T 1316/14 () of 14.9.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T131614.20170914
Datum der Entscheidung: 14 September 2017
Aktenzeichen: T 1316/14
Anmeldenummer: 05715387.6
IPC-Klasse: C08J 3/24
C08F 20/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR NACHVERNETZUNG WASSERABSORBIERENDER POLYMERE
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: Evonik Degussa GmbH
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(c)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Einspruchsgründe - Änderungen
Anspruchsinterpretation
Neuheit
Erfinderische Tätigkeit
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde des Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Patent EP 1 720 934 zurückzuweisen.

II. Der Einsprechende hatte den Widerruf des Patentes im gesamten Umfang auf der Grundlage der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit), 100 b) EPÜ und 100 c) EPÜ beantragt.

Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem vorgelegt:

E1: WO 00/22018 A1; und

E4: WO 2004/024816 A1.

III. Der Entscheidung der Einspruchsabteilung lagen die erteilten Ansprüche (Hauptantrag) zugrunde, wobei die unabhängigen Ansprüche 1 und 21 wie folgt lauteten:

"1. Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymere, wobei ein Grundpolymer A mit einer ersten wässrigen Lösung B mindestens eines Oberflächennachvernetzers und einer zweiten wässrigen Lösung C mindestens eines polyvalenten Kations vermischt und thermisch behandelt wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Grundpolymer A auf Basis zu mindestens 50% neutralisierter Säuregruppen tragender Monomere hergestellt wird und die Lösungen B und C über getrennte Düsen zumindest teilweise gleichzeitig dosiert werden, wobei die Konzentration des mindestens einen Oberflächennachvernetzers auf dem Grundpolymer A von 0,01 bis 0,25 Gew.-% und die Konzentration des mindestens einen polyvalenten Kations auf dem Grundpolymer A von 0,001 bis 0,5 Gew.-% beträgt, jeweils bezogen auf das Grundpolymer A."

"21. Wasserabsorbierendes Polymer, erhältlich gemäß einem Verfahren der Ansprüche 1 bis 20, wobei das Polymer eine Flüssigkeitsweiterleitung von mindestens 80x10**(-7)cm**(3)s/g und zu mindestens 80 Gew.% eine Korngröße zwischen 150 und 600 µm aufweist und wobei das Polymer, bezogen auf das Grundpolymer A, mit 0,01 bis 0,25 Gew.-% mindestens eines Oberflächennachvernetzers und 0,001 bis

0,1 Gew.-% mindestens einen polyvalenten Kations behandelt wurde."

Ansprüche 1 und 21 seien auf der ursprünglich eingereichten Anmeldung basiert. Die beiden Mengenbereiche des Oberflächennachvernetzers und polyvalenten Kations in diesen Ansprüchen fänden jeweils eine Basis in Anspruch 14 und Seite 5, Zeile 8 bis 10 (Anspruch 1) und Seite 5, Zeile 8 bis 10 und 24 bis 26 (Anspruch 21) der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

Die in Anspruch 21 definierte Erfindung sei ausreichend offenbart.

Auch die Neuheit sei anzuerkennen. Insbesondere unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem vom Einsprechenden zitierten Beispiel 5 der E1 und der Gegenstand des Anspruchs 21 vom Beispiel 1 der E4 jeweils hinsichtlich der Menge an Oberflächennachvernetzer.

Schließlich wurde auch die erfinderische Tätigkeit anerkannt. Gegenüber Beispiel 3 der E1 als nächstliegendem Stand der Technik unterscheide sich der Gegenstand der Ansprüche 1 und 21 durch den Einsatz von zwei Düsen zum getrennten Dosieren der Lösungen des Oberflächennachvernetzers und des polyvalenten Kations. Hierbei sei eine Interpretation des Anspruchs 1 in dem Sinne, dass die Oberflächennachvernetzerlösung auch polyvalentes Kation oder umgekehrt die Lösung des polyvalenten Kations auch Oberflächennachvernetzer enthalte, auszuschließen, da sie der allgemeinen Lehre des Streitpatents entgegenstehe. Die objektive technische Aufgabe bestehe entsprechend in der Bereitstellung superabsorbierender Polymere mit hoher Flüssigkeitsweiterleitung zur Herstellung dünner Windeln. Da im Stand der Technik ein Hinweis fehle, diese Aufgabe durch getrennte Zudosierung der beiden Lösungen des Oberflächennachvernetzers und polyvalenten Kations zu lösen, sei die anspruchsgemäße Lösung nicht naheliegend.

IV. Gegen diese Entscheidung legte der Einsprechende (nachfolgend Beschwerdeführer) Beschwerde ein.

V. Mit der Beschwerdeerwiderung beantragte der Patentinhaber (nachfolgend Beschwerdegegner) die Zurückweisung der Beschwerde sowie hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des im Einspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 10. Januar 2014 eingereichten Hilfsantrages. Zusätzlich reichte er die folgenden Dokumente ein:

E5: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, 6. Auflage, Band 35, M. Frank, "Superabsorbents", Weinheim 2003, Seiten 73 bis 93; und

E6: US 5,562,646 B.

VI. Mit Bescheid vom 24. November 2016 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit. Unter anderem wies sie darauf hin, dass Anspruch 21 des Hauptantrags keine Basis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung besitze, da dort eine Offenbarung fehle, dass gerade das spezifische in Anspruch 21 genannte wasserabsorbierende Polymer mit der darin beanspruchten Flüssigkeitsweiterleitung und Korngröße die in diesem Anspruch geforderten Konzentrationen an Oberflächennachvernetzer und polyvalentem Kation aufweise.

VII. Nachfolgend reichte der Beschwerdegegner das folgende Dokument ein:

E7: Bescheid der Prüfungsabteilung vom 4. Juni 2010.

VIII. Am 14. September 2017 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

IX. Die Ansprüche des Hauptantrages sind die erteilten Ansprüche (siehe Punkt III oben). Der Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass alle Produktansprüche gestrichen wurden.

X. Die Argumente des Beschwerdeführers können, soweit sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, wie folgt zusammengefasst werden:

Anspruch 1 des Hauptantrags sei nicht auf die ursprünglich eingereichte Anmeldung gestützt. So gehe weder der im Anspruch genannte Konzentrationsbereich des Oberflächennachvernetzers an sich, noch die Kombination dieses Konzentrationsbereiches mit demjenigen des polyvalenten Kations unmittelbar und eindeutig aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor.

Ferner sei Anspruch 21 des Hauptantrags nicht auf die ursprünglich eingereichte Anmeldung gestützt. Insbesondere umfasse dieser Anspruch wasserabsorbierende Polymere mit bestimmten Konzentrationen an Oberflächennachvernetzer und polyvalentem Kation, die durch ein beliebiges Verfahren erhältlich seien, während in der ursprünglich eingereichten Anmeldung diese Konzentrationen nur für ein durch das darin offenbarte Verfahren erhaltenes Polymer beschrieben seien.

Die in Anspruch 1 des Hilfsantrags genannte Konzentration des mindestens einen Oberflächennachvernetzers beziehe sich bei Anwesenheit mehrerer Oberflächennachvernetzer nicht notwendigerweise auf die Konzentration aller Nachvernetzer. Anspruchsgemäß genüge es, wenn einer dieser Oberflächennachvernetzer in dem im Anspruch genannten Konzentrationsbereich vorliege. Ferner könne die im Anspruch genannte Lösung B neben dem Oberflächennachvernetzer auch polyvalentes Kation und die Lösung C neben dem polyvalenten Kation auch Oberflächennachvernetzer enthalten.

Im schriftlichen Verfahren wurde die Neuheit gegenüber dem Beispiel 5 der E1 angegriffen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht erfinderisch gegenüber dem Beispiel 3 der E1 als dem nächstliegenden Stand der Technik. Das Unterscheidungsmerkmal gegenüber diesem Beispiel bestehe darin, dass der Oberflächennachvernetzer und das polyvalente Kation getrennt auf das Grundpolymer aufgebracht würden. Gemäß Streitpatent werde dadurch die Aufgabe gelöst, eine hohe Flüssigkeitsweiterleitung bei geringer Menge an Oberflächennachvernetzer zu erhalten. Es sei zwar in den Vergleichsbeispielen des Streitpatents gezeigt, dass bei Aufbringung einer Mischung aus Oberflächennachvernetzer und polyvalentem Kation eine Blockierung des Mischer stattfinde. Dies beschränke sich jedoch auf den in diesen Vergleichsbeispielen verwendeten Schuggi-Mischer. Im Beispiel 3 der E1 trete mit dem dort verwendeten Mischer keine Blockierung auf, so dass die im Streitpatent geforderte hohe Flüssigkeitsweiterleitung erhalten werde. Somit sei durch dieses Beispiel die streitpatentgemäße Aufgabe bereits gelöst. Sie müsse daher weniger anspruchsvoll in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens gesehen werden. Da die anspruchsgemäße Alternative bereits in E1 offenbart sei, sei die erfinderische Tätigkeit gegenüber diesem Dokument zu verneinen.

XI. Die Argumente des Beschwerdegegners können, soweit sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, wie folgt zusammengefasst werden:

Entgegen den Angaben des Beschwerdeführers sei Anspruch 1 des Hauptantrags auf die ursprünglich eingereichte Anmeldung gestützt. Der in diesem Anspruch genannte Konzentrationsbereich des Oberflächennachvernetzers gehe unmittelbar und eindeutig aus der Seite 5 in Zusammenschau mit den Beispielen 1 und 2 sowie Anspruch 12 der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor.

Das Merkmal in Anspruch 21 des Hauptantrags, dass das wasserabsorbierende Polymer eine anspruchsgemäße Flüssigkeitsweiterleitung aufweise, sei in Anspruch 21 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart. Aus dem Rückbezug dieses Anspruchs auf den ursprünglichen Anspruch 12 gehe auch unmittelbar und eindeutig hervor, dass die Konzentration des Oberflächennachvernetzers in diesem Polymer 0.1 bis 1 Gew.-% betrage, woraus wiederum der anspruchsgemäße Bereich analog zum erteilten Anspruch 1 unter Berücksichtigung der Textstelle auf Seite 5 unmittelbar und eindeutig hervorgehe.

Die in Anspruch 1 des Hilfsantrags genannte Konzentration des mindestens einen Oberflächennachvernetzers beziehe sich allein schon aufgrund der sprachlichen Formulierung auf die Konzentration aller Nachvernetzer. Ferner könne die im Anspruch genannte Lösung B neben dem Oberflächennachvernetzer kein polyvalentes Kation und die Lösung C neben dem polyvalenten Kation keinen Oberflächennachvernetzer enthalten.

Die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags sei gegenüber Beispiel 5 der E1 anzuerkennen, da sich der Anspruchsgegenstand von diesem Beispiel hinsichtlich der Konzentration des Oberflächennachvernetzers in der Lösung B und durch die Abwesenheit eines Oberflächennachvernetzers in der Lösung C unterscheide.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags sei auch erfinderisch. Der Anspruchsgegenstand unterscheide sich von Beispiel 3 der E1 durch ein getrenntes Zudosieren von Oberflächennachvernetzer und polyvalentem Kation. Die objektive technische Aufgabe bestehe darin, mit geringer Einsatzmenge an Oberflächennachvernetzer eine hohe Flüssigkeitsweiterleitung zu erreichen. Es sei im Streitpatent durch die Beispiele und Vergleichsbeispiele gezeigt, dass diese Aufgabe gelöst sei. Es finde sich kein Hinweis im Stand der Technik, dass diese Aufgabe durch das anspruchsgemäße getrennte Zudosieren von Oberflächennachvernetzer und polyvalentem Kation gelöst werden könne.

XII. Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 720 934.

XIII. Der Beschwerdegegner beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des mit Schreiben vom 10. Januar 2014 eingereichten Hilfsantrages.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag (erteilte Ansprüche)

1. Änderungen - Artikel 100 c) EPÜ

1.1 Vom Beschwerdeführer wurden Einwände gegen die erteilten Ansprüche 1 und 21 erhoben.

1.2 Der erteilte Anspruch 1

1.2.1 Der erteilte Anspruch 1 bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines wasserabsorbierenden Polymers, bei dem auf ein Grundpolymer A eine erste wässrige Lösung B mindestens eines Oberflächennachvernetzers und eine zweite wässrige Lösung C eines polyvalenten Kations über getrennte Düsen zumindest teilweise gleichzeitig dosiert werden. Der erteilte Anspruch 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung dadurch, dass die Menge des mindestens einen Oberflächennachvernetzers auf dem Grundpolymer A auf 0,01 bis 0,25 Gew.-% und die Menge des mindestens einen polyvalenten Kations auf dem Grundpolymer A auf 0,001 bis 0,5 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Grundpolymer A, beschränkt wurde.

1.2.2 Das Merkmal, dass die Menge des mindestens einen polyvalenten Kations auf dem Grundpolymer A 0.001 Gew.-% bis 0.5 Gew.-% beträgt, findet eine Basis in Anspruch 14 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

1.2.3 Hinsichtlich des noch verbleibenden Merkmals der Menge des mindestens einen Oberflächennachvernetzers wird auf Seite 5, Zeile 6 bis 10 der ursprünglich eingereichten Anmeldung Folgendes offenbart:

"Die Konzentration des mindestens einen Nachvernetzers in der wässrigen Lösung B, bezogen auf die Lösung B, beträgt beispielsweise 1 bis 30 Gew.-%, vorzugsweise 3 bis 20 Gew.-%, besonders bevorzugt 5 bis 15 Gew.-%. Die Einsatzmenge bezogen auf Grundpolymer A beträgt beispielsweise 0,01 bis 1 Gew.-%, vorzugsweise 0,05 bis 0,5 Gew.-%, besonders bevorzugt 0,1 bis 0,25 Gew.-%" (Hervorhebung durch die Kammer).

Der anspruchsgemäße Bereich von 0.01 bis 0.25 Gew.-% geht durch Kombination der Untergrenze des breiten und der Obergrenze des bevorzugten Bereiches der in der zitierten Textstelle offenbarten "Einsatzmenge" unmittelbar und eindeutig hervor.

1.2.4 Vom Beschwerdeführer wurde argumentiert, dass aus dieser Textstelle der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht ersichtlich sei, ob sich die dort genannte "Einsatzmenge" auf die Menge der Lösung B oder, wie im erteilten Anspruch 1 gefordert, auf die Menge des darin enthaltenen Oberflächennachvernetzers beziehe. Ferner argumentierte der Beschwerdeführer, dass, selbst wenn man Letzteres annehme, aus dieser Textstelle nicht hervorgehe, ob der eingesetzte Oberflächennachvernetzer komplett auf dem Grundpolymer A verbleibe, und damit die in der zitierten Textstelle offenbarte "Einsatzmenge" sich wie im erteilten Anspruch 1 gefordert auf die Menge des Oberflächennachvernetzers auf dem Grundpolymer A beziehe.

1.2.5 Bei isolierter Betrachtung der zitierten Textstelle auf Seite 5 der ursprünglichen Offenbarung kann sich die dort genannte "Einsatzmenge" tatsächlich sowohl auf die Menge des Oberflächennachvernetzers als auch auf diejenige der diesen enthaltenden Lösung B beziehen.

Jedoch folgt unter zusätzlicher Berücksichtigung des Beispiels 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung, dass es sich nur um die Menge des Oberflächennachvernetzers handeln kann. So beträgt in diesem Beispiel die Menge der Lösung B 2.42 Gew.-%, bezogen auf das Grundpolymer A (Seite 18, Zeile 13 bis 16). Dies liegt oberhalb der Obergrenze der in der zitierten Textstelle genannten Einsatzmenge. Würde man die in der Textstelle genannte Einsatzmenge also als Menge an Lösung B interpretieren, so stünde die Textstelle im Widerspruch zum Beispiel. Umgekehrt beträgt in diesem Beispiel die Menge an Oberflächennachvernetzer, bezogen auf das Grundpolymer A, 0.242 Gew.-% (jeweils 5.0 Gew.-% 2-Oxazolidinon und 1,2-Propandiol in 2.42 Gew.-% Lösung B), was in dem in der zitierten Textstelle genannten Bereich der "Einsatzmenge" liegt. Interpretiert man somit die in der Textstelle genannte "Einsatzmenge" als Menge an Oberflächennachvernetzer, so steht die Textstelle im Einklang mit Beispiel 1. Das gleiche ergibt sich bei analoger Rechnung für Beispiel 2. Die Beispiele stützen somit die Interpretation, dass es sich bei der in der zitierten Textstelle genannten "Einsatzmenge" um die Menge an Oberflächennachvernetzer handelt.

1.2.6 Wiederum bei isolierter Betrachtung kann der zitierten Textstelle nicht entnommen werden, ob die dort offenbarte eingesetzte Menge komplett auf dem Grundpolymer A landet und verbleibt und damit diese Menge eine Menge auf dem Grundpolymer A darstellt. Jedoch geht dies aus der Zusammenschau dieser Textstelle mit Anspruch 12 der ursprünglich eingereichten Anmeldung unmittelbar und eindeutig hervor. In diesem Anspruch wird nämlich offenbart, dass die Konzentration des Oberflächennachvernetzers auf dem Grundpolymer A, 0.1 bis 1 Gew.-% beträgt. Die Untergrenze dieses Konzentrationsbereiches entspricht der in der zitierten Textstelle als bevorzugt offenbarten Untergrenze und die Obergrenze dieses Konzentrationsbereiches ist mit der Obergrenze des in der zitierten Textstelle offenbarten breitesten Konzentrationsbereiches identisch. Wenn sich diese Unter- und Obergrenze der zitierten Textstelle auf die Konzentration auf dem Grundpolymer A bezieht, so muss dies auch für alle übrigen in dieser Textstelle genannten Werte gelten, einschließlich derjenigen, die der Unter- und Obergrenze im erteilten Anspruch 1 entsprechen.

Somit geht aus der Gesamtoffenbarung der ursprünglich eingereichten Anmeldung das Merkmal in Anspruch 1, dass die Konzentration des mindestens einen Oberflächennachvernetzers auf dem Grundpolymer A 0.01 bis 0.25 Gew.-% beträgt, unmittelbar und eindeutig hervor.

1.2.7 Der Beschwerdeführer argumentierte zusätzlich, dass eine Mehrfachauswahl aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung erforderlich sei, um zum Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 zu gelangen, nämlich des im ursprünglich eingereichten Anspruch 14 offenbarten Konzentrationsbereiches des polyvalenten Kations und der auf Seite 5, Zeile 6 bis 10 der ursprünglich eingereichten Anmeldung genannten Unter- und Obergrenze für den Konzentrationsbereich des Oberflächennachvernetzers. Auch aus diesem Grund sei der erteilte Anspruch 1 nicht auf der ursprünglich eingereichten Anmeldung basiert.

Die im erteilten Anspruch 1 geforderte Unter- und Obergrenze des Konzentrationsbereiches für das polyvalente Kation ist sowohl in Anspruch 14 als auch auf Seite 5, Zeile 22 bis 25 der ursprünglich eingereichten Anmeldung die Unter- und Obergrenze des breitesten dort für das polyvalente Kation offenbarten Konzentrationsbereiches. Ferner ist auch die im erteilten Anspruch 1 geforderte Untergrenze des Konzentrationsbereiches für den Oberflächennachvernetzer identisch zu der auf Seite 5, Zeile 6 bis 10 für den breitesten Konzentrationsbereich offenbarten Untergrenze. Die einzige Auswahl besteht daher in der Wahl der Obergrenze des Konzentrationsbereiches des Oberflächennachvernetzers, die in der zitierten Textstelle nur für den bevorzugten Bereich genannt wird. Somit ist lediglich eine Einfachauswahl erforderlich, um zum Anspruchsgegenstand zu gelangen. Ferner liegt für diese Wahl auf Seite 5, Zeile 6 bis 10 ein Hinweis dahingehend vor, dass diese Obergrenze als bevorzugt offenbart wird.

1.2.8 Daher geht der erteilte Anspruch 1 nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus.

1.3 Der erteilte Anspruch 21

1.3.1 Der erteilte Anspruch 21 bezieht sich auf ein wasserabsorbierendes Polymer, welches u.a. eine Flüssigkeitsweiterleitung von mindestens 80x10**(-7)cm**(3)s/g aufweist, und, bezogen auf das Grundpolymer A, u. a. mit 0.01 bis 0.25 Gew.-% mindestens eines Oberflächennachvernetzers behandelt wurde.

1.3.2 Vom Beschwerdegegner wurde argumentiert, dass das Merkmal, dass das wasserabsorbierende Polymer eine anspruchsgemäße Flüssigkeitsweiterleitung aufweise, in Anspruch 21 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart sei. Aus dem Rückbezug dieses Anspruchs auf den ursprünglichen Anspruch 12 gehe auch unmittelbar und eindeutig hervor, dass die Konzentration des Oberflächennachvernetzers in diesem Polymer 0.1 bis 1 Gew.-% betrage, woraus wiederum der anspruchsgemäße Bereich von 0.01 bis 0.25 Gew.-% analog zum erteilten Anspruch 1 unter Berücksichtigung der Textstelle auf Seite 5 der ursprünglich eingereichten Anmeldung unmittelbar und eindeutig hervorgehe.

1.3.3 Die Kammer stimmt zwar dem Beschwerdegegner zu, dass aus dem Rückbezug des ursprünglichen Anspruchs 21 auf den ursprünglichen Anspruch 12 unmittelbar und eindeutig ein wasserabsorbierendes Polymer hervorgeht, welches die im erteilten Anspruch 21 geforderte Flüssigkeitsweiterleitung aufweist und eine Konzentration an Oberflächennachvernetzer von 0.1 bis 1 Gew.-% besitzt. Dieser Bereich ist jedoch nicht mit dem anspruchsgemäßen Bereich (0.01 bis 0.25 Gew.-%) identisch, insbesondere liegt die Untergrenze von 0.01 Gew.-% im erteilten Anspruch 21 unterhalb der im ursprünglichen Anspruch 12 genannten Untergrenze von 0.1 Gew.-%. Es geht aus keiner Stelle der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor, dass die im erteilten Anspruch 21 geforderte Flüssigkeitsweiterleitung auch bei diesen kleineren vom erteilten Anspruch 21 umfassten Konzentrationen an Oberflächennachvernetzer von unter 0.1 Gew.-% vorliegt. Solche Konzentrationen werden zwar auf Seite 5, Zeile 6 bis 10 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart, jedoch fehlt hier jeglicher Bezug auf ein wasserabsorbierendes Polymer mit der im erteilten Anspruch 21 geforderten Flüssigkeitsweiterleitung. Somit besitzen Ausführungsformen des erteilten Anspruchs 21, die sich auf wasserabsorbierende Polymere mit einer Flüssigkeitsweiterleitung von mindestens 80x10**(-7)cm**(3)s/g und einer Konzentration an Oberflächennachvernetzer von weniger als 0.1 Gew.-% beziehen, keine Basis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

1.4 Der Beschwerdegegner argumentierte noch, dass die Prüfungsabteilung im Bescheid E7 die Konzentration des Oberflächennachvernetzers für erfindungswesentlich hielt und deshalb die Aufnahme in Anspruch 21 nach Artikel 84 in Verbindung mit Regel 43(1) und (3) EPÜ forderte. Tatsächlich wurde von der Prüfungsabteilung hinsichtlich dieses Merkmals folgendes festgestellt (Punkt 1 des Bescheids):

"Da der unabhängige Anspruch 21 dieses Merkmal nicht enthält, entspricht er nicht dem Erfordernis des Artikels 84 EPÜ in Verbindung mit Regel 43(1) und (3) EPÜ, dass jeder unabhängige Anspruch alle technischen Merkmale enthalten muss, die für die Definition der Erfindung wesentlich sind."

Die Feststellung, dass das Fehlen eines Merkmals in einem Anspruch zu einer Verletzung des Artikels 84 EPÜ führt, kann jedoch nicht mit einer Aufforderung gleichgesetzt werden, dieses Merkmal in den Anspruch hinzuzufügen. Im Gegenteil hat die Prüfungsabteilung sogar in Punkt 5 ihres Bescheids explizit darauf hingewiesen, dass "die Anmeldung nicht in der Weise abgeändert werden darf, dass ihr Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 123(2) EPÜ)". Es hätte somit dem Beschwerdegegner (damaliger Anmelder) oblegen, zu überprüfen, ob die Aufnahme der Konzentration des Oberflächennachvernetzers die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ verletzt.

Unabhängig hiervon sind die Prüfung einer Patentanmeldung und die Einspruchsbeschwerde völlig unabhängige Verfahren, so dass die Aussage einer Prüfungsabteilung für das Einspruchsbeschwerdeverfahren keine Relevanz besitzt.

1.5 Somit steht Artikel 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Streitpatents in seiner erteilten Fassung entgegen. Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.

Hilfsantrag

2. Gewährbarkeit der Änderungen - Artikel 100 c) EPÜ

2.1 Der Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass alle Produktansprüche (Ansprüche 21 bis 26) gestrichen wurden.

2.2 Durch diese Streichung wurde die bezüglich des Anspruchs 21 des Hauptantrages erhobene Beanstandung unter Artikel 100 c) EPÜ ausgeräumt. Da im Punkt 1.2 bereits festgestellt wurde, dass für den (erteilten) Anspruch 1 keine unzulässige Erweiterung vorliegt, steht der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Streitpatents in der Form des Hilfsantrags nicht entgegen.

3. Ausreichende Offenbarung

3.1 Vom Beschwerdeführer war lediglich die ausreichende Offenbarung der durch Anspruch 21 des Hauptantrags definierten Erfindung angegriffen worden. Wie vom Beschwerdeführer anerkannt, ist dieser Einwand durch die Streichung dieses Anspruchs gegenstandslos geworden. Auch die Kammer sieht keinen Grund für Einwände hinsichtlich der ausreichenden Offenbarung. Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Streitpatents in der Form des Hilfsantrags nicht entgegen.

4. Auslegung des Anspruchs 1

4.1 Gemäß Verfahrensanspruch 1 wird ein Grundpolymer A mit einer ersten wässrigen Lösung B mindestens eines Oberflächennachvernetzers und einer zweiten wässrigen Lösung C mindestens eines polyvalenten Kations vermischt und thermisch behandelt, wobei die Lösungen B und C über getrennte Düsen dosiert werden und die Konzentration des mindestens einen Oberflächennachvernetzers 0.01 bis 0.25 Gew.-% und diejenige des polyvalenten Kations 0.001 bis 0.5 Gew.-% beträgt (bzgl. des genauen Wortlauts des Anspruchs 1, siehe Punkt III oben).

4.2 Die Auslegung der Formulierung "die Konzentration des mindestens einen Oberflächennachvernetzers" war zwischen den Parteien strittig. Vom Beschwerdegegner wurde argumentiert, dass bei Vorhandensein mehrerer Oberflächennachvernetzer in der Lösung B der Ausdruck "die Konzentration des mindestens einen Oberflächennachvernetzers" impliziere, dass die Gesamtkonzentration aller in der Lösung B vorhandenen Oberflächennachvernetzer in dem anspruchsgemäßen Bereich liegen müsse. Vom Beschwerdeführer wurde dagegen vorgebracht, dass bei Anwesenheit mehrerer Oberflächennachvernetzer nur die Konzentration eines dieser Oberflächennachvernetzer innerhalb dieses Bereiches liegen müsse, während die anderen Oberflächennachvernetzer beispielsweise in oberhalb der anspruchsgemäßen Obergrenze liegenden Konzentrationen vorhanden sein können.

4.2.1 Die Kammer schließt sich aus folgenden Gründen der Interpretation des Beschwerdegegners an:

Allein aus einer rein semantischen Betrachtung der Formulierung folgt bereits, dass sich, wie vom Beschwerdegegner vorgebracht, die Konzentration auf die Gesamtkonzentration aller Oberflächennachvernetzer beziehen muss. So wird in der zweiten Zeile des Anspruchs eine wässrige Lösung B "mindestens eines Oberflächennachvernetzers" genannt. Die Formulierung "mindestens eines Oberflächennachvernetzers" impliziert einen oder mehrere Oberflächennachvernetzer. Durch die Wahl des bestimmten Artikels "des" in der strittigen Formulierung "die Konzentration des mindestens einen Oberflächennachvernetzers" wird ausgedrückt, dass sich diese Formulierung auf die vorangehend genannte Einheit des einen, oder der mehreren, und damit auf die Gesamtheit aller Oberflächennachvernetzer, bezieht. Wäre dies nicht der Fall, so müsste der bestimmte Artikel "des" fehlen, d.h. es müsste "die Konzentration mindestens eines Oberflächennachvernetzers" anstatt "die Konzentration des mindestens einen Oberflächennachvernetzers" heißen.

Ferner steht die Interpretation des Beschwerdegegners auch im Einklang mit der technischen Lehre des Streitpatents. So besteht die Aufgabe des Streitpatents gerade darin, mit einer geringen Aufwandmenge an Nachvernetzer eine hohe Flüssigkeitsweiterleitung zu erhalten (Absatz [0016]). Die Aufwandmenge an Nachvernetzer kann sich nur auf dessen Gesamtkonzentration beziehen, so dass diese im anspruchsgemäß definierten niedrigen Bereich liegen muss. Könnten, wie vom Beschwerdeführer behauptet, einzelne Oberflächennachvernetzer in beliebig hohen, oberhalb der anspruchsgemäßen Obergrenze liegenden Konzentrationen vorkommen, so könnte entgegen der im Streitpatent geforderten geringen Aufwandmenge an Oberflächennachvernetzer diese beliebig hoch sein.

4.2.2 Die in Anspruch 1 genannte Konzentration des mindestens einen Oberflächennachvernetzers bezieht sich daher auf die Gesamtkonzentration aller in der Lösung B vorhandenen Oberflächennachvernetzer.

4.3 Ferner war die Zusammensetzung der Lösung B und C strittig. Der Beschwerdegegner vertrat die Auffassung, dass anspruchsgemäß die Lösung B Oberflächennachvernetzer aber kein polyvalentes Kation und die Lösung C polyvalentes Kation aber keinen Oberflächennachvernetzer enthalte. Umgekehrt argumentierte der Beschwerdeführer, dass die Lösungen B und C anspruchsgemäß jeweils beide Komponenten, d.h. Oberflächennachvernetzer und polyvalentes Kation enthalten können.

4.3.1 Auch hier schließt sich die Kammer der Interpretation des Beschwerdegegners an.

Allein die Kennzeichnung der beiden Lösungen im Anspruch 1 mit zwei unterschiedlichen Großbuchstaben B und C gibt bereits einen Hinweis darauf, dass die beiden Lösungen nicht in dem Sinne identisch sind, dass sie beide Oberflächennachvernetzer und polyvalentes Kation enthalten.

Darüber hinaus besteht der Kerngedanke der dem Streitpatent zugrundeliegenden Erfindung gerade darin, den Oberflächennachvernetzer und das polyvalente Kation unvermischt über getrennte Düsen auf das Polymer aufzubringen. Dies wird von Anspruch 1 so auch gefordert. Außerdem wird nur durch diese getrennte Aufbringung die im Patent angestrebte hohe Flüssigkeitsweiterleitung bei geringer Menge an Oberflächennachvernetzer auch erhalten. Dies geht aus den erfindungsgemäßen Beispielen 1 und 2 und den Vergleichsbeispielen 3 und 4 des Streitpatents hervor. So führt in den erfindungsgemäßen Beispielen 1 und 2 die getrennte Aufbringung einer die Lösungsmittel Isopropanol und Wasser sowie die Oberflächennachvernetzer 2-Oxazolidinon und 1,2-Propandiol enthaltenden Lösung B und einer Wasser und das polyvalente Kation Aluminiumsulfat enthaltenden Lösung C zu wasserabsorbierenden Polymeren mit einer Flüssigkeitsweiterleitung SFC von 137x10**(-7)cm**(3)s/g (Beispiel 1) bzw. 126x10**(-7)cm**(3)s/g (Beispiel 2). Im Gegensatz hierzu führen die Vergleichsbeispiele 3 und 4, die sich von den Beispielen 1 und 2 nur darin unterscheiden, dass die beiden Lösungen B und C vor dem Aufdüsen vermischt wurden, zu einer Blockade des Mischers, so dass die Versuche abgebrochen werden mussten und somit keine Polymere mit guter Flüssigkeitsweiterleitung erhalten wurden. Die Interpretation des Beschwerdeführers, dass gemäß Anspruch 1 in der Lösung B und/oder C der Oberflächennachvernetzer und das polyvalente Kation gemischt vorliegen und entsprechend gemischt auf das Polymer aufgebracht werden können, steht somit dem Kern der Erfindung einer getrennten Aufbringung diametral entgegen. Der Fachmann hätte entsprechend diese Auslegung des Anspruchs 1 nicht in Betracht gezogen.

4.4 Somit enthält anspruchsgemäß die Lösung B nur Oberflächennachvernetzer und kein polyvalentes Kation und die Lösung C nur polyvalentes Kation und keinen Oberflächennachvernetzer.

5. Neuheit

5.1 Die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 wurde auf der Grundlage des Beispiels 5 der E1 angegriffen. Nach der Auslegung des Anspruchs 1 durch die Kammer hat der Beschwerdeführer den im schriftlichen Verfahren erhobenen Neuheitseinwand nicht mehr aufrecherhalten.

5.2 Da in Beispiel 5 die Gesamtmenge aller Oberflächennachvernetzer in der der Lösung B des Anspruchs 1 entsprechenden Lösung oberhalb der anspruchsgemäßen Obergrenze liegt und die der in Anspruch 1 genannten Lösung C entsprechende Lösung neben einem polyvalenten Kation (Aluminiumsulfat) noch Oberflächennachvernetzer (Ethylenglykoldiglycidylether) enthält, ist dieses Beispiel nicht neuheitsschädlich. Entsprechend ist die Neuheit gegenüber E1 anzuerkennen.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1 Vom Beschwerdeführer wurde ausgeführt, dass Beispiel 3 der E1 mehr Merkmale mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 gemeinsam habe als das oben diskutierte Beispiel 5. Daher sei Beispiel 3 der E1 als der nächstliegende Stand der Technik zu betrachten. Wie nachfolgend ausgeführt, ist jedoch, selbst wenn man dem Beschwerdeführer hierin folgt, die erfinderische Tätigkeit anzuerkennen.

6.1.1 Beispiel 3 der E1 beschreibt die Herstellung eines Polyacrylats mit einem Neutralisationsgrad von 74% und das Aufdüsen einer Lösung aus 10g Bisoxazolin, 12g Aluminiumsulfat, 224g Isopropanol und 224g Wasser auf 6kg des so erhaltenen Polyacrylats.

6.1.2 Das Polyacrylat entspricht dem anspruchsgemäßen Grundpolymer A. Das Bisoxazolin entspricht dem anspruchsgemäßen Oberflächennachvernetzer. Das Aluminiumssulfat entspricht dem anspruchsgemäßen polyvalenten Kation. Isopropanol und Wasser stellen Lösungsmittel dar. Die Menge des (jetzt einzigen) Oberflächennachvernetzers Bisoxazolin beträgt 0.17 Gew.-%, was im anspruchsgemäßen Bereich liegt. Die Menge des polyvalenten Kations Aluminiumsulfat beträgt 0.2 Gew.-%, was ebenfalls im anspruchsgemäßen Bereich liegt.

Das Verfahren des Anspruchs 1 unterscheidet sich vom Beispiel 3 der E1 dadurch, dass anspruchsgemäß zwei Lösungen über getrennte Düsen dosiert werden, während in Beispiel 3 der E1 nur eine einzige Lösung aufgedüst wird.

6.1.3 Gemäß Streitpatent (Absatz [0016]) besteht die zu lösende Aufgabe in der Bereitstellung eines Verfahrens, welches bei geringer Aufwandmenge an Oberflächennachvernetzer zu wasserabsorbierenden Polymeren mit einer hohen Flüssigkeitsweiterleitung führt.

6.1.4 Wie oben in Punkt 4 bereits ausgeführt wurde, geht aus einem Vergleich der erfindungsgemäßen Beispiele 1 und 2 mit den Vergleichsbeispielen 3 und 4 des Streitpatents hervor, dass eine anspruchsgemäße Aufbringung der Lösungen B und C über getrennte Düsen zu wasserabsorbierenden Polymeren mit hoher Flüssigkeitsweiterleitung führte, während das Aufbringen einer Mischung der beiden Lösungen in einer Blockade des Mischers resultierte, so dass der Versuch abgebrochen werden musste und somit keine Polymere mit guter Flüssigkeitsweiterleitung erhalten wurden.

Vom Beschwerdeführer wurde diesbezüglich vorgebracht, dass die in den Vergleichsbeispielen 3 und 4 beobachtete Blockade des Mischers nur für den dort eingesetzten Schuggi-Mischer gezeigt sei. Wie aus Beispiel 3 der E1 hervorgehe, trete eine solche Blockade trotz gemeinsamer Zuführung von Oberflächennachvernetzer und polyvalentem Kation bei Verwendung eines anderen Mischers, nämlich des in diesem Beispiel eingesetzten Petterson-Kelly Mischers, nicht auf. Daher sei die im Streitpatent genannte Aufgabe des Erreichens einer hohen Flüssigkeitsweiterleitung bei geringer Menge an Oberflächennachvernetzer durch Beispiel 3 der E1 bereits gelöst. Somit sei die objektive technische Aufgabe weniger anspruchsvoll in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zu sehen.

Dem kann sich die Kammer nicht anschließen. Es ist zwar richtig, dass in Beispiel 3 der E1 keine Blockade des Mischers stattfindet. Es fehlt jedoch jegliche Offenbarung zur Flüssigkeitsweiterleitung des in diesem Beispiel erhaltenen wasserabsorbierenden Polymers. Die Annahme des Beschwerdeführers, dass das in diesem Beispiel erhaltene Polymer eine gute Flüssigkeitsweiterleitung aufweist und damit die im Patent genannte Aufgabe löst, ist daher reine Spekulation. Da die Beweislast bezüglich der Richtigkeit einer Behauptung zumindest anfänglich bei der Partei liegt, die diese Behauptung aufstellt, hätte es dem Beschwerdeführer oblegen, entsprechende Beweismittel vorzulegen. In Abwesenheit dieser Beweismittel, und in Anbetracht der Tatsache, dass die Beispiele und Vergleichsbeispiele des Streitpatents zumindest bei Verwendung eines Schuggi-Mischers zeigen, dass die patentgemäße Aufgabe gelöst wird, ist diese Aufgabe als glaubhaft gelöst und damit als objektive technische Aufgabe anzusehen.

6.1.5 Wie vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde, fehlt in E1 jeglicher Hinweis, dass durch eine getrennte Aufbringung von Oberflächennachvernetzer und polyvalentem Kation diese Aufgabe gelöst, d.h. eine hohe Flüssigkeitsweiterleitung bei geringer Menge an Oberflächennachvernetzer erhalten wird. Daher ist die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1, und damit einhergehend aller übrigen Ansprüche anzuerkennen.

7. Angepasste Beschreibung

7.1 Während der mündlichen Verhandlung wurde eine geänderte Beschreibungsseite 7 eingereicht, um der Streichung der Produktansprüche im Hilfsantrag Rechnung zu tragen. Der Beschwerdeführer hatte keine Einwände, und die Kammer ist überzeugt, dass die so geänderte Beschreibung den Erfordernissen des EPÜ genügt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 20, eingereicht mit Schreiben vom 10. Januar 2014 als Hilfsantrag und

- Beschreibung: Seiten 2 bis 6, 8 bis 12 und 13, Zeilen 1 bis 12 der Patentschrift wie veröffentlicht und Seite 7, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer.

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