da sich die schwerere Nitrilephase nur im oberen Teil des Glasbehälters befinden kann, wenn sie nicht dekantiert ist und mit n-Heptan einen zweiphasigen Strom I bildet, lässt das Beispiel 1 nur die Möglichkeit zu, dass keine Phasentrennung in dem Glassbehälter stattfindet. Entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin, deutet die von Beschwerdeführerin errechnete Verweilzeit des Stroms I von 50 min im Glasbehälter des Beispiels 1 allein nicht darauf hin, dass ein Trennung der Phasen stattfindet. Die Angaben über die Phasentrennzeit, die auf Seite 14, Zeilen 29-35 der Beschreibung gemacht werden, betreffen lediglich die Phasentrennung in einem Extraktor. Die Tatsache, dass solche Zeiten weniger als 50 min betragen können, zeigt nicht, dass eine Trennung der Phase im Glasbehälter im Beispiel 1 stattfinden muss, und beinhaltet damit keinen Widerspruch zu der obigen Analyse dieses Beispiels, da die Gestaltung eines Extraktors gezielt auf eine effiziente Trennung der Phasen hinwirkt und die Gestaltung des Glassbehälters als Verweilzeitstrecke im Beispiel 1 nicht näher beschrieben ist.

14. Infolgedessen, ist festzustellen, dass die Anmeldung wie ursprünglich eingereicht offenbart, dass der Strom I nach Schritt b) und vor Schritt c) durch eine Verweilzeitstrecke mit einer mittleren Verweilzeit von mindestens 1 min geführt werden kann, ohne dass eine Trennung der Phasen im Strom I stattfindet, womit der zweiphasige Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktionsapparat geführt wird. Da die Argumentation der Beschwerdegegnerin, dass der vorliegende Anspruch 1 die Bedingungen des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfüllt, lediglich auf dieser Merkmalskombination basiert, kann ihre Argumentation in Bezug auf einen Verstoß gegen Artikel 123(2) EPÜ keinen Erfolg haben. Die Beschwerdeführerin gab an, was von der Beschwerdegegnerin nicht beanstanden wurde, dass die restlichen Merkmale des vorliegenden Anspruchs 1 eine Stütze auf Seite 3, Zeilen 31 bis 35 und in den Unteransprüchen 6 und 7 der ursprünglichen Offenbarung haben. Dass die vorliegenden Unteransprüche 2 bis 11 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen eingereichten Fassung hinausgehen, wurde von der Beschwerdegegnerin nicht behauptet. Die Kammer sieht sich nicht veranlasst eine andere Meinung zu vertreten. Somit erfüllen die Ansprüche des vorliegenden Hauptantrags die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

Artikel 123(3) EPÜ

15. Da die vorgenommenen Änderungen den Umfang des erteilten Anspruchs 1 einschränken, insbesondere durch die Verwendung einer Verweilzeitstrecke, sind auch die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ erfüllt. Das Argument der Beschwerdegegnerin, wonach das Wort "Trennung" eine engere Bedeutung als "Separation" habe, womit das Ersetzen des Worts "Trennung" in Schritt c) durch das Wort "Separation" bedeuten würde, dass der vorliegende Anspruch 1 gegenüber dem Streitpatent, nun erlauben würde, dass die zwei Phasen nach der Verweilzeitstrecke übereinander im Strom I stehen können, und somit in den Extraktionsapparat geführt werden, mag nicht überzeugen. Die Kammer kann im Kontext der vorliegenden Erfindung keinen Unterschied in der Bedeutung dieser zwei Ausdrücke erkennen. Des Weiteren ist der Ausdruck "der zweiphasige Strom I ohne Separation der Phasen in den Extraktor geführt wird" ausschließlich so zu verstehen, dass der Strom I zweiphasig bleibt bis er in den Extraktor eingeführt wird.

Zurückverweisung

16. Aus der obigen Feststellung ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin den einzigen in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Einwand, nämlich unzulässige Erweiterung, ausgeräumt hat. Da die Einspruchsabteilung zu den weiteren Einspruchsgründen keine beschwerdefähige Entscheidung getroffen hat, hat die Kammer keine Entscheidung in der ganzen Angelegenheit getroffen und verweist in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artikel 111 (1) EPÜ die Angelegenheit zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens an die erste Instanz zurück.

17. Dabei sollten von der ersten Instanz auch folgende Überlegungen miteinbezogen werden:

- Im Beispiel 1 des Streitpatents ist festzustellen, wie sowohl die Beschwerdegegnerin, als auch die Beschwerdeführerin, erkannt haben, dass die Angabe, dass n-Heptan am Kopf der Kolonne zugeführt wird, offensichtlich unkorrekt ist, da in einer Gegenstrom-Extraktionskolonne die leichtere Phase, in dem vorliegenden Fall n-Heptan, am Fuß der Kolonne zugeführt werden muss und die schwerere Phase, im vorliegenden Fall, der Strom I, der unter anderem Adipodinitril enthält, am Kopf der Kolonne zuzuführen ist. Da nur zwei Möglichkeiten vorliegen bezüglich der Frage, wo Strom I und n-Heptan in einer Gegenstrom-Extraktionskolonne zugeführt werden können, kann der Fachmann das Beispiel 1 nur so verstehen, dass n-Heptan dem unteren Ende, bzw. der Strom I am Kopf der Gegenstrom-Extraktionskolonne eingespeist wird. Dies hatte, wie oben gezeigt wurde, keinen Einfluss bei der Feststellung, dass der Strom I als zweiphasig im Glassbehälter vorliegt, und wird lediglich für die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens notiert.

- Dem Beispiel 1 des Streitpatents nach, soll der als Verweilzeitstrecke verwendete Glassbehälter die Mulmbildung verhindern. Sollte die Neuheit des beanspruchten Verfahrens anerkannt werden und für die Überprüfung des Einspruchsgrunds der mangelnden erfinderischen Tätigkeit das Erzielen einer verminderten Mulmbildung durch die Verwendung der im Anspruch 1 definierten Verweilzeitstrecke entscheidungserheblich sein, wäre die Frage zu beantworten, ob eine Verweilzeitstrecke mit einer Verweilzeit von mindestens 1 min, unabhängig von der Gestaltung dieser Verweilzeitstrecke, eine Reduzierung der Mulmbildung bewirkt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung auf der Basis des Hauptantrags eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer zur weiteren Prüfung zurückverwiesen.

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