T 1562/14 () of 19.6.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T156214.20170619
Datum der Entscheidung: 19 Juni 2017
Aktenzeichen: T 1562/14
Anmeldenummer: 05793833.4
IPC-Klasse: B65G 1/137
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: WARENUMSCHLAGLAGER UND VERFAHREN ZU DESSEN BETRIEB
Name des Anmelders: TGW Mechanics GmbH
Klug GmbH Integrierte Systeme
Name des Einsprechenden: SSI Schäfer Peem GmbH
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Spät eingereichte Hilfsanträge 4 und 5
Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (ja)
Neuheit - Hauptantrag und Hilfsanträge 1, 2, 4 und 5 (nein)
Änderung - Hilfsantrag 3 - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) haben gegen die Entscheidung, mit der das europäische Patent Nr. 1 812 321 widerrufen wurde, Beschwerde eingelegt.

II. Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im gesamten Umfang und stützte sich auf den in Artikeln 100 a) und 100 c) EPÜ angegebenen Gründen (mangelnder Neuheit, mangelnder erfinderischen Tätigkeit, unzulässiger Erweiterung).

III. Die angefochtene Entscheidung stützte sich u.a. auf die folgende Entgegenhaltung:

D1: US 5 246 332 A.

IV. Am 19. Juni 2017 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerinnen beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis eines der Anspruchssätze, eingereicht als Hauptantrag und als Hilfsanträge 1 bis 5 mit Schriftsatz vom 18. September 2014.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Der unhabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags, und der Hilfsanträge 1 und 2 lautet wie folgt:

"Warenumschlaglager (1) für, in bevorzugt unterteilten Lager- und Transportbehälter (8), zu handhabende Waren (9), mit zumindest zwei Lagerbereichen (5, 7) für Warengruppen mit unterschiedlicher Umschlagshäufigkeit und mit einem Wareneingangsbereich (2) und mit zumindest einem Kommissionierbereich (4) und mit Fördereinrichtungen (10) im Wareneingangsbereich (2) und Kommissionierbereich (4) und den Lagerbereichen (5, 7), z.B. Bandförderer, Rollenbahnförderer, und mit Ein- und Auslagermittel (12), bevorzugt Regalbediengeräten, zur Ein- und Auslagerung der Lager- und Transportbehälter (8) in bzw. aus Lagereinrichtungen, z.B. Hochregal-, Durchlaufregallager, und mit einer Lager-, Steuer- und Überwachungseinrichtung (25), die mit Datenein- und Ausgabevorrichtungen (26) an Arbeitsplätzen (18) kommunikationsverbunden ist, und an den Fördereinrichtungen (10), mit der Lager-, Steuer- und Überwachungseinrichtung (25) kommunikationsverbunden, Erfassungsmittel (23), z.B. Datenscanner (24), für die Erfassung von Behälterdaten der Lager- und Transportbehälter (8) angeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Fördereinrichtung (10) des Wareneingangsbereiches (2) als Endlosfördereinrichtung (14) und die des Kommissionierbereiches (4) ebenfalls als Endlosfördereinrichtung (16) ausgebildet ist, die über Transferfördermittel (15) miteinander und mit den Ein- und Auslagermitteln (12) transportverbunden sind."

Der unhabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 enthält, im Vergleich mit Anspruch 1 des Hauptantrags die folgenden, am Ende dessen kennzeichnenden Teils hinzugefügten Merkmale:

"wobei die Lagerbereiche (5, 7) weder Teil der Endlosfördereinrichtung (14) des Wareneingangsbereiches (2) noch der Endlosfördereinrichtung (16) des Kommissionierbereiches (4) sind."

Der kennzeichnende Teil des unhabhängigen Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag wurden durch die Kammer hervorgehoben):

"dass die Fördereinrichtung (10) des Wareneingangsbereiches (2) als Endlosfördereinrichtung (14) und die des Kommissionierbereiches (4)ebenfalls als Endlosfördereinrichtung (16) ausgebildet ist, sodass eine permanente und zu einem Kommissionierbetrieb parallele Wareneingangsabwicklung erreicht ist, wobei die Endlosfördereinrichtung (14) des Wareneingangsbereiches (2) und die Endlosfördereinrichtung (16)des Kommissionierbereiches (4) über Transferfördermittel (15) [deleted: die] miteinander und mit den Ein- und Auslagermitteln (12) transportverbunden sind."

Der unhabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 enthält, im Vergleich mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 die folgenden, am Ende dessen kennzeichnenden Teils hinzugefügten Merkmale:

"wobei die Lager- und Transportbehälter(8) wahlweise bidirektional über die Transferfördermittel (15) gefördert werden."

VI. Die Beschwerdeführerinnen argumentierten im Wesentlichen und soweit dies für die vorliegende Entscheidung relevant ist wie folgt.

Anspruch 1 des Hauptantrags siehe nicht vor, dass der Lagerbereich als ein Teil des Wareneingangsbereiches oder des Kommissionierbereiches angesehen werden könne, oder dass die Fördereinrichtungen der jeweiligen Bereiche sich überlappen können.

Die in der D1 offenbarte zentrale Fördertechnik 24 habe eine einzige Schleife, die sämtliche Funktionen der Warenverteilung im Warenumschlaglager übernehme.

D1 offenbare nicht, dass die Fördereinrichtung des Wareneingangsbereiches und die des Kommissionierbereiches endlos, getrennt und unhabhängig seien, und über Transferfördermittel miteinander und mit den Ein- und Auslagermitteln transportverbunden seien.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2 sei somit neu.

Der dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 hinzugefügte Disclaimer sei als in der ursprünglichen Figur 1 offenbart anzusehen. Figur 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung lasse sich eindeutig entnehmen, dass die Lagerbereiche weder Teil des Kommissionierbereiches noch des Wareneingangsbereiches seien.

Die Hilfsanträge 4 und 5 seien als zulässig zu erachten. Diese hätten nicht im Einspruchsverfahren gestellt werden können, da die Beschwerdeführerinnen überraschend und erst zu einem sehr späten Verfahrenszeitpunkt, nämlich gegen Ende der mündlichen Verhandlung (siehe Protokoll, Seite 7, Hilfsantrag 2), im Rahmen der Diskussion der Neuheit des Anspruchs 1 gegenüber D1 mit der Auffassung der Einspruchsabteilung hinsichtlich der fehlenden räumlichen Trennung der Endlosfördereinrichtungen des Wareneingangsbereiches und des Kommissionierbereiches konfrontiert wurden.

Es gebe keine explizite Offenbarung in D1 betreffend eine permanente und zum Kommissionierbetrieb parallele Wareneingangsabwicklung. Dieses Merkmal sei in D1 auch nicht als implizit offenbart anzusehen, da in der Anlage der D1 die Speicher des Kommissionierbereiches erst befüllt werden müssen, bevor es mit dem Kommissionierbetrieb überhaupt angefangen werden könne.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 sei daher neu gegenüber der Offenbarung der D1.

Die Transferfördermittel verbänden Wareneingangsbereich und Kommissionierbereich. Dass die Lager- und Transportbehälter wahlweise bidirektional über die Transferfördermittel gefördert werden, bedeute für den Fachmann, dass diese sich wahlweise vom Wareneingangsbereich zum Kommissionierbereich oder vom Kommissionierbereich zum Wareneingangsbereich bewegen können. D1 offenbare eine solche Umschaltbarkeit der Transferfördermittel nicht, und der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 sei daher neu.

VII. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im Wesentlichen und soweit dies für die vorliegende Entscheidung relevant ist wie folgt.

Anspruch 1 des Hauptantrags schließe nicht aus, dass der Lagerbereich, der Wareneingangsbereich, der Kommissionierbereich, sowie deren Fördereinrichtungen sich überlappen können.

D1 offenbare die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Hauptantrags, weil dort eine Fördereinrichtung des Wareneingangsbereiches und eine des Kommissionierbereiches identifiziert werden können, die als Endlosfördereinrichtungen ausgestaltet seien.

Der dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 hinzugefügte Disclaimer sei in den ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht offenbart, und erfülle daher nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

Die Hilfsanträge 4 und 5 seien als verspätet eingereichte Anträge anzusehen. D1 wurde bereits in der Mitteilung der Einspruchsabteilung als eine relevante Entgegenhaltung identifiziert. Diese Hilfsanträge hätten somit bereits vor der Einspruchsabteilung gestellt werden können.

Eine permanente und zu einem Kommissionierbetrieb parallele Wareneingangsabwicklung ergebe sich aus dem Gesamtkontext der D1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 sei somit nicht neu gegenüber D1.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 sehe nicht vor, dass die Förderrichtung der Transferfördermittel zwingend umschaltbar sein solle, weil "bidirektional" auf zwei Richtungen hinweist, die lediglich unterschiedlich sein müssen. D1 offenbare Förderstrecken, die in unterschiedlichen Richtungen angetrieben seien und als Transferfördermittel identifiziert werden können.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 sei somit nicht neu gegenüber D1.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - mangelnde Neuheit

1.1 Interpretation des Wortlauts des Anspruchs 1

1.1.1 Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass gemäß dem Wortlaut des Anspruchs 1 des Hauptantrags der Wareneingangsbereich, der Kommissionierbereich und die Lagerbereiche getrennte und unhabhängig von einander Bereiche seien und jeder dieser Bereiche eigene Fördereinrichtungen aufweise.

Grund dafür sei, dass Anspruch 1 genau spezifiziere, dass eine Fördereinrichtung ("des Wareneingangbereiches") ausschließlich dem Wareneingangsbereich zugeordnet sei, und die andere ausschließlich dem Kommissionierbereich ("des Kommissionierbereiches). Durch den Ausdruck "ebenfalls als Endlosfördereinrichtung" werde klargestellt, dass es sich um zwei unterschiedliche Einrichtungen handele.

Anspruch 1 schließe somit aus, dass die Lagerbereiche als ein Teil des Wareneingangsbereiches oder des Kommissionierbereiches angesehen werden können, oder dass die Fördereinrichtungen der jeweiligen Bereiche sich überlappen könnten.

1.1.2 Die Kammer folgt diesem Verständnis des Gegenstandes von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht.

Durch die funktionellen Begriffe "Wareneingangsbereich", "Lagerbereiche" und "Kommissionierbereich" bringt der Wortlaut des Anspruchs 1 zum Ausdruck, dass in dem Warenumschlagslager Bereiche und Komponenten identifizierbar seien, die einen Wareneingang, eine Lagerung und eine Kommissionierung ermöglichen.

Da diese Bereiche nicht durch eigene strukturelle Merkmale identifiziert werden, sondern nur durch deren jeweilige Funktion, schließt Anspruch 1 nicht aus, dass die Fördereinrichtungen, die jeweils zwei von diesen Bereichen miteinander verbinden, um den Eingang, die Lagerung oder die Kommissionierung der Waren zu ermöglichen, sowohl dem erstem, als auch dem zweiten Bereich zuzuordnen wären.

Dies impliziert, dass Anspruch 1 nicht ausschließlich von einander getrennte, unhabhängige Bereiche vorsieht, die eigene Fördereinrichtungen aufweisen, die von den Fördereinrichtungen der anderen Bereichen ebenfalls getrennt und unhabhängig sind, wie es von den Beschwerdeführerinnen argumentiert wurde.

1.2 Offenbarung von D1

1.2.1 D1 offenbart ein Warenumschlaglager (siehe Figuren 1, 12A und 12B) für in Lager- und Transportbehälter 25 (siehe Figur 2) zu handhabende Waren, mit zumindest zwei Lagerbereichen 10, die für Warengruppen mit unterschiedlicher Umschlagshäufigkeit geeignet sind, und mit einem Wareneingangsbereich 20 und mit zumindest einem Kommissionierbereich 22 und mit Fördereinrichtungen 505, 16, 24, 51, 53, (siehe Figuren 1 und 5) im Wareneingangsbereich 20 und im Kommissionierbereich 22 und in den Lagerbereichen 10, und mit Ein- und Auslagermittel 40, 42, 44, (siehe Figuren 12A, 12B), zur Ein- und Auslagerung der Lager- und Transportbehälter 25 in bzw. aus Lagereinrichtungen, und mit einer Lager-, Steuer- und Überwachungseinrichtung 26, (siehe Figur 15, und Spalte 21, Zeile 37 bis Spalte 23, Zeile 37), die mit Datenein- und Ausgabevorrichtungen (z.B. Bildschirm 55, siehe Spalte 16, Zeile 60) an Arbeitsplätzen 20, 22 kommunikationsverbunden ist, und an den Fördereinrichtungen 24, 16, 505, mit der Lager-, Steuer- und Überwachungseinrichtung kommunikationsverbunden (über LAN, siehe Figuren 15 bis 18, und Spalte 21, Zeilen 40 bis 50), Erfassungsmittel, z.B. Datenscanner (siehe Spalte 8, Zeile 51), für die Erfassung von Behälterdaten der Lager- und Transportbehälter 25 angeordnet sind.

D1 offenbart somit alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Hauptantrags.

1.2.2 Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass D1 im Auge des fachkundigen Lesers nicht neuheitsschädlich sein könne.

Grund dafür sei, dass die in der D1 (siehe insbesondere die Figuren 1, 12A und 12B) offenbarte zentrale Fördertechnik 24 eine einzige Schleife aufweise, die sämtliche Funktionen der Warenverteilung im Warenumschlaglager übernehme.

D1 könne somit nicht die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 offenbaren, wonach die Fördereinrichtung des Wareneingangsbereiches als Endlosfördereinrichtung und die des Kommissionierbereiches ebenfalls als Endlosfördereinrichtung ausgebildet sei, die über Transferfördermittel miteinander und mit den Ein- und Auslagermitteln transportverbunden seien. Dabei seien die Fördereinrichtungen des Wareneingangsbereiches und des Kommissionierbereiches getrennt und unabhängig von einander ausgebildet.

1.2.3 Auch insoweit folgt die Kammer nicht dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen.

Da die Begriffe Wareneingangsbereich, Kommissionierbereich und Lagerbereich funktionelle Begriffe sind (siehe Punkt 1.1.2 oben), sind keine eindeutig strukturellen Grenzen zwischen diesen Bereichen durch den Wortlaut des Anspruchs 1 definiert.

Anspruch 1 schließt somit nicht aus, dass die den verschiedenen Bereichen zugeordneten Fördereinrichtungen sich überlappen.

1.2.4 D1 offenbart, dass die Fördereinrichtung des Wareneingangsbereiches 20 als Endlosfördereinrichtung und die des Kommissionierbereiches 22 ebenfalls als Endlosfördereinrichtung ausgebildet ist, die über Transferfördermittel miteinander und mit den Ein- und Auslagermitteln transportverbunden sind.

Der Wareneingang wird in Figur 12A der D1 mit dem Referenzzeichen 20 als "receiving station" identifiziert (siehe Spalte 5, Zeile 43).

Die Fördereinrichtung des Wareneingangsbereiches beginnt in Figur 12A beim Wareneingang 20, verläuft von diesem nach oben und dann nach rechts zur Figur 12B, dreht dann nach oben und gelangt nach einer Linksdrehung an das untere Lager 10, das mit seinen Ein- und Auslagermitteln 40, 42, 44 Teil dieser Fördereinrichtung ist, bis sie in Figur 12A das Lager wieder verlässt, und von hier zum Wareneingang zurück verläuft, und somit eine (erste) Endlosschleife bildet.

Der Kommissionierarbeitsplatz ("issue station") wird in Figur 12A der D1 mit dem Referenzzeichen 22 identifiziert (siehe Spalte 5, Zeile 43).

Die Fördereinrichtung des Kommissionierbereiches beginnt in Figur 12A bei dem ersten Kommissionierarbeitsplatz 22, verläuft von diesem nach oben und dann nach rechts zur Figur 12B, dreht dann nach oben und gelangt nach einer Linksdrehung in das obere Lager 10, das einen Teil dieser Fördereinrichtung bildet, bis sie in Figur 12A zurück zum ersten Kommissionierarbeitsplatz 22 zurück verläuft, und eine (zweite) Endlosschleife bildet.

Diese Endlosfördereinrichtungen sind auch miteinander und mit den Ein- und Auslagermitteln über Transferfördermittel verbunden, nämlich durch die in den Figuren 12A und 12B ganz oben und ganz unten verlaufenden Förderabschnitte.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist somit nicht neu gegenüber der Offenbarung der D1.

2. Hilfsanträge 1 und 2 - mangelnde Neuheit

Da der jeweilige Anspruch 1 dieser Anträge identisch mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags ist, ist auch dessen Gegenstand ebenfalls nicht neu gegenüber der Offenbarung der D1.

3. Hilfsantrag 3 - Änderungen

3.1 Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass die dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 hinzugefügten Merkmale als ein Disclaimer anzusehen seien, welcher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt, da er in der ursprünglich eingereichten Anmeldung durch die Kombination des Anspruchs 1 und der Figur 1 offenbart sei.

3.2 Dem kann die Kammer sich nicht anschließen.

Der Begriff "Lagerbereich" wird durch den Fachmann so verstanden (siehe auch Punkt 1.1.2 oben), dass dadurch Komponenten oder Gruppen von Komponenten des beanspruchten Warenumschlaglagers definiert werden, die einen Lagerfunktion aufweisen.

Solche Komponenten sind z.B. auch die im Warenumschlagslager enthaltenen Fördereinrichtungen, weil diese auch eine Speicherkapazität aufweisen (siehe z.B. Absatz 55 des Streitpatents, bzw. Seite 12, letzter Absatz der ursprünglich eingereichten Anmeldung), weil die transportierten Artikel sich immerhin innerhalb des Wareumschlaglagers befinden und als ein Teil der eingelagerten Artikel angesehen werden können.

Dass die Lagerbereiche weder Teil der Endlosfördereinrichtung des Wareneingangsbereiches noch der Endlosfördereinrichtung des Kommissionierbereiches sein sollen, wie es im Anspruch 1 jetzt verlangt wird, impliziert, dass eine strukturelle Trennung zwischen Lagerbereichen und Endlosfördereinrichtungen vorhanden ist.

Der ursprüngliche Anspruch 1 definiert die Grenzen der Lagerbereichen nicht, und lässt somit keine strukturelle Trennung zwischen Lagerbereichen und den Endlosfördereinrichtungen des Wareneingangsbereiches und des Kommissionierbereiches erkennen.

Der Figur 1 lässt sich nur entnehmen, dass bestimmte Lagereinrichtungen, die aus Lagerregalen 11 bestehen, mit den Endlosfördereinrichtungen des Wareneingangsbereiches und des Kommissionierbereiches verbunden sind (siehe Seite 11, erster Absatz der ursprünglichen Offenbarung).

Diese ursprünglich offenbarten Ausführungsformen bieten keine Basis, um ein Warenumschlaglager zu beanspruchen, bei dem keine Lagerbereiche vorhanden sind, die Teil der Endlosfördereinrichtung des Wareneingangsbereiches oder des Kommissionierbereiches sind.

Die dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 hinzugefügte Merkmale sind somit nicht ursprünglich offenbart.

4. Hilfsanträge 4 und 5 - Zulassung

4.1 Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Hilfsanträge 4 und 5 als verspätet eingereicht nicht ins Verfahren zuzulassen, da diese bereits im Einspruchsverfahren hätten gestellt werden können, vor allem weil D1 bereits in der Mitteilung der Einspruchsabteilung als eine wichtige Entgegenhaltung identifiziert worden war.

4.2 Die Kammer folgt der Beschwerdegegnerin insoweit nicht.

Grund dafür ist, dass die Einspruchsabteilung erst zu einem sehr späten Verfahrenszeitpunkt, nämlich gegen Ende der mündlichen Verhandlung (siehe Protokoll, Seite 7, Hilfsantrag 2), ihre Auffassung hinsichtlich der Interpretation des Anspruchs 1 betreffend die räumlichen Trennung der Endlosfördereinrichtungen des Wareneingangsbereiches und des Kommissionierbereiches geändert und den Gegenstand des Anspruchs 1 als nicht neu gegenüber der Offenbarung der D1 erachtete.

Die Hilfsanträge 4 und 5 sind somit als Reaktion der Beschwerdeführerinnen auf die oben erwähnte Änderung der Auffassung der Einspruchsabteilung anzusehen.

Eine frühere Vorlage dieser Hilfsanträge wäre aus den o.g. Gründen nicht möglich gewesen.

Die Kammer sieht somit keinen Grund, diese Hilfsantrage nicht ins Verfahren zuzulassen und berücksichtigt daher diese Hilfsanträge (Artikel 12(4) VOBK).

5. Hilfsantrag 4 - mangelnde Neuheit

Die dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 hinzugefügten Merkmale, dass eine permanente und zum Kommissionierbetrieb parallele Wareneingangsabwicklung erreicht ist, sind als in D1 implizit offenbart anzusehen.

Grund dafür ist, dass gemäß Spalte 21, Zeilen 31 to 42 der D1, die Überwachungseinrichtung das gesamte Warenumschlaglager (und insbesondere die Speicherelemente 16, siehe z.B. von Spalte 9, Zeile 33 bis Spalte 10, Zeile 15) so steuert, dass sowohl die Arbeiter, die sich am Wareneingang befinden, als auch die, die sich am Kommissionierarbeitsplatz befinden, ständig beschäftigt sind.

Dies ist nur möglich, wenn Kommissionierbetrieb und Wareneingangsabwicklung permanent parallel verlaufen.

Das Merkmal, wonach "die Endlosfördereinrichtung des Wareneingangsbereiches und die Endlosfördereinrichtung des Kommissionierbereiches über Transferfördermittel miteinander und mit den Ein- und Auslagermitteln transportverbunden sind", ist aus D1 bekannt, siehe hierzu Punkt 1.2.4 oben.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 ist somit als nicht neu gegenüber D1 zu erachten.

6. Hilfsantrag 5 - mangelnde Neuheit

6.1 Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 sieht weiter vor, dass die Lager- und Transportbehälter wahlweise bidirektional über die Transferfördermittel gefördert werden.

Die Beschwerdeführerinnen vertreten die Meinung, dass die aus D1 bekannten Transferfördermittel, die den Wareneingangsbereich und den Kommissionierbereich miteinander verbinden, nur in der Lage seien, Waren zwischen diesen beiden Bereichen immer in der gleichen Richtung fördern zu können. Im Gegensatz dazu könnten die Waren von den beanspruchten Transferfördermitteln wahlweise vom Wareneingangsbereich zum Kommissionierbereich, oder vom Kommissionierbereich zum Wareneingangsbereich, d.h. bidirektional, gefördert werden. Diese Umschaltbarkeit der beanspruchten Transferfördermittel sei aus D1 nicht bekannt.

6.2 Die Kammer merkt an, dass Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 nicht vorsieht, dass die Förderrichtung der Transferfördermittel zwingend umschaltbar sein soll.

Grund dafür ist, dass "bidirektional" auf zwei Richtungen hinweist, die lediglich unterschiedlich sein müssen.

Die in den Figuren 12A und 12B der D1 dargestellten oberste und unterste Förderstrecken entsprechen den beanspruchten Transferfördermittel, und werden auch in zwei unterschiedliche Richtungen angetrieben (siehe Pfeile ganz oben nach links und Pfeile ganz unten nach rechts).

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 ist somit nicht neu gegenüber der Offenbarung der D1.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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