European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T220514.20170622 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 22 Juni 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2205/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07847943.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01D 53/86 B01J 23/889 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | REINIGUNGSANLAGE FÜR GASE | ||||||||
Name des Anmelders: | Beko Technologies GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Zulässigkeit geänderter Patentansprüche nach Regel 137(5) EPÜ (ja) Änderungen - unzulässige Erweiterung (nein) Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hauptantrag (ja) Neuheit - Hauptantrag (ja) Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Kombination bekannter Merkmale |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 07847943.3 Beschwerde eingelegt.
II. Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, dass im Hinblick auf folgende Entgegenhaltungen
D1: US-A-5 114 692 und
D3: WO-A-0 025 901
die Anmeldung in der Fassung des der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden Anspruchssatzes nicht den Erfordernissen der Neuheit bzw. der erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 52(1) i.V.m. Artikel 54(1),(2) bzw. 56 EPÜ genüge. So sei insbesondere die Reinigungsanlage nach Anspruch 1 nicht neu gegenüber D1. Darüber hinaus sei dieser Anspruch auch unter Artikel 84 EPÜ zu beanstanden, da er teilweise durch ein Verfahren definiert werde.
III. V. Im Abschnitt "ZUSÄTZLICHE VERMERKE" stellt die Prüfungsabteilung fest, dass "[i]m Falle einer Abhilfe... eine anfängliche Prüfung des Verfahrensanspruchs im Hinblick auf Regel 137(5) EPÜ [erfolgt]" und dass der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende unabhängige Verfahrensanspruch auf einen "nicht recherchierten Gegenstand" gerichtet sei, da "ausschließlich Vorrichtungsansprüche zur Recherche unterworfen wurden". Des weiteren heißt es in diesem Abschnitt: "Kernpunkt der Erfindung ist es, den sprunghaften Anstieg der Temperatur des Hopcalitmaterials zu registrieren... Der zu schützende Gegenstand ist somit ein Verfahren, das aber nicht mittels einer Vorrichtung beansprucht werden darf" (Hervorhebung im Original).
IV. Mit Schreiben vom 21. Juni 2017 reichte die Beschwerdeführerin einen geänderten Hauptantrag ein.
V. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 6 des Hauptantrags lauten wie folgt:
"1. Reinigungsanlage (20) zur Abtrennung von Kohlenwasserstoffen aus einem Gas, mit einem zur Durchleitung von Gasen geeigneten Konvertergehäuse (32), einem darin angeordneten Katalysatormaterial, das mit Hilfe einer Wärmequelle (34) von außerhalb des Konvertergehäuses (32) erwärmt wird, und mindestens einem Temperaturfühler (36), der die Temperatur des Hopcalits ermittelt, dadurch gekennzeichnet, dass
- zusätzlich eine Wärmequelle im Inneren des Konvertergehäuses angeordnet ist,
- das Katalysatormaterial Kugeln aus Aluminiumoxid, die mit Hopcalit beschichtet sind, sowie reines Hopcalit enthält,
- die Reinigungsanlage (20) derart ausgeführt ist, dass sie sich abschaltet oder ein Alarmsignal ausgegeben wird, wenn ein sprunghafter Temperaturanstieg von dem Temperaturfühler registriert wird."
"6. Verfahren zur Abtrennung von Kohlenwasserstoffen aus einem Gas und zur Ermittlung eines erhöhten Kohlenwasserstoffeintrags in einer Reinigungsanlage (20) mit einem zur Durchleitung von Gasen geeigneten Konvertergehäuse (32), einem darin angeordneten Katalysatormaterial und mindestens einem Temperaturfühler (36), gekennzeichnet durch die Verfahrensschritte
- Erwärmen des Katalysatormaterials mit Hilfe einer Wärmequelle von außerhalb des Konvertergehäuses (32) und einer Wärmequelle, die im Innern des Konvertergehäuses (32) angeordnet ist,
- Durchleiten eines Gases durch innerhalb des Konvertergehäuses (32) angeordnetes Katalysatormaterial bestehend aus mit Hopcalit beschichteten Kugeln aus Aluminiumoxid und reinem Hopcalit,
- Messen der Temperatur des Hopcalits mit Hilfe des Temperaturfühlers (36),
- Ausgeben eines Alarmsignals oder sofortiges Abschalten der Reinigungsanlage (20) bei sprunghafter Erwärmung des Hopcalits."
Die Ansprüche 2 bis 5 sind von Anspruch 1 abhängig und beschreiben bevorzugte Ausführungsformen der beanspruchten Reinigungsanlage.
VI. Die Beschwerdeführerin trug im Wesentlichen wie folgt vor:
Die Ansprüche erfüllen die Erfordernisse des EPÜ. Insbesondere seien sie klar. Ebenso sei die Erkenntnis, Hopcalit als Indikatormaterial einzusetzen, d.h. ein Abschalten bzw. Ausgeben eines Alarmsignals auf Basis eines sprunghaften Temperaturanstiegs von Hopcalit vorzusehen, dem bekannten Stand der Technik nicht zu entnehmen.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragt die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des mit Schreiben vom 21. Juni 2017 eingereichten Hauptantrags. Hilfsweise beantragt sie die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des mit dem Schreiben vom 20. Januar 2017 eingereichten Hilfsantrags.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Zulässigkeit nach Regel 137(5) EPÜ
1.1 Die ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen, welche die Grundlage der Recherche bildeten, enthalten keinen unabhängigen Verfahrensanspruch sondern lediglich auf eine "Reinigungsanlage" gerichtete Ansprüche. Es stellt sich somit die Frage, ob der Anspruchssatz gemäß dem Hauptantrag das Zulässigkeitserfordernis nach Regel 137(5) EPÜ erfüllt (vgl. auch die Ausführungen der Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung, Punkt III supra).
Gemäß Regel 137(5), Satz 1, EPÜ "[dürfen sich ge]änderte Ansprüche... nicht auf nicht recherchierte Gegenstände beziehen, die mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung oder Gruppe von Erfindungen nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden sind."
1.2 Der unabhängige Verfahrensanspruch 6 umfasst alle Merkmale des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1, d.h. im Verfahren nach Anspruch 6 kommt eine Reinigungsanlage zur Verwendung, die alle Merkmale des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 aufweist. Zusätzlich weist die verwendete Reinigungsanlage noch die Merkmale der ursprünglich eingereichten Ansprüche 3 und 6 auf (zusätzliche Wärmequelle innerhalb des Konvertergehäuses; mit Hopcalit beschichtete Aluminiumoxidkugeln). Darüber hinaus geht nunmehr aus Anspruch 6 klar hervor, wozu die Messung der Temperatur des Hopcalits dient, nämlich dem Ausgeben eines Alarmsignals bzw. dem sofortigen Abschalten der Reinigungsanlage bei sprunghafter Erwärmung des Hopcalits. Der Verfahrensschritt der Ermittlung der Temperatur des Hopcalits war bereits im ursprünglichen Anspruch 1 offenbart. Auch die Prüfungsabteilung vertrat in der angefochtenen Entscheidung mit Verweis auf Seite 5, dritter vollständiger Absatz, die Meinung, dass der Kern der Erfindung ein Verfahren darstelle (siehe Punkt III supra). In der Tat stellt die ursprüngliche Beschreibung darauf ab, reinen Hopcalit als Indikator für einen Temperaturanstieg zu verwenden, um ein Alarmsignal auszugeben bzw. die Anlage abzuschalten (Seite 5, dritter vollständiger Absatz). Der nunmehr hinzugefügte unabhängige Verfahrensanspruch lässt sich somit zweifelsohne dem ursprünglichen, der Erfindung zu Grunde liegenden Konzept, wie dies aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen und Beschreibung hervorgeht, unterordnen (vgl. T 1640/07, Punkt 5, erster Absatz, der Entscheidungsgründe).
1.3 Regel 137(5) EPÜ steht daher der Zulässigkeit des Anspruchssatzes des Hauptantrags nicht entgegen.
2. Hauptantrag - Artikel 123(2) EPÜ
2.1 Anspruch 1 findet seine Grundlage in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 3 und 5 sowie auf Seite 5, zweiter und dritter vollständiger Absatz und Seite 3, letzter Absatz. In Anspruch 1 fehlt zwar die Passage "welches sich bei einem erhöhten Kohlenwasserstoffgehalt im Gas sprunghaft erwärmt", es geht aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen jedoch unmittelbar und eindeutig hervor, dass dieses Merkmal ein inhärentes Merkmal von reinem Hopcalit ist, der nach wie vor in Anspruch 1 enthalten ist (Seite 5, dritter vollständiger Absatz). Entsprechendes gilt für den unabhängigen Verfahrensanspruch 6.
2.2 Die Ansprüche 2, 3 und 5 gehen auf die ursprünglich eingereichten Ansprüche 2, 4 und 8 zurück. Anspruch 4 findet seine Grundlage im ursprünglich eingereichten Anspruch 7 i.V.m. dem die Seiten 5 und 6 überspannenden Absatz.
2.3 Das Erfordernis nach Artikel 123(2) EPÜ ist daher erfüllt.
3. Klarheit - Artikel 84 EPÜ
3.1 In Anspruch 1 ist nunmehr klargestellt, dass es sich um eine Vorrichtung handelt (vgl. "derart ausgeführt ist, dass..."). Die diesbezüglichen Beanstandungen seitens der Prüfungsabteilung (Punkt 2 der Begründung) sind daher jedenfalls ausgeräumt.
3.2 Das Erfordernis der Klarheit der Ansprüche nach Artikel 84 EPÜ ist daher erfüllt.
4. Hauptantrag - Neuheit
4.1 Keines der im Prüfungsverfahren bzw. im Recherchebericht zitierten Dokumente offenbart eine Reinigungsanlage, wie sie in Anspruch 1 definiert wird. Insbesondere offenbart keines dieser Dokumente eine Reinigungsanlage mit Katalysatormaterial enthaltend Kugeln aus Aluminiumoxid, die mit Hopcalit beschichtet sind, sowie reines Hopcalit. Die Kammer verweist in diesem Zusammenhang auf die angefochtene Entscheidung, aus der hervor geht, dass die Prüfungsabteilung die Ansicht vertrat, dass es nahegelegen habe, Aluminiumoxidkugeln in einer Vorrichtung nach D1 zu verwenden (siehe Punkt 3.1 der Begründung, letzter Satz). Entsprechendes gilt für den unabhängigen Verfahrensanspruch 6 und die abhängigen Ansprüche.
4.2 Die Ansprüche erfüllen somit das Erfordernis der Neuheit nach Artikel 54(1),(2) EPÜ.
5. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
5.1 Die Erfindung betrifft eine Reinigungsanlage zur Abtrennung von Kohlenwasserstoffen aus einem Gas.
5.2 Die Kammer schließt sich der Prüfungsabteilung darin an, dass als nächstliegender Stand der Technik D1 anzusehen ist.
D1 offenbart alle Merkmale des Oberbegriffs von Anspruch 1 (Spalte 4, Zeile 14 und Zeilen 21 ff). Die Merkmale des kennzeichnenden Teils von Anspruch 1 sind darin nicht offenbart.
5.3 Gemäß der Anmeldung bestand die zu lösende Aufgabe darin, eine Reinigungsanlage bereit zu stellen, welche insbesondere eine hohe Effektivität besitzt, hohen Sicherheitsanforderungen gerecht wird und kostengünstig bzw. einfach herstellbar ist (Seite 4, zweiter Absatz).
5.4 Nach Anspruch 1 wird vorgeschlagen, diese Aufgabe durch eine Reinigungsanlage zu lösen, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass im Inneren des Konvertergehäuses eine zusätzliche Wärmequelle angeordnet ist, das Katalysatormaterial sowohl mit Hopcalit beschichtete Aluminiumoxidkugeln als auch reines Hopcalit enthält und die Reinigungsanlage derart ausgeführt ist, dass sie sich abschaltet bzw. ein Alarmsignal ausgegeben wird, wenn ein sprunghafter Temperaturanstieg registriert wird.
5.5 Es besteht kein Zweifel, dass die Aufgabe gelöst wird. So führt die Bereitstellung von mit Hopcalit beschichteten Kugeln zu einer Vereinfachung bzw. zu einer kostengünstigeren Bereitstellung des Aufbaus der Anlage. Und die zusätzliche Wärmequelle im Inneren des Konvertergehäuses führt zu einer gleichmäßigeren Temperaturverteilung (vgl. Seite 3, erster vollständiger Absatz, der Anmeldung).
5.6 Was das Naheliegen betrifft, so kann keinem der zitierten Dokumente die Kombination aus mit Hopcalit beschichteten Aluminiumkugeln und reinem Hopcalit, einer innere Wärmequelle und einer Einrichtung zum Abschalten bzw. Ausgeben eines Alarmsignals bei sprunghaftem Temperaturanstieg entnommen werden. Zwar offenbart D3 Aluminiumoxid als Katalysatorträger für Hopcalit (Ansprüche 12 und 13; Seite 5, Zeilen 12 ff; Seite 7, Zeilen 14 und 15). D3 kann jedoch insbesondere das Konzept des Abschaltens bzw. Ausgebens eines Alarmsignals nicht entnommen werden.
5.7 Der Gegenstand von Anspruch 1 erfüllt somit das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ. Entsprechendes gilt für den Verfahrensanspruch 6 und die abhängigen Vorrichtungsansprüche 2 bis 5.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent auf der Grundlage des mit Schreiben vom 21. Juni 2017 eingereichten, sechs Ansprüche umfassenden Hauptantrags, der ursprünglich eingereichten Zeichnungsseiten 1/2 und 2/2 sowie einer noch anzupassende Beschreibung zu erteilen.