European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T164007.20091210 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 Dezember 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1640/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03011409.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60H 1/22 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Elektrisches Heizgerät, insbesondere für eine Fahrzeugheizung oder eine Fahrzeugklimaanlage | ||||||||
Name des Anmelders: | Behr GmbH & Co. KG, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulassung der Anträge (ja) Zurückverweisung (ja) Rückzahlung der Beschwerdegebühr (nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 03 011 409.4 wurde von der Prüfungsabteilung mit der am 17. Juli 2007 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen. Nach einer ersten Mitteilung vom 11. August 2005, in der die mangelnde Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 bemängelt wurde, unter anderem im Hinblick auf die Dokumente D1 (DE-A1-101 21 904) und D3 (FR-A-2 798 095), entschied die Prüfungsabteilung nach einer weiteren Mitteilung (datiert 10. Februar 2006) sowie nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung (datiert 20. März 2007), die wegen des angekündigten Fernbleibens der Anmelderinnen aufgehoben wurde, dass der Gegenstand des geänderten am 5. April 2006 eingereichten Anspruchs 1 nicht den Erfordernissen von Art. 82 EPÜ 1973 in Verbindung mit Regel 86 (4) EPÜ 1973 genügte.
Dagegen wurde von den Anmelderinnen (Beschwerdeführerinnen) am 1. August 2007 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 18. September 2007 eingereicht.
II. In der der Ladung vom 17. September 2009 beigefügten Mitteilung gemäß Art. 15 (1) VOBK teilte die Kammer den Beschwerdeführerinnen mit, dass die angegriffene Entscheidung auf nicht nachvollziehbaren Gründen basiert, insbesondere auf eine nicht richtige Anwendung der Regel 86(4) EPÜ 1973 in Verbindung mit Art. 82 EPÜ 1973. Weiterhin wurde mitgeteilt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1, welcher mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde und mit dem Gegenstand des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Anspruchs 1 vom 5. April 2006 identisch ist, von dem Stand der Technik gemäß D3 und D5 (JP-A-56 154 397) neuheitsschädlich getroffen war.
III. Mit Fax-Schreiben vom 10. November 2009 reichten die Beschwerdeführerinnen einen neuen Hauptantrag und einen neuen Hilfsantrag ein.
IV. Es wurde am 10. Dezember 2009 mündlich verhandelt. Die Beschwerdeführerinnen beantragten die Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag oder Hilfsantrag, beide eingereicht in der mündlichen Verhandlung, zu erteilen. Des Weiteren haben sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt.
Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
"Vorrichtung zur Erwärmung der Kabinenluft eines Kraftfahrzeugs umfassend
eine erste Komponente (6,6',6"), welche mit einer elektrischen Stromquelle verbunden ist, und deren Temperatur sich in Abhängigkeit eines durch die erste Komponente (6,6',6") fließenden Stromes änderbar ist und
eine zweite Komponente (7) zum Halten der ersten Komponente (6,6',6"), die mit der ersten Komponente (6,6',6") verbunden ist, wobei
die erste Komponente (6,6',6") derart beweglich angeordnet ist, dass durch eine Bewegung der ersten Komponente (6,6',6") die Strömungsrichtung eines innerhalb der Vorrichtung (1) strömenden Mediums (p) wenigstens teilweise änderbar ist, wobei die erste Komponente (6,6',6") und die zweite Komponente (7) um eine vorgegebene Achse (a) drehbar sind, wobei die erste Komponente (6,6',6") in wenigstens zwei Stellungen verdrehbar ist, dadurch gekennzeichnet,
dass in einer Stellung der Durchgang des Mediums (p) durch die Vorrichtung (1) verhinderbar ist."
V. Die Beschwerdeführerinnen führten aus, dass der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Hauptantrag bzw. Hilfsantrag nicht verspätet sei, da sie diese Anträge als Reaktion auf die während der Verhandlung vorgetragenen Einwände der Kammer zur Klarheit des mit Fax vom 10. November 2009 eingereichten Anspruchs 1 beider Anträge vorgelegt haben. Zudem sei die Prüfung der vorliegenden Anmeldung während des erstinstanzlichen Prüfungsverfahrens nicht vollständig erfolgt, da die Bescheide der Prüfungsabteilung sich im Wesentlichen mit der Frage der Einheitlichkeit der Erfindung nach Art. 82 EPÜ 1973 in Verbindung mit Regel 86 (4) EPÜ 1973 auseinandergesetzt haben. Somit hätten die Beschwerdeführerinnen keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme betreffend die weiteren Fragen der Patentierbarkeit der vorliegenden Anmeldung gehabt. Die Anmelderinnen hätten aber ein Recht auf eine vollständige Prüfung der Anmeldung.
Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag trage sowohl den Bemerkungen der Kammer zur Frage der Neuheit in der Mitteilung vom 17. September 2009 als auch der in der mündlichen Verhandlung diskutierten Frage der Klarheit Rechnung. Insbesondere sei der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 sowohl im Hinblick auf D1, als auch auf D3 und D5 neu.
Die Beschwerdeführerinnen beantragen die Rückerstattung der Beschwerdegebühr, da sie der Auffassung seien, dass die falsche Anwendung der Regel 86 (4) EPÜ 1973, wie in der Mitteilung der Kammer erläutert, in Verbindung mit den besonderen Umständen des vorliegenden Prüfungsverfahrens dies rechtfertige. Die Prüfungsabteilung sei in drei verschiedenen Bescheiden mit Beharrlichkeit im Wesentlichen der einen und derselben Rechtsfrage nachgegangen, wobei folglich die Prüfungsbescheide unvollständig gewesen seien, da die weiteren Fragen des materiellen Patentrechts ausgelassen worden seien. Die Anmelderinnen seien somit durch die unvollständige Prüfung der Sache in eine Sackgasse getrieben worden und der einzige Ausweg habe sich durch die Zurückweisungsentscheidung und das nachfolgende Einlegen der Beschwerde ergeben.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist zunächst in formaler Hinsicht nicht prima facie unzulässig, da sich einerseits die hinzugefügten Merkmale aus dem ursprünglich eingereichten Anspruch 7 (siehe veröffentlichte Anmeldung, im Folgenden als EP-A bezeichnet) und aus der ursprünglich eingereichten Beschreibung ergeben (EP-A, Absätze [0015], [0026]) und andererseits weist der Anspruch 1 auch keine gravierenden oder unheilbaren Klarheitsmängel auf. Weiterhin ist angesichts des Ablaufs des Prüfungsverfahrens vor der ersten Instanz festzustellen, dass die für die Patentierbarkeit wesentlichen Aspekte der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit nur anfänglich erörtert worden sind, da lediglich der erste Bescheid der Prüfungsabteilung sich eingehend mit der Frage der Neuheit beschäftigt. Insbesondere wurde die Neuheit des Gegenstands des am 5. April 2006 eingereichten Anspruchs 1 nicht diskutiert, obwohl dies, wie in der Mitteilung der Kammer erfolgt, ohne weiteres anhand der Dokumente D3 und D5 möglich gewesen wäre. Aus diesen Fakten lässt sich eindeutig schließen, dass die Anmelderinnen die besagten Umstände des Ablaufs des Prüfungsverfahrens nicht allein und nicht in besonderem Maße zu verantworten haben.
Unter Berücksichtigung der angegebenen Gründe entschied die Kammer den Hauptantrag und den Hilfsantrag der Beschwerdeführerinnen zum Verfahren zuzulassen (Art. 13 (1) VOBK, ABl. EPA 2007, 536).
3. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag wurde korrekt gegenüber den Dokumenten D5 bzw. D3 abgegrenzt. Das kennzeichnende Merkmal des Anspruchs, wonach "in einer Stellung der Durchgang des Mediums (p) durch die Vorrichtung (1) verhinderbar ist", ist weder aus D5 noch aus D3 bekannt. Insbesondere ist in der in D5 gezeigten Vorrichtung das Bauelement oder Heizelement 19 lediglich für die Einstellung der Richtung des ausgeblasenen Luftstroms zuständig (siehe D5, Figur und Abstract). In der in D3 gezeigten Vorrichtung ist das Heizelement 16 (Figur 1) schwenkbar angeordnet und kann deshalb den Luftdurchfluss beeinflussen, aber nicht verhindern.
4. Im Hinblick auf den oben geschilderten Ablauf des Prüfungsverfahrens vor der ersten Instanz, insbesondere wegen der bislang nur eingeschränkt erfolgten Betrachtung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit, erachtet es die Kammer als angemessen, die Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen, um die Prüfung auf der Basis des vorliegenden Hauptantrags bzw. Hilfsantrags fortzusetzen (Art. 111 (1) EPÜ 1973).
5. Betreffend den Antrag der Beschwerdeführerinnen auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr ist Folgendes zu berücksichtigen. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung beruht auf einer unkorrekten Anwendung der Regel 86 (4) EPÜ 1973. Entsprechend dieser Regel dürfen sich geänderte Patentansprüche "nicht auf nicht recherchierte Gegenstände beziehen, die mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung oder Gruppe von Erfindungen nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden sind". Demnach ist bei Anwendung dieser Regel lediglich festzustellen, ob sich die hinzugefügten Merkmale der ursprünglichen allgemeinen erfinderischen Idee, wie diese aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen und Beschreibung hervorgeht, unterordnen lassen. Dies wurde von der Prüfungsabteilung offensichtlich nicht erkannt.
Dennoch handelt es sich hierbei um eine Fehlbeurteilung bei der Anwendung des materiellen Patentrechts und dies allein kann noch keinen Verfahrensfehler begründen. Die Anmelderinnen hatten nämlich hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Auch die geschilderten Umstände hinsichtlich des Ablaufs des Verfahrens lassen keine Verfahrensmängel erkennen. Der Einwand mangelnder Einheitlichkeit nach Regel 86 (4) EPÜ 1973 in Verbindung mit Art. 82 EPÜ 1973 wurde nach dem Eingang des geänderten Anspruchs erst mit dem zweiten Bescheid vom 10. Februar 2006 gebracht und erst nach der Stellungnahme der Anmelderinnen wurde die Ladung zur mündlichen Verhandlung abgesendet. Insgesamt sind also entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen auch keine besonderen Umstände auszumachen, die in Verbindung mit der unkorrekten Anwendung der besagten Regel als wesentlicher Verfahrensmangel anzusehen wären und damit die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Regel 67 EPÜ 1973 rechtfertigen könnten.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung zurückverwiesen.
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.