T 0527/15 () of 26.6.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T052715.20180626
Datum der Entscheidung: 26 Juni 2018
Aktenzeichen: T 0527/15
Anmeldenummer: 10000837.4
IPC-Klasse: B23C 5/04
B27G 13/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Bearbeitungswerkzeug
Name des Anmelders: Ledermann GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Leitz GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Could-would approach
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der am 28. Januar 2015 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das europäische Patent 2 353 758 in der Fassung gemäß dem damals geltenden Antrag, unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen, den Erfordernissen des EPÜ genügt.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

III. Am 26. Juni 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Für die vorliegende Entscheidung haben die folgenden Entgegenhaltungen eine Rolle gespielt:

E1: US 5,947,649

E2: WO 2007/107129 A1

E5: Leuco Handbook 2005, Seite 7-78

V. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Bearbeitungswerkzeug (14) für die zerspanende Bearbeitung von Werkstoffen, insbesondere für Holz oder holzartige Werkstoffe, Metalle, Kunststoffe und/oder Verbundwerkstoffe, vorgesehen zum drehenden Antrieb um eine Drehachse (1), umfassend einen Grundkörper (10) und mindestens eine in Umfangsrichtung angeordnete Reihe (17, 18, 19) von separat vom Grundkörper (10) als ebene Schneidplatten (11) ausgeführte einzelnen Schneiden (2, 2', 2'') aus einem hochharten Schneidstoff mit Schneidkanten (3, 3', 3''), die sich zumindest partiell überlappen, wobei die Schneidkanten (3, 3', 3'') einen Keilwinkel (beta) aufweisen und in einem Achswinkel (lambda1, lambda1', lambda2) zur Drehachse (1) liegen,

dadurch gekennzeichnet, dass der Achswinkel (lambda1, lambda1', lambda2) in einem Bereich von einschließlich 55° bis < 90° liegt, und dass der Keilwinkel (beta) >= 55° ist."

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem in den Abbildungen des Dokuments E1 offenbarten Bearbeitungswerkzeug ausschließlich durch den Wert des Achswinkels.

Die der beanspruchten Erfindung zugrundeliegende Aufgabe bestehe, ausgehend vom Bearbeitungswerkzeug in E1, darin, eine glattere Oberfläche zu erzielen.

Um diese Aufgabe zu lösen, würde der Fachmann das Dokument E2 in Betracht ziehen. Dieses offenbare auf Seite 2, Absätze 4-5 ein Bearbeitungswerkzeug mit Schneiden dessen Schneidkanten in einem Achswinkel zur Drehachse im Bereich 70° bis annähernd 90° liegen.

Bei der Übertragung dieser Lehre aus E2 auf das Bearbeitungswerkzeug der E1 würde der Fachmann, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden, zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem in E2, Abbildungen und Seite 2, Absätze 4-5, offenbarten Bearbeitungswerkzeug durch Schneiden, die als ebene Schneidplatten aus einem hochharten Schneidstoff ausgeführt seien.

Die der beanspruchten Erfindung zugrundeliegende Aufgabe bestehe, ausgehend vom Bearbeitungswerkzeug in E2, darin, den Schneidenwerkstoff zu optimieren.

Um diese Aufgabe zu lösen, würde der Fachmann die Dokumente E5 und E1 in Betracht ziehen. Diese offenbarten jeweils ein Bearbeitungswerkzeug mit einer Mehrzahl von kleinen, ebenen und spiralförmig angeordneten Schneidplatten aus einem hochharten Schneidstoff. Obwohl E2 ein Bearbeitungswerkzeug mit einer schraubenförmigen Schneide zeige, würde der Fachmann deren Ersatz durch eine Mehrzahl von ebenen Schneidplatten nicht verwerfen, weil Anspruch 13 in E2 beschreibe, dass die Schneidenlinie unterbrochen sein könne, und somit, dass eine Aneinanderreihung von Einzelschneiden ähnlich wie in E5 oder E1 möglich sei.

Bei der Übertragung dieser Lehre aus E5 oder E1 auf das Bearbeitungswerkzeug der E2, würde der Fachmann, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden, zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.

VII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Es stimme, dass ein Achswinkel der Schneidkanten des Bearbeitungswerkzeugs gemäß Anspruch 1 in E2 offenbart sei, und dass ebene Schneidplatten aus hochhartem Schneidstoff aus E1 und E5 bekannt seien. Die Frage sei gemäß dem "could would approach" aber nicht, ob der Fachmann die Lehren aus diesen Dokumenten kombinieren könne, sondern ob er dies tun würde.

Der Fachmann würde die Lehre bezüglich des Achswinkels der Schneidkante der E2 nicht mit der Lehre bezüglich der ebenen Schneidplatten aus hochhartem Schneidstoff der E5 oder der E1 kombinieren, weil die Gesamtoffenbarung der E2 ausschließlich auf eine schraubenförmige Schneide großer gestreckter Länge und konstanter Krümmung gerichtet sei. Alle in E2 genannten Vorteile beruhten auf der Kombination der Geometrie und dem besonderen Achswinkel dieser schraubenförmigen Schneide.

Bei einzelnen ebenen Schneidplatten seien vor allem die vorlaufenden Ecken Verschleiß und Bruchgefahr ausgesetzt, und gerade bei einem Bearbeitungswerkzeug mit solchen Schneidplatten sei ein großer Achswinkel wegen der dadurch notwendigen Erhöhung der Anzahl der Schneidplatten nachteilig. Außerdem lehre E1 explizit, dass die Achswinkel, anders als im Bearbeitungswerkzeug mit der schraubenförmigen Schneide nach E2, klein sein sollen, Spalte 8, Zeilen 31-56.

Der Fachmann würde daher weder aus dem aus E2 bekannten Bearbeitungswerkzeug den Achswinkel der Schneidkante isoliert herausgreifen und auf das Bearbeitungswerkzeug in E1 anwenden, noch würde er die schraubenförmige Schneide in E2 durch eine Mehrzahl von ebenen Schneidplatten ersetzen.

Daher sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht naheliegend, sondern auf eine erfinderische Tätigkeit beruhend.

Entscheidungsgründe

1. Erfinderische Tätigkeit

1.1 Dokument E1 als nächstliegender Stand der Technik

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich unstreitig von dem in E1, Abbildungen 1 und 4, Spalte 3, Zeilen 35-46, offenbarten Bearbeitungswerkzeug mindestens durch die Anordnung der Schneiden, wonach der Achswinkel der Schneidkanten zur Drehachse in einem Bereich von einschließlich 55° bis < 90° liegt.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin, würde der Fachmann den in E2, Seite 2, Absatz 4 offenbarten Achswinkel der Schneidkante auf die Schneiden des Bearbeitungswerkzeugs nach E1 übertragen, um ein glatteres Oberflächenergebnis zu erzielen.

E2 stellt sich die Aufgabe qualitativ hochwertige Schnitte auszuführen (siehe Seite 2, Absatz 2). Es offenbart Schneiden mit einem Achswinkel der Schneidkanten von 70° bis annähernd 90°, der also im beanspruchten Bereich des Achswinkels liegt. Die Lösung der der E2 zugrundeliegenden Aufgabe wird jedoch durch die Kombination der Werte dieses besonderen Achswinkels mit einer schraubenförmigen Schneide mit einer steten Schnittführung aufgrund eines permanenten Schneideneingriffes erzielt.

Deswegen würde der Fachmann aus E2 nicht gesondert einen besonderen Achswinkelbereich der Schneidkanten entnehmen und auf das Bearbeitungswerkzeug nach E1 übertragen, um die gestellte Aufgabe zu lösen, sondern wenn überhaupt, diesen Achswinkel zusammen mit der schraubenförmigen Gestaltung der Schneide übertragen. Somit würde er jedoch nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen. Dies ist umso mehr der Fall, da E1 selbst davon abrät allzu große Achswinkel von ebenen Schneidplatten zu benutzen, siehe Spalte 8, Zeilen 31-56.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher von E1 ausgehend auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1.2 Dokument E2 als nächstliegender Stand der Technik

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich unstreitig von dem in E2, Abbildungen 1-4 und Seite 2, Absätze 4-5, offenbarten Bearbeitungswerkzeug mindestens durch die als ebene Schneidplatten ausgeführten einzelnen Schneiden aus einem hochharten Schneidstoff.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin würde der Fachmann, um das Problem einer Optimierung des Schneidenwerkstoffs zu lösen, die schraubenförmige Schneide des Bearbeitungswerkzeugs in E2 durch eine Mehrzahl von einzelnen ebenen Schneidplatten aus hochhartem Schneidstoff ersetzen, wie sie aus E5, oder auch E1, bekannt seien. Zumal Anspruch 13 in E2 besage, dass die Schneidenlinie unterbrochen sein könne. Somit würde er zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.

Es ist unstreitig, dass ebene Schneidplatten aus hochhartem Schneidstoff dem Fachmann aus E1 und E5 bekannt sind. Fraglich ist jedoch, ob der Fachmann solche Schneidplatten auf das Bearbeitungswerkzeug nach E2 übertragen würde oder nicht.

Es stimmt, dass Anspruch 13 in E2 besagt, dass die Schneidenlinie unterbrochen sein kann. Diese Lehre ist jedoch ausschließlich in Zusammenhang mit einer schraubenförmigen Schneidelinie offenbart. Dazu besagt Seite 5, Absatz 5, dass die Herstellung des Bearbeitungswerkzeugs in E2 das Aufbringen einer schraubenförmigen Schneide großer gestreckter Länge und konstanter Krümmung erfordert. Somit kann die gemäß Anspruch 13 unterbrochene Schneidenlinie nicht als eine Aneinanderreihung vieler Einzelschneiden verstanden werden. Daher gibt Anspruch 13 dem Fachmann keine Anregung zum Ersetzen der schraubenlinienförmigen Schneide durch ebene Schneidplatten.

Ganz im Gegenteil lehrt E2, wie schon oben ausgeführt, dass die schraubenlinienförmige Schneide ein unerlässlicher Bestandteil des dort offenbarten Bearbeitungswerkzeugs ist. Allein aus diesem Grund würde der Fachmann die schraubenförmige Schneide des im E2 offenbarten Bearbeitungswerkzeugs nicht durch einzelne ebene Schneidplatten gemäß der Lehre in E1 oder E5 ersetzen.

Dazu hat, wie von der Beschwerdegegnerin ausgeführt, jede einzelne ebene Schneidplatte eine vorlaufende Ecke, die der größten Verschleiß- und Bruchgefahr unterliegt. Da die Anzahl der benötigten ebenen Schneidplatten und damit Ecken, für eine gegebene axiale Länge des Bearbeitungswerkzeugs mit dem Achswinkel der Schneidkanten steigt, würde der Fachmann bei dem im E2 verwendeten großen Achswinkel des Bearbeitungswerkzeugs zusätzlich davon abgehalten werden, die schraubenlinienförmige Schneide durch ebene Schneidplatten zu ersetzen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auch von E2 ausgehend auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

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