T 0940/14 () of 22.11.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T094014.20181122
Datum der Entscheidung: 22 November 2018
Aktenzeichen: T 0940/14
Anmeldenummer: 07019793.4
IPC-Klasse: G02B 21/06
A61B 19/00
G02B 21/00
A61B 5/00
G01B 9/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Operationsmikroskop mit OCT-System und Operationsmikroskop-Beleuchtungsmodul mit OCT-System
Name des Anmelders: Carl Zeiss Meditec AG
Name des Einsprechenden: MÖLLER-WEDEL GmbH & Co. KG /
OptoMedical Technologies GmbH
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Zulassung - Hilsanträge 1 bis 8 (nein) - vollständiger Sachvortrag in der Beschwerdeerwiderung (nein) - fehlende Begründung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1890/09
T 0217/10
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die gemeinsamen Einsprechenden haben gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Patent Nr. 1918756 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ 1973 in Verbindung mit den Artikeln 54 (1) und 56 EPÜ 1973 angegriffen worden.

III. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass im Hinblick auf den vorliegenden Stand der Technik die in Artikel 100 a) EPÜ 1973 in Verbindung mit den Artikeln 54 (1) und 56 EPÜ 1973 genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünden.

IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK, die als Anlage einer Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige und unverbindliche Meinung zu bestimmten, wesentlichen Aspekten mit.

V. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 22. November 2018 statt.

VI. Die Einsprechenden (Beschwerdeführerinnen) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1918756.

VII. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Basis der Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 8.

VIII. Die vorliegende Entscheidung nimmt Bezug auf die aus dem erstinstanzlichem Verfahren bereits bekannte Druckschrift E1: EP 0697611 A2.

IX. Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Operationsmikroskop (100)

- mit einem Beobachtungsstrahlengang (105) zur Untersuchung eines Objektbereichs (108);- mit einer Beleuchtungseinrichtung (120), die eine Beleuchtungsoptik umfasst, welche eine von einer Lichtquelle ausgeleuchtete Leuchtfeldblende (124) zu einem parallelen Beleuchtungsstrahlengang nach unendlich abbildet;- wobei die Beleuchtungsoptik eine erste Linsengruppe (125) und eine zweite Linsengruppe (126) aufweist;- mit einem Objektiv (101), das im parallelen Beleuchtungsstrahlengang angeordnet ist, um die Leuchtfeldblende (124) auf den Objektbereich (108) abzubilden;- mit einem OCT-System (152) zur Untersuchung des Objektbereichs (108);- wobei das OCT-System (152) einen OCT-Abtaststrahlengang (153) umfasst, der durch das Objektiv (101) gerührt [sic] ist;dadurch gekennzeichnet, dass- im Beleuchtungsstrahlengang zwischen der ersten Linsengruppe (125) und der zweiten Linsengruppe (126) ein Einkoppelelement (128) vorgesehen ist, das den OCT-Abtaststrahlengang in den Beleuchtungsstrahlengang einkoppelt."

Hilfsantrag 1

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch das Hinzufügen des folgenden Merkmals im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1:

"und das OCT-System eine Kollimationsoptik (157) umfasst, welche den OCT-Abtaststrahlengang mit der zweiten Linsengruppe (126) der Beleuchtungsoptik in einen im wesentlichen parallelen Abtaststrahlengang überführt".

Hilfsantrag 2

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch das Hinzufügen des folgenden Merkmals im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1:

"und dass die Beleuchtungsoptik ein Spiegelelement (127) aufweist, das das aus der ersten Linsengruppe (125) austretende Beleuchtungslicht zu dem Einkoppelelement (128) lenkt, von dem es zu der zweiten Linsengruppe (126) gelangt".

Hilfsantrag 3

Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch das Hinzufügen des folgenden Merkmals im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1:

"und dass die Beleuchtungsoptik einen ersten Beleuchtungsspiegel (130) umfasst, der eine Durchbrechung (131) aufweist, und einen zweiten Beleuchtungsspiegel (132) umfasst, dem Beleuchtungslicht durch die Durchbrechung (131) zugeführt wird, wobei der OCT-Abtaststrahlengang (153) mit dem Beleuchtungslicht über den ersten und den zweiten Beleuchtungsspiegel (130, 132) zum Objektbereich (108) geführt wird".

Hilfsantrag 4

Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 durch das Hinzufügen des folgenden Merkmals im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1:

"wobei der zweite Beleuchtungsspiegel (132) senkrecht zur optischen Achse des Objektivs (101) verstellbar ist".

Hilfsantrag 5

Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 ist eine Kombination der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2.

Hilfsantrag 6

Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 ist eine Kombination der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 3.

Hilfsantrag 7

Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 ist eine Kombination der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 4.

Hilfsantrag 8

Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 ist eine Kombination der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 4.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

Das Operationsmikroskop des Anspruchs 1 wird durch die Offenbarung der Druckschrift E1 in Kombination mit allgemeinem Fachwissen nahegelegt (Artikel 56 EPÜ 1973).

1.1 Es ist unstrittig, dass die Druckschrift E1 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt.

1.2 E1 offenbart im Hinblick auf die Figur 1 ein Operationsmikroskop

- mit einem Beobachtungsstrahlengang (500) zur Untersuchung eines Objektbereichs (1000);

- mit einer Beleuchtungseinrichtung (300), die eine Beleuchtungsoptik (320, 330) umfasst,

- wobei die Beleuchtungsoptik (320, 330) eine erste Linsengruppe (320) und eine zweite Linsengruppe (330) aufweist,

- mit einem Objektiv (110), das im parallelen Beleuchtungsstrahlengang angeordnet ist, um die Leuchtfeldblende auf den Objektbereich abzubilden;

- mit einem OCT-System (200) zur Untersuchung des Objektbereichs (1000),

- wobei das OCT-System (200) einen OCT-Abtaststrahlengang (410) umfasst, der durch das Objektiv (110) geführt ist und

- im Beleuchtungsstrahlengang ein Einkoppelelement (340) vorgesehen ist, das den OCT-Abtaststrahlengang (410) in den Beleuchtungsstrahlengang (300) einkoppelt.

1.3 E1 offenbart nicht ausdrücklich, dass der Beleuchtungsstrahlengang des Operationsmikroskops eine Leuchtfeldblende, welche von der Beleuchtungsoptik nach unendlich abgebildet wird, aufweist. Die Kammer ist jedoch der Meinung, dass eine solche Leuchtfeldblende, welche nach unendlich abgebildet wird, wenigstens naheliegend (wenn nicht sogar implizit offenbart) ist für den Fachmann, der in der Objektebene ein beleuchtetes Objektfeld mit scharfer Umrandung erzeugen möchte. Siehe Spalte 5, Zeilen 50 bis 52 in Kombination mit Figur 1, welche einen parallelen Strahlengang zwischen dem Hauptobjektiv (110) des Operationsmikroskops und dem Teilerspiegel (340) zeigt: das Licht zwischen der Vergrößerungsoptik (130) und dem Objektiv (110), und somit ebenfalls das Licht zwischen der zweiten Linsengruppe (330) der Beleuchtungsoptik und dem Objektiv (110), ist kollimiert. Es wurde nicht von der Patentinhaberin bestritten, dass eine nach unendlich abgebildete Leuchtfeldblende implizit aus E1 hervorgeht oder eine naheliegende Möglichkeit darstellt.

E1 offenbart nicht die relative Position der Feldblende in Bezug auf die Lichtquelle (310) und die beiden Linsengruppen (320, 330) der Beleuchtungsoptik. Die Position der Feldblende wird in E1 offen gelassen. Insbesondere ist die Verwendung einer Glühlampe als Lichtquelle (310) (siehe Spalte 6, Zeilen 25 bis 27) lediglich ein Hinweis auf eine mögliche Köhlersche Beleuchtung, bei der die Feldblende zwischen der ersten Linsengruppe (320) und der zweiten Linsengruppe (330) angeordnet wäre. Eine andere, ebenfalls technisch mögliche Beleuchtungsart, bei der die Feldblende vor der ersten Linsengruppe (320) angeordnet ist und die von den Beteiligten als die sogenannte "moderne Beleuchtung" bezeichnet wurde, ist jedoch nicht eindeutig durch den Offenbarungsgehalt von E1 auszuschließen.

1.4 Wie in Figur 1 gezeigt, ist das Einkoppelelement (340) in E1 im parallelen Strahlengang hinter den zwei Linsengruppen (320, 330) des Beleuchtungsstrahlengangs angeordnet und nicht, wie beansprucht, zwischen den beiden Linsengruppen (320, 330).

1.5 Das Operationsmikroskop des Anspruchs 1 unterscheidet sich daher von dem aus der Druckschrift E1 bekannten Operationsmikroskop im Wesentlichen dadurch, dass

a) die Leuchtfeldblende vor der ersten Linsengruppe der Beleuchtungsoptik angeordnet ist und

b) ein den OCT-Abtaststrahlengang in den Beleuchtungsstrahlengang einkoppelndes Einkoppelelement zwischen den beiden Linsengruppen der Beleuchtungsoptik angeordnet ist.

Diese beiden Unterscheidungsmerkmale entsprechen den Unterscheidungsmerkmalen (a) und (b) in der angegriffenen Entscheidung, Punkt 6.1.5, Seite 18, und Punkt 7.2.1.2, Seite 22.

1.6 Wechselwirkung der Unterscheidungsmerkmale a) und b)

Die Unterscheidungsmerkmale a) und b) sind nicht vollkommen unabhängig, sondern entfalten eine gewisse Wechselwirkung. Wegen der in Merkmal a) definierten Position der Feldblende beeinflusst Merkmal a) u.a. die opto-mechanische Beschaffenheit der zweiten Linsengruppe. Wegen der in Merkmal b) definierten Einkoppelung des OCT-Strahlengangs beeinflusst Merkmal b) ebenfalls u.a. die opto-mechanische Beschaffenheit der zweiten Linsengruppe. Da die zweite Linsengruppe sowohl zum Beleuchtungsstrahlengang als auch zum OCT-Abtaststrahlengang gehört, ergibt sich somit zwingendermaßen eine Wechselwirkung der beiden Unterscheidungsmerkmale a) und b). Doch diese Wechselwirkung geht nicht über einen gewissen Einfluss der beiden Merkmalen a) und b) auf die opto-mechanische Beschaffenheit der zweiten Linsengruppe hinaus. Diese Bestimmung der opto-mechanischen Eigenschaften der zweiten Linsengruppe, sowie eventuell der anderen Linsen in den beiden Strahlengängen, ist für den Fachmann auf dem Gebiet der Operationsmikroskope als eine handwerkliche Maßnahme anzusehen. Daher entsteht durch die Wechselwirkung der beiden Unterscheidungsmerkmale kein technischer Effekt, der als Grundlage für eine erfinderische Tätigkeit geeignet wäre.

1.7 Unterscheidungsmerkmal a)

Die Kammer erkennt keinen anderen, durch das Unterscheidungsmerkmal a) verursachten, technischen Effekt als die Bestimmung einer konkreten Position der Leuchtfeldblende, die es ermöglicht, ein beleuchtetes Objektfeld mit scharfer Umrandung in der Objektebene zu erzeugen. Die objektive technische Aufgabe besteht daher in der Erzeugung einer solchen Beleuchtung.

Die Kammer teilt die Meinung der Einsprechenden, dass es allgemeines Fachwissen ist, dass Operationsmikroskope eine Beleuchtung nach einem von nur zwei Prinzipien aufweisen: entweder eine herkömmliche Köhlersche Beleuchtung, bei der die Leuchtfeldblende zwischen zwei Linsengruppen angeordnet ist, oder eine "moderne Beleuchtung", bei der die Leuchtfeldblende unmittelbar nach der Lichtquelle und vor einer ersten Linsengruppe angeordnet wird. Dies hat die Patentinhaberin nicht in Abrede gestellt. Bei der klassischen Köhlerschen Beleuchtung und der "modernen Beleuchtung" handelt es sich um gleichwertige Varianten mit technisch identischer Funktion, aus denen der Fachmann nach Zweckmäßigkeit auswählen würde. Bei der Auswahl der "modernen Beleuchtung" ordnet der Fachmann die Feldblende zwischen der Lichtquelle (310) und der ersten Linsengruppe (320) an und kommt dabei ohne erfinderische Tätigkeit zu dem Unterscheidungsmerkmal (a).

1.8 Unterscheidungsmerkmal b)

Die Kammer erkennt keinen anderen, durch das Unterscheidungsmerkmal b) verursachten, technischen Effekt als die Bestimmung eines konkreten Einkoppelungsorts des OCT-Abtaststrahlengangs. In E1 befindet sich der Einkoppelungsort nach den beiden Linsengruppen (320, 330) der Beleuchtungsoptik. Die objektive technische Aufgabe des Unterscheidungsmerkmals b) besteht daher in der Bestimmung eines alternativen Einkoppelungsorts.

Die Einkoppelung des OCT-Abtaststrahlengangs zwischen den beiden Linsengruppen der Beleuchtungsoptik ist eine unter mehreren offensichtlichen Möglichkeiten, den Einkoppelungsort so festzulegen, damit der OCT-Abtaststrahlengang den Beleuchtungsstrahlengang überlagert. Dieser Ort der Einkoppelung ist technisch gleichwertig mit der in E1 definierten Einkoppelposition. Die dabei erforderlichen Änderungen am Beleuchtungs- und OCT-Abtaststrahlengang von E1, insbesondere die mechanische Umgestaltung des OCT-Strahlenverlaufs und die Anpassung der optischen Eigenschaften der Linsen, sind als handwerkliche Maßnahmen des Fachmanns anzusehen.

1.9 Gegenargumente der Patentinhaberin

1.9.1 Wechselseitige Abhängigkeit der Unterscheidungsmerkmale

Die Patentinhaberin betonte, dass die Unterscheidungsmerkmale a) und b) nicht voneinander unabhängig seien. Insbesondere seien Linsen der beiden Beleuchtungs- und Abtaststrahlengänge durch die in beiden Unterscheidungsmerkmalen a) und b) definierten Eigenschaften des Operationsmikroskops zu modifizieren. Gemäß der Patentinhaberin hätten die beiden Unterscheidungsmerkmale a) und b) in Kombination den technischen Effekt, die Kompaktheit des Gesamtsystems zu verbessern. Die beiden Merkmale trügen gemeinsam zur Lösung der technischen Aufgabe, ein kompakteres Operationsmikroskop zur Verfügung zu stellen, bei.

Die Kammer teilt die Meinung der Patentinhaberin, dass beide Unterscheidungsmerkmale a) und b) nicht voneinander unabhängig sind. Jedoch führt diese Wechselwirkung nicht dazu, einen überraschenden, erfindungsbegründenden technischen Effekt zu erzeugen (siehe Punkt 1.6 oben).

1.9.2 Verbesserte Kompaktheit des Operationsmikroskops

Laut Patentinhaberin ist der mit den Unterscheidungsmerkmalen a) und b) verbundene technische Effekt eine verbesserte Kompaktheit des Operationsmikroskops. Eine Anordnung des Einkoppelelements zwischen den beiden Linsengruppen ermögliche es, die gesamte Beleuchtungseinrichtung näher an den Umlenkspiegel (120) vor dem Hauptobjektiv (110) heranzurücken, und zwar aufgrund des Entfallens des in E1 offenbarten Teilerspiegels (340). Daher werde das Operationsmikroskop kompakter.

Die Kammer kann sich dieser Auffassung der Patentinhaberin nicht anschließen, weil der in Anspruch 1 definierte Einkoppelungsort für das OCT-System nicht zwingendermaßen zu einem kompakteren Einbau des OCT-Systems führt. Die Kompaktheit hängt u.a. von dem konkreten opto-mechanischen Aufbau des gesamten Operationsmikroskops ab, dessen Ausgestaltung in Anspruch 1 weitgehend offen gelassen wird. Zum Beispiel würde das Weglassen des Teilerspiegels (340) in E1 dazu führen, dass die gesamten Beleuchtungs- und OCT-Abtasteinrichtungen eine Schwenkung um 90° erfahren würden und dadurch der Platzbedarf in seitlicher Richtung wesentlich ansteigen würde. Die Kompaktheit des Operationsmikroskops würde dadurch nicht verbessert. Davon abgesehen ist ein Weglassen des Teilerspiegels (340) nicht unvermeidlich mit einem Einkoppelungsort zwischen den beiden Linsengruppen (320, 330) verbunden. Der OCT-Abtaststrahlengang kann anhand eines zusätzlichen Teilerspiegels zwischen den beiden Linsengruppen (320, 330) eingekoppelt werden. Der ursprüngliche Teilerspiegel (340) verbleibt an der in E1 offenbarten Position, und die Ausdehnung des Operationsmikroskops verbleibt unverändert.

Daher scheint die zu lösende Aufgabe lediglich darin zu bestehen, einen alternativen Einkoppelungsort für das OCT-System zu finden (siehe Punkt 1.8 oben).

1.9.3 Köhlersche Beleuchtung in E1

Die Patentinhaberin ging davon aus, dass E1 ein Operationsmikroskop mit einer Köhlerschen Beleuchtung offenbare. Zur Untermauerung dieser Auffassung verwies die Patentinhaberin auf die Eigenschaft der zweiten Linsengruppe (330), die Eintrittspupille des Hauptobjektivs (110) anhand der in Form einer Glühlampe ausgestalteten Lichtquelle auszufüllen (E1, Spalte 6, Zeilen 25 bis 27). Es gebe keinen Hinweis, diese funktionierende Köhlersche Beleuchtung von E1 durch eine sogenannte moderne Beleuchtung zu ersetzen, umso mehr in Anbetracht einer Vielfalt von notwendigen Änderungen der optischen Bauelemente bei der Realisierung der "modernen Beleuchtung".

Die Kammer teilt jedoch die Meinung der Einsprechenden, dass E1 nicht zwangsläufig eine Köhlersche Beleuchtung offenbart, sondern eine "generische Offenbarung" eines optischen Beleuchtungssystems für Operationsmikroskope enthält, die sowohl die Köhlersche Beleuchtung als auch die "moderne" Beleuchtung umfasst. Die Beleuchtung der Austrittspupille anhand einer Glühlampe ist auch anhand einer "modernen Beleuchtung" realisierbar. Daher muss der Fachmann, ausgehend von E1, nicht eine bereits funktionierende Köhlersche Beleuchtung mittels Modifikationen durch eine "moderne" Beleuchtung ersetzen, sondern lediglich die "generische Offenbarung" von E1 in die Praxis umsetzen, wobei beide Beleuchtungsarten äquivalent und dem Fachmann bekannt sind.

1.9.4 Fehlende Anregung in E1 und Hinderungsgründe

- Die Patentinhaberin vertrat die Meinung, dass der Fachmann nicht nur keine konkrete Anregung zur Veränderung des Operationsmikroskops gemäß den Unterscheidungsmerkmalen a) und b) hätte, sondern gewisse Hinderungsgründe ihn sogar davon abhielten.

- So sei in E1 die Leuchtfeldblende zwischen den beiden Linsengruppen (320, 330) angeordnet und dadurch kein Raum für ein Einkoppelelement vorhanden.

- Auch seien unterschiedliche Anforderungen an die Linsen der zweiten Linsengruppe für die Beleuchtungseinrichtung und für das OCT-System gestellt, weil die Beleuchtungseinrichtung im breitbandigen, sichtbaren und das OCT-System im nahen infraroten Wellenlängenbereich betrieben würden. Eine für den Beleuchtungsstrahlengang optimierte Linsengruppe könne daher nicht die geforderte beugungsbegrenzte Abbildungsqualität für den OCT-Abtaststrahlengang gewährleisten. Der Fachmann scheue den Aufwand, die optischen Elemente der Köhlerschen Beleuchtung des Operationsmikroskops von E1 an diese neuen, unterschiedlichen Anforderungen anzupassen.

- Weiterhin erkenne der Fachmann, dass es nicht zum Ziel führe, die Leuchtfeldblende, die in E1 zwischen den zwei Linsengruppen angeordnet ist, vor die erste Linse (310) zu versetzen, denn die Leuchtfeldblende würde dann nicht mehr in der Objektebene abgebildet. Entferne der Fachmann die erste Linse (320), um die Abbildung der Leuchtfeldblende in der Objektebene beizubehalten, könne er nicht zu dem Unterscheidungsmerkmal b) gelangen, weil die Beleuchtungsoptik dann keine zwei Linsengruppen enthielte.

Auch diese Argumente überzeugen die Kammer nicht.

- In Bezug auf das Unterscheidungsmerkmals a) bedarf es keiner ausdrücklichen Anregung aus dem Stand der Technik, da E1 die Frage der konkreten Ausführung des Beleuchtungsstrahlengangs offen lässt. Bei der Umsetzung in die Praxis der "generischen Offenbarung" von E1 wählt der Fachmann nach Zweckmäßigkeit zwischen den zwei bekannten, äquivalenten Ausführungen der Köhlerschen oder der "modernen" Beleuchtung aus. Auch hinsichtlich des Unterscheidungsmerkmals b) spielt das Vorhandensein einer ausdrücklichen Anregung im Sinne des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes keine Rolle, weil keine andere technische Aufgabe von dem Unterscheidungsmerkmal b) gelöst wird als die Festlegung eines alternativen, gleichwertigen Orts für die Einkoppelung des OCT-Systems.

- Bezüglich des vermeintlichen Raummangels zwischen den zwei Linsengruppen (320, 330) in E1 bemerkt die Kammer, dass ein gewisser Mindestabstand zwangsläufig vorhanden ist, und zwar wegen der grundsätzlichen Anforderungen an die Beleuchtungsoptik, das Objektfeld homogen und mit scharfer Umrandung zu beleuchten. Die Kammer sieht keinen Anhaltspunkt, wieso dieser Mindestabstand nicht ausreichend sei, um ein Einkoppelelement zwischen den zwei Linsengruppen anzuordnen. Es gibt auch keinen überzeugenden Grund wieso eine Leuchtfeldblende zwangsläufig zwischen den zwei Linsengruppen angeordnet sein muss.

- In Bezug auf das Argument, dass der Beleuchtungsstrahlengang und der OCT-Abtaststrahlengang unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich Abbildungsqualität und Wellenlängenbereich stellten und daher den Fachmann davon abhielten, das Operationsmikroskop von E1 entsprechend den Merkmalen des Anspruchs 1 zu modifizieren, stellt die Kammer zunächst fest, dass Anspruch 1 keine unmittelbaren Anforderungen bezüglich Abbildungsqualität und verwendetem Wellenlängenbereich definiert. Auch wenn dies der Fall wäre, so dass der Fachmann die von beiden Strahlengängen durchleuchtete, zweite Linsengruppe in E1 speziell für diese beiden unterschiedlichen Anforderungen entwickeln müsste, ist die Kammer der Auffassung, dass es sich bei der Modifizierung um rein handwerkliches Können handelt. Insbesondere geht aus dem Patent nicht hervor, dass besondere, anspruchsvolle oder aufwendige Überlegungen bei der Entwicklung der optischen Elemente des Beleuchtungs- und des OCT-Abtaststrahlengangs erforderlich wären.

- Das Argument der Patentinhaberin, dass bei der "modernen Beleuchtung" nur die Beseitigung der ersten Linse (320) von E1 eine Abbildung der Leuchtfeldblende in der Objektebene ermögliche, ist nicht nachvollziehbar. Um die zwei unabhängigen Erfordernisse einer scharf umrandeten und homogenen Beleuchtung des Objektfelds zu erfüllen, sind weiterhin beide in E1 offenbarten Linsengruppen (320, 330) notwendig. In der Annahme, dass E1 eine Köhlersche Beleuchtung offenbart, wären die beiden Linsengruppen (320, 330) anhand handwerklicher Maßnahmen selbstredend an die Erfordernisse einer "modernen Beleuchtung" anzupassen, wobei die Leuchtfeldblende vor der ersten Linsengruppe angeordnet sein würde.

1.10 Es folgt daher, dass der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973).

2. Hilfsanträge 1 bis 8 - Zulassung

2.1 In Ausübung ihrer Befugnis gemäß Artikel 12 (4) VOBK lässt die Kammer die Hilfsanträge 1 bis 8 nicht in das Verfahren zu, weil diese Anträge die Erfordernisse nach Artikel 12 (2) VOBK nicht erfüllen. Siehe hierzu auch "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 8. Auflage 2016, Kapitel IV.E.4.2.4, insbesondere die Entscheidungen T 217/10, Punkt 5 der Entscheidungsgründe, und T 1890/09, Punkt 4 der Entscheidungsgründe.

2.2 Mit ihrer Beschwerdeerwiderung reichte die Patentinhaberin die Hilfsanträge 1 bis 8, lediglich begleitet durch die Angabe der Grundlage für die Änderungen in der ursprünglichen Anmeldung, ein. Jedwede Begründung, wieso die getätigten Änderungen die von den Einsprechenden in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Einwände fehlender erfinderischer Tätigkeit ausräumen würden, fehlte.

2.3 Diese Vorgehensweise der Patentinhaberin erfüllt nicht die Erfordernisse des Artikels 12 (2) VOBK, wonach die Beschwerdeerwiderung den vollständigen Sachvortrag der Patentinhaberin enthalten muss. Aus dieser Bestimmung folgt, dass sie deutlich und knapp angeben muss, aus welchen Gründen beantragt wird, im Falle, dass die Kammer die angefochtene Entscheidung der Zurückweisung des Einspruchs nicht aufrechterhält, das Patent in geänderter Fassung auf Grundlage einer der Hilfsanträge aufrechtzuerhalten. Dabei sollen ausdrücklich und spezifisch alle Tatsachen, Argumente und Beweismittel angeführt werden. Nach Meinung der Kammer ist eine Angabe von Gründen im vorgenannten Sinne ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn die Gründe, inwiefern die zur Debatte stehenden Einwände durch die vorgenommenen Änderungen ausgeräumt werden, sich auf offensichtliche Weise aus dem vorangegangenen Vortrag oder der Sache selbst erschließen.

2.4 Bei den vorliegenden Hilfsanträgen 1 bis 8 liegt eine derartige Ausnahme nicht vor.

2.4.1 Zu Hilfsantrag 1:

Das hinzugefügte Merkmal in Anspruch 1 entspricht dem Unteranspruch 9 des Patents wie erteilt und bezieht sich auf eine Kollimationsoptik des OCT-Systems. Der Hilfsantrag 1 wurde ohne eine Begründung eingereicht, inwiefern der Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit hinsichtlich des Operationsmikroskops gemäß Anspruch 1 des erteilten Patents mit dieser Änderung ausgeräumt werde. Aus der Aktenlage zum Zeitpunkt des Einreichens des Hilfsantrags 1 ist auch nicht ersichtlich, inwiefern eine Kollimationsoptik des OCT-Systems eine erfinderische Tätigkeit begründen sollte. Daher wird der Hilfsantrag 1 nicht in das Verfahren zugelassen.

2.4.2 Zu Hilfsantrag 2

Das hinzugefügte Merkmal in Anspruch 1 ist laut der Patentinhaberin in der Beschreibung des Patents offenbart und betrifft ein Spiegelelement zur Umlenkung des Beleuchtungsstrahlengangs. Auch der Hilfsantrag 2 wurde ohne eine Begründung eingereicht, inwiefern der Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit hinsichtlich des Operationsmikroskops gemäß Anspruch 1 des erteilten Patents mit dieser Änderung ausgeräumt werde. Aus der Aktenlage zum Zeitpunkt des Einreichens des Hilfsantrags 2 ist ebenfalls nicht ersichtlich, inwiefern ein Umlenkspiegel eine erfinderische Tätigkeit begründen sollte. Daher wird der Hilfsantrag 2 nicht in das Verfahren zugelassen.

2.4.3 Zu Hilfsantrag 3

Das hinzugefügte Merkmal in Anspruch 1 ist laut der Patentinhaberin in der Beschreibung des Patents offenbart und beschreibt im Wesentlichen eine Spiegelanordnung mit einem ersten Beleuchtungsspiegel, der eine Durchbrechung aufweist. Auch der Hilfsantrag 3 wurde ohne eine Begründung eingereicht, inwiefern der Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit hinsichtlich des Operationsmikroskops gemäß Anspruch 1 des erteilten Patents mit dieser Änderung ausgeräumt werde. Aus der Aktenlage zum Zeitpunkt des Einreichens des Hilfsantrags 1 ist ebenfalls nicht ersichtlich, inwiefern ein Spiegel mit einer Durchbrechung eine erfinderische Tätigkeit begründen sollte. Daher wird der Hilfsantrag 3 nicht in das Verfahren zugelassen.

2.4.4 Zu Hilfsantrag 4

Das dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 hinzugefügte Merkmal in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 ist laut der Patentinhaberin in der Beschreibung des Patents offenbart und definiert die Verstellbarkeit eines zweiten Beleuchtungsspiegels. Auch der Hilfsantrag 4 wurde ohne eine Begründung eingereicht, inwiefern der Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit hinsichtlich des Operationsmikroskops gemäß Anspruch 1 des erteilten Patents mit dieser Änderung ausgeräumt werde. Aus der Aktenlage zum Zeitpunkt des Einreichens des Hilfsantrags 1 ist ebenfalls nicht ersichtlich, inwiefern ein verstellbarer Beleuchtungsspiegel eine erfinderische Tätigkeit begründen sollte. Daher wird der Hilfsantrag 4 nicht in das Verfahren zugelassen.

2.4.5 Zu den Hilfsanträgen 5 bis 8

Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 5 bis 8 sind Kombinationen der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 4. Die Hilfsanträge 5 bis 8 wurden ohne eine Begründung eingereicht, inwiefern der Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit hinsichtlich des Operationsmikroskops gemäß Anspruch 1 des erteilten Patents mit diesen Änderungen ausgeräumt werde und können daher ebenso wenig in das Verfahren zugelassen werden.

2.5 Bei der Ausübung ihrer Befugnis, die Hilfsanträge 1 bis 8 gemäß Artikel 12 (4) VOBK nicht zuzulassen, berücksichtigte die Kammer die folgenden Aspekte:

2.5.1 Die in den Ansprüchen der Hilfsanträge 1 bis 8 durchgeführten Änderungen sind nicht selbsterklärend im Sinne einer automatischen oder offensichtlichen Erkennung der Gründe, inwiefern die Änderungen den zur Debatte stehenden Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit (siehe Punkt 2.4 oben) ausräumen sollten.

2.5.2 Der Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit des Operationsmikroskops gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags im Hinblick auf E1 wurde von den Einsprechenden bereits mit der Einspruchsbegründung vorgetragen. Mithin ist der zur Debatte stehende Einwand seit Beginn des Einspruchsverfahrens unverändert und nicht überraschend.

2.5.3 Die Einsprechenden haben mit der Beschwerdebegründung nicht nur dargelegt, wieso der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ihrer Meinung nach keine erfinderische Tätigkeit aufweise, sondern auch die Merkmale mehrerer Unteransprüche des erteilten Patents gemäß Hauptantrag begründet angegriffen, insbesondere Unteranspruch 9 dessen Gegenstand in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 aufgenommen wurde.

2.5.4 Je scheinbar trivialer das geänderte Merkmal eines Anspruchs ist oder je weniger offensichtlich der Grund der Änderung ist, desto mehr Gewicht kommt dem Erfordernis einer substantiierten Begründung bei dessen Einreichen zu. Das trägt auch dazu bei, wenig zielführende Änderungen der Ansprüche zu vermeiden.

2.5.5 Das Erfordernis des Artikels 12 (2) VOBK wirkt auf das rechtzeitige Vorhandensein aller Argumente und Gegenargumente der Beteiligten hinsichtlich der Streitpunkte hin, und zwar spätestens zum Zeitpunkt des Erstellens einer Mitteilung durch die Kammer. Dies ermöglicht es der Kammer, ihre vorläufige Meinung zu allen für die Entscheidung wesentlichen Aspekten den Beteiligten, z.B. in Vorbereitung auf eine mündliche Verhandlung, frühzeitig und in Kenntnis der Argumente aller Beteiligter mitzuteilen. Bei Ausbleiben der entsprechenden Begründung durch die Patentinhaberin hinsichtlich der eingereichten Änderungen in den Hilfsanträgen - wie im vorliegenden Fall - hätten sich die Kammer und die Einsprechenden zu einem späten Zeitpunkt, d.h. nach dem Erstellen des Ladungsbescheids, zum ersten Mal mit den Argumenten der Patentinhaberin zur erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich der geänderten Ansprüche auseinandersetzen müssen. Eine solche Vorgehensweise entspricht jedoch nicht der gewünschten Verfahrensökonomie. Das Kriterium der Fairness gegenüber den Einsprechenden hätte es ebenfalls verlangt, dass die Patentinhaberin auf die in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Einwände der Einsprechenden hinsichtlich der Unteransprüche nicht erst in der mündlichen Verhandlung reagiert.

2.5.6 Auch zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. als Antwort auf den Hinweis der Kammer in ihrem Ladungsbescheid, dass die Zulassung der Hilfsanträge 1 bis 8 im Hinblick auf eine fehlende Substantiierung fraglich sei, hat die Patentinhaberin keine Begründung für die Änderungen in den Hilfsanträgen 1 bis 8 nachgereicht. Darüber hinaus wäre die Zulassung einer derartigen, spät eingereichten Begründung dann anhand von Artikel 13 (1) VOBK bzw. Artikel 13 (3) VOBK zu überprüfen gewesen.

2.5.7 Das Erfordernis eines vollständigen Sachvortrags mit der Beschwerdeerwiderung gemäß Artikel 12 (2) VOBK ist bei Änderungen basierend auf Merkmalen aus den erteilten Unteransprüchen nicht grundlegend anders zu bewerten als bei Änderungen, deren Grundlage in der Beschreibung des Patents zu suchen ist. Wie die Einsprechenden während der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, brächte eine automatische Zulassung von auf erteilten Unteransprüchen basierenden Änderungen das Risiko eines Aufblähens des Beschwerdeverfahrens durch das Einreichen von Hilfsanträgen mit sich, deren Änderungen auf wenig erfolgversprechenden Unteransprüchen basierten. Auf der Beschreibung basierende Änderungen verlangen jedoch gegebenenfalls eine zusätzliche Begründung im Vergleich zu einer Begründung hinsichtlich Änderungen, die auf erteilten Unteransprüchen beruhen.

2.6 Gegenargumente der Patentinhaberin

2.6.1 Die Patentinhaberin war der Meinung, dass ihre Beschwerdeerwiderung den vollständigen Sachvortrag zur Beschwerdebegründung der Einsprechenden enthalte und somit das Erfordernis gemäß Artikel 12 (2) VOBK erfülle, und zwar auch in Bezug auf die Hilfsanträge 1 bis 8. Der Sachvortrag zu der Frage warum der Gegenstand der Hilfsanträge 1 bis 8 die Anforderungen der Patentierbarkeit erfülle, ergebe sich nämlich bereits aus dem vollständigen Vortrag zur Patentierbarkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 des Patents, welches in der ersten Instanz unverändert aufrechterhalten worden sei.

Weiterhin bemerkte die Patentinhaberin, dass die Hilfsanträge 1 bis 8 in einem sehr frühen Verfahrensstadium des Beschwerdeverfahrens eingereicht worden seien.

Insbesondere sei Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 eine Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 9. Die Komplexität des Hilfsantrags 1 sei sehr gering. Eine Debatte über den Hilfsantrag 1 verzögere nicht das Verfahren. Dem in der Beschwerdebegründung der Einsprechenden erhobenen Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit hinsichtlich des Unteranspruchs 9 des erteilten Patents fehle es an einem Beleg für die angebliche Notwendigkeit einer Kollimationsoptik. Daher sei der Sachvortrag in der Beschwerdebegründung der Einsprechenden hinsichtlich des Antrags auf kompletten Widerruf des Patents, inklusive aller erteilten Unteransprüche und daher auch des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1, nicht vollständig gewesen.

Bezüglich des Hilfsantrags 2 erklärte die Patentinhaberin den technischen Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 und dem Gegenstand des Operationsmikroskops von E1.

Auf Nachfrage des Vorsitzenden während der mündlichen Verhandlung erklärte die Patentinhaberin, dass sie keine weiteren Argumente bezüglich der Hilfsanträge 3 bis 8 vortragen möchte.

2.6.2 Die vorliegenden Argumente der Patentinhaberin überzeugen die Kammer nicht.

Die Ansicht der Patentinhaberin, dass bei einer unveränderten Aufrechterhaltung des erteilten Patents durch die Einspruchsabteilung die Beschwerdeerwiderung der Patentinhaberin sich auf Argumente hinsichtlich der Patentfähigkeit des Anspruchs 1 des erteilten Patents beschränken darf, steht nur im Falle einer Verteidigung des Patents in unveränderter Form im Einklang mit Artikel 12 (2) VOBK. Sobald jedoch die Patentinhaberin einen Hilfsantrag einreicht, mit dem Ziel das Patent auch in einer geänderten Fassung zu verteidigen, sind für einen vollständigen Sachvortrag gemäß Artikel 12 (2) VOBK notwendigerweise zusätzliche Argumente hinsichtlich der Patentfähigkeit des Anspruchs 1 eines solchen Hilfsantrags einzureichen, sofern sich diese nicht ausnahmsweise auf offensichtliche Weise aus dem vorangegangenem Vortrag oder der Sache selbst erschließen (siehe oben Punkt 2.3). Fehlen wie im vorliegenden Fall diese Argumente der Patentinhaberin beim Einreichen ihrer Hilfsanträge, verhindert dies z.B. eine effiziente Vorbereitung der Kammer und der Einsprechenden auf die mündliche Verhandlung.

Im Vergleich zu diesem grundsätzlichen Erfordernis des vollständigen Sachvortrags gemäß Artikel 12 (2) VOBK fallen in dem vorliegendem Fall die weiteren von der Patentinhaberin vorgetragenen Argumente hinsichtlich des frühzeitigen Einreichens der Hilfsanträge und ihrer geringen Komplexität, des vermeintlich unvollständigen Sachvortrags der Einsprechenden zu den Unteransprüchen oder der vermeintlichen erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich der in den Hilfsanträgen 1 bis 8 beanspruchten Gegenstände nicht ins Gewicht und bedürfen daher keiner weiteren Erörterung.

3. Aus den oben dargelegten Gründen kommt die Kammer zum Schluss, dass keiner der Anträge der Pateninhaberin gewährbar ist und deshalb das Patent widerrufen werden muss.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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