T 2224/14 () of 1.2.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T222414.20190201
Datum der Entscheidung: 01 Februar 2019
Aktenzeichen: T 2224/14
Anmeldenummer: 06025483.6
IPC-Klasse: A22C 7/00
A22C 11/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum Umverteilen von pastösem Füllgut
Name des Anmelders: Poly-clip System GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: TIPPER TIE technopack GmbH
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Haupt-und Hilfsanträge 1-4 (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1319/11
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 12. November 2014 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 797 761 gemäß Artikel 101(2) zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hatte am 25. November 2014 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung war am 6. März 2015 eingegangen.

II. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe Artikel 100 a) i.V.m. 54 und 56, und 100 b) EPÜ gestützt.

In einer ersten Entscheidung hatte die Einspruchsabteilung entschieden, das Patent wegen mangelnder Neuheit des Haupt- und Hilfsantrags gemäß Artikel 101(2) und 101(3) b) EPÜ zu widerrufen. In einer darauf folgenden Beschwerde T 1319/11 hatte die Kammer (in anderer Zusammensetzung) entschieden, die angefochtene Entscheidung bezüglich Neuheit aufzuheben und die Sache an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Einspruchsabteilung entschied daraufhin, den Einspruch zurückzuweisen, und hat dabei unter anderem das folgende Beweismittel berücksichtigt:

E2 = US 5,468,179

III. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung mit. Mit ihrer Eingabe vom 7. August 2018 hatte die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und mitgeteilt, dass sie nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen werde. Eine mündliche Verhandlung fand am 1. Februar 2019 unter Abwesenheit der Beschwerdeführerin statt.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines der Hilfsanträge 1 bis 4, alle eingereicht mit Schreiben vom 21. Juli 2015.

V. Der unabhängige Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Hauptantrag (erteilte Fassung)

"Herstellanlage für mit pastösem Füllgut gefüllte Würste mit einem Füllrohr (10), durch welches das Füllgut in eine über den Außenumfang des Füllrohres zugeführte schlauch- oder beutelförmigen Verpackungshülle (12) einbringbar ist, und

einer stromabwärts der Füllrohrmündung (14) angeordneten Verschließvorrichtung (20) zum Abteilen, Verschließen einer Wurst (26) mittels Verschlussklammern (18) und vereinzeln der verschlossenen Wurst (26), und einer stromabwärts der Verschließvorrichtung (20) angeordneten Vorrichtung (30) zum Umverteilen von pastösem Füllgut in einer verschlossenen, vereinzelten, schlauch- oder beutelförmigen Verpackungshülle (12) mit wenigstens zwei einander zugewandte erste Bandabschnitte (38, 40) aufweisenden Förderbändern (32, 34), so dass zwischen den ersten Bandabschnitten (38, 40) ein Durchlassquerschnitt (54) gebildet wird, und einem Antrieb (42, 44) für die Förderbänder (32, 34), welcher eingerichtet ist, diese mit den einander zugewandten Bandabschnitten (38, 40) im Wesentlichen gleichlaufend in Förderrichtung (46) anzutreiben,

dadurch gekennzeichnet, dass zwischen die Verschließvorrichtung (20) und die Vorrichtung (30) zum Umverteilen des Füllgutes ein aktiv angetriebenes Transportband (28) zum Abfördern und Zuführen der verschlossenen Wurst (26) eingeschaltet ist."

Hilfsantrag 1

Anspruch 1 wie Hauptantrag, mit folgendem Kennzeichen (Änderungen durch die Kammer hervorgehoben):

"... dadurch gekennzeichnet, dass zwischen die Verschließvorrichtung (20) und die Vorrichtung (30) zum Umverteilen des Füllgutes ein aktiv angetriebenes Transportband (28) zum Abfördern und Zuführen der verschlossenen Wurst (26) zu der Vorrichtung zum Umverteilen eingeschaltet ist."

Hilfsantrag 2

Anspruch 1 wie Hilfsantrag 1, mit folgendem Kennzeichen (Änderungen durch die Kammer hervorgehoben):

"... dadurch gekennzeichnet, dass zwischen die Verschließvorrichtung (20) und die Vorrichtung (30) zum Umverteilen des Füllgutes ein aktiv angetriebenes Transportband (28) zum Abfördern und Zuführen der verschlossenen Wurst (26) zu der Vorrichtung zum Umverteilen eingeschaltet ist, und

dass die Förderbänder (32, 34) so zueinander anstellbar sind, dass sich der Durchlassquerschnitt (54) in Förderrichtung (46) verjüngt."

Hilfsantrag 3

Anspruch 1 wie Hilfsantrag 2, mit folgendem Kennzeichen (Änderungen durch die Kammer hervorgehoben):

"... dadurch gekennzeichnet, dass zwischen die Verschließvorrichtung (20) und die Vorrichtung (30) zum Umverteilen des Füllgutes ein aktiv angetriebenes Transportband (28) zum Abfördern und Zuführen der verschlossenen Wurst (26) zu der Vorrichtung zum Umverteilen eingeschaltet ist,

dass die Förderbänder (32, 34) so zueinander anstellbar sind, dass sich der Durchlassquerschnitt (54) in Förderrichtung (46) verjüngt, und

dass die Förderbänder (32, 34) an einer gemeinsamen Tragstruktur angeordnet sind, wobei wenigstens eines der Förderbänder (32) von wenigstens zwei in Förderrichtung (46) versetzten und quer zur Förderrichtung (46) unabhängig verstellbaren Tragelementen (64, 66) gehalten wird, mittels denen sowohl der Durchlassquerschnitt (54) als auch die Anstellung der Förderbänder (32, 34) zueinander verändert werden kann."

Hilfsantrag 4

Anspruch 1 wie Hilfsantrag 3, mit folgendem Kennzeichen (Änderungen durch die Kammer hervorgehoben):

"... dadurch gekennzeichnet, dass zwischen die Verschließvorrichtung (20) und die Vorrichtung (30) zum Umverteilen des Füllgutes ein aktiv angetriebenes Transportband (28) zum Abfördern und Zuführen der verschlossenen Wurst (26) zu der Vorrichtung zum Umverteilen eingeschaltet ist,

dass die Förderbänder (32, 34) so zueinander anstellbar sind, dass sich der Durchlassquerschnitt (54) in Förderrichtung (46) verjüngt,

dass die Förderbänder (32, 34) an einer gemeinsamen Tragstruktur an geordnet sind, wobei wenigstens eines der Förderbänder (32) von wenigstens zwei in Förderrichtung (46) versetzten und quer zur Förderrichtung (46) unabhängig verstellbaren Tragelementen (64, 66) gehalten wird, mittels denen sowohl der Durchlassquerschnitt (54) als auch die Anstellung der Förderbänder (32, 34) zueinander verändert werden kann, und wobei

der Vorrichtung (30) zum Umverteilen des Füllgutes ein Formkasten (60) zur Formgebung der Wurst (26) nachgeschaltet ist."

VI. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgende Argumente vorgetragen:

Hauptantrag

Der technische Unterschied des in Anspruch 1 (s. Kennzeichen) zwischengeschalteten Transportbandes gegenüber E2 bestehe darin, dass in Anspruch 1 der Abstand zwischen Verschließvorrichtung und Umverteilvorrichtung durch ein gesondertes Laufband statt durch eine Verlängerung des unteren Laufbands 68 in E2 überbrückt werde. Der technische Effekt liege darin, dass auf ein einzelnes langes Laufband verzichtet werden könne. Die Aufgabe sei daher dahin zu formulieren, dass die Vorrichtung der E2 so umzugestalten sei, dass kein besonders langes Laufband benötigt werde. Es sei dem Fachmann geläufig, dass sich die Funktion eines langen Laufbandes durch zwei kürzere, gleich angetriebene ersetzen ließe. Anspruch 1 des Hauptantrags sei daher ausgehend von E2 für den Fachmann nahe gelegt und somit nicht erfinderisch.

Hilfsanträge 1-4

Anspruch 1 der Hilfsanträge 1-3 sei aus E2 (siehe Fig.5) vorbekannt. Die Nachschaltung eines Formkastens sei selbstverständlich, falls es die Formstabilität des Wurstprodukts erfordere. Anspruch 1 der Hilfsanträge sei daher für den Fachmann ebenfalls nahe gelegt, vgl. oben zum Hauptantrag. Daher beruhten auch die Hilfsanträge 1-4 auf keiner erfinderischen Tätigkeit.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen folgende Argumente vorgetragen:

Hauptantrag

Anspruch 1 unterscheide sich von E2 durch ein zwischengeschaltetes Transportband. Die in Abs. 0018 des Patents genannte modulare Anordnung werde mittels des getrennt angeordneten, aktiv angetriebenen Transportbands nach Anspruch 1 erreicht. Dies impliziere zahlreiche technische Effekte. So sei es möglich, die Arbeitsgeschwindigkeit der Anlage optimal anzupassen, und das Transportband in seiner Höhe zu verstellen. Dem gegenüber E2 unterscheidenden Transportband im Kennzeichen des Anspruchs 1 liege daher die Aufgabe zugrunde, die Herstellanlage der E2 so zu verbessern, dass deren Effizienz und Flexibilität erhöht würden. Hierzu finde der Fachmann aus E2 keine Anregung, auch nicht basierend auf seinem allgemeinem Fachwissen. Die Lehre der E2 führe zudem von einem getrennten Transportband weg, denn das dort in Fig.5 gezeigte untere Förderband 68 sei nicht aktiv angetrieben und bilde eine durchgehende Einheit mit der Umverteilvorrichtung 40, vgl. E2, Sp.2, Z.64-Sp.3 oben; und Sp.5, Z.66-Sp.6 oben. Auch der gezeigte Tisch 42 sei durchgehend am unteren Förderband 68 angebracht, welches nur beschränkt in der Höhe verstellbar sei. Ausgehend von E2 sei Anspruch 1 des Hauptantrags für den Fachmann somit nicht nahe gelegt und beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Hilfsanträge 1-4

Anspruch 1 der Hilfsanträge 1-3 erlaube gegenüber E2 eine unabhängige Ausbildung der Verstelleinrichtungen. Ein nachgeschalteter Formkasten nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 sei in E2 wegen der dort endgültigen Form der Wurstprodukte nicht vonnöten. Daher sei auch Anspruch 1 der Hilfsanträge 1-4 im Lichte der E2 erfinderisch.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag

2.1 Die erfinderische Tätigkeit des Anspruchs 1 wird ausgehend von Dokument E2 durch die Beschwerdeführerin bestritten. In T 1319/11 hatte die Kammer zur Neuheit entschieden, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 (erteilte Fassung) gegenüber der Offenbarung aus E2, siehe Figur 5, durch seine Merkmale im Kennzeichen unterscheidet, nämlich dadurch, dass zwischen die Verschließvorrichtung und die Vorrichtung zum Umverteilen des Füllgutes ein aktiv angetriebenes Transportband zum Abfördern und Zuführen der verschlossenen Wurst eingeschaltet ist. Im Hinblick auf die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Anspruchs 1 ist für die Kammer ausgehend von E2 als nächstkommendem Stand der Technik zunächst die diesen unterscheidenden Merkmalen zugrunde liegende Aufgabe nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz zu untersuchen.

2.2 Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass das gemäß Kennzeichen des Anspruchs 1 zwischengeschaltete Transportband zahlreiche technische Effekte bewirke und daher mehrere Verbesserungen für die in Anspruch 1 beanspruchte Herstellanlage biete. Diese Effekte impliziere auch die in Absatz 0018 des Patents angestrebte modulare Anordnung mittels dem zusätzlichen Transportband.

2.2.1 So sei es erstens möglich, mit einem solchen separaten Transportband die Arbeitsgeschwindigkeit der Anlage optimal anzupassen. Dadurch könne vorteilhaft auf unterschiedliche Produkte beim Füllen und Umverteilen reagiert werden. Denn das aktiv angetriebene Transportband könne mit einer von der Geschwindigkeit der Förderbänder der Umverteilvorrichtung unterschiedlichen Geschwindigkeit betrieben werden. Dies sei etwa bei niedrigviskosem Füllgut in dünnen Verpackungshüllen im Gegensatz zu hochviskosem Füllgut in relativ dickem Verpackungshüllenmaterial von Vorteil. Das Transportband könne durch die unterschiedliche Fördergeschwindigkeit zudem auch als Zwischenspeicher dienen, da der Produktionsprozess nicht zwingend kontinuierlich ablaufe.

2.2.2 Zweitens sei es möglich, ein solch separates Transportband in seiner Höhe zu verstellen, bzw. zu justieren. Dadurch könne vorteilhaft auf verschiedene Kaliber, also den Durchmesser des zu befüllenden Wurstprodukts reagiert werden. Es müsse nämlich dafür Sorge getragen werden, dass das Wurstprodukt sicher aufliege und nicht abkippe oder abknicke. Zudem sei es möglich, falls das untere Förderband der Umverteilungseinrichtung wegen einer nachfolgenden Station (z.B. Formkasten) tiefer liegen solle, also schräg gekippt werden müsse, an die Höhe der Verschließvorrichtung mit dem höhenjustierbaren Transportband anzuschließen.

2.2.3 Basierend auf den vorstehend abgeleitenden Effekten könne, ausgehend von E2, den Merkmalen des dazwischen eingeschalteten Transportbands im Kennzeichen des Anspruchs 1 folglich die Aufgabe zugrunde gelegt werden, die Herstellanlage der E2 so zu verbessern, dass deren Effizienz (präzisere Anpassung) und Flexibilität (verschiedene Produkte) erhöht werden.

2.3 Dem Vortrag der Beschwerdegegnerin vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Wie schon in T 1319/11 zu Figur 5 der E2 befunden, offenbart dieses Dokument ein unteres - durchgehendes - Transportband 68 (lower continuous conveyor 68), das die vereinzelte und verschlossene Wurst sowohl von der Verschließvorrichtung 36 (casing closing 36) abfördert und der Umverteilvorrichtung 40 (distributing and shaping 40) zuführt, als sie dann auch durch die Umverteilvorrichtung 40 fördert.

Mit anderen Worten ist für den Fachmann aus Figur 5 der E2 unmittelbar zu erkennen, dass nur die hintere Hälfte des unteren Transportbandes 68 zusammen mit dem oberen Förderband 76 (overhead belt 76) ein Umverteilen des pastösen Füllgutes bewirkt. Die vordere Hälfte des unteren Transportbandes 68 ist hingegen nicht am Umverteilen beteiligt, sondern dient lediglich dazu, die verschlossene Wurst in den Bereich der Umverteilvorrichtung 40 zuzuführen, also in den Bereich bis unterhalb des oberen Förderbandes 76 zu fördern. Vgl. auch E2, Spalte 7, Zeilen 7-50.

2.4 Der Argumentation der Beschwerdeführerin folgend, besteht durch die zweigeteilte Funktionalität des unteren Transportbandes 68 der technische Unterschied des Gegenstandes nach Anspruch 1 gegenüber E2 für den Fachmann folglich darin, dass die Übergabe der verschlossenen Wurst von der Verschließvorrichtung 36 an die Vorrichtung 40 zum Umverteilen nicht durch den vorderen Teil eines durchgehenden unteren Transportbands 68 erfolgt, sondern durch ein separates unteres Transportband vor der Umverteilvorrichtung 40.

2.5 Die technische Wirkungsweise des gegenüber E2 nun separaten unteren Transportbandes gemäß Kennzeichen des Anspruchs 1 erschließt sich für den Fachmann zum Anmeldetag aus Absatz 0019 der Anmeldung (wie veröffentlicht), vgl. auch Absatz 0018 des Streitpatents. Unbestritten ist dort zu entnehmen, dass eine solche Weiterbildung der Herstellanlage einen modularen Aufbau bekannter Herstellanlagen darstellt, bei dem die Vorrichtung zum Umverteilen bei Bedarf, d.h. bei Herstellung von formbaren Wurstprodukten, eingefügt und ansonsten entfernt werden kann.

Nur der Vollständigkeit halber ergänzt die Kammer, dass unter Absatz 0018 der Patentschrift bzw. Absatz 19 der Anmeldung (wie veröffentlicht) zwar auch eine Ausrichtung des separaten Transportbandes und der Umverteilvorrichtung aufeinander gefordert ist. Merkmale, die eine solche Ausrichtung ermöglichen und diese Wirkung tatsächlich erzielen, siehe z.B. Absatz 0027 der Patentschrift, sind aber nicht im Anspruchswortlaut enthalten. Jedenfalls ist eine solche gegenseitige Ausrichtung bei einem durchgehenden Transportband wie dem Transportband 68 aus E2 naturgemäß bereits bekannt. Zudem erfolgen auch in E2 bereits Höhenjustierung (vertikale Gewindespindeln) und dadurch Anpassung an verschiedene Kaliber der Wurstprodukte.

2.6 Im Gegensatz zur Ansicht der Beschwerdegegnerin vermag der Fachmann der Anmeldung ansonsten keine besonderen technischen Wirkungsweisen aus der alleinigen Anordnung eines separaten Transportbands zwischen Verschließvorrichtung und Umverteilvorrichtung abzuleiten. Insbesondere kann aus Sicht der Kammer der Patentschrift und der Anmeldung zum Anmeldetag nicht entnommen werden, dass dadurch ganz bestimmte Einstellungen der Fördergeschwindigkeit oder der Höhe bzw. Neigung des separaten Transportbandes erfolgen können oder sollen, um auf diese Weise die von der Beschwerdegegnerin vorgetragenen speziellen technischen Effekte zu erzielen, vgl. oben unter Punkt 2.2.

Auch der alleinige Umstand des in der Anmeldung angestrebten modularen Aufbaus schließt bestimmte Verstellbarkeiten des hierzu vorgesehenen separaten Transportbandes, ganz zu schweigen von bestimmten angeblich erzielbaren Wirkungen, nicht automatisch mit ein. Die ursprüngliche Anmeldung offenbart lediglich, dass das separate Transportband aktiv angetrieben wird, ohne auf Besonderheiten des Antriebs abzustellen.

2.7 Zusammenfassend ist die Kammer daher der Ansicht, dass der gegenüber E2 gemäß Anspruch 1 separaten Anordnung des vorderen Teils des unteren Transportbands 68 die Aufgabe zugrunde liegt, die Umverteilvorrichtung einer Herstellanlage nach E2 modular aufzubauen.

2.8 Ausgehend von der Herstellanlage aus Figur 5 der E2 ist für den Fachmann aufgrund der zweigeteilten Funktionalität des unteren Transportbandes 68 und basierend auf seinem allgemeinem Fachwissen eine entsprechende bauliche Zweiteilung des unteren Transportbandes 68 eine geläufige und daher naheliegende Vorgehensweise, um gegenüber der Vorrichtung 40 zum Umverteilen einen modularen Aufbau der Herstellanlage zu erreichen.

Darüber hinaus ist ein aktiver Antrieb eines solcherart zwischengeschalteten separaten Transportbandes eine für den Fachmann nahe gelegte Antriebsart. Dies umso mehr, als das untere durchgehende Transportband 68 in Figur 5 bereits aktiv angetrieben wird, vgl. E2, Spalte 7, Zeilen 7-9, und Figur 5: "motor means 74".

2.9 Die Beschwerdegegnerin wendet ein, dass die Lehre der E2 den Fachmann von einer solchen Modifikation, also einer Zweiteilung des in Figur 5 gezeigten unteren durchgehenden Transportbandes 68, wegführen würde. So beschreibe E2 kein aktiv angetriebenes Förderband, denn das untere Band sei vielmehr als integraler Bestandteil des Antriebs der Umverteilvorrichtung 40 zu verstehen, vgl. E2, Spalte 2, Zeile 64 bis Spalte 3, Zeile 3. Der beschriebene Tisch 42 ("table means" bzw. "table support 42") stelle einen durchgehenden Tisch dar, der mit der Umverteilvorrichtung 40 und ihrem unteren durchgehenden Förderband 68 eine integrale Einheit als Station 40 ("station 40") bilde, vgl. E2, Spalte 5, Zeile 66 bis Spalte 6, Zeile 1. Das durchgehende Förderband 68 sei in E2 folglich als Einheit zu verstehen.

2.10 Die Kammer vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die in E2 offenbarten Stationen ("stations"), z.B. die Verschließvorrichtung 36 und die Umverteilvorrichtung 40, zwar als integrale Einheit auf dem in Figur 5 gezeigten Tisch 42 ("table support 42") befestigt sein können, aber nicht müssen, vgl. E2, Spalte 5, Zeilen 66,67: "All such stations may be mounted integrally ...". E2 schließt die Möglichkeit modular angeordneter Stationen folglich nicht aus. Zudem wird dem Fachmann ein aktiver Antrieb, und damit auch im vorderen Teil des unteren Förderbandes 68, suggeriert, siehe oben ("motor means 74"). Und schließlich hat die Kammer auch keine Bedenken, dass der Fachmann nicht in der Lage sein würde, ein separates Transportband zwischen der Verschließvorrichtung 36 und der Umverteilvorrichtung 40 der E2 anzuordnen, beispielsweise unter Zuhilfenahme von in Figur 5 gezeigten (höhenverstellbaren) Gewindespindeln.

2.11 Aus dem Vorstehenden kommt die Kammer zum Schluss, dass der Fachmann, ausgehend von einer Herstellungsanlage nach Figur 5 der E2, ein aktiv angetriebenes Transportband zwischen Verschließvorrichtung 36 und Vorrichtung 40 zum Umverteilen ohne Weiters vorsehen würde, wenn ihm die Aufgabe gestellt wird, die Umverteilvorrichtung einer Herstellanlage nach E2 modular aufzubauen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags (wie erteilt) ist folglich im Lichte der E2 und allgemeinem Fachwissen nahegelegt.

2.12 Der Hauptantrag erfüllt daher nicht die Erfordernisse der erfinderischen Tätigkeit.

3. Erfinderische Tätigkeit - Hilfsanträge 1 bis 4

3.1 Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 entgegen der Lehre der E2 insbesondere eine unabhängige Ausbildung der Verstelleinrichtungen zum Einstellen der vertikalen Höhe der jeweiligen Förder- bzw. Transportbänder erlaubten. Zudem erhielten die Wurstprodukte in E2 bereits ihre endgültige Form, ein nachgeschalteter Formkasten wie in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 sei nicht vonnöten.

3.2 Die Kammer folgt hingegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die zusätzlichen Merkmale in Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 bereits aus E2 in Zusammenhang mit der Vorrichtung 40 zum Umverteilen offenbart sind, siehe E2, Figur 5. So verjüngt sich insbesondere der Durchlassquerschnitt in Förderrichtung, da das obere Förderband 76 geneigt ist, vgl. E2, Spalte 7, Zeilen 32 bis 36. Weiterhin sind die Förderbänder 68 und 76 unmittelbar bzw. mittelbar an der Unterlage 42 ("table support 42") angeordnet, die eine gemeinsame Tragstruktur bildet. Das obere Förderband 76 ist von zwei in Förderrichtung versetzten und quer zur Förderrichtung unabhängig verstellbaren Tragelementen gehalten, vgl. E2, Spalte 7, Zeilen 24 bis 27. Ausgehend von E2 ist daher die Basis für die Anwendung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes bei den Hilfsanträgen 1 bis 3 gegenüber dem Hauptantrag unverändert. Der Gegenstand von Anspruch 1 dieser Hilfsanträge ist deswegen aus denselben Gründen wie der Hauptantrag für den Fachmann nahe gelegt.

3.3 Wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, beruht das zusätzliche Merkmal "Formkasten zur Formgebung der Wurst" in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 auf einer fachüblichen Maßnahme zur weiteren Umformung von Würsten. Ein Fachmann wird es immer dann anwenden, wenn die mit einer durch Förderbänder gebildete Vorrichtung zum Umverteilen erzielbare Umverteilung nicht ausreichend ist, oder wenn er nicht-lineare (z.B. krumme) Würste produzieren möchte. Dieses Merkmal wird außerdem bereits in E2 im Zusammenhang mit dem Stand der Technik beschrieben, vgl. E2, Spalte 1, Zeile 53 und 54; und Spalte 2, Zeile 30-32. Ausgehend von E2 würde ein Fachmann daher ebenso auf naheliegende Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 gelangen.

3.4 Auch die Hilfsanträge 1 bis 4 erfüllen daher nicht die Erfordernisse der erfinderischen Tätigkeit.

4. Die Kammer schließt aus diesen Gründen, dass, im Gegensatz zur angegriffenen Entscheidung, wenigstens ein Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht (Hauptantrag). Da auch die von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Hilfsanträge nicht gewährbar sind, ist das Patent somit nach Artikel 101(2) und 101(3)b) EPÜ zu widerrufen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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