T 2306/14 () of 10.3.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T230614.20170310
Datum der Entscheidung: 10 März 2017
Aktenzeichen: T 2306/14
Anmeldenummer: 04740144.3
IPC-Klasse: B63H 25/38
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: RUDER FÜR SCHIFFE
Name des Anmelders: Becker Marine Systems GmbH
Name des Einsprechenden: Van Der Velden Barkemeyer GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Patent wie erteilt, Hilfsantrag 2, Hilfsantrag 4
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts, die am 3. November 2014 zur Post gegeben wurde und mit der das europäische Patent Nr. 1626897 aufgrund des Artikels 101 (3) (b) EPÜ widerrufen worden ist.

II. Diese Entscheidung stützt sich im Wesentlichen auf das Dokument

GB 332,082 (D2).

Als Nachweis des allgemeinen Fachwissens wird weiterhin das Dokument

Schneekluth, H. (1988): Hydromechanik zum Schiffsentwurf; Koehler (D8)

angezogen.

III. Am 10. März 2017 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt. Die Beschwerde­führerin beantragte die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt, hilfsweise im geänderten Umfang in der Fassung der Hilfsanträge 2 oder 4, vorgelegt mit der Beschwerdebegründung. Die Hilfsanträge 1, 3 und 5 bis 15 wurden in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Die Beschwerde­gegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Der Anspruchs 1 wie erteilt lautet wie folgt:

Ruder für schnelle Schiffe mit hochbelasteten Propellern, bestehend aus einem Ruderblatt (100), wobei dem Ruder ein auf einer antreibbaren Propellerachse (225) angeordneter Propeller (220) zugeordnet ist, wobei das Ruderblatt (100) aus zwei übereinander liegenden Ruderblattabschnitten (10, 20) besteht, wobei die dem Propeller (220) zugekehrten ein abgerundetes Profil aufweisenden Nasenleisten (11, 21) der beiden Ruderblattabschnitte (10, 20) derart positioniert sind, dass die eine Nasenleiste (11) nach Backbord (BB) oder Steuerbord (SB) und die andere Nasenleiste (21) nach Steuerbord (SB) oder Backbord (BB) versetzt sind, wobei die beiden Seitenwandflächen des Ruderblattes (100) in eine dem Propeller (220) abgewandte Endleiste (30) zusammenlaufen, wobei der obere Ruderblattabschnitt (10) ein Querschnittsprofil (12) aufweist, das von

a.) einer sich von der dem Propeller (220) zugekehrten Nasenleiste bis zu einer größten Profildicke (13) konisch sich erweiternden dem Propeller (220) zugekehrten Querschnittsfläche (14) gebildet wird, wobei

a1.) die beiden von einer in Längsrichtung des Ruderblattes (100) verlaufenden Mittellinie (M1) gebildeten, dem Propeller (220) zugekehrten Querschnittsflächenabschnitte (14a; 14b) der Querschnittsfläche (14) unterschiedliche Größen aufweisen,

a2.) von denen der größere Querschnittsflächenabschnitt (14a) backbordseitig liegend ist,

a3.) und der kleinere Querschnittsflächenabschnitt (14b) steuerbordseitig liegend ist,

a4.) und das von einer sich an die Querschnittsfläche (14) anschließenden und von der größten Profildicke (13) zur Endleiste (30) konisch sich verjüngenden Querschnittsfläche (15) gebildet wird, wobei

a5.) die beiden von der Mittellinie (M1) in dem dem Propeller (220) abgekehrten Bereich des Querschnittsprofils (12) gebildeten Querschnitts­flächen­abschnitte (15a, 15b) der Querschnittsfläche (15) gleich ausgebildet sind, und wobei der untere Ruderblattabschnitt (20) ein Querschnittsprofil (22) aufweist, das von

b.) einer sich von der dem Propeller (220) zugekehrten Nasenleiste (21) zu einer größten Profildicke (23) konisch sich erweiternden dem Propeller (220) zugekehrten Querschnittsfläche (24) gebildet wird, wobei

b1.) die beiden von einer in Längsrichtung des Ruderblattes (100) verlaufenden Mittellinie (M2) gebildeten vorderen Querschnittsflächenabschnitte (24a, 24b) der Querschnittsfläche (24) unterschiedliche Größen aufweisen,

b2.) von denen die größere Querschnittsfläche (24b) steuerbordseitig liegend ist und

b3.) die kleinere Querschnittsfläche (24a) backbordseitig liegend ist,

b4.) und das von einer sich an die Querschnittsfläche (24) anschließenden und von der größten Profildicke (13) zur Endleiste (30) konisch sich verjüngenden Querschnittsfläche (25) gebildet wird, wobei

b5.) die beiden von der Mittellinie (M2) im rückwärtigen Bereich des Querschnittsprofils (22) gebildeten Querschnittsflächenabschnitte (25a, 25b) der Querschnittsfläche (25) gleich ausgebildet sind, so dass die dem Propeller (220) zugekehrte Nasenleiste (11) des oberen Ruderblattabschnittes (10) backbordseitig zur Mittellinie (M1) und die Nasenleiste (21) des unteren Ruderblattabschnittes (20) steuerbordseitig zur Mittellinie (M2) liegend ist, wobei die Fläche des Querschnittsprofils (12) des oben liegenden Ruderblattabschnittes (10) größer ist als die Fläche des Querschnittsprofils (22) des unten liegenden Ruderblattabschnittes (20), und

c.) wobei die propellerseitigen Querschnittsflächenabschnitte (14a, 14b) des Querschnittsprofils (12) des oberen Ruderblattabschnittes (10) Randbereiche (16, 16a) mit einem flachen Bogenverlauf (16') bzw. einem stark gewölbten Bogenverlauf (16'a) aufweisen, wobei die

beiden dem Propeller (220) abgekehrten Querschnittsflächenabschnitte (15a, 15b) des Querschnittsprofils (12) des oberen Ruderblattabschnittes (10) tangential verlaufende Randbereiche (17, 17a) aufweisen, und der Querschnittsflächenabschnitt (14b) mit dem Randbereich (16a) mit stark gewölbtem Bogenverlauf (16'a) steuerbordseitig liegend ist,

cl.) und wobei die propellerseitigen Querschnittsflächenabschnitte (24a, 24b) des Querschnittsprofils (22) des unteren Ruderblattabschnittes (20) Randbereiche (26, 26a) mit einem flachen Bogenverlauf (26') bzw. einem stark gewölbten Bogenverlauf (26'a) aufweisen, wobei die beiden dem Propeller (220) abgekehrten Querschnittsflächenabschnitte (25a, 25b) des Querschnittsprofils (22) des unteren Ruderblattabschnittes (20) tangential verlaufende Randbereiche (27,27a) aufweisen, und der Querschnittsflächenabschnitt (24b) mit dem Randbereich (26a) mit stark gewölbtem Bogenverlauf (26'a) backbordseitig liegend ist.

V. Der Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet wie folgt (Die Unterschiede zum Anspruch 1 wie erteilt sind im Fettdruck hervorgehoben; Hervorhebung durch die Kammer):

Ruder für schnelle Schiffe mit hochbelasteten Propellern, bestehend aus einem Ruderblatt (100), wobei dem Ruder ein auf einer antreibbaren Propellerachse (225) angeordneter Propeller (220) zugeordnet ist, wobei das Ruderblatt (100) aus zwei übereinander liegenden Ruderblattabschnitten (10, 20) besteht, wobei die dem Propeller (220) zugekehrten ein abgerundetes Profil aufweisenden Nasenleisten (11, 21) der beiden Ruderblattabschnitte (10, 20) derart positioniert sind, dass die eine Nasenleiste (11) vollständig nach Backbord (BB) oder Steuerbord (SB) und die andere Nasenleiste (21) vollständig nach Steuerbord (SB) oder Backbord (BB) versetzt sind, wobei die beiden Seitenwandflächen des Ruderblattes (100) in eine dem Propeller (220) abgewandte Endleiste (30) zusammenlaufen, wobei der obere Ruderblattabschnitt (10) ein Querschnittsprofil (12) aufweist, das von

a.) ... (weiter wie Anspruch 1 wie erteilt)

VI. Der Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 lautet wie folgt (Die Unterschiede zum Anspruch 1 wie erteilt sind im Fettdruck hervorgehoben; Hervorhebung durch die Kammer):

(Anspruch 1 wie erteilt)

c2.) und wobei die beiden Querschnittsprofile (12,22) der beiden Ruderblattabschnitte (10,20) spiegelverkehrt zueinander ausgebildet sind.

VII. Die Argumente der Beschwerde­führerin - soweit sie für die Entscheidung wesentlich waren - lauteten wie folgt:

Das Dokument D2 stamme aus dem Jahr 1929 und sei daher kein geeigneter Ausgangspunkt für die Frage, ob die strittige Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe oder nicht. Zu der Zeit seien schnelle Schiffe im Sinne der Erfindung nicht bekannt gewesen. Somit seien auch Kavitationsprobleme, also Erosion an Propeller und Ruderblatt durch Dampfblasenbildung aufgrund Turbulenzen leistungsstarker Antriebe seinerzeit nicht bekannt gewesen.

So sei auch kein Hinweis in D2, dass sich das dort offenbarte Ruderblatt für schnelle Schiffe eigne. Ansonsten seien alle Merkmale bis auf das Merkmal 10 in D2 offenbart (vgl. Merkmalsgliederung in der Beschwerdebegründung, Seite 9 ff), wonach die Fläche des Querschnittsprofils (12) des oben liegenden Ruderblattabschnittes (10) größer ist, als die Fläche des Querschnittsprofils (22) des unten liegenden Ruderblattabschnittes (20)(vgl. D2, Figur 1).

Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei zunächst die Aufgabe heranzuziehen, die in der Patentschrift der Erfindung genannt sei und das sei eben die Vermeidung von Kavitation. D2 indes setze sich lediglich mit der Effizienz von Antrieben auseinander. Das Problem der Kavitationsvermeidung werde durch das Merkmal 10 vorteilhaft beeinflusst.

Auch wenn nach unten hin sich verjüngende Ruderblätter allgemein im Stand der Technik bekannt seien, beruhe die erfindungsgemäße Auswahl schon deshalb auf einer erfinderischen Tätigkeit, da der Fachmann habe erkennen müssen, dass ein nach unten verjüngtes Ruderblatt einen positiven Einfluss auf Kavitationseffekte habe.

Die Erfindung gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dieser Anspruch definiere nun ausdrücklich, dass die Nasenleisten vollständig nach Backbord bzw. Steuerbord versetzt seien.

Dieses Merkmal könne nicht ohne erfinderisch tätig zu werden der D2 entnommen werden. Es sei zwar erwähnt, dass der Versatz über die gesamte Höhe des Ruderblatts konstant sein könne, aber da dies nur eine von mehreren Möglichkeiten sei, bedeute dies ja nicht, dass der Fachmann es auch zwangsläufig so ausführen müsse.

Das zusätzliche Merkmal von Anspruch 1 des Hilfsantrags 4, nämlich dass die beiden Querschnitts­profile (12,22) der beiden Ruderblattabschnitte (10,20) spiegelverkehrt zueinander ausgebildet sind, sei nicht in D2 offenbart und begründe im erfindungsgemäßen Gegenstand die erfinderische Tätigkeit. D2 offenbare lediglich eine Ähnlichkeit ("similar"), und das sei eben nicht genau spiegelverkehrt.

Das Merkmal spiegelverkehrt beschreibe dabei die Form, nicht aber die exakte Größe. Selbstverständlich sei es so, wie oben in Zusammenhang mit Merkmal 10 diskutiert, dass der obere Ruderblattabschnitt größer sein müsse, als der untere.

VIII. Die Beschwerdegegnerin begegnete diesen Argumenten wie folgt:

Der Gegenstand des erteilten Patents beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das einzige Merkmal, in dem sich D2 vom Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide, dort Figur 1, sei das Merkmal 10, wonach die Fläche des Querschnittsprofils (12) des oben liegenden Ruderblattabschnittes (10) größer ist, als die Fläche des Querschnittsprofils (22) des unten liegenden Ruderblattabschnittes (20).

Dabei sei es unerheblich, dass das Dokument D2 von 1929 stamme. Auch zu dieser Zeit habe es schon Schiffe gegeben, die 20 Knoten und mehr gefahren seien.

Der Fachmann, der mit dem Dokument D2 konfrontiert sei, sei alleine schon durch die Umsetzung der Schrift in einen realen Gegenstand mit der Frage konfrontiert, wie das Ruderblatt denn aus der Seitenansicht zu gestalten sei. Hierbei greife er auf sein allgemeines Fachwissen zurück. Dazu gehöre eben auch das Ruderblatt, welches sich nach unten hin verjüngt, siehe z.B. Spatenruder in D8. Somit besteht die Aufgabe in einer nicht erfinderischen Auswahl einer geeigneten und bekannten Ruderblattform. Dabei komme es auf das Kavitations­problem gar nicht an. Dieses sei im Übrigen in D2 schon hauptsächlich gelöst und zwar durch alle weiteren Merkmale des Anspruchs 1.

Auch die Klarstellung, dass die Nasenleisten vollständig nach Steuerbord bzw. Backbord geneigt sind, wie es der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 definiert, könne keine erfinderische Tätigkeit begründen. Dieses Merkmal sei ebenfalls in D2 offenbart. Dort sei ausgeführt, dass der Versatz über die gesamte Höhe eines Ruderblattabschnitts konstant sein könne.

Dasselbe treffe auch für das zusätzliche Merkmal c2 zu, wonach die beiden Querschnittsprofile (12,22) der beiden Ruderblattabschnitte (10,20) spiegelverkehrt zueinander ausgebildet sind. Das Dokument D2 offenbare dies nicht nur in den Figuren, sondern auch der Text weise darauf explizit darauf hin ("The section below the propeller axis is similar to that just described, but is to the opposite hand..."; Seite 2, Zeilen 3 bis 7). Schließlich sei auch im Streitpatent der obere Ruderblattabschnitt nicht genau spiegelbildlich zum unteren, der untere sei kleiner und weise weiterhin im unteren Bereich des Ruderblatts eine typische Abflachung auf. Insofern könne unter "spiegelbildlich" im Sinne des Streitpatents überhaupt nur eine qualitative Ähnlichkeit verstanden werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.

2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt unterscheidet sich von dem Ruderblatt gemäß Figur 1 der D2 unbestritten durch Merkmal 10 (vgl. Merkmalsgliederung in der Beschwerdebegründung, Seiten 9 ff.), wonach die Fläche des Querschnittsprofils (12) des oben liegenden Ruderblattabschnittes (10) größer ist, als die Fläche des Querschnittsprofils (22) des unten liegenden Ruderblattabschnittes (20).

2.2 Das Dokument D2 offenbart lediglich eine Profilansicht (Aufsicht) eines Ruderblatts mit den oben genannten Merkmalen. Somit ist die objektive Aufgabe ausgehend von D2 die Auswahl einer geeigneten Seitenansicht (eines Lateralplans) für ein Ruderblatt.

2.2.1 Die Patentinhaberin/Beschwerdeführerin trägt vor, dass sich die Aufgabe aus der Patentschrift ergebe und darin bestehe, dass Erosionserscheinungen am Ruder durch Kavitationsbildung vermieden werden sollen. Eine derartige Aufgabe könne sich schon deshalb nicht aus D2 heraus ergeben, da dieses Dokument aus dem Jahre 1929 stamme. Auch von daher sei D2 als Ausgangspunkt für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht geeignet.

2.2.2 Dazu ist zunächst festzustellen, dass Artikel 56 EPÜ die erfinderische Tätigkeit einer patentfähigen Erfindung in Abgrenzung zum gesamten Stand der Technik fordert und das Alter eines Dokuments per se keine Einschränkung dieses Grundsatzes darstellt. Daher darf gemäß Artikel 56 EPÜ die Erfindung auch nicht durch das Dokument D2 nahegelegt sein.

Das Dokument D2 setzt sich - wie die strittige Erfindung - mit der Verbesserung von Ruder­anlagen von Schiffen auseinander und weist bis auf Merkmal 10 alle Merkmale des Anspruchs 1 auf. Das Argument der Patent­inhaberin/Be­schwerde­führerin, dass sich jedoch D2 nicht an den Konstrukteur schneller Schiffe richten könne, da 1929 die Schiffe noch nicht derart schnell gewesen seien, als dass sich ein Kavitationsproblem gestellt hätte, kann nicht überzeugen, da der strittige Anspruch (auch nicht die Patentbeschreibung) keine inhärente Merkmale nennt, die das Ruderblatt für schnelle Schiffe besonders kennzeichnet; auch die Beschwerdeführerin hat keine vorgetragen. Die Patentschrift verweist explizit auch auf die Anwendung des erfindungsgemäßen Ruderblatts bei schwimmenden Plattformen, die typischerweise nicht als schnell zu bezeichnen sind, vgl. Patentschrift [0028]. Auf den Umstand, dass schon 1929 Schiffe bekannt waren, die Geschwindigkeiten von deutlich über 20 Knoten erreichten, kommt es daher nicht mehr an.

Daher stellt D2 einen legitimen Ausgangspunkt für die Evaluation der erfinderischen Tätigkeit dar, da das dort offenbarte Ruderblatt im Prinzip ohne weiteres auch für schnelle Schiffe geeignet ist.

2.2.3 Weiterhin definiert sich die objektive Aufgabe nach dem Aufgabe-Lösungsansatz ausgehend vom betrachteten nächsten Stand der Technik, vorliegend Dokument D2, und aus dem sich ergebenden Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und der in D2 offenbarten Ruderanlage, nämlich dem Merkmal 10, siehe oben.

D2 offenbart in der Figur 1 eine Profilansicht eines oberen und eines unteren Ruderblattabschnitts. Der Fachmann, der sich nun mit Dokument D2 auseinandersetzt mit dem Ziel, das dort offenbarte Ruderblatt konstruktiv umzusetzen, sieht sich vor die Aufgabe gestellt, die offenbarte Information mindestens um eine Seitenansicht zu vervollständigen. Dazu greift der Fachmann auf das allgemeine Wissen zurück und ergänzt die Lehre von D2 mit einem bekannten Lateralplan, wie etwa einem, der sich nach unten verjüngt. Derartige Ruderblätter sind als Spatenruder bekannt, vgl. z.B. Dokument D8.

Die Patentinhaberin/Beschwerdeführerin trägt vor, dass der Fachmann erst habe erkennen müssen, dass mit einem nach unten hin verjüngten Ruderblatt die Kavitations­effekte besonders gut in den Griff zu bekommen seien.

Dem stimmt die Kammer nicht zu. Schon allein durch den Bau des in D2 offenbarten Ruderblatts - ohne den Wunsch dieses zu verbessern - kommt der Fachmann in die Situation aus bekannten Ruderblatt-Seitenrissen auswählen zu müssen. Da seit langer Zeit nach unten hin verjüngte Ruderblätter bekannt sind und in unterschiedlichen Schiffstypen verwendet werden, geschieht die Auswahl genau dieses Ruderblatttyps im Zusammenhang mit der Umsetzung des Ruderblatts nach D2 in einen realen Gegenstand ohne erfinderisches Zutun.

Dabei spielte es keine Rolle, ob sich dabei - quasi zufällig - weitere positive Effekte, etwa hinsichtlich der Kavitationsvermeidung, ergeben.

3. Der jeweilige Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 oder Hilfsantrag 4 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.

3.1 Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 weist zusätzlich zum erteilten Anspruch 1 noch das Merkmal auf, dass die Nasenleiste vollständig nach Backbord bzw. Steuerbord versetzt ist.

3.2 Dieses Merkmal ist ebenfalls in D2 offenbart. Dokument D2, Seite 2, Zeilen 74 ff. beschreibt, dass der Offset, um den die Nasenleiste versetzt ist, konstant sein kann ("the amount by which the leading edge is offset may be constant...").

Die Auswahl dieses klar definierten Gestaltungs­hinweises, der in Zusammenhang mit der Figur 1 offenbart ist, kann keine erfinderische Tätigkeit begründen. Dabei teilt die Kammer nicht die Sichtweise der Patent­inhaberin/Be­schwerde­führerin, die argumentiert, dass der Fachmann schließlich aus den verschiedenen Möglichkeiten auswählen müsse ("may be constant") die offenbart seien, diese Auswahl aber eine erfinderische Tätigkeit begründe. Es handelt sich vielmehr um mehrere in gleicher Weise nahegelegte Ausführungsvarianten.

3.3 Auch das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 4 ist in D2 offenbart, nämlich dass die beiden Querschnittsprofile der beiden Ruderblatt­abschnitte spiegelverkehrt zueinander ausgebildet sind.

Dies ist eindeutig und unmittelbar der Figur 1 zu entnehmen.

3.4 Die Patentinhaberin/Beschwerdeführerin wendet ein, dass die Beschreibung der D2 diesbezüglich nur "ähnlich" ("similar", vgl. Seite 2, Zeilen 3 bis 7) offenbare und dass dies nicht zwangsläufig bedeuten müsse, dass die beiden Ruderblattabschnitte auch spiegelverkehrt zueinander ausgebildet seien, zumal die Figuren nur schematisch seien.

Das Merkmal "spiegelverkehrt" ist im Lichte des Streitpatents entsprechend weit auszulegen, da gemäß diesem Merkmal die Ruderblattprofile der Figur 4 und der Figur 5 als spiegelverkehrt verstanden werden müssen. Der obere Ruderblattabschnitt weist eine viel größere Fläche auf, als der untere. Auch zeigen die Figuren 2A und 2B im unteren Bereich vorne eine typische Abrundung. Somit ist das Merkmal "spiegelverkehrt" quasi qualitativ zu betrachten und entspricht vorliegend der Bedeutung von "similar".

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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