T 0055/15 () of 16.7.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T005515.20180716
Datum der Entscheidung: 16 Juli 2018
Aktenzeichen: T 0055/15
Anmeldenummer: 08007225.9
IPC-Klasse: A47L 9/14
A47L 9/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Staubsaugerfilterbeutel
Name des Anmelders: Eurofilters Holding N.V.
Name des Einsprechenden: Wolf PVG GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden richten sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung zur Post gegeben am 17. Dezember 2014, das europäische Patent Nr. 2 098 152 in geändertem Umfang gemäß dem in der mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2014 eingereichten Hilfsantrag nach Artikel 101(3) a) EPÜ aufrechtzuerhalten.

II. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 und 56 EPÜ gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die in Artikel 100 a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang nicht entgegenstünden.

In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgende Entgegenhaltung berücksichtigt:

D1: DE 20 2006 016 303 U1

III. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin am 16. Februar 2015 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 17. April 2015 eingereicht.

Gegen die Entscheidung hat die Einsprechende als Beschwerdeführerin am 07. Januar 2015 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 15. April 2015 eingereicht.

IV. In einer Mitteilung vom 20. April 2018 gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 16. Juli 2018 in Anwesenheit aller am Beschwerdeverfahren beteiligten Parteien statt.

V. Die Patentinhaberin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag), oder auf Basis des mit dem Schreiben vom 7. September 2015 vorgelegten Hilfsantrags 2 (Hilfsantrag).

Die Einsprechende beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

VI. Der unabhängige Anspruch 1 der Anträge hat folgenden Wortlaut:

Hauptantrag (wie erteilt)

"Staubsaugerfilterbeutel (1) mit einer Beutelwandung, in der eine Eintrittsöffnung (4) für einen Luftstrom vorgesehen ist, wobei im Innern des Staubsaugerfilterbeutels (1) eine viereckige, insbesondere rechteckige, Materiallage (5) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Materiallage (5) entlang des Umfangs an drei Seitenkanten (6,6',6") vollständig und an der vierten Seitenkante (6''') teilweise mit der Beutelwandung verbunden ist, so dass im Betrieb des Staubsaugerfilterbeutels (1) die Oberseite und die Unterseite der Materiallage (5) von der Beutelwandung wenigstens teilweise beabstandet sind."

Hilfsantrag

Wie im Hauptantrag, unter Hinzufügung der folgenden Merkmale: "in Form eines Flachbeutels" im Oberbegriff, und "wobei die Fläche der Materiallage mehr als 50% bis 70% einer Seitenfläche des Flachbeutels entspricht" am Ende des Kennzeichens.

VII. Die Einsprechende hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag werde durch eine Kombination des Ausführungsbeispiels gemäß Absatz 30 der D1 mit der rechteckigen Form der Trennwand nach Absatz 25 der D1 nahegelegt.

Die zusätzlichen Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag werden durch Absatz 24 der D1 nahegelegt.

VIII. Die Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, da Absatz 30 der D1 wegen eines Fehlers im Lichte der Figur 3A auszulegen sei. Diese offenbare neben dem Streifen nur eine einzige verschweißte Seite der Trennwand. Außerdem offenbare Absatz 30 nicht, dass die Seitenkanten vollständig mit der Beutelwandung verbunden seien.

Im Hinblick auf den Hilfsantrag enthalte Absatz 24 als einzige Lehre, einen freien Bereich von 10% bis 20% vorzusehen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Anwendungsgebiet der Erfindung

Das Streitpatent betrifft einen Staubsaugerfilterbeutel mit einer als Trennwand ausgebildeten Materiallage. Diese Materiallage ist entlang des Umfangs an drei Seitenkanten vollständig, und entlang der vierten Seitenkante teilweise mit der Beutelwandung verbunden, so dass im Betrieb des Staubsaugerfilterbeutels die Oberseite und die Unterseite der Materiallage von der Beutelwandung wenigstens teilweise beabstandet sind (Streitpatent, Figur 1: der Punkt 7 stellt die teilweise Verbindung dar). Dadurch wird erreicht, dass der oberhalb der Materiallage eintretende Luftstrom über die vierte Seitenkante in das Volumen unterhalb der Materiallage strömt. Auf diese Weise wird eine verhältnismäßig gleichmäßige Verteilung des Filterkuchens im Beutel und damit eine erhöhte Standzeit bei sehr guten Filtereigenschaften erhalten (Streitpatent, Absatz 7).

3. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

3.1 Als geeigneter Startpunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wird das Dokument D1 angesehen.

In Anspruch 1 des Streitpatents bezeichnet der Begriff "Seitenkante" die Kanten der als Trennwand wirkenden Materiallage. Dagegen wird der Begriff in D1 für die Kanten des Filterbeutels verwendet (Streitpatent: Absatz 27, Figuren 1 und 2; D1: Absätze 19, 24, 25, Anspruch 10, Figuren 2B, 3A und 3B: Bezugszeichen 13, 14, 15 und 17).

Im Hinblick auf Anspruch 1 gemäß Hauptantrag offenbart Absatz 30 der D1 unbestritten einen Staubsaugerfilterbeutel mit einer Beutelwandung, in der eine Eintrittsöffnung für einen Luftstrom vorgesehen ist, wobei im Innern des Staubsaugerfilterbeutels eine Materiallage (Trennwand 7") angeordnet ist, die entlang des Umfangs an einer Seitenkante vollständig mit der Beutelwandung verbunden ist, so dass im Betrieb des Staubsaugerfilterbeutels die Oberseite und die Unterseite der Materiallage von der Beutelwandung wenigstens teilweise beabstandet sind (Absatz 30: Verweis auf die Figur 3A, wo die rechte Seitenkante der Trennwand laut Absatz 25 im Bereich der Seitenkante 13 des Filterbeutels über die gesamte Länge, und damit vollständig mit den Lagen 2 und 3 der Beutelwandung verschweißt ist).

3.2 Die Patentinhaberin bestreitet, dass die Materiallage "Trennwand 7"" auch an ihrer oberen und unteren Seitenkante vollständig mit der Beutelwandung verbunden ist. Sie behauptet, dass die Aussage "an seinen Seiten und dem Ende ... verschweißt" in Absatz 30 wegen des Verweises auf die Figuren 3A und 3B fehlerhaft sei, da Absatz 25 zu diesen Figuren ausführe, dass die Trennwand "nur an einer Seitenkante 13 über die gesamte Länge mit den Lagen 2 und 3 verschweißt sei". Daraus folge, dass die Trennwand an den Seitenkanten 14 und 15 überhaupt nicht verschweißt sei.

3.2.1 Aus Gründen der Logik bedeutet die Aussage "nur an einer Seitenkante 13 über die gesamte Länge mit den Lagen 2 und 3 verschweißt" in Absatz 25 wegen des Bestandteils "über die gesamte Länge" bloß, dass die Trennwand an keiner anderen Seitenkante des Filterbeutels über die gesamte Länge mit diesen Lagen verschweißt ist. Im Gegensatz zur Sichtweise der Patentinhaberin erlaubt diese Aussage keine Rückschlüsse auf das Fehlen einer Verschweißung an den übrigen drei Seitenkanten 14, 15 und 17 des Filterbeutels. Lediglich die nicht in D1 enthaltene Aussage "nur an einer Seitenkante mit den Lagen verschweißt" würde ausschließen, dass die Trennwand an einer weiteren Seitenkante verschweißt wäre.

3.2.2 Diese Interpretation der Aussage in Absatz 25 ergibt sich auch aus den Figuren 3A und 3B:

- Rechts erstreckt sich die Trennwand 7" über die gesamte Länge der rechten Seitenkante 13. Daher kann die rechte Seite der Trennwand über die gesamte Länge der Seitenkante 13 mit den Lagen der Beutelwandung verschweißt sein.

- Links reicht die Trennwand wegen des Streifens 18 nicht bis an die linke Seitenkante 17 des Filterbeutels heran. Deswegen kann die Trennwand überhaupt nicht an der linken Seitenkante 17 , und damit auch nicht über deren gesamte Länge mit den Lagen 2 und 3 verschweißt sein.

- Oben und unten verläuft die Trennwand nur bis zum Beginn ihres trapezförmigen Bestandteils entlang der oberen und unteren Seitenkanten 14 und 15 des Filterbeutels. Verschweißungen wären dort nur im Bereich zwischen der rechten Seitenkante 13 und dem Beginn der beiden Trapezschenkel möglich. Diese Verschweißungen würden sich daher ebenfalls nicht über die gesamte Länge der beiden Seitenkanten 14 und 15 erstrecken.

Somit steht die Aussage, dass die Trennwand nur an einer Seitenkante 13 des Filterbeutels über deren gesamte Länge mit den Lagen verschweißt ist, im Einklang mit den Figuren 3A und 3B.

3.2.3 Vor dem Hintergrund dieser durch die Figuren gestützten Interpretation der Aussage "nur an einer Seitenkante 13 über die gesamte Länge mit den Lagen 2 und 3 verschweißt" erkennt der fachkundige Leser entgegen der Behauptung der Pateninhaberin gerade nicht, dass die Aussage "an seinen Seiten und dem Ende" in Absatz 30 einen Schreibfehler enthalten würde. Der Possesivartikel "seinen" verbindet die Seiten und das Ende eindeutig mit dem Standardbeutel, da es sich um das einzige maskuline Substantiv in diesem Satz handelt. Der in Figur 3A gezeigte Filterbeutel weist mit den Seitenkanten 14 und 15 zwei Seiten, und mit der vertikalen Seitenkante 13 ein Ende auf. Dort reicht die Trennwand bis an die Seiten bzw. das Ende heran.

Da gemäß Figur 3A die Trapezspitze der Trennwand als Streifen 18 mit der oberen Lage des Filterbeutels verbunden ist und die beiden Trapezschenkel überhaupt nicht mit dem Filterbeutel verbunden sind, folgt unmittelbar, dass die Trennwand nur dann an den Seiten und dem Ende des Beutels mit dem Filtermaterial verschweißt sein kann, wenn die obere und untere Seite der Trennwand mit den Seitenkanten 14 und 15 und die rechte Seite der Trennwand mit dem durch die Seitenkante 13 gebildeten Ende des Filterbeutels verschweißt sind.

3.2.4 In diesem Zusammenhang überzeugt auch nicht das Argument der Patentinhaberin, wonach die Trennwand gemäß Absatz 30 nicht vollständig mit dem Filtermaterial verbunden sei. Aus Gründen der Dichtigkeit muss die Schweißnaht, mit der die obere und untere Lage des Filterbeutels an ihrem Umfang miteinander verbunden sind, lückenlos sein. Daher impliziert die Aussage, wonach die Trennwand "mit der Schweißnaht der Lagen 2 und 3 ... verschweißt ist" in Absatz 30, dass die Trennwand in diese lückenlose Schweißnaht aufgenommen wird. Somit ist die Trennwand im Bereich der Schweißnaht vollständig mit der durch die Lagen 2 und 3 gebildeten Beutelwandung verbunden.

Die Kammer gelangt deswegen zu der Auffassung, dass die Materiallage "Trennwand 7"" in D1 entlang ihres Umfangs an drei Seitenkanten der Materiallage vollständig mit der Beutelwandung verbunden ist.

3.3 Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich von dem aus D1 bekannten Staubsaugerfilterbeutel unbestritten darin, dass die Materiallage viereckig, insbesondere rechteckig ist. Aus der sechseckigen Form der Trennwand in D1 folgt als weiteres Unterscheidungsmerkmal, dass die Materiallage an ihrer vierten Seitenkante teilweise mit der Beutelwandung verbunden ist.

3.4 Ausgehend von der Patentschrift wird die objektive technische Aufgabe darin gesehen, einen Staubsaugerfilterbeutel bereitzustellen, der eine hohe Standzeit bei sehr guten Filtrationseigenschaften aufweist (SP, Absatz 4).

In ihrer Beschwerdebegründung folgert die Patentinhaberin aus Vergleichsversuchen, dass die objektive technische Aufgabe darin bestehe, eine weitere Verbesserung im Volumenstromtest zu erzielen. Eine solche Wirkung bzw. die darauf basierende Aufgabe, die nachträglich und nur schriftlich geltend gemacht wurde, ist nicht aus dem Patent ableitbar, und kann daher bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unberücksichtigt bleiben (RdBK, 8. Auflage 2016, I.D.4.4.2).

3.5 Das Dokument D1 ist unbestritten auf einen Staubsaugerbeutel mit einer hohen Standzeit und sehr guten Filtrationseigenschaften gerichtet (Absätze 3 und 5). Aus D1 erhält der Fachmann den Hinweis, die Trennwand unter Beibehaltung der Fixierung durch den Streifen 18 rechteckig auszubilden (Absatz 25, letzter Satz). Der Fachmann würde ohne weiteres diesen Hinweis aufgreifen, um in der Ausführungsform nach Absatz 30 die Materiallage 7" rechteckig auszubilden. Dabei gelangt er ohne erfinderisches Zutun zu einer rechteckigen Materiallage, die an den Seiten des Beutels und seinem Ende damit verschweißt ist, und zusätzlich in einem Bereich der Rechteckform, der der Trapezspitze entspricht, nämlich an der vierten Kante der Materiallage, teilweise mit dem Beutel verbunden ist. Im Gegensatz zur Sichtweise der Pateninhaberin führt dieser Hinweis in Absatz 25 der D1 dann nicht dazu, dass sich der Streifen über die gesamte vierte Seitenkante einer rechteckigen Trennwand erstrecken wird. Das Dokument D1 lehrt nämlich, dass Luft von der Oberseite der Trennwand durch die trapezförmige Ausgestaltung der Trennwand auf die Unterseite gelangt (Absatz 25). Wegen der vollständigen Verbindung der sechseckigen Trennwand entlang ihrer Trapezspitze folgt daraus für den Fachmann, dass die nicht mit der Beutelwandung verbundenen Trapezschenkel für diesen Effekt verantwortlich sind. Daher wird der Fachmann auch bei einer rechteckigen Trennwand nicht verbundene Bereiche beibehalten, so dass die vierte Seitenkante der Trennwand nur teilweise über einen Streifen mit der Beutelwandung verbunden ist.

3.6 Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ausgehend von D1 für den Fachmann durch eine Kombination der Absätze 25 und 30 nahegelegt wird.

4. Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit

4.1 Das zusätzliche Merkmal "in Form eines Flachbeutels" in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 wird unbestritten bereits in D1 offenbart (Absatz 19; Figur 3B). Ein Fachmann sieht den Filterbeutel gemäß Figur 3A als Flachbeutel an, so dass sich die Basis für den Aufgabe-Lösungs-Ansatz durch dieses Merkmal nicht ändert.

4.2 Für das zusätzliche Merkmal "wobei die Fläche der Materiallage mehr als 50% bis 70% einer Seitenfläche des Flachbeutels entspricht" wird im Streitpatent unbestritten kein besonderer technischer Effekt genannt (Absatz 21).

Die objektive technische Aufgabe wird deswegen weiterhin darin gesehen, einen Staubsaugerfilterbeutel bereitzustellen, der eine hohe Standzeit bei sehr guten Filtrationseigenschaften aufweist.

4.3 Das Dokument D1 offenbart bezüglich der Fläche der Trennwand bereits, dass sie sich über den "überwiegenden" Teil des Innenraumes des Filterbeutels erstreckt (Absatz 24, welcher sich wegen des ersten Satzes in Absatz 30 auch auf die Figur 3A bezieht).

Laut "Duden" bedeutet "überwiegend" größtenteils, worunter unbestritten mehr als die Hälfte, also mehr als 50% zu verstehen ist. Daher wird ein Fachmann durch die D1 dazu veranlasst, die Fläche der Trennwand so zu wählen, dass sie mehr als 50% der Seitenfläche des Flachbeutels entspricht.

4.4 Im Hinblick auf die beanspruchte Obergrenze von 70% einer Seitenfläche des Flachbeutels vertrat die Patentinhaberin die Ansicht, dass D1 nur eine Fläche von 80-90% lehre. Von dieser einzigen Lehre würde der Fachmann nicht abweichen.

Das Argument der Patentinhaberin überzeugt nicht, weil die genannten Zahlenwerte in D1 lediglich als eine mögliche Ausgestaltung offenbart werden (Absatz 24: "der rund 10% bis 20% der Fläche ... einnehmen kann"). Es handelt sich somit nicht um die einzige Lehre der D1, sondern um eine mögliche Implementierung der allgemeinen Lehre eines "überwiegenden" Teils.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern umfasst der Begriff des Fachmanns einen erfahrenen Mann der Praxis, der insbesondere über die normalen Mittel und Fähigkeiten für routinemäßige Arbeiten und Versuche verfügt (RdBK, 8. Auflage 2016, I.D.8.1).

Im vorliegenden Fall wird der Fachmann durch Routineversuche eine Auslegung des allgemeinen Begriffs "überwiegend" finden, da er gezwungen ist, eine bestimmte Fläche der Trennwand zu wählen, um die Lehre der D1 zu verwirklichen.

4.5 Daraus folgt, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag ausgehend von D1 für den Fachmann durch eine Kombination der Absätze 24, 25 und 30 und routinemäßige Optimierungsversuche nahegelegt wird.

5. Die Kammer schließt aus den obengenannten Gründen, dass der Gegenstand von Anspruch 1 aller vorliegenden Anträge gegenüber dem Dokument D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, Artikel 100(a) und 56 EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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