European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T016115.20190405 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 05 April 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0161/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07847858.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B21B 37/68 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | STEUERVERFAHREN FÜR EIN WALZGERÜST ZUM WALZEN EINES BANDES | ||||||||
Name des Anmelders: | Primetals Technologies Germany GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SMS group GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Neuheit - (ja) Neuheit - keine implizite Offenbarung Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent EP 2 099 574 betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Korrektur der Querpositionierung eines Metallbands beim Walzen.
II. Der auf die Gründe des Artikels 100 a) EPÜ gestützte Einspruch gegen das erteilte Patent wurde zurückgewiesen.
III. Gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Einsprechende (die Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.
IV. In der als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Einschätzung des der Beschwerde zugrundeliegenden Sachverhalts mit.
V. Eine mündliche Verhandlung fand am 5.April 2019 statt. Die vorliegende Entscheidung wurde am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet.
VI. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (die Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) oder die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage eines der mit der Beschwerde-erwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 - 3.
VII. Ansprüche
Anspruch 1 des Streitpatents einschließlich der von den Beteiligten benutzten Merkmalsgliederung lautet:
1.0 "Steuerverfahren für ein Walzgerüst (1) zum
Walzen eines Bandes (3), das eine linke und eine
rechte Bandseite (3', 3") aufweist,
gekennzeichnet dadurch, dass
1.1 - mittels entsprechender Messwertaufnehmer (8) an
der linken und der rechten Bandseite (3', 3")
ein- und auslaufseitig im Band (3) herrschende
Züge (ZLE, ZLA, ZRE, ZRA) erfasst werden,
1.2 - wobei die erfassten Züge (ZLE, ZLA, ZRE, ZRA)
einer Steuereinrichtung (2) für das Walzgerüst
(1) zugeführt werden,
1.3 - die Steuereinrichtung (2) anhand der Beziehung
deltaZ = ZLE + ZLA - ZRE - ZRA ein Maß (deltaZ) für
eine Querpositionierung (p) des Bandes (3)
relativ zum Walzgerüst (1) ermittelt,
1.4 - deltaZ das Maß ist, ZLE der an der linken Bandseite
(3') einlaufseitig im Band (3) herrschende Zug
ist, ZLA der an der linken Bandseite (2')
auslaufseitig im Band (3) herrschende Zug ist,
ZRE der an der rechten Bandseite (3")
einlaufseitig im Band (3) herrschende Zug ist
und ZRA der an der rechten Bandseite (3")
auslaufseitig im Band (3) herrschende Zug ist,
1.5 - die Steuereinrichtung (2) anhand des Maßes (deltaZ)
für die Querpositionierung (p) des Bandes (3)
eine Stellgröße (S) für eine Korrektur der
Querpositionierung (p) des Bandes (3) ermittelt
und das Walzgerüst (1) entsprechend der
Stellgröße (S) ansteuert."
Anspruch 2 betrifft ein:
"Computerprogramm, das eine Folge von Maschinenbefehlen (6) umfasst, wobei die Folge von Maschinenbefehlen (6) von einer Steuereinrichtung (2) für ein Walzgerüst (1) ausführbar ist, wobei die Ausführung der Folge von Maschinenbefehlen (6) durch die Steuereinrichtung (2) bewirkt, dass die Steuereinrichtung (2) das Walzgerüst (1) gemäß einem Verfahren nach Anspruch 1 steuert, wenn die Steuereinrichtung (2) mit dem Walzgerüst (1) in Wirkverbindung steht."
Anspruch 3 lautet:
"Datenträger mit einem auf dem Datenträger gespeicherten Computerprogramm (5) nach Anspruch 2."
Anspruch 4 lautet:
"Steuereinrichtung für ein Walzgerüst (1), wobei die Steuereinrichtung einen Datenträger (7) nach Anspruch 3 aufweist und das auf dem Datenträger (7) gespeicherte Computerprogramm (5) von der Steuereinrichtung ausführbar ist."
Anspruch 5 einschließlich der von den Beteiligten benutzten Merkmalsgliederung lautet:
5.0 "Walzeinrichtung mit einem von einer
Steuereinrichtung (2) gesteuerten Walzgerüst (1),
5.1 - wobei mittels des Walzgerüsts (1) ein Band (3)
walzbar ist, das eine linke und eine rechte
Bandseite (3', 3") aufweist, dadurch
gekennzeichnet, dass
5.2 - dem Walzgerüst (1) Messwertaufnehmer (8)
zugeordnet sind, mittels derer an der linken
und der rechten Bandseite (2', 3") ein- und
auslaufseitig im Band (3) herrschende Züge
(ZLE, ZLA, ZRE, ZRA) erfassbar sind,
5.3 - wobei die erfassten Züge (ZLE, ZLA, ZRE, ZRA)
der Steuereinrichtung (2) zuführbar sind,
5.4 - von der Steuereinrichtung (2) anhand der
Beziehung deltaZ = ZLE + ZLA - ZRE - ZRA ein
Maß (deltaZ) für eine Querpositionierung (p) des
Bandes (3) relativ zum Walzgerüst (1)
ermittelbar ist,
5.5 - deltaZ das Maß ist, ZLE der an der linken Bandseite
(3') einlaufseitig im Band (3) herrschende Zug
ist, ZLA der an der linken Bandseite (3')
auslaufseitig im Band (3) herrschende Zug ist,
ZRE der an der rechten Bandseite (3")
einlaufseitig im Band (3) herrschende Zug ist
und ZRA der an der rechten Bandseite (3")
auslaufseitig im Band (3) herrschende Zug ist,
5.6 - von der Steuereinrichtung (2) anhand des Maßes
(deltaZ) für die Querpositionierung (p) des Bandes
(3) eine Stellgröße (S) für eine Korrektur der
Querpositionierung (p) des Bandes (3)
ermittelbar und das Walzgerüst (1) entsprechend
der Stellgröße (S) ansteuerbar ist."
VIII. Stand der Technik
Die folgenden Dokumente werden in dieser Entscheidung zitiert:
D2: JP 07124620
D2a: deutsche Übersetzung der D2
IX. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
D2/D2a beschreibe ein Verfahren bei dem ein- und auslaufseitig die Bandspannung bestimmt werde und jeweils für die Eingangs- und Ausgangsseite eine Stellgröße für die Querpositionierung des Bandes ermittelt werde. Diese werden gemäß Anspruch 1 der D2/D2a dazu benutzt, eine Druckpositionsausgleichsmenge zu berechnen. Diese Offenbarung in Anspruch 1 umfasse unter Berücksichtigung des Ausführungsbeispiels implizit die Möglichkeit, dass die beiden Spannungsdifferenzen addiert werden.
Die gleiche Gewichtung der eingangs- und ausgangsseitig ermittelten Bandspannungsdifferenzen stelle eine implizit offenbarte Ausführungsform der D2/D2a dar. Unter Berücksichtigung dieser werde unter bestimmten Bedingungen gemäß Absatz [0016] der D2/D2a die Druckpositionsausgleichsmenge mittels der Summe der Spannungsdifferenzen bestimmt.
Der beanspruchte Gegenstand des Streitpatents sei daher jeweils in Hinblick auf die Offenbarung des Anspruchs 1 und des Ausführungsbeispiels in D2/D2a nicht neu.
Ausgehend von D2/D2a sei der Gegenstand der Ansprüche des Streitpatents naheliegend, da dieser eine vorhersehbar nachteilige Änderung der Offenbarung der D2/D2a darstelle.
Das in Anspruch 1 definierte Verfahren stelle zudem eine simple Vereinfachung der in D2/D2a beschriebenen komplizierten Ausführungsform dar, die durch einfache Umstellung der Berechnungsschritte abgeleitet werden könne und als solches nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die Ausgleichsmengen G, die zur Steuerung der Walzen jeweils auf der Eingangs- und Ausgangsseite des Walzgerüsts zunächst unabhängig bestimmt werden, könnten prinzipiell entweder addiert oder voneinander subtrahiert werden, um so die Druckposition des Walzgerüstes zur Verringerung des Bandschlängelns zu ändern. Es sei für den Fachmann naheliegend, sich für eine dieser beiden Alternativen zu entscheiden und die Regelung entsprechend zu vereinfachen.
X. Die Beschwerdegegnerin bringt zusammengefasst vor:
D2/D2a offenbare, dass Formfehler des zu walzenden Bandes das Schlängeln stärker beeinflussen als fehlerhafte Druckpositionen der Walzen.
Dies werde gemäß der D2/D2a durch eine separate Berücksichtigung der Bandspannungsdifferenzen auf der Eingangs- und Ausgangsseite und unterschiedlich festgelegte Regelunempfindlichkeitszonen berücksichtigt. D2/D2a enthalte keinen Hinweis darauf, dass a) die dadurch erzielte unterschiedliche Gewichtung der Spannungsdifferenzen unberücksichtigt bleiben könne, b) die unterschiedlichen Regelunempfindlichkeitszonen vernachlässigt werden können und c) ein Maß zur Regelung der Querpositionierung einfach dadurch gebildet werden könne, dass die Bandspannungsdifferenzen der Eingangs- und Ausgangsseite addiert werden.
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents sei nicht nur einfacher, sondern auch besser als das in D2/D2a beschriebene Verfahren, da es unter bestimmten Bedingungen unnötige gemäß D2/D2a durchzuführende Regelungen des Walzgerüsts vermeide.
Der beanspruchte Gegenstand des Streitpatents sei daher neu und erfinderisch in Hinblick auf D2/D2a.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Artikel 100 a) in Verbindung mit
Artikel 54 EPÜ
1.1 D2/D2a offenbart in Anspruch 1 eine Schlängel-steuerungseinrichtung für ein Stahlband, bei der Spannungsdifferenzen DeltaT jeweils auf der Eingangsseite (DeltaT0 = T0WS - T0DS) und der Ausgangsseite (DeltaT1 = T1WS - T1DS) separat bestimmt werden. Diese werden dann zur Errechnung der Druckpositionsausgleichsmenge für das Walzgerüst eingesetzt.
Unter Verwendung der Nomenklatur des Streitpatents entspricht dies der Bildung der
Zugdifferenz der Eingangsseite
deltaZEingangsseite = ZLE - ZRE
und der
Zugdifferenz der Ausgangsseite
deltaZAusgangsseite = ZLA - ZRA.
1.2 Anspruch 1 der D2/D2a definiert allerdings nicht, wie die Berechnung der Druckpositionsausgleichsmenge konkret erfolgt, insbesondere wird nicht offenbart, dass dazu die Summe der Spannungsdifferenzen DeltaT0 und DeltaT1 (Zugdifferenzen) gebildet wird.
Die Addition mag eine der üblichen Rechenarten darstellen. Jedoch ist eine hypothetisch mögliche Ausführungsform nach ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung der Neuheit nicht in Betracht zu ziehen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern,
8. Auflage, 2016, Kapitel I.C.4.1).
Eine einfache Addition der Spannungsdifferenzen wird auch im Lichte des Ausführungsbeispiels der D2/D2a von Anspruch 1 nicht impliziert offenbart, da gemäß diesem die Spannungsdifferenzen zunächst unterschiedlich gewichtet werden, siehe die folgenden Punkte 1.3 und 1.4.
Daher offenbart der Anspruch 1 der D2/D2a nicht direkt und unzweideutig ein Verfahren, bei dem das Maß (deltaZ) zur Ermittlung einer Korrektur der Querpositionierung durch die Gleichung deltaZ = ZLE + ZLA - ZRE - ZRA ermittelt wird.
1.3 D2/D2a offenbart in Absatz [0014], dass das Schlängeln durch Formfehler des zu walzenden Bandes und durch fehlerhafte Druckpositionen der Walzen unterschiedlich stark beeinflusst werden kann.
Um diesem Rechnung zu tragen, lehrt die D2/D2a in einem Ausführungsbeispiel in den Absätzen [0012] und [0013], die Spannungsdifferenzen DeltaT0 und DeltaT1 unabhängig voneinander und auf unterschiedliche Art und Weise - nämlich jeweils mit einer eigenen Regelunempfindlichkeitszone und jeweils mit einer eigenen Gewichtung - zu verarbeiten.
Dies wird in Abbildung 1 der D2/D2a in der schematischen Darstellung der Ausgleichsmengenrechner 9 (Eingangsseite) und 10 (Ausgangsseite) beispielsweise durch die Kennlinien unterschiedlicher Steigung entsprechend dargestellt und in den Absätzen [0012] bis [0014] der D2/D2a im Detail ausgeführt.
Gemäß Absatz [0016] werden die separat ermittelten Ausgleichsmengen G für die Eingangs- und Ausgangsseite dann je nach Spannungsdifferenz unterschiedlich im Steuerausgleichsmengenrechner 11 berücksichtigt.
1.4 Die Beschwerdeführerin argumentiert diesbezüglich, dass gemäß Absatz [0016] der D2/D2a die Spannungsdifferenzen auf der Eingangs- und Ausgangsseite im Steuerausgleichsmengenrechner 11 ebenfalls addiert werden können. Schließlich lehre dieser Absatz, dass bei jeweils positiven Spannungsdifferenzen (DeltaT0>0 und DeltaT1>0) die letztendlich ermittelte Ausgleichsmenge DeltaSWS die Summe der Ausgleichsmengen G der Eingangs- (G0WS) und Ausgangsseite (G1WS) darstelle ("DeltaSWS = G0WS + G1WS").
Die Ausgleichsmenge G auf der Eingangs- (G0WS) und Ausgangsseite (G1WS) wird gemäß D2/D2a jedoch anhand einer jeweils vorgegebenen Kennlinie im jeweiligen Ausgleichsmengenrechner der Eingangsseite (9) und Ausgangsseite (10) berechnet (D2a: Absatz [0012], Abbildung 1).
Das Ausführungsbeispiel der D2/D2a offenbart daher nicht unmittelbar eine einfache Addition der Spannungsdifferenzen gemäß Merkmal 1.3 des Anspruchs 1 des Streitpatents.
1.5 Die Beschwerdeführerin argumentiert ferner, dass die Verwendung des Wortes "gewöhnlich" in Zeile 2 des Absatzes [0014] verdeutliche, dass es zwar unterschiedliche Steigungen für die eingangs- und ausgangsseitige Kennlinie beider Ausgleichsmengenrechner 9 und 10 geben könne, aber im Umkehrschluss bei "ungewöhnlichen" Fällen nicht zwangsweise geben müsse. Folglich seien aus der D2/D2a inhärent auch Berechnungen zur Bestimmung der Druckpositionsteuermengen bekannt, bei denen keine unterschiedliche Gewichtung der eingangs- und ausgangsseitigen Spannungsdifferenzen stattfände.
D2/D2a enthält in Absatz [0014] allerdings keine konkrete Offenbarung von ungewöhnlichen Fällen und deren Parametrisierung. Es mag daher Ausnahmefälle geben und es mag dafür eine andere Gewichtung der Spannungsdifferenzen vorgesehen sein, möglicherweise sogar auch eine identische Gewichtung der Spannungsdifferenzen auf der Eingangs- und Ausgangsseite. Derartige Ausführungsformen werden in D2/D2a jedoch nicht direkt und unzweideutig beschrieben und können aus den dazu gerade gegensätzlichen Ausführungen auch nicht zweifelsfrei abgeleitet werden.
Die Argumentation der Beschwerdeführerin basiert daher auf einer spekulativen Auslegung der Offenbarung der D2/D2a, die konträr zur expliziten Offenbarung der D2/D2a liegt.
1.6 Wie in Punkt 1.2 bereits ausgeführt, sind hypothetisch mögliche Ausführungsformen nach ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung der Neuheit nicht in Betracht zu ziehen.
Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Offenbarung der D2/D2a dadurch unterscheidet, dass die Summe deltaZ der Zugdifferenzen
deltaZ = deltaZEingangsseite + deltaZAusgangsseite
= ZLE - ZRE + ZLA - ZRA
gebildet wird und als Maß für die Querpositionierung dient, auf Grundlage dessen eine Stellgröße für eine Korrektur der Querpositionierung ermittelt wird (Merkmale 1.3 und 1.5 gemäß Anspruch 1).
1.7 In Hinblick auf die weiteren unabhängigen Ansprüche 2 bis 5 gilt unstreitig die gleiche Argumentation wie für Anspruch 1.
1.8 Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ steht einer Aufrechterhaltung des Patents in seiner erteilten Fassung daher nicht entgegen.
2. Hauptantrag - Artikel 100 a) in Verbindung mit
Artikel 56 EPÜ
2.1 D2/D2a beschreibt in Anspruch 1 ein Verfahren zur Verringerung des Bandschlängelns in einem Walzgerüst, bei dem an der Arbeits- und Antriebsseite (linke und rechte Bandseite) ein- und auslaufseitig im Band herrschende Bandspannungen erfasst werden.
D2/D2a stellt daher einen geeigneten Ausgangspunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit dar, da dieses ähnlich dem Streitpatent ein Verfahren zur Regelung der Querpositionierung eines Bandes in einem Walzgerüst zur Verringerung des Bandschlängelns adressiert.
2.2 Die Bestimmung eines Maßes für die Querpositionierung durch Addition der Zugdifferenzen auf der Eingangs- und Ausgangsseite stellt unstreitig eine Vereinfachung des in D2/D2a beschriebenen Verfahrens dar.
2.3 Die in Anspruch 1 angegebene Merkmalskombination löst daher die in Absatz [0007] des Streitpatents erwähnte Aufgabe, die Querpositionierung des Bandes auf einfache Weise zu bestimmen und zu regeln.
2.4 Das aus D2/D2a bekannte Verfahren stellt darauf ab, den unterschiedlich starken Einflüssen des Schlängelns durch Berücksichtigung von Regelunempfindlichkeits-zonen, unterschiedliche Gewichtung der Spannungs-differenzen auf der Eingangs- und Ausgangsseite sowie mittels einer speziellen Logik im Steuerausgleichs-mengenrechner 11 zur Berechnung der Ausgleichsmengen für die Antriebs- und Arbeitsseite Rechnung zu tragen (D2/D2a: Absätze [0012], [0014] bis [0016]).
2.5 Die Beschwerdeführerin führt hierzu aus, dass es ausgehend von D2/D2a naheliegend sei, die Zusammenhänge der Spannungsdifferenzen und deren Gewichtung bei der Bestimmung der Ausgleichsmenge zu vereinfachen.
Allerdings hat die Beschwerdeführerin keinerlei Argumente vorgebracht, warum ein Fachmann die explizite Lehre der D2/D2a diesbezüglich ignorieren würde und zudem verschiedenste vereinfachende Annahmen ohne jegliche Anregung dazu treffen würde.
2.6 Ferner argumentiert die Beschwerdeführerin unter Verweis auf die Rechtsprechung der Beschwerdekammern, Kapitel D.I.9.18.1, 8. Auflage, 2016, dass ein Gegenstand, der auf einer vorhersehbar nachteiligen Änderung einer bekannten Ausführungsform beruhe, nicht als erfinderisch erachtet werden könne.
Auch wenn D2/D2a in Absatz [0003] bestätigt, dass das Schlängeln eines Walzbandes unterschiedlich stark von den Formfehlern des Walzbandes einerseits und von den Druckpositionen der Walzen andererseits abhängt und deswegen in den Absätzen [0012] bis [0014] eine getrennte Gewichtung dieser Einflüsse vorschlägt, so wird daraus nicht unmittelbar deutlich, dass eine Verringerung des Bandschlängelns schlechter funktioniert, wenn eine vereinfachte Regelung gemäß dem in Anspruch 1 definierten Verfahren durchgeführt wird.
Vielmehr führt das in Anspruch 1 definierte Verfahren zu einer alternativen, aber nicht erkennbar schlechteren Regelung, wie anhand eines hypothetischen Beispiels anschaulich verdeutlicht werden kann, das die Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeerwiderung von Seite 4, 3. Absatz bis Seite 5, 1. Absatz beschreibt.
Man nehme an, die Zugdifferenz deltaZE der Eingangsseite weise (in einer prinzipiell willkürlichen, aber geeigneten Einheit) den Wert +5 auf, die Zugdifferenz deltaZA der Ausgangsseite den Wert -5.
Im Rahmen der Lehre der Entgegenhaltung D2a in Absatz [0012] und [0016] würde aufgrund des positiven Wertes für die Zugdifferenz deltaZE der Eingangsseite eine Ausgleichsmenge ermittelt, welche auf die Arbeitsseite des Walzgerüsts wirkt. Der Walzspalt würde also auf der Arbeitsseite beispielsweise verkleinert werden. Aufgrund des negativen Wertes für die Zugdifferenz deltaZA der Ausgangsseite würde hingegen gemäß Absatz [0013] und [0016] der Entgegenhaltung D2/D2a eine Ausgleichsmenge auf der Antriebsseite des Walzgerüsts - also der anderen Seite des Walzgerüsts - ermittelt werden. Der Walzspalt würde also auch auf der Antriebsseite beispielsweise verkleinert werden. Im Ergebnis würde somit der Walzspalt auf beiden Seiten und damit auch insgesamt verkleinert, wobei das Ausmaß an Verkleinerung durch den Wert 5 bestimmt ist.
Man nehme nun weiterhin einen prinzipiell gleichwertigen Sachverhalt an, wobei jedoch die Zugdifferenz deltaZE der Eingangsseite den Wert +10 aufweist, die Zugdifferenz deltaZA der Ausgangsseite den Wert -10. Dann würde im Rahmen der Lehre der Entgegenhaltung D2/D2a - wie zuvor auch - der Walzspalt sowohl auf der Arbeitsseite als auch auf der Antriebsseite verkleinert werden. Im Ergebnis würde somit wiederum der Walzspalt auf beiden Seiten und damit auch insgesamt verkleinert. Das Ausmaß der Verkleinerung wäre aber durch den Wert 10 bestimmt und damit doppelt so groß wie bei den Werten +5/-5.
Diese beschriebenen Beispiele könnten graphisch als Punkte auf einer Ursprungsgeraden dargestellt werden, die durch den II. und IV. Quadranten eines Koordinatensystems verläuft, wobei die Zug- bzw. Spannungsdifferenzen auf der Eingangs- und Ausgangsseite auf der x- und y-Achse aufgetragen werden.
Gemäß Streitpatent wird dagegen unabhängig von den Vorzeichen der beiden Zugdifferenzen zunächst die Summe deltaZ der Zugdifferenz deltaZE der Eingangsseite und der Zugdifferenz deltaZA der Ausgangsseite gebildet. Im Rahmen der Lehre des Streitpatents würde also in beiden Fällen des hypothetischen Beispiels der Wert 0 ermittelt, so dass - unabhängig von allen anderen Gegebenheiten und entgegen der Lehre der D2/D2a - in jedem Fall die Ansteuerung gleich bliebe.
In beiden Fällen würde sich aufgrund der gleichmäßigen Veränderung des Walzspalts gemäß D2/D2a bzw. der gleichbleibenden Ansteuerung gemäß Streitpatent zwar an der Querpositionierung des Bandes nichts ändern, allerdings würde gemäß D2/D2a eine üblicherweise unerwünschte Änderung des Walzspaltes erfolgen, die keinen unmittelbaren Einfluss auf das Regelungsziel einer Vermeidung des Bandschlängelns aufweist.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 stellt daher entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keine naheliegende Vereinfachung dar, für die vorhersehbare Nachteile billigend in Kauf genommen werden, sondern stellt eine vereinfachte Alternative dar, die im Vergleich zu D2/D2a zu einer anderen, aber nicht unmittelbar vorhersehbar schlechteren Regelung führt.
2.7 Weiterhin argumentiert die Beschwerdeführerin unter Verweis auf die Rechtsprechung der Beschwerdekammern, Kapitel D.I.9.18.6, 8. Auflage, 2016, dass ein Gegenstand, der auf einer bloßen Vereinfachung einer komplizierten bekannten Ausführungsform beruhe, nicht als erfinderisch erachtet werden könne. Schließlich könne das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents durch einfache Umstellung der Berechnungsschritte für die Ausgleichsmengen aus D2/D2a abgeleitet werden.
Diesbezüglich stellt die Kammer fest, dass gemäß Absatz [0016] der D2/D2a die Ausgleichsmenge DeltaSWS der Arbeitsseite unter der Bedingung, dass die Spannungsdifferenzen DeltaT auf der Eingangsseite (DeltaT0) und der Ausgangsseite (DeltaT1) jeweils größer Null sind, zwar durch Addition der jeweils ermittelten Ausgleichsmenge G auf der Eingangs- (G0WS) und Ausgangsseite (G1WS) gebildet werden kann ("DeltaSWS = G0WS + G1WS").
Allerdings wird die Ausgleichsmenge G auf der Eingangs- (G0WS) und Ausgangsseite (G1WS) gemäß D2/D2a anhand einer jeweils vorgegebenen Kennlinie im jeweiligen Ausgleichsmengenrechner der Eingangs- (9) und Ausgangsseite (10) unabhängig berechnet (Absätze [0012] und [0013], Abbildung 1). Ferner erfolgt keine entsprechende Addition unter der Bedingung, dass die Spannungsdifferenzen DeltaT auf der Eingangsseite (DeltaT0) und der Ausgangsseite (DeltaT1) jeweils unterschiedliche Vorzeichen aufweisen.
Somit liefert D2/D2a keinen schlüssigen Hinweis darauf, dass zum einen die beiden in Abbildung 1 unterschiedlich dargestellten Steigungen der Kennlinien beider Ausgleichsmengenrechner 9 und 10 auch identisch sein können und zum anderen die eingangs- und ausgangsseitigen Spannungsdifferenzen zwischen Antriebs- und Arbeitsseite einfach direkt addiert werden können.
Die Bildung des Maßes für die Regelung des Band-schlängelns durch einfache Addition der Spannungs-differenzen auf der Eingangs- und Ausgangsseite stellt daher keine unmittelbar erkennbare, dem Fachmann ins Auge springende Vereinfachung des in D2/D2a beschriebenen Verfahrens dar.
2.8 Zusammenfassend wird daher deutlich, dass die vergleichsweise einfache Lösung gemäß Anspruch 1 zur Bestimmung eines Maßes für die Querverschiebung und die entsprechend korrigierte Ansteuerung des Walzgerüstes durch D2/D2a nicht nahegelegt wird.
2.9 Die obige Argumentation gilt entsprechend auch für Anspruch 5 sowie die weiteren unabhängigen Ansprüche 2 bis 4.
2.10 Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ steht einer Aufrechterhaltung des Patents in seiner erteilten Fassung daher nicht entgegen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.