T 1622/14 () of 17.5.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T162214.20190517
Datum der Entscheidung: 17 Mai 2019
Aktenzeichen: T 1622/14
Anmeldenummer: 05796828.1
IPC-Klasse: B60L 7/16
B60L 11/00
B60K 6/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kraftfahrzeug mit einem Rekuperationsgenerator
Name des Anmelders: AUDI Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag, Hilfsantrag 1 (nein), Hilfsantrag 3 (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin hat Beschwerde gegen die am 14. Februar 2014 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 05 796 828.1 eingelegt.

II. In der angefochtenen Entscheidung war die Prüfungsabteilung zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des mit Schreiben vom 24. September 2013 eingegangenen Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ gegenüber einer Kombination von D1 (JP 07 264708 A) mit D5 (US 5 231 344 A) beruht.

III. Eine mündliche Verhandlung fand am 17. Mai 2019 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte zum Schluss der mündlichen Verhandlung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche des Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage der Ansprüche des Hilfsantrags 1 zu erteilen, beide mit der Beschwerdebegründung eingereicht, oder hilfsweise ein Patent in folgender Fassung zu erteilen:

Ansprüche: Nr. 1 eingereicht als Hilfsantrag 3 in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2019.

Beschreibung: Seiten 1 bis 11 eingereicht als Hilfsantrag 3 in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2019.

Zeichnungen: Figuren Nr. 1 bis 4 wie ursprünglich eingereicht.

IV. Die folgenden im Prüfungsverfahren genannten Dokumente sind für diese Entscheidung relevant:

D1: JP 07 264708 A

D5: US 5 231 344 A

V. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Kraftfahrzeug mit einem Generator und wenigstens einem Kondensator, in dem vom als Rekuperator betreibbaren Generator in einer Schubphase des Kraftfahrzeugs erzeugte Rekuperationsenergie speicherbar ist, wobei der die Leistung des Generators begrenzende Erregerstrom im Erregerkreis des Generators in Abhängigkeit wenigstens eines fahrzeugspezifischen Betriebsparameters variierbar ist, wobei der fahrzeugspezifische Betriebsparameter die momentane Ist-Fahrgeschwindigkeit ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Sollwert des Erregerstroms (IErr) in Abhängigkeit des fahrzeugspezifischen Betriebsparameters stufenweise, in mehreren Stufen, oder linear veränderbar ist."

VI. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag mittels Durchstreichung und Unterstreichung hervorgehoben):

"Kraftfahrzeug mit einem Generator und wenigstens einem Kondensator, in dem vom als Rekuperator betreibbaren Generator in einer Schubphase des Kraftfahrzeugs erzeugte Rekuperationsenergie speicherbar ist, wobei der die Leistung des Generators begrenzende Erregerstrom im Erregerkreis des Generators in Abhängigkeit wenigstens eines fahrzeugspezifischen Betriebsparameters variierbar ist, wobei der fahrzeugspezifische Betriebsparameter die momentane Ist-Fahrgeschwindigkeit ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Sollwert des Erregerstroms (IErr) in Abhängigkeit der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit [deleted: des fahrzeugspezifischen Betriebsparameters ]stufenweise, in mehreren Stufen, oder linear veränderbar ist,

- wobei zur stufenweisen Veränderung des Sollwerts des

Erregerstroms (IErr) in einem die Veränderung des Sollwertes des Erregerstroms (IErr) steuernden Steuergerät mehrere Geschwindigkeitssollwerte abgelegt sind, wobei eine Veränderung des Sollwertes des Erregerstroms (IErr) jeweils erst dann erfolgt, wenn die momentane Ist-Fahrgeschwindigkeit (VIst) einen der Geschwindigkeitssollwerte unter- oder überschreitet,

- oder wobei zur linearen Veränderung des Sollwertes des Erregerstroms (IErr) im Steuergerät (5) wenigstens eine geschwindigkeitsbezogene Steuerkennlinie abgelegt ist."

VII. Der einzige Anspruch des Hilfsantrags 3 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag mittels Durchstreichung und Unterstreichung hervorgehoben):

"Kraftfahrzeug mit einem Generator und wenigstens einem Kondensator, in dem vom als Rekuperator betreibbaren Generator in einer Schubphase des Kraftfahrzeugs erzeugte Rekuperationsenergie speicherbar ist, wobei der die Leistung des Generators begrenzende Erregerstrom im Erregerkreis des Generators in Abhängigkeit wenigstens eines fahrzeugspezifischen Betriebsparameters variierbar ist, wobei der fahrzeugspezifische Betriebsparameter die momentane Ist-Fahrgeschwindigkeit ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Sollwert des Erregerstroms (IErr) in Abhängigkeit der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit (vIst) [deleted: des fahrzeugspezifischen Betriebsparameters] stufenweise, in mehreren Stufen, oder linear veränderbar ist, wobei

der Sollwert des Erregerstroms (IErr) zusätzlich in Abhängigkeit des momentanen Ladezustands des Kondensators variierbar ist, wobei in einem Steuergerät (5) ein dreidimensionales Kennfeld abgelegt ist, aus dem das Steuergerät in Abhängigkeit der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit (vIst) und des momentanen Ladezustands des Kondensators den Sollwert des Erregerstroms (IErr) wählt und an einen Stromregler ausgibt."

VIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin, sofern sie wesentlich für diese Entscheidung sind, waren wie folgt:

Hauptantrag

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem Dokument D1 dadurch, dass der Sollwert des Erregerstroms stufenweise, in mehreren Stufen, oder linear veränderbar sei.

In dem Dokument Dl seien lediglich zwei von der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit abhängige Schaltzustände für einen Erregerstrom vorgesehen.

Der Fachmann entnehme dem Dokument D5 keine Lehre, die ihn dazu anregen würde, eine Veränderung des Sollwerts des Erregerstroms stufenweise, in mehreren Stufen, oder linear durchzuführen. D5 beschreibe einen herkömmlichen "slew rate limiter" (dt.: Anstiegsbegrenzer), der bei einem plötzlichen Zuschalten einer elektrischen Last den Anstieg des resultierenden Erregerstroms begrenze. In diesem Fall ändere sich der Spannungsabfall an der Batterie nämlich plötzlich und entsprechend auch die Drehmomentanforderung an den Generator. Die Drehzahl des Motors werde bei einer derartigen Lastzuschaltung unter Umständen stark reduziert. Dies sei gemäß Spalte 14, Zeile 36 ff. insbesondere bei einem Leerlauf des Motors problematisch und könne zu einem Motorstillstand führen. Um dieses Problem zu lösen, werde gemäß Spalte 15, Zeile 7 ff. vorgeschlagen, bei einer Drehzahl unterhalb eines vorgegebenen Grenzwertes, beispielsweise 2500 Umdrehungen/Minute, eine Lastantwortkontrolle durchzuführen. Gemäß Spalte 14, Zeile 40 ff. werde hierzu der Generator derart gesteuert, dass auch bei einer plötzlichen Verringerung der Batteriespannung durch ein Zuschalten einer elektrischen Last der Sollwert des Erregerstroms graduell mit einem vordefinierten Muster, beispielsweise schrittweise, angepasst werde. Hierzu sei ein Verzögerkreis mit einer vorgegebenen Zeitkonstante vorgesehen.

Es sei darüber hinaus zweifelhaft, ob ein Fachmann das Dokument D5 überhaupt zur Weiterbildung des Erfindungsgegenstandes des Dokuments Dl herangezogen hätte. Für den Fachmann sei offensichtlich, dass eine Steuerung eines Rekuperationsbetriebes anders ausgebildet und/oder programmiert sein müsse, als eine Steuerung einer Ladeeinrichtung für eine Kraftfahrzeugbatterie. Somit sei eine Übertragung einzelner Steuer- oder Regelvorschriften von einer Einrichtung zur Steuerung des Ladebetriebs einer Kraftfahrzeugbatterie auf eine Einrichtung zur Steuerung eines Rekuperationsbetriebes nicht naheliegend.

Sollte der Fachmann die Dokumente D1 und D5 tatsächlich miteinander verbinden, so würde er beide Regelverfahren unabhängig voneinander beibehalten. Ein resultierendes Kraftfahrzeug würde also im Sinne des Dokuments D1 nur bei einem Überschreiten einer Mindestfahrgeschwindigkeit einen Erregerstrom aktivieren. Um einen großen Sprung dieses Erregerstroms zu vermeiden, würde der Fachmann dann entsprechend der Lehre der D5 den Erregerstrom stufenweise oder linear zu dem gewünschten Endwert hinregeln. Der Fachmann würde den Sollwert des Erregerstroms in dem Dokument D1 somit auch in Anbetracht der D5 nicht stufenweise, in mehreren Stufen, oder linear, in Abhängigkeit der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit verändern.

Hilfsantrag 1

Der Hilfsantrag 1 präzisiere die Art der Abhängigkeit des Sollwerts des Erregerstroms von der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit. Für eine stufenweise Veränderung des Sollwerts des Erregerstroms seien in einem Steuergerät mehrere Geschwindigkeitssollwerte abgelegt und eine Veränderung des Sollwerts des Erregerstroms erfolge jeweils dann, wenn die momentane Ist-Fahrgeschwindigkeit einen der Geschwindigkeitssollwerte unter- oder überschreite. Eine lineare Veränderung des Sollwerts des Erregerstroms erfolge anhand einer geschwindigkeitsbezogenen Steuerkennlinie.

Somit werde in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag l ein eindeutiger über die Steuerkennlinie oder über die Geschwindigkeitssollwerte definierter Zusammenhang zwischen der Ist-Fahrgeschwindigkeit und dem Sollwert des Erregerstroms beansprucht.

Der entgegengehaltene Stand der Technik liefere keinen Hinweis auf einen derartigen Zusammenhang zwischen einer momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit und dem Sollwert des Erregerstroms.

Hilfsantrag 3

Ein expliziter Zusammenhang zwischen einem Sollwert des Erregerstroms und der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs werde durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht nahegelegt.

Das Dokument Dl beschreibe ausschließlich ein Schalten des Sollwertes des Erregerstroms zwischen zwei Zuständen in Abhängigkeit von einer momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit. Ein entsprechendes "digitales" Schalten könne die Nutzung eines dreidimensionalen Kennfeldes nicht nahelegen.

Das Dokument D5 beschreibe gemäß Spalte 5, Zeile 33 ff., dass ein Wechselschaltkreis 17 einen in Abhängigkeit der Batteriespannung bestimmten Sollwert für den Erregerstrom durch einen der weiteren Werte ersetzen könne. D5 offenbare somit ausschließlich eine Veränderung des Erregerstroms in Abhängigkeit eines Ladezustands oder in Abhängigkeit eines anderen Parameters. D5 lehre somit eine Veränderung des Erregerstroms in Abhängigkeit jeweils genau eines Parameters. Eine Steuerung in Abhängigkeit von jeweils einem Parameter liefere dem Fachmann jedoch keinen Anlass ein dreidimensionales Kennfeld zur Steuerung des Erregerstroms vorzusehen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Anspruch 1 des Hauptantrags - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

2.1 Das Dokument D1 offenbart ein Kraftfahrzeug mit einem Generator und einem Kondensator, in dem von einem Generator des Kraftfahrzeugs erzeugte Rekuperationsenergie speicherbar ist. Ferner ist der Erregerstrom im Erregerkreis des Generators in Abhängigkeit der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit variierbar.

2.2 Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, dass das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und dem Dokument D1 eine stufenweise, in mehreren Stufen, oder lineare Veränderung des Sollwertes des Erregerstroms ist.

2.3 Die Kammer kann sich der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht anschließen, wonach der Fachmann dem Dokument D5 lediglich die Implementierung eines herkömmlichen Anstiegsbegrenzers (engl.: "slew rate limiter") entnommen hätte, und diesen ohne weitere Modifizierung zu einer Erregerstromregelung gemäß D1 hinzugefügt hätte. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin würde in einem resultierenden Kraftfahrzeug nur bei einem Überschreiten einer Mindestfahrgeschwindigkeit ein Erregerstrom aktiviert werden, und um einen großen Sprung dieses Erregerstroms zu vermeiden, hätte der Fachmann entsprechend der Lehre der D5 den Erregerstrom stufenweise oder linear auf den gewünschten Endwert, unabhängig von der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit, hingeregelt.

2.4 Nach Ansicht der Kammer entnimmt der Fachmann dem Dokument D5 jedoch die allgemeine Lehre, dass durch eine stufenweise oder lineare Veränderung des Erregerstroms eine übermäßige Reduzierung der Motordrehzahl vermieden werden kann (siehe D5 insbesondere in Spalte 14, Zeilen 33 bis 47 und Spalte 15, Zeilen 30 bis 39, Figuren 14(b) und 15). Der Fachmann entnimmt dem Dokument D5 somit nicht nur die Lehre, den Erregerstrom stufenweise, in mehreren Stufen, oder linear zu verändern, sondern er entnimmt diesem Dokument auch den konkret damit verbundenen Vorteil einer Vermeidung einer abrupten Drehzahländerung des Rotors, die sich aufgrund der mechanischen Kopplung mit dem Verbrennungsmotor auch auf die momentane Ist-Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs auswirkt.

2.5 Übertragen auf die Lehre des Dokuments D1, welches ebenfalls mit der vorgenannten Problematik befasst ist, wurde der Fachmann somit durch die allgemeine Lehre des Dokuments D5 dazu angeregt, eine Variierung des Sollwerts des Erregerstroms nicht nur in einer, sondern in mehreren Stufen, oder linear, in Abhängigkeit der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit vorzunehmen.

2.6 Daher hält die Kammer auch das Argument der Beschwerdeführerin für irrelevant, das Dokument D5 sei nicht mit der Ist-Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs, sondern mit der Rotordrehzahl befasst. Denn eine abrupte Verminderung der Rotordrehzahl wird aufgrund der mechanischen Kopplungsverhältnisse jedenfalls in einer abrupten Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit resultieren. Dementsprechend ist es auch unbeachtlich, dass das Dokument D5 keinen Rekuperationsbetrieb betrifft. Der im Rekuperationsbetrieb betriebene Generator zum Zwecke der Zwischenspeicherung von Energie in einem Kondensator entspricht in funktioneller Hinsicht jedenfalls einer Lastzuschaltung, die abhängig von der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit zu einer unerwünschten Abbremsung des Kraftfahrzeugs oder, gemäß dem Dokument D5, zu einem Motorstillstand führen kann. Insofern hält es die Kammer für unerheblich, dass in dem Dokument D5 nicht explizit Bezug auf die Fahrgeschwindigkeit genommen wird, denn der Fachmann hätte im Lichte des Dokuments D1 erkannt, dass sich die Prinzipien der D5 ohne Weiteres auf die Fahrgeschwindigkeit übertragen und anwenden lassen.

2.7 Es mag folglich zutreffen, dass das Dokument D5 keinen Kondensator und keinen Rekuperationsbetrieb gemäß Anspruch 1 offenbart. Die Kammer bemerkt jedoch, dass das Dokument D5 auf dem gleichen technischen Gebiet wie die Patentanmeldung liegt und sich mit der gleichen Problematik beschäftigt, nämlich der Bremswirkung des Generators sowie der Regelung des Erregerstroms zur Reduzierung eben dieser Bremswirkung (siehe D5 in Spalte 14, Zeile 33 ff.). Der Fachmann hätte daher das Dokument D5 in Betracht gezogen, wenn er ausgehend von D1 auf der Suche nach einer verbesserten Möglichkeit gewesen wäre, einen Lastwechselschlag, also ein ruckhaftes Abbremsen in der Schubphase des Kraftfahrzeugs, zu vermeiden.

2.8 Ferner hält die Kammer das Argument der Beschwerdeführerin für unbeachtlich, wonach es für den Fachmann offensichtlich sei, dass eine Steuerung eines Rekuperationsbetriebes anders ausgebildet und/oder programmiert sein müsse, als eine Steuerung einer Ladeeinrichtung für eine Kraftfahrzeugbatterie. Im Hinblick auf den Gegenstand des Anspruchs 1 ergeben sich in dieser Hinsicht nämlich keine Unterschiede.

2.9 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags wird folglich durch eine Kombination der Dokumente D1 und D5 nahegelegt und beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

3. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

3.1 Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 konkretisiert den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags dahingehend, dass zur stufenweisen Veränderung des Sollwerts des Erregerstroms in einem die Veränderung des Sollwerts des Erregerstroms steuernden Steuergerät mehrere Geschwindigkeitssollwerte abgelegt sind, wobei eine Veränderung des Sollwertes des Erregerstroms jeweils erst dann erfolgt, wenn die momentane Ist-Fahrgeschwindigkeit einen der Geschwindigkeitssollwerte unter- oder überschreitet, oder dass zur linearen Veränderung des Sollwertes des Erregerstroms im Steuergerät wenigstens eine geschwindigkeitsbezogene Steuerkennlinie abgelegt ist.

3.2 Zur erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 verweist die Kammer auf ihre Ausführungen zum Hauptantrag unter Punkt 2 der Gründe dieser Entscheidung.

3.3 Darüber hinaus bemerkt die Kammer, dass auch das Dokument D5 die Hinterlegung mehrerer Sollwerte in einem den Sollwert des Erregerstroms steuernden Steuergerät offenbart (siehe insbesondere Spalte 15, Zeilen 36 bis 39). Die weiteren Änderungen des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 führen keine substantiellen Einschränkungen gegenüber dem Hauptantrag herbei, denn das Vorhandensein von mehreren Sollwerten gemäß Anspruch 1 impliziert bereits, dass eine Veränderung des Sollwerts des Erregerstroms nur dann stattfindet, wenn Geschwindigkeitsschwellwerte über- oder unterschritten werden. Eine entsprechende Lehre ist dem Dokument D5 im Übrigen zu entnehmen (siehe Spalte 14, Zeilen 41 bis 52, Figur 15).

3.4 Auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 wird daher durch eine Kombination der Dokumente D1 und D5 nahegelegt und beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

3.5 Gemäß des kennzeichnenden Teils des (einzigen) Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 ist der Sollwert des Erregerstroms zusätzlich zu der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit in Abhängigkeit des momentanen Ladezustands des Kondensators variierbar, wobei in einem Steuergerät ein dreidimensionales Kennfeld abgelegt ist, aus dem das Steuergerät in Abhängigkeit der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit und des momentanen Ladezustands des Kondensators den Sollwert des Erregerstroms wählt und an einen Stromregler ausgibt.

3.6 Die Kammer folgt der Beschwerdeführerin in ihrer Auffassung, wonach eine Abhängigkeit des ausgegebenen Sollwerts des Erregerstroms von der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit und von dem momentanen Ladezustand des Kondensators durch den vorliegenden Stand der Technik weder offenbart noch nahegelegt wird.

3.7 Das Dokument D1 offenbart ein An- oder Abschalten eines Erregerstroms in Abhängigkeit einer momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit. Weiterhin offenbart das Dokument D5 zwar die Erfassung einer Batteriespannung, allerdings mit dem Ziel, diese durch Variation des Erregerstroms auf einem bevorzugt konstanten Niveau zu halten. Die Kammer stellt in diesem Zusammenhang fest, dass sich hinsichtlich der anliegenden elektrischen Spannung fundamentale Unterschiede zwischen einer Batterie und einem Kondensator ergeben. Während die Spannung des Kondensators bei einem Auf- und Entladevorgang einen weiten Bereich durchläuft, variiert sie bei einer Batterie nur in einem sehr engen Bereich. Die Batteriespannung ist deshalb nicht geeignet, einen Sollwert des Erregerstroms stufenweise, in mehreren Stufen, oder linear, im Sinne des Anspruchs 1 mit zu bestimmen. Das Dokument D5, welches lediglich eine Batterie aber keinen Kondensator offenbart, legt deshalb nach Ansicht der Kammer die zusätzliche Verwendung des momentanen Ladezustands eines Kondensators im Rahmen eines dreidimensionalen Kennfeldes für die Bestimmung des Sollwerts des Erregerstroms nicht nahe.

3.8 In dem Dokument D1 kann eine Aktivierung des Erregerstroms ebenfalls in Abhängigkeit des Ladezustands des Kondensators erfolgen (siehe insbesondere die Beschreibung in Absatz [0016] und Figur 2). Der Erregerstrom ist jedoch auch in dieser Hinsicht lediglich zwischen zwei Schaltzuständen umschaltbar und eine kombinierte Variation des Sollwerts des Erregerstroms in Abhängigkeit sowohl der momentanen Ist-Fahrgeschwindigkeit als auch des momentanen Ladezustands des Kondensators, anhand eines dreidimensionalen Kennfeldes, wird durch das Dokument D1 weder offenbart noch nahegelegt.

3.9 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.

3.10 Die Beschwerdeführerin hat die Beschreibung an das geänderte Schutzbegehren gemäß dem einzigen Anspruch des Hilfsantrags 3 angepasst.

Ergebnis

4. Da der Hauptantrag sowie der Hilfsantrag 1 nicht gewährbar waren, die Beschwerdeführerin den Hilfsantrag 2 zurückgenommen hat, und der Gegenstand des einzigen Anspruchs des Hilfsantrags 3 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und im Übrigen die weiteren Erfordernisse des EPÜ erfüllt, war der Beschwerde stattzugeben.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Ansprüche: Nr. 1 eingereicht als Hilfsantrag 3 in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2019.

Beschreibung: Seiten 1 bis 11 eingereicht als Hilfsantrag 3 in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2019.

Zeichnungen: Figuren Nr. 1 bis 4 wie ursprünglich eingereicht.

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